Titel: Interpret: VÖ: Label: Songs:
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"Greatest Performances"
OMEGA 20. April 2012 edel |
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In unserem Plattenladen in der Langen Straße neben dem Möbel-Konsum stand eines Tages eine Platte im Schaufenster, die sah anders aus. Das Cover zeigte eine mir unbekannte große Brücke und in einem gelben Schriftfeld stand darüber "Omega Ensemble Budapest" geschrieben. Musik von OMEGA hatte ich im Radio schon gehört, aber dass dann ausgerechnet in meinem Heimatort eine Langspielplatte im Laden lag, war wohl doch ein kleines Wunder. Als ich mir diese Scheibe 1970 im zarten Alter von zwanzig Lenzen kaufte, hatte ich keinen blassen Schimmer davon, dass ich satte 42 Jahre später, also als Opa, noch mal so ein Teil genüsslich einlegen und anhören würde. Damals geschah das mit der spontanen Neugier auf alles, dass nach Beat und neuen Klängen aussah. Heute lasse ich bei den Liedern, Balladen und stampfenden Rock-Klassikern ganze Passagen meines eigene Lebens aus diesen 42 Jahren Revue passieren. Eine solche Art Inspiration und Reminiszenz vermögen inzwischen nur noch wenige lebende Musiker und Bands in mir auszulösen und das ist sicher ein ganz besonderes, wie man neudeutsch sagt, Alleinstellungsmerkmal dieser Spezies von Musikern. OMEGA gehört dazu und ist ohne jeden Zweifel nicht nur in Ungarn Kult.
Wenn man die Ungarn-Rocker und ihre Musik schon so lange kennt, dann erwartet man von einer Tonkonserve, auf der "Greatest Performanes" drauf steht, dass sie den Bogen über mindestens diese 42 Jahre zu spannen vermag, damit das Hörerlebnis auch eine Hör-Reise zu einigen der schönsten Liedern und größten Hits wird. Zumindest war das meine Erwartung und die ist, sehr zu meiner Freude, voll und ganz erfüllt worden. Das schon mal vorweg.
Die Reise beginnt, Paukenschlägen gleich, mit dem ungemein knackigen "Addig Elj" und damit vor runden 35 Jahren aus dem Album "Nem Tudem A Neved" (1975), einer Scheibe, die gemeinsam mit "Omega 5" den Schwenk der Band vom Beat mit ungarischen Folk-Einflüssen hin zum melodiösen HardRock dokumentiert. Schon dieser Opener hat alles, was die Live-Faszination von OMEGA seit jeher ausmacht. Es sind die großen Melodiebögen im Verbund mit Gitarreneinwürfen über einem kraftvollen Rhythmus, bei dem vor allem das differenzierte Rhythmusspiel von 'Ciki' markante Akzente setzt. Aus jener frühen Zeit, da aus einer Notsituation heraus die erste Live-LP, noch dazu im Alu-Cover, von der Band in Eigenregie produziert wurde, stammt dann auch "Hütlen Barotok" (Untreue Freunde, 1973). Damals spielte sich die neu formierte Band ohne Presser, Laux und Adamis vom alten Ballast frei, um in die neue Rock-Ära zu starten. Die "Untreuen Freunde" klingen heute deftiger denn je, ebenso wie "Varazslatos Feher", der "Zauberhafte weiße Stein" aus der gleichen Scheibe. Die modernen und schnörkellosen Live-Aufnahmen der drei Klassiker, zwei typische Rocker und ein balladesker Song, sind die perfekte Einstimmung in das Hörerlebnis. Unmerklich ist man mitten drin im Zauberland der Omega-Musik. "A Madar", diese faszinierende Kombination von Orgel- und Gitarrenriffs, fesselt in dieser Live-Version beinahe noch mehr als das alte Original. Mir gefällt das abwechslungsreiche Wechselspiel von Sythis und Gitarren, das sich auch bei "A Könyvelö Alma" findet. Diese Musik aus "Idorablo", die als "Time Robber" sogar zuerst als englische Version erschien, markiert auch den erfolgreichen Einstieg in den west-europäischen Plattenmarkt.
Mit "Ezyst Esò" ist eine wunderschönen Balladen mit weit ausschweifenden Melodiebögen zu hören. Danach gelingt der Sprung von "Gammapolis" (1979) in die 80er Jahre zu 10. LP-Veröffentlichung "Az Arx" (Das Gesicht, 1981). "A Nagy Folyo" ist stampfender Rock, der seine Spannung aus treibenden Gitarren- und Synthesizerläufen bezieht, während "Èbredes" (Aufwachen) wieder mit breit gefächerten und spannungsgeladenen Instrumentalpassagen von Bass, Orgel und Gitarre Stimmungen erzeugt und fließend in "A Malomban" und dann in "Hazafele" übergeht, so wie die Original-Suite auf "Omega 5" (1973) es auch tut, um dann schließlich in "A Hetedik Napon" beinahe den majestätischen Höhepunkt zu finden. Auf der Platte endet die Seite kraftvoll rockend mit "Van Aki Nuygtalan" und auch die Live-Version schraubt sich auf diese Weise zu sinfonischen Höhen und endet dort. Das großartige Stück live als beinahe Ganzes zu präsentieren, ist eine tolle Idee. Auf diese Weise wirkt die Komplexität der Musik von OMEGA am besten. Beeindruckend noch immer die kraftvoll über dem Sound der Band klingende Stimme von Janos "Mecky" Kóbor, die für meinen Geschmack die tragende Säule des Klanggemäldes OMEGA darstellt.
"Nem Tudom A Neved" (1975) kommt mit Synthesizerklängen, die sich in den langen instrumentalen Passagen über den treibenden Grooves austoben dürfen, schrill jauchzend und heftig in den Höhen, darf der Mann an den Tasten seinem Affen mal Zucker geben. Gleiches präsentieren die beiden Gitarrenhexer auf insgesamt zwölf Saiten in "Orültek Òràja" (Power-Stunde). Kurz aber knackig kommen die schnellen Gitarrensoli daher und peitschen den Song am Ende der ersten CD vor sich her. Mit diesem Blick zurück zur LP "Gammapolis" endet die erste CD...
"Nem Tudom A Neved" (1975) kommt mit Synthesizerklängen, die sich in den langen instrumentalen Passagen über den treibenden Grooves austoben dürfen, schrill jauchzend und heftig in den Höhen, darf der Mann an den Tasten seinem Affen mal Zucker geben. Gleiches präsentieren die beiden Gitarrenhexer auf insgesamt zwölf Saiten in "Orültek Òràja" (Power-Stunde). Kurz aber knackig kommen die schnellen Gitarrensoli daher und peitschen den Song am Ende der ersten CD vor sich her. Mit diesem Blick zurück zur LP "Gammapolis" endet die erste CD...
...und mit den Keyboardsounds von "Gammapolis" (1979) geht es auf dem zweiten Silberling live und nahtlos weiter. Der episch weit ausgedehnte Song glänzt mit fein gezogenen Melodiebögen, die im instrumentalen Teil von den beiden Gitarren getragen werden. "Eletfogytig Rock And Roll" zeigt dann wieder die andere, rockende Seite der Band und wieder ist es die Stimme von Mecky, die dem Rock'n'Roll ein klingendes Gewand gibt, während ein expressives Gitarrensolo und ein singender Bass die instrumentalen Fertigkeiten der Band vorführen. Das ist pure Energie, wild tanzend auf einem schier explodierenden Rhythmusteppich, den der Derwisch "Ciki" an den Becken und Fellen auslegt.
Einem alten Fan der Band sei gestattet, an dieser Stelle kurz innezuhalten, um den jetzt kommenden Song in seiner ganzen strahlenden Schönheit aufsaugen und genießen zu können. "Naplemente" ist einer jener frühen Songs der Band, 1969 nur auf Single veröffentlicht und auch bei mir im Regal zu finden, die auch meine Hörgewohnheiten geprägt haben. Die kleine Melodie mit großer Wirkung hat bis heute nichts von ihrem Reiz verloren, sondern gewinnt sogar durch diese Live-Version noch an Glanz, wie ein glühender "Sonnenuntergang", den man bestaunt. Dies ist einer der vielen besonderen und beglückenden Momente dieser Einspielung und feuerzeugverdächtig. Doch "Mozgò Vilàg" macht wieder Druck, breit angelegte Keyboardpassagen, über denen wahlweise Gesang, Gitarrensoli oder das Zirpen des Synthesizers thronen, dominieren das Klangbild wieder, ehe es noch einmal weit zurück geht in der Geschichte und, wäre dies eine DVD, wahrscheinlich die Feuerzeuge im Rund flackern würden. "Ballada A Fegyverkovàcs Flaròl", eine Single von 1970, wirkt auch wieder durch schlichte Schönheit und bei den Fans durch die aufkeimenden Erinnerungen.
Wer schon mal ein Konzert von OMEGA besucht hat, weiß wie die treibenden Akkorde von "Lena" die Massen in Bewegung versetzen. Diese Stimmung, bei der man gedanklich eine winterliche Fahrt mit einem Pferdeschlitten erleben kann, so meine Assoziation, fängt die Live-Version glänzend ein und bei dem folgenden Instrumentalstück "Start" kann man die Gedanken wieder austrudeln lassen. Es folgen von 1977 das wuchtige "Napot Hoztam, Csillagot" und "Egi Vàndor" 1978, die live wie aus einem Guss wirken und ihre großen Melodiebögen klingen lassen. Die Triologie aus den Endsiebzigern wird von "Nyàri Èjek Asszonya" von 1979 abgerundet und auch hier dominieren gefühlvolle Gitarrenparts und die Stimme vom Frontmann und Sänger "Mecky".
Eine springende Basslinie deutet an, dass es noch einmal weit zurück geht. Das Licht kommt aus dem Jahre 1969 und wird von der "Petròleum Làmpa" ausgestrahlt und, was mich besonders fasziniert, vom Solo einer Mundi unterstützt. Das sind Stimmung und Vergnügen an der Musik pur und ein Touch von Boogie Woogie am Piano. Vielleicht eine leise Verbeugung vor Gabor Presser und den frühen Jahren, mit denen alles begann und mit denen unsereiner, neben vielen anderen Klängen von damals, aufgewachsen ist. Wahrscheinlich endet auch jedes Konzert der Magyaren mit dem Überhit von 1969. Ohne geht es nicht und so klingt auch diese Live-Doppel-CD mit der mächtigen Hymne "Gyöngyhajù Làny" langsam aus, das ich bis heute mitsingen, aber noch immer nicht aussprechen kann. Ungarisch hat einen ganz besonderen Klang, erst recht die Musik und die von OMEGA sowieso. Die Herren haben mich runde zwei Drittel meines Lebens begleitet und uns während dieser Zeit reichlich mit unvergänglicher Musik verwöhnt.
Eine springende Basslinie deutet an, dass es noch einmal weit zurück geht. Das Licht kommt aus dem Jahre 1969 und wird von der "Petròleum Làmpa" ausgestrahlt und, was mich besonders fasziniert, vom Solo einer Mundi unterstützt. Das sind Stimmung und Vergnügen an der Musik pur und ein Touch von Boogie Woogie am Piano. Vielleicht eine leise Verbeugung vor Gabor Presser und den frühen Jahren, mit denen alles begann und mit denen unsereiner, neben vielen anderen Klängen von damals, aufgewachsen ist. Wahrscheinlich endet auch jedes Konzert der Magyaren mit dem Überhit von 1969. Ohne geht es nicht und so klingt auch diese Live-Doppel-CD mit der mächtigen Hymne "Gyöngyhajù Làny" langsam aus, das ich bis heute mitsingen, aber noch immer nicht aussprechen kann. Ungarisch hat einen ganz besonderen Klang, erst recht die Musik und die von OMEGA sowieso. Die Herren haben mich runde zwei Drittel meines Lebens begleitet und uns während dieser Zeit reichlich mit unvergänglicher Musik verwöhnt.
Beide Silberlinge sind von Anfang bis Ende purer Genuss, der Sound klar und äußerst druckvoll, was ich als sehr angenehm empfinde. Sicher wird manchem hier und da sein Lieblingslied fehlen, keine Frage. Auch ich hätte mir gewünscht, man hätte den Bogen live bis hin zur "Babylon" (1987) oder gar "Ègy Jel" (Himmelzeichen, 2006) spannen können. Das hätte nach 50 Jahren auch gut gepasst, auch das ist keine Frage. Dennoch gibt dieses Live-Konzentrat genau das wider, was live in den letzten 20 Jahren auf der Bühne passiert ist. So hat man als Besucher eines oder mehrerer Konzertes jetzt auch die Erinnerung im Plattenregal und diejenigen, denen das bisher nicht vergönnt war, können sich jetzt eine klangvolle Vorstellung von den "Greatest Performances" bei einem solchen Ereignis in das Wohnzimmer holen. Ein würdiges Geschenk der Band zu ihrem 50. Geburtstag an sich selbst, aber auch für uns alle und dafür ein herzliches DANKESCHÖN!
(Hartmut Helms)
(Hartmut Helms)