Titel:
Interpret: Label: VÖ: Titel:
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Dom"
Joachim Witt Fourmusic / SONY 28. Februar 2012 1. Gloria
2. Jetzt geh 3. Tränen 4. Blut 5. Königreich 6. Beben 7. Licht im Ozean 8. Komm nie wieder zurück 9. Leichtsinn 10. Untergehen |
Vor 32 Jahren veröffentlichte ein damals noch recht unbekannter Joachim Witt das Album "Silberblick". Anfangs war die Langrille noch nicht so der Reißer... Im November 1981 wurde die Single "Goldener Reiter" von Joachim in der Sendung "Musikladen" im Ersten Deutschen Fernsehen vorgetragen. In der darauf folgenden Woche schnellten die Verkaufszahlen in die Höhe und die Neue Deutsche Welle hatte einen ihrer ersten Stars. Die Single "Goldener Reiter" und die LP "Silberblick" stiegen hoch in die deutschen Charts ein. Besonders erfolgreich war die Single (250.000 verkaufte Einheiten), die es bis auf Platz 2 der Media Control Single Charts schaffte. Zu diesem Zeitpunkt stand mit "Edelweiss" schon die zweite Langspielplatte in den Startlöchern, die wegen des unerwarteten und verspäteten Erfolgs von Joachims erstem Soloalbum nach hinten verschoben wurde. Der Beginn einer großen Karriere, mit extremen Hochs und noch extremeren Tiefs, und weiteren großartigen Songs und Alben. Mit "Märchenblau" veröffentlichte er 1983 ein leider unbeachtetes, aber dennoch starkes Album. Musikalisch hörbar weiterentwickelt und der NDW-Szene entwachsen, fand es leider nur wenig Käufer. Die Hörer waren damals für sowas (noch) nicht empfänglich, regierte doch nach wie vor noch die NDW mit teils seltendämlichen Songs, die komischerweise weit oben in den Charts zu finden waren. Für Inhalte oder gar Poesie war da wenig Platz. Vielleicht lag es daran, wer weiß das schon... Der Stern des Herrn Witt sank jedenfalls. Anschließend folgte - ich nenne es mal - eine ruhelose Suche nach der großen Idee. Mit der LP "Moonlight Nights" wurde ein Album in englischer Sprache veröffentlicht. Die LPs "10 Millionen Partys", "Mit Rucksack und Harpune" und "Kapitän der Träume" (produziert von Annette Humpe) waren reine Pop-Alben ohne Ecken und Kanten. Es fehlte bei allen Platten einfach der Mut zu Experimenten, zu schrägen Tönen und guten Ideen, wie sie noch ohne Ende auf den ersten drei Studio-Alben zu finden waren. Danach war lange Zeit Ruhe... Erst 1998 kam es zu einem fulminanten Comeback. Es war eine Phase der dunklen Töne in Moll, die in der Darkwave- und Gothic-Szene zum großen Erfolg wurde. Aber nicht nur da... Es begann im Frühjahr 1998 mit dem völlig überraschenden Erfolg der Single "Die Flut", ein Duett von Joachim mit Wolfsheim-Frontmann Peter Heppner. Die Single erreichte Platz 2 der Media Control Single-Charts und verkaufte sich 670.000 Mal... Weitere Hits und großartige Alben folgten, denken wir z.B. an seine berührende Version von SILLYs Klassiker "Bataillon d'Amour". Seine Werkreihe "Bayreuth", in der auch die Singles "Die Flut", "Und… ich lauf", "Das geht tief" und "Bataillon d'Amour" gehören, hat er mit dem Album "Bayreuth 3" im Jahre 2006 abgeschlossen. In den folgenden 6 Jahren gab es lediglich ein Best Of-Album, auf der sich u.a. auch ein paar Neubearbeitungen älterer Hits fanden (z.B. "Herbergsvater"), ansonsten wurde es wieder einmal ruhig um den Kultmusiker aus Hamburg. Macht man einen Strich unter das Schaffen von Witt bis heute, stellt man fest, dass er über 2 Millionen Platten verkauft hat und damit schon längst zur Speerspitze der Deutschrock- und Deutschpop-Szene gehört.
Ende des Monats (28.08.2012) ist es wieder mal soweit. Der Grandseigneur deutscher Rockmusik und Pionier der Neuen Deutschen Welle wird sein nunmehr 13. Studioalbum veröffentlichen, und dabei einen ganz neuen roten Soundteppich betreten. Ganze drei Jahre hat er daran gearbeitet. "Dom" hat er sein neues Werk überschrieben und "Dom" hat nichts mit Kirche zu tun. Es sei vielmehr der Bereich der persönlichsten Gefühle. Wieder einmal ändert Witt dafür seinen musikalischen Stil. Waren die Bayreuth-Alben noch im Genre Neue Deutsche Härte anzusiedeln, muss man für den neuen Sound erstmal genau schauen, wie man es am besten beschreibt. Einordnen will ich das gar nicht, und wenn ich müsste würde ich sagen, es ist eine gehörige Portion Klassik vermischt mit elektronischer Musik. Klassisch-orchestrales vermischt mit neuzeitlichen Kunststoff-Tönen. Klingt vielleicht etwas despektierlich, ist aber nicht so gemeint. Ganz und gar nicht, denn wenn man tief genug hinein hört in Witts neue Scheibe, hat es sogar etwas von Pink Floyd, und auch die letzten Sachen von Peter Gabriel dürfen als Vergleich herangezogen werden. Es gibt Geigen, Cello, Pauken und vieles mehr in den Songs. Neben Synthie-Klängen hört man auch Chorgesang, wie in der ersten Single "Gloria", in dem das Ende einer großen Liebe in Liedform verarbeitet wird. Der völlige Verzicht auf harte Rock-Gitarren ist wohl die deutlichste Abgrenzung von dem, was er noch vor ein paar Jahren gemacht hat. Und hier beginnt der Tritt ins Sitzgestell der Leute, die nicht über den Tellerrand der Neuen Deutschen Härte bzw. des Metal hinaus blicken können. Musikalisch betritt Witt neue Wege und lässt die Musik für sich und seine Texte arbeiten. Dafür muss man sich öffnen können, doch leider kann das nicht jeder...
Inhaltlich geht es in den Songs sehr viel um Abschlüsse, das Ende von irgendwas, aber immer auch um den Anfang von etwas Neuem. Es geht um das stete Auf und Ab im Leben, um Untergang und Wiederauferstehung, und jeder kann darin etwas für sich Passendes finden. Themen wie Liebe und Hoffnung hat er verarbeitet. Witt legt Stärke und große Worte in seine Songs, muntert auf und rüttelt vielleicht sogar wach, auch wenn die Musik oft in ein dunkles Licht getaucht ist. Er erzählt Geschichten, malt mit seinen Worten große Gemälde in die Köpfe der Menschen und wählt dazu eine ganz besondere Musik, mit der er erneut für eine positive Überraschung sorgt. Möglich, dass Joachim Witt schon mit der einen oder anderen Kritik zu seinem neuen Stil rechnet, aber er hat es über all die Jahre eh nie allen recht machen können. Darum nimmt er sich jetzt im Alter von 63 Jahren wohl auch die Freiheit, den Mainstream und andere erfolgsversprechende Gewürze zum Herstellen eines Hits ignorierend und ganz seiner inneren Stimme vertrauend, etwas Neues anzufangen. Die Musik selbst ist dabei Werkzeug und erzeugt die nötige Atmosphäre, die die neuen Lieder von Joachim Witt brauchen um wirken zu können. Über all dem thront die Stimme von Joachim Witt, die ich persönlich noch nie so intensiv und stark empfunden habe, wie auf dieser CD. Eine weitere Stärke sind die eben schon erwähnten Texte, in denen Witt es sehr beeindruckend hinbekommt, nie in den Schmalztopf zu greifen. Er versteht es ganz wunderbar mit Worten umzugehen und große Lyrik für seine Songs zu zaubern. Joachim Witt holt seine Hörer im Herzen ab und nimmt sie mit auf eine ganz besondere Reise, der man sich einfach nur hingeben muss. Die Texte und das Arrangement sind eine wunderbare Einheit, die sich einem sofort erschließt. "Dom" ist definitiv keine CD für ein Hören nebenher, und "Dom" ist Lichtjahre entfernt von dem, womit er einst anfing. Für "Dom" muss man sich öffnen können und sich Zeit und Ruhe nehmen.
Inhaltlich geht es in den Songs sehr viel um Abschlüsse, das Ende von irgendwas, aber immer auch um den Anfang von etwas Neuem. Es geht um das stete Auf und Ab im Leben, um Untergang und Wiederauferstehung, und jeder kann darin etwas für sich Passendes finden. Themen wie Liebe und Hoffnung hat er verarbeitet. Witt legt Stärke und große Worte in seine Songs, muntert auf und rüttelt vielleicht sogar wach, auch wenn die Musik oft in ein dunkles Licht getaucht ist. Er erzählt Geschichten, malt mit seinen Worten große Gemälde in die Köpfe der Menschen und wählt dazu eine ganz besondere Musik, mit der er erneut für eine positive Überraschung sorgt. Möglich, dass Joachim Witt schon mit der einen oder anderen Kritik zu seinem neuen Stil rechnet, aber er hat es über all die Jahre eh nie allen recht machen können. Darum nimmt er sich jetzt im Alter von 63 Jahren wohl auch die Freiheit, den Mainstream und andere erfolgsversprechende Gewürze zum Herstellen eines Hits ignorierend und ganz seiner inneren Stimme vertrauend, etwas Neues anzufangen. Die Musik selbst ist dabei Werkzeug und erzeugt die nötige Atmosphäre, die die neuen Lieder von Joachim Witt brauchen um wirken zu können. Über all dem thront die Stimme von Joachim Witt, die ich persönlich noch nie so intensiv und stark empfunden habe, wie auf dieser CD. Eine weitere Stärke sind die eben schon erwähnten Texte, in denen Witt es sehr beeindruckend hinbekommt, nie in den Schmalztopf zu greifen. Er versteht es ganz wunderbar mit Worten umzugehen und große Lyrik für seine Songs zu zaubern. Joachim Witt holt seine Hörer im Herzen ab und nimmt sie mit auf eine ganz besondere Reise, der man sich einfach nur hingeben muss. Die Texte und das Arrangement sind eine wunderbare Einheit, die sich einem sofort erschließt. "Dom" ist definitiv keine CD für ein Hören nebenher, und "Dom" ist Lichtjahre entfernt von dem, womit er einst anfing. Für "Dom" muss man sich öffnen können und sich Zeit und Ruhe nehmen.
Ich erinnere mich noch an den wohligen Schauer, der mir beim ersten Hören der Single "Die Flut" über den Rücken jagte. Gleiches erlebte ich bei "Gloria" und diversen anderen Songs auf "Dom". Bei "Die Flut" holte er sich mit Peter Heppner von WOLFSHEIM Verstärkung ins Studio. Bei "Gloria" ist es Gastsänger Felix Räuber von POLARKREIS 18. "Die Flut" wurde zum großen Hit... Was wird aus "Gloria"? Vielleicht sind die eben erwähnten Parallelen ja ein gutes Zeichen ;-)
Wer nur darüber meckert, dass die großen Rockelemente und harten Gitarren fehlen oder in Bezug auf die neuen Songs gar von "Kitsch" redet, der hat - so glaube ich - Witts Anliegen nicht verstanden. Joachim Witt hat sich mit "Dom" wieder einmal selbst neu erfunden. Schon wieder! Er betritt neues Land und bewegt sich darauf sicher und souverän. Nach knüppelharter Härte wird es jetzt sakral. Nach brettharten Gitarren hört man schöne Melodien. Nach großen Rocknummern überzeugt er mit großen Balladen. Man findet auf "Dom" eine ganze Menge neuer Aspekte und Ideen. Was man aber überhaupt nicht findet ist eine Abnutzung des Künstlers oder Langeweile im Output. Was will man mehr?
(Christian Reder)
Wer nur darüber meckert, dass die großen Rockelemente und harten Gitarren fehlen oder in Bezug auf die neuen Songs gar von "Kitsch" redet, der hat - so glaube ich - Witts Anliegen nicht verstanden. Joachim Witt hat sich mit "Dom" wieder einmal selbst neu erfunden. Schon wieder! Er betritt neues Land und bewegt sich darauf sicher und souverän. Nach knüppelharter Härte wird es jetzt sakral. Nach brettharten Gitarren hört man schöne Melodien. Nach großen Rocknummern überzeugt er mit großen Balladen. Man findet auf "Dom" eine ganze Menge neuer Aspekte und Ideen. Was man aber überhaupt nicht findet ist eine Abnutzung des Künstlers oder Langeweile im Output. Was will man mehr?
(Christian Reder)
Off. Video: "Dom"