Achim Reichel: "Schön war es doch
- das Abschiedskonzert" (Album)


reichel2024 20240124 1497829917VÖ: 26.01.2024; Label: BMG Rights; Katalognummer: 4050538995275; Musiker: Achim Reichel (Gesang, Gitarren), Nils Tuxen (Pedal Steel, Mandoline, Slide Guitar), Nils Hoffmann (Gitarre), Achim Rafain (E- und Kontrabass), Yogi Jockusch (Percussion), Andreas Böther (Saxophon, Flöte), Steve Wiseman (Trompete, Flügelhorn), Uwe Granitza (Posaune, Tuba); Bemerkung: Live-Mitschnitt aus den Jahren 2019 und 2023. Auf Doppel-CD und 3-fach Vinyl veröffentlicht;

Titel:
" Fliegende Pferde", "Wahre Liebe", "Der Spieler", "Am besten Du gehst", "Auf der Reeperbahn nachts um halb eins", "Sophie mein Henkersmädel", "Nis Randers", "Exxon Valdez", "Trutz blanke Hans", "John Maynard", "Regenballade", "Der Mond ist aufgegangen", "Herr von Ribbeck 94", "Steaks + Bier + Zigaretten", "Halla Ballu Balle", "Boxer Kutte", "Kuddel Daddel Du", "Aloha Heja He", "Kreuzworträtsel", "Leben leben", "Halt die Welt an (für immer glücklich mehr geht nicht)", "Aber schön war es doch (Studio Recording)"


Rezension:


Nein, schön ist es nicht, in diesen Tagen Fan von Rockmusik zu sein. Nicht nur, dass so gut wie nichts Brauch- geschweige denn Haltbares nachwächst, so nach und nach treten die Helden aus gloreichen Zeiten dann auch noch ab. Gehen sie nicht einfach so voraus (Lemmy, Bowie, Turner, Kóbor), schließen sie ihren Betrieb einfach zu und gehen in Rente (City, Elton John, und jetzt auch noch PANKOW). Zurück bleibt ein kleiner Rest von echten Musikern, der tapfer durchhält, und eine Flut von "neuen Stars", die einen nicht abholen und massenhaft schnelllebiges Zeug für die Gelbe Tonne in Umlauf bringen. Seinen Abschied von der Bühne hat nun auch Achim Reichel angekündigt. Der Mann, der seit 60 Jahren im Geschäft ist, mit den RATTLES die Beat-Ära geprägt hat, mit WONDERLAND klassischen Krautrock machte, der als Solist Shantys und bekannte Dichterkunst in Rockmusik verwandelte, und der eine Vielzahl eigener "Volkslieder" geschrieben hat. "Tschüss", sagt er nun mit einer Abschiedstour und der hier vorliegenden Doppel CD/3-fach LP "Schön war es doch - das Abschiedskonzert". Nicht ohne eine gehörige Portion Traurigkeit, aber auch mit einer Menge Respekt vor einer grandiosen Lebensleistung, lauschte ich dieser wohl letzten Veröffentlichung Achim Reichels …

Am 28. Januar wird Reichel stolze 80 Jahre alt. Zwei Tage vorher wird das besagte Album in den Handel kommen. Es ist ein Live-Album, auf dem er seine Klassiker nicht nur neu arrangiert und unter Einsatz von Bläsern in ein neues Klangkleid gehüllt hat, sondern auf dem er mit "Aber schön war es doch" einen letzten Studio-Titel veröffentlicht. Das Original stammt von Hildegard Kneef, und wird hier von ihm ganz wunderbar neu interpretiert. Weil schön war es ja wirklich mit ihm … all die vielen Jahre. Die 21 Live-Stücke hat er mit einer achtköpfig besetzten Band eingespielt, darunter befinden sich Hits wie "Der Spieler", "Kuddel Daddel Du", "Regenballade", "Fliegende Pferde" und natürlich auch sein "Aloha Heja He". Zuletzt genannter Song gehört in jede Setlist eines Reichel-Konzerts, muss aber auch aus anderen Gründen unbedingt dabei sein. Achim hat in seiner langen Karriere immer wieder für Überraschungen gesorgt, so auch vor knapp drei Jahren mit diesem Lied aus den 1990ern. "Aloha Heja He" wurde 2021 überraschenderweise in China zu einem viralen Hit. Das ist gleichzusetzen mit dem Erfolg von Nena in den 1980ern mit ihren "99 Luftballons" in den USA. Damals, als es noch Schallplatten und Charts gab, die nach ihren Verkäufen bemessen wurden. Reichels Song wurde zum ersten deutschsprachigen Nummer-1-Hit in China und der Hamburger wurde damit zu einem TikTok-Phänomen. Zeiten ändern sich, aber Qualität setzt sich eben immer wieder durch. Auch im Fernen Osten.

Die neuen Arrangements machen viel Spaß. Der Band und insbesondere den Bläsern, Andreas Böther (Saxophon, Flöte), Steve Wiseman (Trompete, Flügelhorn) und Uwe Granitza (Posaune, Tuba), zuzuhören, die einen satten Big Band-Sound erzeugen und einstmals als Rock- und Popsongs gedachten Nummern in den Jazz überführen, ebenso. Da hört man auch bekannte Namen wie z.B. Nils Tuxen (inzwischen auch schon 75 Jahre alt) an der Pedal Steel, Mandoline und Slide-Gitarre, der den Songs mit seinem Spiel noch mehr Tiefe und dem Zuhörer weitere Erkenntnisse liefert. Er war in den 1970ern selbst als Solist aktiv und später Teil von Michael Cretus Band MOTI SPECIAL. Hier trifft man ihn jetzt wieder. Besonders zu empfehlen sind auf der Doppel-CD die Titel "Fliegende Pferde" und "Der Spieler", bei denen besonders deutlich wird, wie zeitlose Pop- und Rockperlen eine schmerzlose und höchst unterhaltsame Metamorphose zum Swing und Jazz vollziehen. Oder der als Blues-Schleicher angelegte Song "Am besten Du gehst", der ganz im Stile der Blues Brothers tief unter die Haut und auch ins Bein fährt. Ein bunter Stilmix, der aber immer wieder - egal welcher musikalische Ausflug gerade unternommen wird - vom eben erwähnten Jazz und Swing getragen wird. Das Publikum bei dem hier aufgezeichneten Konzert hatte da auch hörbar viel Spaß.

Den kann man ab März 2024 auch live haben, denn Reichel geht mit seiner Band auf eine letzte Konzertreise. Bei 15 Muggen in 15 Städten quer durch die Republik wird er das auf 2CDs und 3 Vinyl-LPs veröffentlichte Werk präsentieren. Dann kann man noch einmal einen Querschnitt seiner einzigartigen Kreativität live erleben, noch einmal die gut gealterte Stimme hören und noch einmal eine Reise in eine Zeit unternehmen, in der solche Megasongs und Klassiker in Hülle und Fülle entstanden sind. Und das von einem Original der Zeit, einem Dino der deutschen Rock- und Popmusik. Zum Appetit holen und Einjazzen empfehle ich dieses Album und wünsche viel Spaß dabei. Ich hatte ihn schon mehrfach, was unschöne Zeiten für Rockfans am Ende doch ein Stück weit wieder schön werden lässt!
(Christian Reder)





Tour-Teaser:








   
   
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