KARAT: "Der blaue Planet" (Album)
VÖ: 1982; Label: AMIGA (DDR), Teldec/POOL (BRD); Katalognummer: 8 55 929 (AMIGA), 6.25070 AP (Teldec/POOL); Musiker: Herbert Dreilich (Gesang), Henning Protzmann (Bass-Gitarre), Ulrich Swillms (Keyboards, Gesang), Michael Schwandt (Schlagzeug, Programmierung), Bernd Römer (Gitarre); Gastmusiker: Manfred Baier (English Horn), Thomas Natschinski (Mundharmonika), Heiner Herzog (Marimba), Streichergruppe Otto Karl Beck (Streichinstrumente); Produzent: Helmar Federowski; Texte: Norbert Kaiser; Bemerkung: Dieses Album erschien 1982 in der BRD und der DDR jeweils auf Schallplatte und Kassette. Im Jahre 1984 erfolgte bei Teldec/POOL erstmals eine Auflage auf CD (#8.25070 ZP). Weitere Auflagen auf CD erschienen 1993 bei AMIGA (#7432119303 2) und 2005 als "Pure Gold"-Edition bei SONY (#82876750382). Ferner ist das Album Bestandteil der 2010 bei AMIGA erschienenden 13 CDs umfassenden Gesamtbox "Ich Liebe Jede Stunde - 35 Jahre Karat";
Titel: Seite 1: "45 - 01", "Marionetten", "Falscher Glanz", "Jede Stunde", "Blumen aus Eis" Seite 2: "Der Blaue Planet", "Der Spieler", "Gefährten des Sturmwinds", "Wie weit fliegt die Taube" |
Rezension:
Als KARAT im Jahre 1982 dieses Album veröffentlichte, ahnte auf Seiten der Fans wohl noch niemand, welchen Erfolg Ed Swillms, Bernd Römer, Michael Schwandt, Henning Protzmann und Herbert Dreilich damit einfahren würden. Fakt ist, dass das Album zur richtigen Zeit am richtigen Ort war und bei seinem Erscheinen von den Plattenfirmen AMIGA (DDR) und TELDEC/POOL (BRD) extrem unterstützt und beworben wurde. Es wurde zumindest dort schon damit gerechnet, dass sich die Platte bei den Hörern durchsetzen könnte, darum dürfte zumindest bei den Companies der Erfolg so ganz unvorbereitet nicht gekommen sein. Schon die Vorab-Single "Der blaue Planet" mit dem Song "Blumen aus Eis" auf der B-Seite verkaufte sich allein im Westen über 100.000 Mal und war auch im Osten medial und live schon reichlich im Einsatz. Dies veranlasste die Verantwortlichen wohl dazu, in Sachen Promotion ordentlich Holz ins Feuer zu werfen. Das Ergebnis ist bekannt. "Der blaue Planet" wurde das erfolgreichste und meist verkaufteste Album einer DDR-Band überhaupt, und stieß bis auf Platz 7 der westdeutschen Album-Charts vor. In beiden Teilen des Landes verkaufte sich "Der blaue Planet" über eine Million Mal - eine Zahl, von der viele Musiker heute nur noch träumen dürfen. Wir reden hier immerhin über verkaufte Tonträger und nicht über Streams und anderen digitalen Firlefanz.
Das war aber nicht das einzige Novum, das diese LP hervorbrachte. Auf der B-Seite der LP konnte man zum ersten Mal die Stimme von Ed Swillms bei einem Karat-Titel hören. Bei "Der Spieler" war Ed nicht nur für die Komposition verantwortlich, sondern sang auch noch den von Norbert Kaiser geschriebenen Text. Das erste und einzige Mal, dass Ed als Mann am Mikrophon in Erscheinung trat. Nicht ganz freiwillig, wie er selbst mal erzählte, sondern von den Kollegen dazu überredet. Gut gemacht, meine Herren!
Die Platte ist randvoll mit Perfektion und macht es somit zum ausgereiftesten Album der Band überhaupt. Ed Swillms als Komponist und Norbert Kaiser als Texter verstanden es meisterhaft, den gerade angesagten "New Wave" in ein völlig eigenständiges und weit von der üblichen Belanglosigkeit entferntes Gewand zu kleiden, ohne ihn jedoch zu verleugnen. Sie nutzten ihn für ihre Vorstellungen von Musik und setzten die Lieder perfekt in Szene. "Marionetten" und "Jede Stunde" sind dafür die Paradebeispiele. Die Texte auf dem Album sind mal melancholisch, dann wieder optimistisch, aber auch nachdenklich gefärbt. Die große Klammer um allem könnte "Frieden" heißen … Der Opener ist ein 4:58-minütiges Instrumental aus der Feder von Ed Swillms mit dem Titel "45-01". Die Bedeutung dieses ungewöhnlichen Namens wollte sein Schöpfer Ed Swillms bis heute nicht verraten und wird das Geheimnis wohl mit ins Grab nehmen. Der Song eröffnet das Feuerwerk musikalischer Feinkost, bevor es mit "Marionetten" (Platz 2 der DDR-Jahreshitparade 1982) und "Falscher Glanz" (Platz 9 der DDR-Jahreshitparade 1983) richtig zur Sache geht. Mit der treibenden und ins Bein gehenden Pop-Rock-Hymne "Jede Stunde" (Platz 7 der DDR-Jahreshitparade 1982) war die Band sogar Gast in der ZDF-Hitparade, und wurde vom Publikum auf den zweiten Platz gewählt. Karat war im Westen zwar schon durch "Über sieben Brücken" bekannt geworden, zeigte aber hier mehr als eindrucksvoll, dass sie mehr waren als nur der Hit-Lieferant für andere Künstler im Westen.
Kein anderes Album von KARAT schaffte danach nochmals einen so großen Erfolg. Das Gespann Swillms/Kaiser war beim Schreiben der Songs und beim Fertigstellen dieser LP wohl in der Form ihres Lebens. "Der blaue Planet" ist ein Paradebeispiel für zeitlose Rock- und Pop-Musik und was entstehen kann, wenn man kreative Genies in Ruhe arbeiten lässt. Nach fast einem Vierteljahrhundert hat keiner der auf dieser LP befindlichen Songs auch nur ansatzweise an Klasse (oder gar Aktualität) verloren. Speziell das Lied "Der blaue Planet" ist aktueller denn je, und auch "Wie weit fliegt die Taube" dürfte in Anbetracht ständig neuer Kriesenherde auf diesem "blauen Planeten" noch länger nah am Puls der Zeit bleiben.
Zu den erwähnten Verkaufszahlen sollen an dieser Stelle aber noch ein paar weitere Gedanken ihren Platz finden: Für den Gold-Status waren in der BRD damals 250.000 verkaufte Einheiten notwendig. Gesamtdeutsch ging die Platte bis zur Wende aber über eine Million mal über die Ladentische. Nicht mit eingerechnet sind die Neuauflagen auf CD, die nach der Wende ebenfalls ihre Käufer fanden. Rechnet man alles zusammen, hat das Album inzwischen wohl mehrfach Platin verdient, so dass der Status von "Der blaue Planet" längst hätte neu festgelegt werden müssen. Warum das bisher nicht geschehen ist, hat sich unsere Redaktion schon vor Jahren gefragt, als wir dieses Album erstmals als "Klassiker" vorgestellt haben. Als gerecht empfinden wir es jedenfalls nicht, dass DER Ostrock-Klassiker schlechthin in der Statistik immer noch als einfaches Gold-Album geführt und weit unter seinem historischen Wert verkauft wird.
(Christian Reder)
Als KARAT im Jahre 1982 dieses Album veröffentlichte, ahnte auf Seiten der Fans wohl noch niemand, welchen Erfolg Ed Swillms, Bernd Römer, Michael Schwandt, Henning Protzmann und Herbert Dreilich damit einfahren würden. Fakt ist, dass das Album zur richtigen Zeit am richtigen Ort war und bei seinem Erscheinen von den Plattenfirmen AMIGA (DDR) und TELDEC/POOL (BRD) extrem unterstützt und beworben wurde. Es wurde zumindest dort schon damit gerechnet, dass sich die Platte bei den Hörern durchsetzen könnte, darum dürfte zumindest bei den Companies der Erfolg so ganz unvorbereitet nicht gekommen sein. Schon die Vorab-Single "Der blaue Planet" mit dem Song "Blumen aus Eis" auf der B-Seite verkaufte sich allein im Westen über 100.000 Mal und war auch im Osten medial und live schon reichlich im Einsatz. Dies veranlasste die Verantwortlichen wohl dazu, in Sachen Promotion ordentlich Holz ins Feuer zu werfen. Das Ergebnis ist bekannt. "Der blaue Planet" wurde das erfolgreichste und meist verkaufteste Album einer DDR-Band überhaupt, und stieß bis auf Platz 7 der westdeutschen Album-Charts vor. In beiden Teilen des Landes verkaufte sich "Der blaue Planet" über eine Million Mal - eine Zahl, von der viele Musiker heute nur noch träumen dürfen. Wir reden hier immerhin über verkaufte Tonträger und nicht über Streams und anderen digitalen Firlefanz.
Das war aber nicht das einzige Novum, das diese LP hervorbrachte. Auf der B-Seite der LP konnte man zum ersten Mal die Stimme von Ed Swillms bei einem Karat-Titel hören. Bei "Der Spieler" war Ed nicht nur für die Komposition verantwortlich, sondern sang auch noch den von Norbert Kaiser geschriebenen Text. Das erste und einzige Mal, dass Ed als Mann am Mikrophon in Erscheinung trat. Nicht ganz freiwillig, wie er selbst mal erzählte, sondern von den Kollegen dazu überredet. Gut gemacht, meine Herren!
Die Platte ist randvoll mit Perfektion und macht es somit zum ausgereiftesten Album der Band überhaupt. Ed Swillms als Komponist und Norbert Kaiser als Texter verstanden es meisterhaft, den gerade angesagten "New Wave" in ein völlig eigenständiges und weit von der üblichen Belanglosigkeit entferntes Gewand zu kleiden, ohne ihn jedoch zu verleugnen. Sie nutzten ihn für ihre Vorstellungen von Musik und setzten die Lieder perfekt in Szene. "Marionetten" und "Jede Stunde" sind dafür die Paradebeispiele. Die Texte auf dem Album sind mal melancholisch, dann wieder optimistisch, aber auch nachdenklich gefärbt. Die große Klammer um allem könnte "Frieden" heißen … Der Opener ist ein 4:58-minütiges Instrumental aus der Feder von Ed Swillms mit dem Titel "45-01". Die Bedeutung dieses ungewöhnlichen Namens wollte sein Schöpfer Ed Swillms bis heute nicht verraten und wird das Geheimnis wohl mit ins Grab nehmen. Der Song eröffnet das Feuerwerk musikalischer Feinkost, bevor es mit "Marionetten" (Platz 2 der DDR-Jahreshitparade 1982) und "Falscher Glanz" (Platz 9 der DDR-Jahreshitparade 1983) richtig zur Sache geht. Mit der treibenden und ins Bein gehenden Pop-Rock-Hymne "Jede Stunde" (Platz 7 der DDR-Jahreshitparade 1982) war die Band sogar Gast in der ZDF-Hitparade, und wurde vom Publikum auf den zweiten Platz gewählt. Karat war im Westen zwar schon durch "Über sieben Brücken" bekannt geworden, zeigte aber hier mehr als eindrucksvoll, dass sie mehr waren als nur der Hit-Lieferant für andere Künstler im Westen.
Kein anderes Album von KARAT schaffte danach nochmals einen so großen Erfolg. Das Gespann Swillms/Kaiser war beim Schreiben der Songs und beim Fertigstellen dieser LP wohl in der Form ihres Lebens. "Der blaue Planet" ist ein Paradebeispiel für zeitlose Rock- und Pop-Musik und was entstehen kann, wenn man kreative Genies in Ruhe arbeiten lässt. Nach fast einem Vierteljahrhundert hat keiner der auf dieser LP befindlichen Songs auch nur ansatzweise an Klasse (oder gar Aktualität) verloren. Speziell das Lied "Der blaue Planet" ist aktueller denn je, und auch "Wie weit fliegt die Taube" dürfte in Anbetracht ständig neuer Kriesenherde auf diesem "blauen Planeten" noch länger nah am Puls der Zeit bleiben.
Zu den erwähnten Verkaufszahlen sollen an dieser Stelle aber noch ein paar weitere Gedanken ihren Platz finden: Für den Gold-Status waren in der BRD damals 250.000 verkaufte Einheiten notwendig. Gesamtdeutsch ging die Platte bis zur Wende aber über eine Million mal über die Ladentische. Nicht mit eingerechnet sind die Neuauflagen auf CD, die nach der Wende ebenfalls ihre Käufer fanden. Rechnet man alles zusammen, hat das Album inzwischen wohl mehrfach Platin verdient, so dass der Status von "Der blaue Planet" längst hätte neu festgelegt werden müssen. Warum das bisher nicht geschehen ist, hat sich unsere Redaktion schon vor Jahren gefragt, als wir dieses Album erstmals als "Klassiker" vorgestellt haben. Als gerecht empfinden wir es jedenfalls nicht, dass DER Ostrock-Klassiker schlechthin in der Statistik immer noch als einfaches Gold-Album geführt und weit unter seinem historischen Wert verkauft wird.
(Christian Reder)
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