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Ein Beitrag von Christian Reder (Foto: Herbert Schulze)



Still und leise, und vor allen Dingen ohne eine Erwähnung von seinem Ableben in den Medien, ist der Musiker, Komponist und Arrangeur Eckhard "Ecke" Kremer in der vergangenen Woche gestorben. Dabei war "Ecke" - wenn auch ein Musikant aus der zweiten Reihe - kein Unbekannter und durchaus jemand, der Spuren auf seinem Weg hinterlassen hat. Ein Weg, den er Anfang der 70er in der DDR begann zu gehen. Gemeinsam mit seinen Weggefährten Veronika Fischer, Angelika Mann, Heike Valentin und Harald Wilk ging ich nochmal ein Stück dieses Weges, denn mit ihnen sprach ich in den letzten Tagen über den Mann, den sie alle nur "Ecke" nannten ...

Es war im Jahr 1974, als Veronika Fischer den Musiker und Komponisten Franz Bartzsch ansprach. Sie hatte gerade die Gruppe PANTA RHEI verlassen, machte einen kurzen Abstecher zur Theo Schumann Combo und wollte nun endlich ihre eigene Band gründen. Dabei hatte sie die Hoffnung, Bartzsch von ihrem Vorhaben überzeugen und dafür begeistern zu können. Sie konnte, denn schon kurze Zeit später bildeten die beiden ein dynamisches Gespann, das weitere Musiker für die Band suchte. Veronika erinnert sich noch sehr gut an diese Zeit: "Ich weiß gar nicht mehr, woher Franz ihn kannte, aber er brachte Eckhard Kremer damals direkt mit", erzählt sie. "Er schätzte Ecke und sein Spiel auf dem Bass sehr, denn er spielte genauso, wie es sich Franz immer vorstellte. Er musste ihm nicht erst viel erklären - Ecke spielte es einfach". Schnell entstanden erste Songs für die Band und Ecke Kremer trug mit der Komposition zum Stück "Die Liebe ist gegangen" sogar einen kreativen Teil dazu bei. Außerdem war er der Notenschreiber an Franz Bartzschs Seite. "Der hatte nie wirklich Lust, die Noten seiner Songs für die Musiker aufzuschreiben", erinnert sich Veronika noch heute an die Zeit vor knapp 45 Jahren und fügt an, "... dafür hatte er Ecke, der das für ihn machte". Und er machte es ausgesprochen gut, denn die Band hatte - wie wir alle wissen - einen exzellenten Sound und bei den Songs von der ersten Langrille stellt man noch heute die Ohren auf, so fein wie sie eingespielt wurden. Zahlreiche Konzerte, TV-Auftritte und die Produktion des ersten Albums "Veronika Fischer & Band" erlebten der gebürtige Greifswalder und seine Kollegen in den knapp zwei Jahren, bis sich die Wege trennten und Veronika auf die Suche nach neuen Musikern ging. Auch Kremer ging damals weg, doch Veronika denkt immer noch gern an diesen ruhigen und sympathischen Typen mit dem markanten Schnauzbart zurück: "Ecke war so ein Mensch, der unheimlich viel Harmonie in eine Gruppe bringen konnte. Das hat er auch bei mir gemacht und das war sehr angenehm".

So ähnlich äußert sich auch Angelika Mann, wenn man sie nach Ecke Kremer fragt. Nach seiner Zeit bei Vroni Fischer wechselte der Bassist 1977 nämlich zur ein Jahr zuvor gegründeten Band von der Lütten. "Ecke Kremer war einer der lustigsten Musikanten, mit dem ich je zusammengearbeitet habe", fällt der Lütten als erstes zu ihm ein, "immer einen Scherz auf den Lippen und stets gut aufgelegt". Er war aber nicht nur lustig und humorvoll, sondern auch bei der Lütten konnte er sich kreativ einbringen. Zwar war die Zeit dort nur kurz, denn schon 1978 war sie wieder beendet, aber "er hatte echt Ahnung", weiß Angelika Mann zu berichten. Zusammen mit Nico Hollmann und Micha Kuhs arbeitete er an eigenen Stücken ("War die andere wieder da" und "Knutschlied"), die er nicht nur mit seinem Bassspiel veredelte, sondern bei denen er auch wieder als Arrangeur in Erscheinung trat. Doch die Ambitionen einzelner Musiker in Lüttes erster Begleitband waren zu überzogen und die Vorstellungen vom weiteren musikalischen Weg der Gruppe zu unterschiedlich, weshalb auch die Lütte neue Musiker suchte und Ecke erneut ohne Job war. Anfang 1979 war er schließlich Mitbegründer der Gruppe MONDIE, die aus Teilen der alten Band von Angelika Mann bestand. Hier wollte man das umsetzen, was bei der "Lütten" nicht möglich war, doch die Zeit bei MONDIE sollte die kürzeste werden, die Ecke je bei einer Band verbrachte. Noch im gleichen Jahr krachte es im Gebälk. Die Musiker der Gruppe verstanden sich nicht mehr, es kam zu Streitigkeiten und MONDIE löste sich Ende 1979 auf. Es war nicht nur die Station, bei der Ecke am kürzesten seiner Berufung nachging, es war auch die Letzte im rockmusikalischen Bereich. Nach dem Aus von MONDIE verließ Ecke den Rock und wechselte mit dem Jahrzehnt auch die Musikrichtung.

Es kam zu einer kurzen Zusammenarbeit mit Henry "Cott'n" Kotowski, der mit dem Projekt PETER & COTT'N schon in Richtung Country unterwegs war, und auch mit Peter Tschernig, der ebenfalls auf der Schiene fuhr, machte Ecke gemeinsame Sache. Und genau dort blieb er dann auch: Bei der Musik der Cowboys und Trucker, die für die Protagonisten der Szene und ihre Fans ein Stück Freiheit bedeuteten und der Blick in die große weite Welt war. Noch zu DDR-Zeiten waren COUNTRY CO. (mit Linda Feller) und STUDIO KRIEGER weitere Stationen seiner Karriere als Bassist und auch als Komponist schrieb er weitere Songs (u.a. "Es war mal wieder schön" für Peter Tschernig). In der DDR-Country-Szene hinterließ er deutliche Fingerabdrücke und Heike Valentin, eine enge Freundin Eckes seit den 80ern, weiß zu erzählen, dass der Musiker immer als erstes gefragt wurde, wenn irgendwo im Country-Bereich ein Bassist oder Arrangeur gesucht wurde. Dies war auch nach der Wende so, und Kremer spielte in Gruppen wie den COOL CATS, MISTER ZUNKS PROJEKT, WILK & FRIENDS oder BORN 1 BERLIN. Musikerkollegen aus der County-Szene berichten alle von den gleichen positiven Eigenschaften, die Ecke hatte. Auch hier sei er der Musiker gewesen, der Harmonie, Humor und Sachverstand in eine Gruppe gebracht hat. Ein positiver Mensch, mit dem man viel lachen konnte, dem man auch gern begegnet ist. "Mit dem man auch mal gut einen trinken konnte". Umso trauriger sind seine ehemaligen Wegbegleiter auch darüber, dass es das Schicksal in den letzten Jahren nicht gut mit ihrem Kumpel meinte. "Ecke ging es gesundheitlich schon lange nicht gut", sagt Heike Valentin und fügt hinzu, "Er kam deshalb oft nicht zu Bandproben, weil ihn irgendwas wieder aus der Bahn geworfen hatte". Sein Freund Harald Wilk spricht von Problemen mit dem Herzen und von Diabetes, die ihm mächtig zu schaffen machten. Immer wieder Krankenhausaufenthalte, neue Probleme und keine Aussicht auf Besserung. "Er hat schließlich aufgegeben - für ihn war der Tod eine Erlösung", erzählt Harald Wilk von den letzten Tagen vor Eckes Tod.

Am 18. April hätte Ecke Kremer seinen 79. Geburtstag gefeiert, doch Ende letzter Woche verließ ihn die Kraft, sein Leben weiter zu leben. Die Lebenden können sicher nur erahnen, wie schlecht es einem gehen muss, dass man sich aufgibt und den Lebensmut verliert. Die Szene, in der Ecke fast 40 Jahre seine vier dicken Saiten zupfte, Lieder so arrangierte, dass sie den Leuten vor der Bühne richtig gut gefielen und in die er so viel positive Energie brachte, wird ihren Ecke schmerzlich vermissen, ebenso die Kollegen aus dem Rockmusik-Lager, in dem er in den 70ern seine Bahnen zog. Aber sie werden ihm sicher auch von Herzen gönnen, dass all die irdischen und körperlichen Probleme nun für immer fort und einer friedlichen Ruhe gewichen sind. Diese Ruhe möge er jedenfalls finden und wer weiß ... Vielleicht trifft er dort, wo er jetzt ist, auf Franz Bartzsch und Peter Tschernig und sie können dort das fortsetzen, wobei sie hier unten auf der Erde unterbrochen worden sind. Wir sehen uns!




   
   
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