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Ein Beitrag von Christian Reder. Fotos privat (Toni Krahl) + Christian Reder



Der 3. Oktober 1949 war ein kühler, aber trockener Montag und diesen Tag suchte sich Toni Krahl aus, um das Licht dieser Welt zum ersten Mal zu erblicken. Toni kommt mitten in der Gründungsphase der beiden deutschen Staaten zur Welt, dessen Wiedervereinigung man neben seinem 70. Geburtstag heute ebenfalls und nunmehr zum 30. Mal feiert.001 20191003 1680880579 Die Bundesrepublik war schon gegründet, als er ankam, die Gründung der DDR folgte offiziell vier Tage später. Nur die ganz Alten können einem heute noch erzählen, wie das damals so war, als die in vier Portionen filetierte Heimatstadt Krahls teilweise über eine Luftbrücke versorgt werden musste und irgendwie überall im Ort nicht klar war, wo der Weg hinführen würde. Das war damals alles ziemlich politisch und neben der Musik sollte später auch die Politik sein Interesse wecken. Den aufrechten Gang erlernte der junge Toni schnell und ihn hat er bis heute nicht abgelegt. Er wurde ihm wohl schon angeboren.

Dies bewies er, als er 1968 gegen den Einmarsch der Warschauer Pakt-Staaten in die CSSR öffentlich protestierte. Er tat es in einem Land, in dem das gar nicht gern gesehen war und in dem man für so einen Protest verhaftet werden konnte, wenn man erwischt wurde. Dies passierte ihm letztlich auch. Er wurde für seinen Protest und eine Flugblattaktion festgenommen und zu drei Jahren Haft verurteilt, die dann aber zu einer Bewährungsstrafe umgewandelt wurden. Erst 30 Jahre später wurde er dafür vom tschechischen Premierminister Mirek Topolánek mit dem Karel-Kramar-Orden geehrt. Ob er auch von seinem Land eine Ehrung dafür erhielt, ist hier nicht bekannt. Die Bewunderung der Leute, inklusive meiner, ist ihm aber sicher. Die ganze Geschichte – und viele andere mehr, die hier jetzt keinen Platz finden - kann man übrigens in seinem Buch „Rocklegenden“ (neues leben, 2016) nachlesen.

Sein politisches Denken und Handeln wurde durch diese Erfahrung, die sogar für seinen Vater damals berufliche Konsequenzen hatte, aber nicht unterdrückt. In der Zeit der Veränderung in seinem Heimatland DDR - Ende der 80er - war Toni zusammen mit über 50 anderen bekannten und mutigen Rockmusikern und Liedermachern, darunter Wenzel, André Herzberg, Tamara Danz und Gerhard Schöne, an der Ausarbeitung der Resolution für eine Demokratisierung der DDR-Gesellschaft aktiv beteiligt. Er war Mitinitiator und Unterzeichner dieser Resolution vom 18. September 1989 und somit eine treibende Kraft, die sich für Veränderungen im eigenen Land einsetzten. Wohlgemerkt für „Veränderungen“ und nicht für eine „kampflose Aufgabe“. Anpacken, Mithelfen und Verändern – so hätte das Motto lauten können, und am 25. Oktober 1989 nahm er deshalb auch am Konzert „Hierbleiber für Hierbleiber“ im Haus der Jungen Talente in Ost-Berlin teil. Die jungen DDR-Bürger sollten nicht flüchten, sondern in ihrer Heimat bleiben und dort dafür kämpfen, dass sich ihr Leben verbessert. Aber es kam – wie wir ja alle wissen – anders.

Im Jahre 1990 gründete Toni mit Blick auf die nahende Marktwirtschaft zusammen mit seinem langjährigen Bandkollegen Fritz Puppel die erste unabhängige DDR-Schallplattenfirma K&P Musik. Bis dahin gab es nur die AMIGA als staatliches Plattenlabel. Bei K&P Music erschienen anschließend u.a. das erste Album der Gruppe KEIMZEIT,003 20191003 1850847902 das Nachwende-Album „Die geschenkte Stunde“ von KARAT und die Scheiben von The Inchtabokatables. Ausflüge in die Welt der Schauspielerei (Film „Max & Moritz Reloaded“, 2005) und die der Autoren (das eben schon erwähnte Buch „Rocklegenden“) kommen noch als weitere nennenswerte Punkte in seiner Vita hinzu, und so ganz nebenbei ist Toni seit 1975 natürlich auch Sänger der Kultband CITY, die mit wenigen Ausnahmen über all die Jahre ihrer Philosophie und den eigenen Wurzeln treu geblieben ist. Mehr als 40 Jahre ist uns die Stimme des Toni Krahl vertraut und auch ohne Charterfolge vorweisen zu können (aber wer traut heute noch diesen hinkenden Statistiken?), landet die Band immer wieder Hits. Auf jedem ihrer Alben ist mindestens ein Titel, der zum Ohrwurm avanciert, seine Stimme als wichtigstes Markenzeichen trägt und bei den Menschen dauerhaft im Gedächtnis bleibt. Ein Kunststück, das nicht viele Interpreten und Kapellen von sich behaupten können.

Mit dem CITY-Frontmann wird heute ein musikalischer Held 70 Jahre alt, vor dem man in vielerlei Hinsicht den Hut ziehen kann. Mich persönlich hat die Band mit ihrer Musik noch nie enttäuscht. Ihre bisher veröffentlichten Platten stehen in verschiedenen Versionen in meinem Schrank, und Konzerte habe ich schon einige besucht. Und wenn man Toni mal trifft, wird man von seiner lockeren Art stets angesteckt und bekommt immer einen flotten Spruch mit auf den Weg. Von diesen Begegnungen wünsche ich mir ebenso mehr, wie von Konzerten mit seiner Band, bei denen für knapp zwei Stunden die Welt stehen bleibt und man wieder einmal hautnah spüren kann, warum der Deutschrock so großen Spaß machen kann. Bleib uns noch möglichst lang erhalten, Du Mann mit der zeitlos coolen Frisur und der unverwechselbaren Stimme.

 


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