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Ein Beitrag von Christian Reder. Fotos: Herbert Schulze, Katrin Lindner privat, Redaktion



001 20220925 1972091412(Über-)Glücklich
Wenn man sein Hobby zum Beruf machen und schließlich davon leben kann, gehört man wohl zu den glücklicheren Menschen in unserer Gesellschaft. Wenn man dies gleich mit zweien davon tun kann, wie darf man diesen Zustand dann nennen? Überglücklich? In anderen Sphären wandelnd? Man müsste mal bei jemandem nachfragen, der dieses große Glück hat. Warum nicht bei Katrin Lindner, der dieses Privileg mit der Musik und der Malerei zuteilwurde?

Von der Emailleurin zur Rocksängerin des Jahres
Das Leben der gebürtigen Hallenserin war schon früh von der Kunst bestimmt. Aus einem musischen Elternhaus stammend, nahm sie als Kind und Jugendliche Klavier- und Ballett-Unterricht, und griff etwas später auch zur Gitarre. Nicht nur, dass sie den Beruf der Emailleurin, also die Kunst des Veredelns von Materialien mit Schmelzglas, erlernte, sie ließ dieser Ausbildung zwischen 1964 und 1967 auch ein Studium für "Bildende Kunst" an der Hochschule "Burg Giebichenstein" in ihrer Heimatstadt Halle folgen. Parallel dazu - und auch danach - trat sie bereits als Sängerin auf. Dies tat sie zuerst in der Jazzband BAF, in der sie mit Hilfe und durch Förderung des Musikwissenschaftlers "Josh" Sellhorn einsteigen konnte, und schloss sich anschließend der Studenten-Gruppe COLLEGE FORMATION an, in der sie zusammen mit Toni Krahl (später CITY) und den Kaufner Schwestern musizierte. Über die Stationen JÜRGEN-ERBE-CHOR und Gruppe WIR, fand sie 1976 schließlich in der SIEGHARD-SCHUBERT-FORMATION (später Schubert-Band) dauerhaft ein künstlerisches Zuhause. Es war die Band ihres damaligen Lebensgefährten und späteren Ehemanns Sieghard, mit dem sie seit ihrem 19. Lebensjahr liiert war. Mit ihm und dieser Gruppe erlebte Katrin Lindner "beruflich" ihre größten Erfolge. Sie war mitsamt dem Ensemble ständig auf Tour, im Fernsehen oder im Tonstudio beschäftigt, und wurde so zu einer der beliebtesten Rocksängerinnen der DDR. Kein Wunder also, dass ihr der Publikumspreis "Rocksängerin des Jahres" überreicht wurde.

Rückzug und kreatives Aufblühen
Nach sieben intensiven Jahren mit der Schubert Band, einem Leben "on the road" und einer sehr erfolgreichen Langspielplatte ("Heiße Tage", 1981) zogen sich Katrin und ihr Ehemann Sieghard Schubert 1983 ins Privatleben zurück. Statt gut besuchten Konzertsälen in der UdSSR oder Polen und ausverkauften Hallen zwischen Kap Arkona und Fichtelgebirge wurde der Farmlandhof in Quadenschönfeld (Mecklenburg Vorpommern) ab 1980 mehr und mehr zur Bühne des Paares Schubert/Lindner und zum neuen Lebensmittelpunkt der kleinen Familie mit dem Sohn Moritz. Idyllisch mitten im Grünen und in Sichtweite zur Ostsee gelegen, erwarb das Paar bereits in besagtem Jahr 1980 diesen Hof mit riesengroßem Gelände drum herum, wo es sich gut leben ließ. Aber auf Kunst und Musik wurde auch nach dem Auflösen der Band im Jahre 1983 nicht verzichtet.002 20220925 1973412626 Dort auf dem Lande bauten sich Katrin und ihr Mann schon vor dem endgültigen Rückzug aus der Musikszene ein Tonstudio auf, in dem zig Bands und Solisten der DDR für AMIGA, das Fernsehen und den Rundfunk ihre Musik aufnehmen konnten. Dirk Zöllner, Hans die Geige, BERLUC, NO 55, PANKOW, ROCKHAUS und KARAT waren z.B. Gäste dort. Aber auch sie selbst nutzten das Studio für Aufnahmen neuer Songs, die gut und gerne eine zweite oder auch dritte LP von KATRIN LINDNER & SCHUBERT BAND hätten füllen können. Außerdem schrieb Katrin in dieser Zeit viele Texte für andere Musiker, und verlor so nie den Kontakt zum Handwerk.

Von der Musik zur Malerei, wieder zurück und alles zusammen
In dieser Zeit fand Katrin auch die Gelegenheit, sich intensiver einer weiteren Leidenschaft zuzuwenden. Der Malerei. Neben der Musik war dies für sie eine weitere wichtige Ausdrucksform. Immer wieder zog sie sich in ihr Atelier zurück und füllte eine leere Leinwand mit farbenfrohem Leben. Was so klingt, war es auch …. Ein Paradies! Mitte der 90er gab es ein Comeback von Katrin als Sängerin. Mit dem Album "Zugvögel", das allerdings nur regional Aufmerksamkeit erregte, tauchte sie plötzlich wieder als Sängerin auf. Leider zerbrach zu dieser Zeit aber auch ihre Ehe mit Sieghard, und das Paar trennte sich. Ihr Ex zog aus, nahm das Studio mit, und sie blieb auf dem großen Farmlandhof, in den sie in den Jahren seit 1980 viel Zeit, Energie und Liebe gesteckt hatte. Sowas gibt man nicht einfach auf, auch wenn das Paradies in Schieflage gerät. Die Musik trat wieder in den Hintergrund, die Malerei aber nicht. Die Kunst mit Pinsel und Farben lebte Katrin ab 1998 so richtig aus - mehr als vorher. Es entstanden eine Menge Bilder, die Jahre später noch eine größere Rolle spielen sollten.

003 20220925 1800032735Das Comeback
Ein Fan von Katrin war es, der die Künstlerin im Jahre 2009 ein weiteres Mal zurück auf die Bühne führte. Er sprach ihr Mut zu, es wieder mit Musik zu versuchen, und so entstand die Idee, einige ihrer Bilder zu vertonen, und umgekehrt. Anfangs wurden bereits fertige Bilder als Vorlage für Lieder genommen, später entstanden dann auch erst zu bereits fertigen Liedern die Bilder. "Wenn ich einen Song mit einem passenden Text geschrieben habe, male ich das Bild dazu", erzählte Katrin in einem Interview mit unserer Redaktion. Auf der Bühne wurden diese Bilder dann gezeigt und dazu das Lied gespielt. Ein wichtiger Mensch an ihrer Seite war dabei André Gensicke, der für sie Musiker suchte und Katrin beim Erstellen des Programms half. Mal stand ihr dafür eine komplette Band zur Seite, ein anderes Mal saß sie allein auf der Bühne und begleitete sich dabei selbst auf dem Klavier, so wie bei dem von Deutsche Mugge veranstalteten Konzert in Castrop-Rauxel, das sie im Februar 2016 gab. Einen zu ihrem besonderen Programm passenden Bildband veröffentlichte sie unter dem Motto "Musik zum Lesen und Bilder zum Hören". Katrin war wieder da, zurück auf der Bühne, und bediente mit ihrer ganz besonderen Mischung aus Malerei und Liedern ein kleines aber äußerst interessiertes Publikum.

Eine herzliche Einsiedlerin
"Ich schaue gelassen zurück, aber lieber nach vorn und mache das was mich antreibt mit Freude", sagte sie mal zu uns auf die Frage, was sie antreibt und mit welcher Sicht auf die Dinge sie das Leben angeht. Diese Freude weiß Katrin auch auf ihr zuhörende und zusehende Menschen zu übertragen. Völlig egal, ob man bei ihr nun vor der Bühne im Publikum weilt, Gast in ihrer Pension ist oder mit ihr zusammen beim Inder zum Essen beisammen sitzt, ihre positive und herzliche Art ist ansteckend. Inzwischen ist ihr die Arbeit auf dem großen und weitläufigen Farmlandhof mit all den Tieren, der Pension und der Gartenarbeit aber wohl zu viel geworden. Bei meinem letzten Besuch bei ihr im Jahr 2015 deutete sie sowas schon an. Vor ein paar Jahren gab sie den Hof endgültig in andere Hände und zog in eine Wohnung. Sie lebte schon immer eher zurückgezogen und bezeichnete sich auch selbst mal als Einsiedlerin, aber nun scheint sie diese Lebensform "perfektioniert" zu haben. Viele Kontakte sind inzwischen irgendwie abgerissen, und Auftritte gibt es seitdem auch keine mehr. Die Frau, die das große Glück hat, gleich zwei ihrer Hobbys und Leidenschaften zum Beruf machen zu können, wird an diesem Wochenende 75 Jahre alt. In aller Stille und ohne großes Tamtam wird sie diesen Geburtstag wohl gefeiert haben. Als Privatmensch und nicht mehr als Person des öffentlichen Lebens. Wir wünschen ihr alles Gute und noch möglichst viele weitere Jahre. Und wenn es ihr gefällt, dabei mit dem Pinsel in der Hand oder am Klavier sitzend. Herzlichen Glückwunsch, liebe Katrin Lindner!






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