Zsuzsa Koncz
Das Exklusiv-KONCZert
am 12. April 2014 in Berlin

 

Ein Konzertbericht von Hartmut Helms mit Fotos von Petra Meißner

 

In ihrer Heimat ist sie das, was man hierzulande einen Superstar nennt. Mit dem Unterschied, dass ihr niemand diesen Titel medial verpasst hat, um Käufer anzulocken, sondern sie hat sich diesen Status in Ungarn selbst Schritt für Schritt, von 1963 an bis heute, erarbeitet. Ihre erste Single erschien bereits im Jahre 1966 (!), jedoch richtig bekannt wurde sie durch die "Szines Ceruzak" (Buntstifte, 1968). Levente Szörneyi & Janos Brody, die beiden Gitarristen von ILLES, schrieben ihr das eingängige Lied quasi auf den Leib. Heute ist dieses unscheinbare Stück Vinyl eine gesuchte Sammlerrarität. Ihre erste eigene Langspielplatte erschien ein Jahr später, 1969. Inzwischen hat ZSUZSA KONCZ allein in ihrer Heimat 38 Alben veröffentlicht und in Anbetracht dessen darf man das kleine Wörtchen "super" sogar sehr achtungsvoll aussprechen.

In all diesen Jahren habe ich ihre Langspielplatten, die man in Berlin kaufen konnte, in meine kleine Sammlung zu den anderen Originalen aus Ungarn gestellt. Manchmal flimmerte die Ungarin mit den ellenlangen schwarzen Haaren über den Bildschirm aller möglichen Schlager-Formate und sang ihre Hits in deutscher Sprache. Dass sie in Ungarn mit Beat- und Rockgruppen, wie METRO, OMEGA und ILLÉS bzw. FONOGRAF, auf den Bühnen stand, ließ sich in meinem kleinen Nest bestenfalls erahnen. Die Chance, ein Konzert von ihr mit Band live zu erleben, hat sich hier nie ergeben. Ohnehin hatte ich den Eindruck, dass Rock und Pop aus Ungarn bei uns offiziell nur sehr zögerlich wahrgenommen und als Schlager in die Medien gebracht wurden. Die KONCZ mal live zu sehen, hatte ich spätestens 1990 als Illusion abgehakt. Bohlens Weichspühlradio und Amerikas Disco-Glitzer hatten endlich auch hier das Zepter und die Mission Geschmacksverblödung übernommen. Von der schönen Ungarin hatte man quasi, wie von allen anderen aus den ehemaligen Bruderstaaten auch, drei Dekaden nichts mehr zu sehen und zu hören bekommen. Von einigen wenigen Ausnahmen einmal abgesehen.

Inzwischen aber gibt es wieder eine kleine, aber feine Szene, die sich - Musiker wie Konzertbesucher - ihrer Wurzeln und Herkunft besonnen hat. Heimische Rock- und Pop-Musik gilt unter den Kennern längst wieder eine Menge und sie füllt haufenweise kleine Nischen und mittelgroße Bühnen. So wie diese in der Akademie der Künste zu Berlin. Versteckt mitten im Hansaviertel, zwischen Siegessäule und dem Grips-Theater gelegen, meint man, sich im Großstadtmoloch Berlin in eine Oase der Ruhe versetzt.b 20140413 1008280280 Wüsste ich nicht ganz genau, wo ich hier bin, würde ich mich schlappe dreißig Jahre zurück fühlen. Der postmoderne Bau hat den äußerlichen Charme eines Inter-Hotels aus DDR-Zeiten und eine Ausstattung, als wäre ich gerade in eines der vielen Mitropa-Restaurants eingetreten. Auch wenn die Parallelen sicher nicht beabsichtigt sind, sie passen so perfekt und stimmungsvoll wie Flax zu Krümel. Selbst das Wetter spielt mit. Willkommen in den Erinnerungen der Neuzeit!

Drinnen ist der Saal bestens gefüllt. Ein kleiner Hauch von Nostalgie und knisternde Spannung, wie sich wohl die kommenden zwei Stunden anfühlen werden, liegt in der Luft und dann betritt sie ihre Bühne: ZSUZSA KONCZ & Band. Das spürbare Knistern weicht einer stürmischen Begrüßung und nun hätte ich mir, als Brückenschlag ins Heute, einen ihrer ersten großen Hits vorstellen können. Doch, welch Überraschung, sie beginnt ihr Konzert mit "Adjon Az Isten" (Gebe Gott), einem traditionellen ungarischen Volkstanz, den man in diesen Momenten bestimmt auch als ein Gebet oder auch ihr ganz persönliches DANKE an uns alle deuten darf, denke ich mir. Willkommen endlich, Zsuzsa.

Noch ein wenig setzt sich diese zurückhaltende Stimmung mit "Eg Es Föld Között" (Zwischen Himmel und Erde) aus den 1990er Jahren fort, ehe dann endlich der Funke in den Saal springt. Ein kleines Medley mit Liedern, die wir als ihre deutschen Hits kennen, darunter "Rohan Az Ido" und "Valaki Kell, Hogy Szeressen" (Irgendwann bin auch ich verliebt) aus dem Album "Szerelem" von 1970. Auch das wunderschöne "Valahol Egy Lany", das mir eher in der Version von ILLES bekannt ist, singt sie in einer mitreißenden Version. Jetzt springt die Begeisterung vollständig in den Saal über. Die ersten stimmen euphorisch in den Refrain ein. Ich fühle mich angekommen, innerlich sehr aufgekratzt und dennoch unwahrscheinlich glücklich, diesen Augenblick doch noch erleben zu dürfen.

c 20140413 1682463425Ohne in besonderer Weise darauf hinzuweisen oder für mich erkenntlich, immerhin spricht ZSUZSA ungarisch, schiebt sie mit "A Sarkanyok Földjen" ein Lied von ihrem aktuellen Album "Tünderorszag" ein. Es erzählt die Geschichte eines kleinen Mädchens, das sich, allein in das Land der Angst versetzt, vor Monstern und Mutanten fürchtet, aber mit Freunden das Land ihrer Träume wieder findet. Eine Fabel, nicht unähnlich jenen Texten, die wir zu DDR-Zeiten von guten Rock-Songs gewöhnt waren und den Oberen einen Spiegel vor die Nase hielten. Wer also auf die Idee kommt, dass "Tünderorszag" (Feenland) hier oder da real zu finden sei, der liegt sicher nicht falsch. Vielleicht erklären diese Bezüge auch den großen Erfolg des Albums in Ungarn und das alles ohne irgendwelche aufwendige Werbung in den Medien. Respekt! Später hören wir auch noch den Titelsong des Albums.

Zunächst überrascht uns ZSUZSA KONCZ ein weiteres Mal. Ich hätte nie erwartet, in einem Konzert der Ungarin das weltberühmte "Que Sera", das wir als "Was kann schöner sein" kennen, zu hören zu bekommen. Da kommt einem, der sich gern an die schöne Version einer Mary Hopkin erinnert, schon mal eine Träne im Knopfloch abhanden. Als sie dann noch "A Varos Felett" (Steh' auf, die Nacht ist da zum Träumen) anstimmt, könnten es beinahe noch mehr werden, doch die Ungarin animiert uns alle gekonnt, sie beim Refrain (Steh' auf!) zu unterstützen. Ausgelassene Stimmung in den Reihen ist die Folge und die Begeisterung kennt keine Grenzen. Wir hören danach eine stimmungsvolle Ballade, bei der die Band im Hintergrund mit Satzgesang vom Feinsten brilliert. Mit "Talvolbol Irok" folgt einer der großen Klassiker von der Gruppe FONOGRAF und auch dem verleiht sie einen besonderen Reiz.

d 20140413 1720139026ZSUZSA KONCZ entführt uns den ganzen Abend gekonnt durch ihre großartige Karriere. Wir erleben einige ihrer schönsten Lieder aus den 1970er Jahren, die sie damals mit der Gruppe ILLÉS und später mit FONOGRAF einspielte. Einige von ihnen wurden in der DDR auch mit deutschen Texten produziert und auf diese Weise einem breiten Publikum bekannt. ZSUZSA aus Ungarn spannt diesen weiten Bogen problemlos und immer ein wenig zwischendurch, meist ungarisch, plaudernd. Ich genieße es, sie endlich live und mit einer Rockband im Rücken, all diese schönen Lieder singend, auf der Bühne zu sehen. Was für eine großartige Künstlerin und zugleich Botschafterin der Kultur ihres Heimatlandes.

Im zweiten Teil des Abends stellt sie uns auch die Musiker der Band vor, aber tut mir leid, das zu konservieren ist mir in diesem Moment nicht vergönnt, aber ohne diese vier Musikanten im Rücken hätten sowohl die Klassiker der KONCZ, als auch die neuen Lieder aus dem "Feenland" nicht diese Faszination entwickeln können, wie wir sie im Herzen von Berlin in dieser Umgebung erleben dürfen. Deshalb ein besonderes Kompliment an die Band, deren Musikalität wesentlich zum Gelingen des Abends beigetragen hat. Die vier Musiker erzeugen genau die richtige Stimmung für "Mama Kerlek", ein Lied für alle Mütter, das ZSUZSA in jedem ihrer Konzerte singt, habe ich mir sagen lassen, und die Band brilliert auch solistisch, etwa beim hymnisch angelegten "Kertesz Leszek". Ich begeistere mich bei einem perfekten a capella-Chorus oder beim Lauschen des wunderschönen "Jöjj Kedvesem". Das Konzert entpuppt sich als eine Reise durch die Jahre und Emotionen, durch Erinnerungen und viele Erlebnisse und es endet mit einer Zeremonie, die wir alle von unzähligen Bühnen und Konzerten kennen.

e 20140413 1548417799Nach dem Ende ist noch nicht Schluss und deshalb gibt es noch einmal Emotionen pur mit "Ha En Rozsa Volnek" (Blumen an der Wand), einen Song von Janos Brody, dem ungarischen McCartney. Da steht sie allein vor uns und beeindruckt nur mit ihrer Stimme, mit ihrem Charisma. Einfach großartig und unwahrscheinlich ergreifend, wie die Ungarn im Saal diese Hymne intonieren. Gänsehautfeeling pur! Mit einem ihrer großen Klassiker, "Miert Hagytuk, Hogy Igy Legyen", den wir alle als "Blumen blühen" kennen und der eigentlich ein Lied der Gruppe ILLÉS ist, geht der Abend in die Nacht über. Ein emotionaler Höhepunkt beschließt das Konzert, ein begeistertes Publikum feiert im Saal und eine überglückliche Band, mit ihrer Sängerin ZSUZSA KONCZ, stehen sichtlich ergriffen auf der Bühne im Herzen der deutschen Hauptstadt. Schön war's, unheimlich schön!

Minuten später steht im Foyer eine lange Schlange Wartender und wieder passt das Bild irgendwie zu den alten Mauern. Dass hier mal "Westen" war, sieht man den Menschen, die auf ein Autogramm, ein Wort oder ein Lächeln von ZSUZSA KONCZ warten, nicht an. Hier herrscht Freude und der Nachklang des gerade Gesehenen und Gehörten. Mitten unter ihnen einer, mit schlohweißen langen Haaren, der wohl der Glücklichste von uns allen ist. JOSEF ROBOTKA war es, der mit seiner Agentur AzVuK das Risiko und die Mühen auf sich nahm, dieses Konzert mit Ungarns Pop-Queen auf den Weg und diese Bühne zu bringen. Ihm gelten die Glückwünsche und das Händeschütteln vieler, deren heimlichster ihrer Wünsche vielleicht heute seine Erfüllung fand. Danke Josef und vielen Dank Zsuzsa & Band.



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Bitte beachtet auch:

• off. Homepage von Zsuzsa Koncz: www.konczzsuzsa.hu
• Homepage des Veranstalters AzVuK: www.azvuk.de
• Portrait über Zsuzsa Koncz: HIER klicken




Fotostrecke:
 






   
   
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