Ein Beitrag von Christian Reder Fotos:
Olaf Telle, Privatarchiv Oschek (03.01.2020)
Der 3. Januar 1950 war ein grauer Tag. Schneeregen und kühle 2 Grad gab es in Leipzig. In Berlin feierte Wilhelm Pieck mit den Genossen seinen 74. Geburtstag und Bundespräsident Theodor Heuss gab auf der Viktorshöhe bei Bonn seinen ersten Neujahrsempfang als Staatsoberhaupt der Bundesrepublik Deutschland. Die Andrews Sisters veröffentlichten gerade ihre Single "I Can Dream, Can't I?" und die Vorbereitungen zum ersten Kräftemessen im Boxsport zwischen Ostdeutschland und Westdeutschland waren im vollen Gange, da erblickte Reinhard Huth in Leipzig-Connewitz das Licht der Welt.
Jener Reinhard Huth, den man seit vielen Jahren ob seines Ausrufs "Oh, ein Scheck" wenn Gagen gezahlt wurden, auch "Oschek" nennt und der im Frühling 1976 zur ersten Besetzung der Gruppe KARUSSELL gehörte. Als "Nachtigall" und "Gitarrist" machte sich der junge Mann dort einen Namen und war neben Cäsar Peter Gläser eine der prägenden Figuren dieser Band. Lieder wie "Autostop", "Ehrlich will ich bleiben" oder "Ein langer Weg" bekamen durch seine Stimme und seine aus tiefstem Herzen kommenden Art des Vortrags erst ihre Seele. Später folgten weitere große Lieder wie "Keiner will sterben" und natürlich das "Fischlein unter'm Eis", das niemand so grandios ans Ohr der Hörer transportieren kann wie er. Ganze acht Jahre feierte er mit der Band Erfolge, sang die eben genannten und weitere tolle Lieder, war auf Tour auch über die Landesgrenzen hinaus und ganz oben in der DDRock-Szene. Nach einem schweren Verlust im Jahre 1983, als Cäsar die Band verließ und einem gewaltigen Erdbeben, nachdem sich 1984 zwei Band-Kollegen bei einem Gastspiel in der Bundesrepublik absetzten, verließ auch "Oschek" Ende 1984 die Band. Nach ereignisreichen Jahren auf den Bühnen und in den Tonstudios kehrte Reinhard Huth dem Rock'n'Roll den Rücken und widmete sich fortan ganz anderen Dingen. Ab Januar 1985 war seine Bühne die Tischlerei Dieter Kehr in Leipzig, wo er für eine längere Zeit als Kistenbauer tätig war und dort "geregelte Arbeitszeiten" hatte. Früh morgens um 6:00 Uhr bereits das Haus verlassend und bis abends neue Eindrücke in einem neuen Beruf sammelnd war er weit weg vom Leben eines Rockstars. Es sei eine gute Erfahrung gewesen, blickt Reinhard heute auf diese Zeit zurück. Doch irgendwann brach er diesen Weg wieder ab, hing den Job an den Nagel und kehrte dahin zurück, wo er den Menschen mehr geben konnte, als nur mit Hobel, Schraubzwinge und Leim. Der Weg führte zurück auf die Bühne … zum Rock … zur Berufung "Musik". Ab 1988 gehörte er der Leipziger Formation BEAT CLUB an, die in und um Leipzig Oldies coverten. Das Ganze fand nur regional und auf kleiner Flamme statt, aber das Publikum hatte seine "Nachtigall" wieder ...
Irgendwann im Jahre 2007 griff Reinhard Huth ganz tief unten in seinen Plattenschrank und entdeckte die Scheiben seiner alten Band KARUSSELL wieder. "Oschek" verglich die Lieder mal mit einem guten Wein, der mit den Jahren auch immer besser wird. Wieder angezündet von dem Geist der 70er und 80er nahm er kurzerhand Kontakt zu Wolf-Rüdiger Raschke auf, der als Mitbegründer und langjähriger Chef der Band von einem Comeback überzeugt werden sollte. Viel Anstrengung bedurfte es nicht, denn Raschke senior hatte bereits Pläne, gemeinsam mit dem Junior was zu machen. Ein erster Auftritt in der Leipziger "Moritzbastei" stand schon fest und als "Oschek" mit seiner Comeback-Idee um die Ecke kam war klar, dass diese Mugge zu dritt stattfinden würde. Man fand weitere Mitstreiter und im Februar 2008 gab es KARUSSELL nach über 14 Jahren wieder und das Comeback-Konzert fand in Grimma statt. Knapp 25 Jahre nach seinem Ausstieg stand "Oschek" wieder mit seiner Band auf der Bühne, und vor dieser Bühne ging ein Raunen durch die Menge. War das Gefieder inzwischen mehr grau als bunt, hatte die "Nachtigall" doch nichts an Schönheit in der Stimme verloren. Allein Reinhard löste Reaktionen wie z.B. "Der singt, als wäre er nie weg gewesen", "Das klingt wie auf den Platten" oder: "Ja! Das ist das Original" aus. Lange hatten die Leute auf diesen Moment gewartet, jetzt waren Oschek und die Band wieder da. Greifbar, hörbar, präsent!
Inzwischen sind schon wieder mehr als 10 Jahre ins Land gezogen. Die Band hat in der Zwischenzeit zwei Studioalben veröffentlicht und unzählige Konzerte gespielt. "Oschek" ist heute aber mehr als nur der Sänger von KARUSSELL. Es sind nicht mehr nur die Lieder, über die er seine Gedanken zur Gesellschaft und zur Politik äußert. In der virtuellen Welt teilt er seine Gedanken zu verschiedenen Themen in Netzwerken und diskutiert sie mit Freunden, Fans, Weggefährten und Verfolgern. Und da kann man auch mal mit ihm zanken, anderer Meinung sein und sich aneinander reiben. Aber stets auf Augenhöhe und mit der Garantie, bei einer der nächsten Diskussionen ein paar Tage später wieder bei null und völlig neutral beginnen zu können. In der echten Welt ist aus dem Sänger inzwischen auch ein Winzer geworden. Er baut Wein an, liest und keltert ihn selbst und zieht seinen eigenen guten Tropfen auf Flaschen. Kann gut sein, dass ihm dabei neue Ideen zu neuen Liedern für die Gruppe KARUSSELL kommen. Kann gut sein, dass ihm das auch heute schon passiert. Der 3. Januar 2020 ist auch ein grauer Tag - genau wie der im Jahre 1950. Es ist bewölkt in Leipzig, aber regnen oder gar schneien soll es heute nicht. Bei 7 Grad ist an Schnee auch nicht zu denken. Wilhelm Pieck und Theodor Heuss sind schon lange tot, die Andrews Sisters kennt derweil kaum noch jemand. Statt Boxen steht an diesem Tag die Vierschanzentournee im Fokus und in Leipzig feiert heute Reinhard Huth seinen 70. Geburtstag. Alles Gute zum runden Geburtstag, lieber Oschek. Bleib gesund und munter, wir erheben unser Glas auf Dich!
Jener Reinhard Huth, den man seit vielen Jahren ob seines Ausrufs "Oh, ein Scheck" wenn Gagen gezahlt wurden, auch "Oschek" nennt und der im Frühling 1976 zur ersten Besetzung der Gruppe KARUSSELL gehörte. Als "Nachtigall" und "Gitarrist" machte sich der junge Mann dort einen Namen und war neben Cäsar Peter Gläser eine der prägenden Figuren dieser Band. Lieder wie "Autostop", "Ehrlich will ich bleiben" oder "Ein langer Weg" bekamen durch seine Stimme und seine aus tiefstem Herzen kommenden Art des Vortrags erst ihre Seele. Später folgten weitere große Lieder wie "Keiner will sterben" und natürlich das "Fischlein unter'm Eis", das niemand so grandios ans Ohr der Hörer transportieren kann wie er. Ganze acht Jahre feierte er mit der Band Erfolge, sang die eben genannten und weitere tolle Lieder, war auf Tour auch über die Landesgrenzen hinaus und ganz oben in der DDRock-Szene. Nach einem schweren Verlust im Jahre 1983, als Cäsar die Band verließ und einem gewaltigen Erdbeben, nachdem sich 1984 zwei Band-Kollegen bei einem Gastspiel in der Bundesrepublik absetzten, verließ auch "Oschek" Ende 1984 die Band. Nach ereignisreichen Jahren auf den Bühnen und in den Tonstudios kehrte Reinhard Huth dem Rock'n'Roll den Rücken und widmete sich fortan ganz anderen Dingen. Ab Januar 1985 war seine Bühne die Tischlerei Dieter Kehr in Leipzig, wo er für eine längere Zeit als Kistenbauer tätig war und dort "geregelte Arbeitszeiten" hatte. Früh morgens um 6:00 Uhr bereits das Haus verlassend und bis abends neue Eindrücke in einem neuen Beruf sammelnd war er weit weg vom Leben eines Rockstars. Es sei eine gute Erfahrung gewesen, blickt Reinhard heute auf diese Zeit zurück. Doch irgendwann brach er diesen Weg wieder ab, hing den Job an den Nagel und kehrte dahin zurück, wo er den Menschen mehr geben konnte, als nur mit Hobel, Schraubzwinge und Leim. Der Weg führte zurück auf die Bühne … zum Rock … zur Berufung "Musik". Ab 1988 gehörte er der Leipziger Formation BEAT CLUB an, die in und um Leipzig Oldies coverten. Das Ganze fand nur regional und auf kleiner Flamme statt, aber das Publikum hatte seine "Nachtigall" wieder ...
Irgendwann im Jahre 2007 griff Reinhard Huth ganz tief unten in seinen Plattenschrank und entdeckte die Scheiben seiner alten Band KARUSSELL wieder. "Oschek" verglich die Lieder mal mit einem guten Wein, der mit den Jahren auch immer besser wird. Wieder angezündet von dem Geist der 70er und 80er nahm er kurzerhand Kontakt zu Wolf-Rüdiger Raschke auf, der als Mitbegründer und langjähriger Chef der Band von einem Comeback überzeugt werden sollte. Viel Anstrengung bedurfte es nicht, denn Raschke senior hatte bereits Pläne, gemeinsam mit dem Junior was zu machen. Ein erster Auftritt in der Leipziger "Moritzbastei" stand schon fest und als "Oschek" mit seiner Comeback-Idee um die Ecke kam war klar, dass diese Mugge zu dritt stattfinden würde. Man fand weitere Mitstreiter und im Februar 2008 gab es KARUSSELL nach über 14 Jahren wieder und das Comeback-Konzert fand in Grimma statt. Knapp 25 Jahre nach seinem Ausstieg stand "Oschek" wieder mit seiner Band auf der Bühne, und vor dieser Bühne ging ein Raunen durch die Menge. War das Gefieder inzwischen mehr grau als bunt, hatte die "Nachtigall" doch nichts an Schönheit in der Stimme verloren. Allein Reinhard löste Reaktionen wie z.B. "Der singt, als wäre er nie weg gewesen", "Das klingt wie auf den Platten" oder: "Ja! Das ist das Original" aus. Lange hatten die Leute auf diesen Moment gewartet, jetzt waren Oschek und die Band wieder da. Greifbar, hörbar, präsent!
Inzwischen sind schon wieder mehr als 10 Jahre ins Land gezogen. Die Band hat in der Zwischenzeit zwei Studioalben veröffentlicht und unzählige Konzerte gespielt. "Oschek" ist heute aber mehr als nur der Sänger von KARUSSELL. Es sind nicht mehr nur die Lieder, über die er seine Gedanken zur Gesellschaft und zur Politik äußert. In der virtuellen Welt teilt er seine Gedanken zu verschiedenen Themen in Netzwerken und diskutiert sie mit Freunden, Fans, Weggefährten und Verfolgern. Und da kann man auch mal mit ihm zanken, anderer Meinung sein und sich aneinander reiben. Aber stets auf Augenhöhe und mit der Garantie, bei einer der nächsten Diskussionen ein paar Tage später wieder bei null und völlig neutral beginnen zu können. In der echten Welt ist aus dem Sänger inzwischen auch ein Winzer geworden. Er baut Wein an, liest und keltert ihn selbst und zieht seinen eigenen guten Tropfen auf Flaschen. Kann gut sein, dass ihm dabei neue Ideen zu neuen Liedern für die Gruppe KARUSSELL kommen. Kann gut sein, dass ihm das auch heute schon passiert. Der 3. Januar 2020 ist auch ein grauer Tag - genau wie der im Jahre 1950. Es ist bewölkt in Leipzig, aber regnen oder gar schneien soll es heute nicht. Bei 7 Grad ist an Schnee auch nicht zu denken. Wilhelm Pieck und Theodor Heuss sind schon lange tot, die Andrews Sisters kennt derweil kaum noch jemand. Statt Boxen steht an diesem Tag die Vierschanzentournee im Fokus und in Leipzig feiert heute Reinhard Huth seinen 70. Geburtstag. Alles Gute zum runden Geburtstag, lieber Oschek. Bleib gesund und munter, wir erheben unser Glas auf Dich!
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