Titel: Interpret: Label: VÖ: Titel: |
"Börgerding" Börgerding noteworks 11. Mai 2013 1. Halt mich 2. Niemand darf dich allein 3. Lauf ganz weit 4. Wie es ist 5. Sandmann 6. Kein Reim 7. Überfluss 8. Kamikaze 9. Schalt mich ein 10. Kein Gewicht 11. Freiheit 12. Erde im Mund |
Seit vier Jahren gibt es das Kölner Musikgewächs BÖRGERDING. BÖRGERDING steht im Mittelhochdeutschen für so etwas wie "Bürgerrat". Die Bandmitglieder verstehen sich in diesem Kontext denn auch als Künstler, deren Musik mündige Bürger ansprechen soll, die neben kunstvoll komponierten Melodien sich ebenso gern anregen lassen von geistreichen und originellen Texten. Und ganz zufällig trägt Frontmann Frank den Band- zugleich auch als Nachnamen. BÖRGERDING also.
In den vergangenen Monaten startete man eine auffällige Werbekampagne in der Domstadt. Ob Luftballonwettfliegen, Großflächenplakatierungen und eine eigene Zeitung - nichts schien unversucht zu bleiben, das markante "Ö" an den Mann (oder auch die Frau) zu bringen. Ein Singer-Songwriter-Sound soll es sein, der uns da angeboten wird, und keine Angst vor Pop habe man, solang er handgemacht sei. Für das neue Album war gleichwohl viel Vorarbeit am Computer vonnöten - Drumtracks wurden programmiert, Bassläufe entworfen, komplette Audio-Skizzen produziert. Allen Musikern wurde dabei der nötige Freiraum für die eigene Interpretation des "Rohmaterials" gegeben, um sich im Ergebnis möglichst nah an einem offenen Bandkonzept zu bewegen, welches die eigene Identität nicht um den Preis der Individualität aufgibt.
Das Genre, in dem sich BRÖGERDING bewegen, kann wohl am trefflichsten mit (durchaus gefälligem) melodiösem und radiokompatiblen Allerweltspop auf ausgesprochen hohem technischen Niveau umrissen werden. Wo ein breites Publikum angesprochen werden soll, verbleibt allerdings leider häufig auch nicht viel Raum für Mut zum Risiko, eingespielte Pfade zu verlassen. Radiokompatibilität indes ist mittlerweile nicht mehr unbedingt zuverlässiger Gradmesser für Qualität und Anspruch, schließt beides aber natürlich auch nicht aus. Für nicht wenige Zeitgenossen ist genau diese Radiokompatibilität inzwischen aber Grund genug, auf das (herkömmliche) Radioprogramm in Gänze zu verzichten. Im Falle von BÖRGERDING gilt es allerdings, die feinsinnigen, ausnahmslos deutschen Texte hervorzuheben, mit denen sich die Band wohltuend vom üblichen Einerlei absetzt. "Ich bemühe mich immer, Texte zu schreiben, die konkrete Lebenssituationen ansprechen, gleichzeitig aber so offen sind, dass jeder Hörer einen Bezug dazu aufbauen kann. Hochgehaltene Zeigefinger mag ich nicht. Natürlich habe ich eine Meinung, und ich freue mich, wenn diese auch von Hörern geteilt wird. Aber ich muss sie nicht wie ein Schild vor mir her tragen." - so Bandchef Frank Börgerding. "Es ist offenbar nicht wichtig - dass mir gerade etwas fehlt - meine Welt verformt sich permanent - und der Abendhimmel brennt - in seinem feurig warmen Rot", heißt es etwa bei "Wie es ist" einleitend. Diese Stilistik durchsetzt das gesamte Werk und kann für sich reklamieren, nicht nur zum bloßen Beiwerk der Musik degradiert, sondern wahrgenommen und hinterfragt zu werden.
BÖRGERDING werden ihren Weg wohl auch ohne den Segen dieser Rezension gehen. Der Markt dafür ist - insbesondere beim jüngeren Publikum - da und scheinbar immer noch nicht gesättigt. Der Markt kann aber nie als bloßes Kriterium für das Wohl und Wehe einer Produktion herhalten. Er bietet dennoch nicht selten die Chance zur Weiterentwicklung des Künstlers und bietet diesem Perspektiven, um die sie andere der Branche beneiden. Das Potential hierfür haben BÖRGERDING allemal.
(Rüdiger Lübeck)
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"Kein Gewicht"
"Erde im Mund"