"Songs auf dem Boot" im Deckshaus zu Berlin am 05. Dezember 2009
Fotos: Petra Herz
Nicht nur bei schönem Wetter zieht es einen ans Wasser. In Berlin herrschte regelrechtes Schietwetter, denn es regnete, und sehr kalt war es auch. Trotzdem wollte ich ins Deckshaus, das sich mitten in Berlin befindet. Im Historischen Hafen kann man es auf dem Heckradschlepper "Jeseniky" finden. Der fast 60 Meter lange "Kahn" beherbergt das "Deckshaus". Bereits seit 2007 veranstaltet Claudia Nentwich einige wenige Konzerte (ca. sieben im Jahr) im Unterdeck des Schiffes. Sie lädt sich hierzu ausgesuchte Künstler ein. Wie kam ich jetzt eigentlich auf diese Veranstaltung? Zwei Freunde erzählten mir schon seit einiger Zeit, dass sie einen Geheimtipp für mich hätten. Ich solle mir doch unbedingt mal ein Konzert der Band "SWiM" zu Gemüte führen. Das wurde dann auch endlich mal Zeit, denn die Band gibt es bereits seit 2004. Es war also so weit, und ich landete gegen 20:30 Uhr unter Deck, in dem mir sofort gemütliche Wärme entgegen kam. Da stand doch tatsächlich links neben der Bühne ein Kamin, der den ca. 35 Leuten (mehr Platz ist dort nicht) ordentlich einheizte. Für das Einheizen sollten dann aber auch einige Musiker zuständig sein. Ich erfuhr bei der Ansage von Claudia Nentwich, dass ich mich nicht auf einem SWiM-Konzert befinde, sondern einem gemeinsamen musikalischen Abend.
Den musikalischen Reigen eröffnete Claudia höchst persönlich. Sie hatte ihren Mann Christian Wallert zur Seite, der sie mit seiner "neuen" Gitarre begleitete, und fand auf Anhieb die richtigen Worte: "Auf jeden Fall haben wir schon gewonnen, denn wir haben uns vom Sofa gelöst". Zuerst hörten wir: "Das wahre Leben" ist werbefrei. Danach folgten ein englischer Titel und auch ein fast neuer Song. Wobei Claudia zuerst erklärte ab wann ein Song nicht mehr neu sei. Erst drei Mal live gespielt zählte er dann doch noch zu den Neuen. Mit einem A cappella-Stück verabschiedeten sie sich vorerst und begrüßten den nächsten Musiker.
Der bärtige Sid, der eigentlich nicht sehr groß ist, stülpte sich die Gitarre über... was man unter Deck unbedingt beachten sollte: die niedrige Decke. Und so kommt es dann doch schon mal vor, dass es "bing" macht, und der Gitarrenkopf die Decke berührt (aua). Zum Glück kamen an diesem Abend alle Gitarren ohne Schaden davon, denn "bing" machte es öfter. Mit einem pfeifenden "Geld ohne Ende" startete der Liedermacher Sid, und machte mit der "Wahrheit" weiter. Da die "Wahrheit" recht lustig klang hieß der nächste Titel "Traurig". Ob der nun wirklich von Traurigkeit handelte? Im Text hieß es: "Ich war traurig, denn ich war allein, und es war wunderschön". Zwischendurch stellte Sid fest keine Setlist zu haben, überlegte kurz und fand einen "komischen Titel". Mit "komisch" hatte er recht, er sang: "Geh` durch den Spiegel kleines Kaninchen... siiiiiehst du das Licht". Eine witzige Angelegenheit. Claudia sagte anschließend: "Ihn zu hören ist wie Drogenerfahrung ohne Drogen".
Dann durften es sich Anne Müller und Andreas Göbel vom Duo "Avocado" als Special Guest am Kamin gemütlich machen. Die beiden hatten ihre zwei Songs entsprechend der Örtlichkeit ausgewählt. Titel, wie "Ganz klein" und "Wasser". Ganz klein die Location, und da wir von viel Wasser umgeben waren, sang sie von der Wucht und Kraft des Wassers. Ihre brasilianischen Rhythmen untermalten sie mit Gitarre, Querflöte und einem kleinen "Dingens" (siehe Foto). Ich hatte anschließend leider vergessen zu fragen wie das Instrument heißt.
Unter Deck wurde es richtig warm, als dann die Band, auf die ich so gespannt war, zum Zuge kam. Nun hieß es Akustik-Rock mit Carmen und Mike mit Mütze. Carmen setzte sich auf ihr Cajon und sagte: "Wir machen bisschen Rock`n Roll, wir sind SWiM". Stimmt, mit "Learn how to swim" wurde gerockt. Dank der kuscheligen Ofenwärme ging es mit der Ballade "Italo cares" weiter. Und "weil es so schön war" wurde gleich noch mit "Sunrise" die Sonne besungen, die im Frühling ja doch wieder öfter zu sehen sein wird. Die echten Fans kannten hier den Klatschpart "eins, und eins zwei". Mit der lebhaften "Mrs. Perfect" und einem spaßigen Lächeln ging es in die Pause, in der belegte Brötchen und Getränke gereicht wurden.
Mit SWiM ging es dann um 22:20 Uhr in die zweite Runde. Mir gefiel ihre Musik sehr gut, umgeben von toller Mimik und Gestik. Carmen rutschte auf ihrem Cajon umher, sie sprühte vor Energie und sang: "Sorry, I don`t speak your language" mit einer Leichtigkeit. Dann stellte sie die Frage "Ist Liebe einfach?" Die englische Ballade hatte sie nach einer Trennung geschrieben. SWiM hatte auch einen deutschen Titel im Gepäck. In "Steh` auf" heißt es: "Steh` auf, lass uns was Neues erleben... steh` auf, lauf los". Eigentlich soll es üblich sein bei diesem Titel auf den Tischen zu tanzen. Unter Deck ist das leider schlecht möglich, da es viele "Bings" nach sich ziehen würde. Obwohl ich mir sicher bin, dass die Decke bei so viel Spielfreude sicherlich nachgegeben hätte. Mit "Good girl" wollten sich Carmen und Mike vom Publikum verabschieden. Da dieses aber gerade mit "yeah yeah" am Mitsingen war, gab es kurzerhand eine Zugabe. Passend zur Weihnachtszeit wurde "Süßer die Glocken nie klingen" angestimmt. Ich war erstaunt, dass mir auf einmal wieder ein Weihnachtslied gefiel. So frisch und herrlich dargeboten, fand ich Gefallen an einem Weihnachtslied. Hierzu kann man auf www.myspace.com/swimrock ein Video finden. Plötzlich wurde eine weitere Dame ans "Feuer" gebeten. Mckinley Black, mir bis Dato nicht bekannt, sang spontan, gemeinsam mit SWiM einen Titel. Mckinley ließ sich sogar zu einem weiteren Titel in englischer Sprache überreden.
Dann nahm Sid das Ruder in die Hand. Er spielte den Titel "Vorbei" und einen Titel der in Neukölln spielt, sowie ein Mitschnipslied, dass da hieß "Essen und Sex". Er kratzte sich am Ende lächelnd verlegen am Hinterkopf. Auch Sid präsentierte in der Adventszeit ein Weihnachtslied. "Mann in rot" hieß es, und er sang "Weih Weih Weihnachtsmann", mit herrlich lustigem Text.
Claudia, die uns durch den Abend führte, war nun wieder am Steuer. Sie erzählte wie es dazu kam ein Projekt "Songs auf dem Boot" ins Leben zu rufen. Thomas und Claudia wohnten vor über 20 Jahren in einer WG zusammen. Sie hatten sich 17 Jahre lang nicht gesehen und stellten fest dass sie wunderbar zusammen arbeiten könnten. Thomas hat ein Boot und Claudia ist Veranstalterin, was lag da näher... "und das alles findet in unserer wunderschönen Stadt statt". Eine Textzeile aus ihrem nächsten Lied hieß: "So ein Dreck, doch ich will nie wieder weg". Auch beim "Indianerlied" wurde sie von ihrem Christian mit seiner neuen Gitarre begleitet. Mit ihrem letzten Titel, ein sehr persönliches Gute-Nacht-Lied, verzauberte sie das Publikum. Vor 20 Jahren hatte sie das französische Lied für ihre Tochter geschrieben.
Um 23:30 Uhr bat Claudia alle Musiker für den Abschlusssong auf die Bühne. Der "All-Star-Club" sang aber nicht nur eins, sondern mehrere Weihnachtslieder. Das Publikum sang kräftig mit: "Let it snow", "Alle Jahre wieder" und "Leise rieselt der Schnee". Und dann sagte Mckinley: "Eeen ham wa noch - Oh du Fröhliche". Noch einmal erklang ein 40-köpfiger Chor auf der Spree. Nur freudige Gesichter verließen den "Kahn", der nach so einem schönen Abend garantiert nie untergehen wird. Sollte es irgendwann versehentlich passieren, wäre das für mich persönlich nicht ganz so tragisch, ich kann ja jetzt SWiM`en. Und werde auch wieder im Januar SWiM`en gehen, am 16.01. im Nansen, dann wohl mit kompletter Band. Vielen Dank an meine beiden Freunde, war ein guter Tipp!
Foto Impressionen: