Oder: Was ein Buch am fernen Yukon und ein
Schloss in der Nähe von Dresden gemeinsam haben
Ein Beitrag von Grit Bugasch | Fotos: Driftwood Holly privat
Musik kann Grenzen überwinden, wildfremde Menschen zueinander bringen und ihre Seelen verbinden. Das ist nicht neu. Es gibt viele Geschichten und Erlebnisse, die davon zeugen. Spannende Geschichten, die so nur das wahre Leben schreibt. Und ich habe irgendwie das Gefühl, gerade mittendrin zu stecken in so einer Geschichte - in der von DRIFTWOOD HOLLY und seiner Musik. Dabei hat alles ganz harmlos angefangen ...
Ins Rollen kommt diese Geschichte mit einem Buch, genauer gesagt mit dem Buch "Die fernen Inseln des Glücks" von Dirk Zöllner. Als Mitbringsel von einem Deutschland-Trip landet es im hohen Norden Kanadas, wo es DRIFTWOOD HOLLY - ein Weltenbummler aus Oberwiesenthal, der sein Glück in Dawson City, am fernen Yukon gefunden hat - in die Finger bekommt. Beim Lesen wird er das Gefühl nicht los, dass Dirk unbedingt mal an den Yukon kommen und dort ein Album aufnehmen müsste. Und genau das schreibt er ihm im Überschwang der rotweingetränkten Begeisterung dann auch. Die Reaktion darauf fällt ... na sagen wir mal ... etwas verhalten aus. Aber wie das so ist im Leben, meistens entwickeln sich die Dinge anders als gedacht. Einige Zeit später ist Jäcki Reznicek im Urlaub wieder einmal in Kanada unterwegs und entdeckt zu seiner großen Verwunderung Dirk Zöllners Buch in einem einsamen Pick-up in Dawson City. Vorsichtshalber hält er den überraschenden Fund bildlich fest. Wieder in Berlin zurück, schickt Jäcki das Foto von dem Buchfund an den Autor, von wo es wiederum den Weg zurück zu Holly findet. Der reibt sich bei der Frage, ob das auf dem Foto sein Auto sei, verwundert die Augen und fragt sich, ob er vielleicht im falschen Film ist ... Aber es kommt noch besser: Parallel dazu fängt Jäcki an, im Internet zu stöbern, wo er auf Holly und seine Musik stößt. Er ist sofort von Hollys Stimme angetan und nimmt per Facebook und E-Mail Kontakt zu ihm auf. Die Chemie stimmt und so lässt das erste Telefonat nicht lange auf sich warten. Furchtbar aufgeregt ist Holly bei diesem ersten Anruf. Und als Jäcki ihn fragt, ob sie vielleicht zusammen musizieren könnten, sagt er einfach ja. Verrückte Welt. Schöne Welt. Und so nimmt eine wundervolle Geschichte ihren Lauf.
Im Herbst 2013 treibt es Holly über den Atlantik nach Sachsen. Auf seiner Tour durch Schlösser, Kirchen und Wohnzimmer wollte er ursprünglich allein mit seiner Gitarre spielen. Doch plötzlich sind da noch Pavel und Jäcki ... Kurz vor dem ersten Gig in Zwickau treffen sie sich zum ersten Mal persönlich. Die Probe startet Holly mit einem Song, der ihm besonders am Herzen liegt: "Dein König". Er staunt nicht schlecht, als Jäcki ihm prompt sagt: "Du spielst in der falschen Tonart." - "Hallo, das ist doch mein Song.", denkt sich Holly. Aber Jäcki hat Recht, denn er hat Hollys Songs immer und immer wieder gehört und kennt sie inzwischen bestens. Der Dritte im Bunde ist Pavel Osvald, den Holly irgendwann einmal als Rotweinverkäufer auf dem Oberwiesenthaler Weihnachtsmarkt kennenlernt. Als er Pavel und seine Geige zum ersten Mal hört, weiß Holly sofort, dass er nicht nur mit ihm zusammen spielen will, sondern muss. Holly folgt seinem Gefühl, seinem Herzen. Und es weist ihm den richtigen Weg. Die drei freuen sich über die gemeinsamen Live-Abenteuer, auch wenn sie nicht alle Konzerte zusammen spielen können. Ganz nebenbei lernen sie sich kennen, erzählen dem Publikum ihre Geschichten, hören einander zu, lassen sich aufeinander ein und genießen die Zeit. So verläuft die Tour anders, als ursprünglich geplant und ein Stein kommt ins Rollen. Da wachsen drei ganz unterschiedliche Typen zusammen und schon nach kurzer Zeit fällt ihnen der Abschied schwer.
Nicht einmal drei Monate später, Ende Februar 2014, geht der Flieger über den Atlantik in die andere Richtung. Pavel und Jäcki machen sich auf den Weg ins Yukon Territory, um zu viert - Holly am Gesang und an der Gitarre, Pavel an der Geige, Jäcki am Bass und mit Unterstützung von David McDonald an der Gitarre - das offizielle Release-Konzert zum Album "Little Lilly Mammoth Hair" zu spielen. Natürlich lassen sie es nicht dabei bewenden. Sie proben zusammen und das eine oder andere Hauskonzert kommt dazu. Und natürlich genießen sie den kanadischen Winter, der sein schönstes Kleid angelegt hat. Auf etlichen Fotos und Videoschnipseln können wir sehen, wie wunderbar die oft so ungeliebte Jahreszeit sein kann. Knirschender Schnee, klirrende Kälte bei bis zu 37 Grad minus, dazu die herrlich weite Landschaft und strahlend blauer Himmel. Die Bilder zeigen drei verrückte Typen, die sich des Lebens freuen und dabei grinsen wie die Schneekönige. Soviel Lebensfreude muss einfach anstecken, egal was es ist. Sei es ihre Musik oder das besondere Lebensgefühl, das sie verbindet. Sei es die Erfüllung von Jäckis Jungentraum, als er mit acht Huskys vor dem Schlitten über den Yukon donnert oder was auch immer. Diese Jungs haben sich vielleicht nicht direkt gesucht, aber offensichtlich gefunden. Und weil es so schön war, setzen sie ihre Konzerte im sommerlichen Kanada fort. Im August sind Pavel und Jäcki wieder bei Holly am Yukon. Diesmal ist kein Eis auf dem Fluss, aber das hätten sie mit ihrer Musik und ihrem Strahlen ohnehin zum Schmelzen gebracht. Was anfangs nur so eine Idee war, hat inzwischen immer mehr Gestalt angenommen und wird zur Gewissheit - zusammen wollen sie ein Album aufnehmen. Und weil das Leben den Dingen seinen eigenen Sinn gibt, wird sie dieser Plan nach Sachsen führen, wo vor allem für Holly ein Traum wahr wird. Aber so weit sind wir noch nicht.
Die Musik hat Holly schon lange in ihren Bann gezogen - auf die eine oder andere Weise. Auch wenn er im Osten groß geworden ist, kann er mit der sogenannten Ostrockszene damals nicht viel anfangen. Als Konzertgänger zieht es ihn vielmehr in die legendären Säle der sächsischen Bluesszene, nach Affalter, Tanna, Mühlsen/St. Niclas ... Noch in Oberwiesenthal geht er seine ersten Schritte als Musiker und sammelt eigene Eindrücke. In einer kleinen Bar spielt er seine ersten Gigs und sagt heute, dass es nicht die besten Erfahrungen sind, die er da gemacht hat. Irgendwann wird Holly klar, dass er und seine Lieder nicht in Bars passen, wo die Leute nicht wirklich zuhören und die Musik stattdessen nur als Hintergrundbeschallung wahrnehmen. So ist er Schritt für Schritt unterwegs - zu sich und seiner Musik. Hat er anfangs noch etwas gebraucht, seinen Weg, seinen Stil und das richtige Umfeld dafür zu finden, weiß er heute umso genauer, was er will und was eben nicht. Während ich mit ihm über seine Musik und seine Pläne rede, bekomme ich einen ersten Eindruck von dem Menschen, der hinter dem Ganzen steckt. Wenn ich nicht ohnehin schon von den wunderbar einfühlsamen Klängen infiziert wäre, dann wäre es spätestens jetzt geschehen. Holly hat tausend Pläne und noch vielmehr Ideen. Die Eindrücke und Emotionen sprudeln nur so, wenn er von dem erzählt, was ihn gerade am meisten umtreibt und ich habe zu tun, seinen Erzählungen zu folgen.
DRIFTWOOD HOLLY ist ein Geschichtenerzähler, ein Romantiker, ein Besessener. Das was er will, das will er ganz. Und er tut es mit ganzem Herzen, aus voller Seele - davon bin ich überzeugt. Seine Musik spiegelt sein Lebensgefühl. Und das will er nicht nur selbst genießen, sondern auch anderen vermitteln. Sein Instinkt sagt ihm, dass seine Songs auch, aber nicht nur mit ein paar Freunden am Lagerfeuer gespielt werden sollen. Er will auf die Bühne und den Menschen begegnen. Aber er will es anders machen, als die großen Musiklabels. Sein kostbarstes Gut ist die Zeit, wie er selbst sagt. Und die Emotion, wie mir mein Eindruck sagt. Emotion ist ihm allemal wichtiger als Perfektion. Für Holly muss alles zusammenpassen - die Musik, der Text, die Musiker, das Umfeld… Erst dann kann seine Musik ihre ganz eigene Magie entfalten. Live hat es bestens funktioniert, in den Wohnstuben, Kirchen oder Schlössern, ob in Deutschland oder in Kanada. Nun kommt es darauf an, dieses besondere Gefühl einzufangen und auf dem neuen Album zu konservieren. Schon jetzt schwärmt er ohne Ende vom Neve Board, einer analogen Aufnahmekonsole, die er im Tonstudio in Schloss Röhrsdorf entdeckt hat und nun für seine Pläne nutzen kann. Für Holly ein Traum der analogen Produktionstechnik, die das musikalische Gefühl viel besser spürbar macht, als die weit verbreitete digitale High-End-Technik.
Doch bis es in wenigen Wochen losgeht, gibt es noch jede Menge Arbeit. Das Familienleben wird komplett umgekrempelt für die Zeit im Studio und die anschließende Tour. Er muss noch jagen, fischen, Holz holen, Vorräte schaffen und die Farm winterfest machen - schließlich werden sie bei klirrender Kälte zurückkommen, da muss alles vorbereitet sein. Auch für das Album bleibt noch einiges zu tun. Bei der Fülle an Songs wird es schwer genug, sich zu entscheiden - von etwa 30 Liedern spricht Holly, die auf das Album sollen. Also ein Doppel-Album? Schön wär's, aber in nur zwei Wochen Studiozeit nicht realisierbar. Es wird wohl doch eher auf die "A-Liste" hinauslaufen, mit der sie quasi schon eine Vorauswahl für das Album getroffen haben. Und dann hätte Holly gern noch hier einen Gitarristen, dort eine Sängerin dazu und und und. Da sind sie wieder die tausend Dinge, die es zu sortieren, zu organisieren und umzusetzen gilt. Und trotz aller Eigendynamik will er sich und den anderen keinen Druck machen. Er steht unter Strom und ruht gleichzeitig in sich. Er ist auf der Reise und doch auch angekommen. Was nach dem Album wird, lässt er noch offen.
Die Magie von "Aura Borealis" - so der Titel des Albums - kann aus Hollys Sicht zünden und um sich greifen oder auch verpuffen. Obwohl, wenn ich so mit ihm rede, kann ich mir letzteres nicht wirklich vorstellen ... Der Albumtitel ist Programm. Aurora Borealis bezeichnet das Polarlicht in der Nähe des Nordpols, das man auch in Kanada sehen kann. "Aura Borealis" ist eine Wortspielerei - eine Verbindung aus der besonderen Magie seiner Musik, der Energie der beteiligten Personen, der Mystik des nördlichen Polarlichtes und auch eine Reminiszenz an Hollys Hauptsponsor. Interpretierbar, wie so vieles im Leben und wird sich wohl nur dem erschließen, der sich darauf einlässt.
Es gäbe noch so viel zu erzählen - von Hollys musikalischen Vorbildern und seinen ersten Gigs; von den Hauskonzerten in Kanada und in Deutschland; von der Nachtaktion, in der er Jäcki von der Autobahn abgeholt hat; vom nördlichsten Warwick-Support-Posten kurz vor dem Nordpol; von Jäckis wilder Fahrt auf Hollys Anhänger; von Kirsten, der besten Frau der Welt, und seinen Kindern; von seiner Begeisterung für analoge Produktionstechnik; vom Film "Sound City" und und und ... Es bleibt mir nur zu sagen: Leute, geht in die Konzerte. Geht in die Kirchen, Schlösser und Säle oder wo auch immer sie spielen. Hört die Geschichten von Holly und seinen Freunden, fühlt ihr Leben und ihre Träume. Hört ihre Musik, erlebt sie live und nehmt ihren außergewöhnlichen Zauber in euch auf. Wer sich schon jetzt von all dem anstecken lassen und ganz nah dran sein möchte, kann an Hollys Kickstarter-Projekt teilhaben. Informationen dazu, VIP-Tickets, Hauskonzerte und noch vieles mehr findet ihr auf kickstarter.com (Direktlink: HIER):
Fotos aus dem Fundus von Driftwood Holly