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Interview vom 6. März 2024



Wenn man sagen würde, Kerstin Radtke war in den 80ern die Doro Pesch der DDR, würde man zwar nicht komplett falsch liegen, der Sängerin aber schnell ein Korsett umschnallen, das ihr nicht passt. Da wäre noch viel Luft, denn Kerstin war nicht nur im Hardrock- bzw. Heavy Metal-Bereich unterwegs. Mit ihrer Stimme vermag sie Lieder verschiedener Genres mit Leben zu füllen, egal ob sie nun im Pop, Soul oder eben Rock zu verorten sind. Sie war in der DDR eine der jüngsten Künstlerinnen mit einer "Pappe" in der Tasche und ihre Band PRINZZ, die später in BLITZZ umgetauft wurde, legte einen kometenhaften Start hin. Mehr durch Zufall und durch das Geschick ihres damaligen Managers, der die Band dort platzierte, wo sie eigentlich gar nicht sein sollte, begann eine erfolgreiche Zeit für sie und ihre männlichen Begleiter. Über diese Zeit, ihre Wurzeln und das, was nach der Wende kam, unterhielt sich unser Kollege Christian Anfang März mit der Künstlerin ...






Kerstin, bist Du ein echtes Erfurter Kind?
Ja, ich bin in Erfurt geboren.

Wie hast Du Deine Jugend verbracht? Wie bist Du zum Gesang gekommen?
Das Singen wurde mir quasi in die Wiege gelegt. Weniger aus erblicher Sicht, denn ich kenne niemanden - nicht meine Oma, nicht meine Mama oder sonst wen -, der so etwas vor mir gemacht hätte. Aber bei mir war es so: Sobald ich als Kind den Schnabel aufgemacht habe, fing ich an zu singen. Wir wohnten in einem Haus, wo ich drei Etagen hochlaufen musste, und mich hat allein schon der Klang in diesem Hausflur begeistert. Wenn unten die Tür aufging und ich zum Hausflur reinkam, habe ich bis oben zu unserer Wohnung gesungen. Zum Glück beschwerte sich niemals jemand und forderte ein, dass ich leise sein soll, so dass ich intuitiv und unbedarft singen konnte. Mit fünfzehn hatte ich dann einen Freund, der Sänger in einer Band war. Als der zur Armee musste, stand die Band plötzlich ohne Sänger da. Das war meine Chance, also fuhr ich ein paar Mal zu Proben der Band und sagte irgendwann, dass ich auch gerne mal singen möchte. Natürlich mussten wir erstmal einen Testlauf mit mir und der Band starten, dazu übten wir zuerst einen Song von POLICE …


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Blick zurück: Erfurt früher (Satz Ansichtskarten)



Weißt Du noch, welcher das war?
Ja klar, das war "Walking on the moon". Der Text war wahrscheinlich nicht wirklich perfekt, aber darum ging es in dem Moment auch nicht. Jedenfalls klappte es recht gut mit uns und ab dieser Zeit war ich die Sängerin der Band. Nun war es ja damals in der DDR so, dass man sich bei einer Einstufungskommission vorstellen musste, wenn man öffentlich Musik machen wollte. Für uns kam die Einstufung einen Tag vor meinem 17. Geburtstag. Und was soll ich Dir sagen? Wir schafften auf Anhieb die Mittelstufe. Erwähnen sollte ich vielleicht noch, dass genau in dieser Zeit ein junger Gitarrist namens Tommy Feiler zu uns stieß, der sogar eine japanische Gitarre hatte!

Wie hieß denn diese Band, in der Du Sängerin warst?
Die Band hieß ALLIGATOR.

Wie ging es dann weiter mit Dir?
In der Kommission waren einige Lehrer der Musikschule Erfurt vertreten, unter anderem auch eine schon etwas ältere Dame, die Gesangslehrerin an der Musikschule war, aber auch Privatunterricht gab. Diese Dame fragte mich, ob ich nicht Gesangsunterricht haben möchte. Das bejahte ich, gab aber gleich zu bedenken, dass ich dafür eigentlich kein Geld hätte. Von meinen Eltern war nichts zu erwarten, die arbeiteten rund um die Uhr, hatten mich und meinen Bruder zu versorgen, da war für so etwas wie Musikschule nichts übrig. Und selbst wenn, hätten meine Eltern mich nicht unbedingt gefördert, denn sie sahen das Talent in mir einfach nicht. Diese ältere Dame gab mir dann immerhin ein paar Stunden Gesangsunterricht für lau, also ohne dafür Geld zu nehmen. Aber irgendwie sah sie auch nicht, an welcher Stelle sie mich abholen musste, denn ich hatte ja null Vorbildung, wenn man mal von dem bisschen Musikunterricht in der Schule absieht. Ich war quasi musikalisch völlig ungebildet, spielte auch kein Instrument. Trotzdem hatte das alles auch etwas Gutes. Einmal im Jahr machte sie nämlich mit all ihren Schülern ein Konzert in der Musikschule. Und zu diesem Konzert erschien ein Dozent der Hochschule für Musik in Weimar. Der hörte sich an, was für Talente es möglicherweise zu entdecken gibt. Und tatsächlich kam der auf mich zu und fragte mich, ob ich nicht Gesang studieren möchte. Ich war damals gerade in der 11. Klasse und war von dieser Frage völlig geflasht, aber zunächst auch total überfordert. Zumal ich immer noch kein einziges Instrument spielen konnte. Und eine Hochschule zu besuchen heißt ja wenigstens Klavier spielen zu können. Nun kam also die Zeit ran, als ich mich entscheiden sollte, ob und was ich studieren sollte. Mein Traum war ja Medizin, aber da hatte ich mit meiner Note von "zweikommairgendwas" keine Chance.

Aber irgendwann musste ja eine Entscheidung fallen, oder?
Als dann die 12. Klasse anfing, musste man sich in der DDR definitiv für irgendetwas bewerben. In meiner Verzweiflung bewarb ich mich dann zunächst in Ilmenau an der Technischen Universität als MTA. In dieser Zeitspanne hatte ich zufällig einen Auftritt im Musikantenklub Erfurt. Nach dem Auftritt kamen erneut Leute auf mich zu, die wissen wollten, ob ich nicht doch in Weimar an der Hochschule für Musik studieren möchte. Wie der Zufall es wollte, gab es im Herbst ein Vorsingen an der Hochschule, wo ich auch hinfuhr. Ich sang drei Lieder, und zwar "Jugendliebe", "Killing me softly" und ein Drittes, dessen Name mir gerade nicht einfällt. Dabei kam mir entgegen, dass Balladen schon immer eine meiner großen Leidenschaften waren. Das Ergebnis dieses Vorsingens war ein vorsichtiges "Na, Sie können sich ja mal bewerben". Also stornierte ich meine vorherige Bewerbung an der TU in Ilmenau und bewarb mich stattdessen in Weimar an der "Hochschule für Musik Franz Liszt", wo ich gleich im Januar die Eignungsprüfung absolvieren konnte.


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Die TU Ilmenau mit Blick vom Gustav-Kirchhoff-Platz
(Fotograf: Markus Liebhold, Ilmfoto)



Wie kam diese Entwicklung zu Hause an?
Mein Vater war im Gegensatz zu meiner Mutter, die mich jederzeit unterstützt hat, von dieser Entwicklung schwer enttäuscht, fand das alles richtig Scheiße. Er sagte sogar einmal: "Meine Tochter studiert Tingeltangel". Dieser Satz hat sich bei mir fest eingebrannt. Ich habe mein Ding aber trotzdem durchgezogen.

Na ja, nun wollen die Eltern ja immer, dass die Kinder eine Ausbildung und anschließend einen sicheren Job haben. Von daher ist das vielleicht sogar ein bisschen nachvollziehbar. Aber gab es denn im weiteren Verlauf weiter zwei unterschiedliche Meinungen bei Dir und Deinem Vater, oder hat er sich irgendwann damit angefreundet, was Du tust?
Mein Vater war grundsätzlich zu keiner Zeit ein einfacher Mensch. Aber eines Tages bin ich dann ausgezogen und es war mir egal, was er dachte. Wenn ich dann jedoch mit der Gruppe REST OF BEST öffentliche Auftritte hatte oder habe, dann wollte er schon gerne mitgenommen werden. Was solls, es ist müßig darüber nachzudenken. Und selbst wenn ich ihm das so sagen würde, würde es in seiner Vorstellung ohnehin alles nicht stimmen. Okay, ich war die erste Tochter mit einem Abitur, da wünscht man sich als Vater sicherlich so etwas wie eine akademische Karriere, aber es lief nun mal anders.

Du sagtest vorhin, dass Du angefangen hast zu singen und schnell festgestellt hast, dass Du das ganz gut kannst. Gab es denn für Dich damals musikalische Vorbilder?
Na gut, ich hatte früher natürlich die Schallplatten, die wir hatten, rauf und runter gespielt und dazu gesungen. Zum Beispiel hatten wir die AMIGA-Scheibe von Roberta Flack, auf der u.a. "Killing me softly" drauf war. Ich besaß aber zu DDR-Zeiten auch schon eine Platte von den CRUSADERS, auf der Randy Crawford "Street life" sang. Das war ein Hammersong, den ich immer mitgesungen habe, wenn er irgendwo zu hören war. Es mussten schon große Stimmen sein wie z.B. Whitney Houston, die mich gereizt und begeistert haben. Auch SILLY mit Tamara Danz fand ich schon immer cool. Selbst von Kate Bush hatte ich damals eine Platte, die ich viel gehört habe. Später sagte meine Mama dann mal zu mir: "Ich fand ja alles schön, was Du gesungen hast - bis auf Kate Bush" (lacht).

Du erwähntest ganz am Anfang den Namen Thomas Feiler, der ja zusammen mit Jens Hellmann einer der Gründer der Gruppe PRINZZ war.
Richtig. Ich hatte ja bei ALLIGATOR schon enge Kontakte zu Tommy. Und mit Jens Hellmann am Bass und dem Schlagzeuger Gerrit Penssler gründeten wir PRINZZ.

Wie bist denn Du da reingerutscht in die Band? Ich vermute mal, dass Tommy da eine große Aktie dran hatte?
Ja klar. Ich war ebenso ein Gründungsmitglied wie die Jungs. Da gab es diesen Typen in der Erfurter Szene, der wie eine Art Manager auftrat (Anm. d. Redaktion: die Rede ist von Lutz Mielke). Der half uns ein bisschen dabei, die Band zu gründen.


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Gruppe PRINZZ (Autogrammkarte der Band)



Warst Du zum Zeitpunkt der Gründung von PRINZZ noch Studentin oder warst Du schon fertig mit dem Studium?
Ich war noch Studentin.

Am Anfang wart Ihr eine reine Coverband, wie viele andere Bands auch. Kannst Du Dich noch an die Anfangszeit von PRINZZ erinnern? Wie lief das damals ab?
Natürlich coverten wir am Anfang, aber wir begannen auch relativ schnell damit, eigene Songs zu schreiben. Im Februar 1983 fuhren wir nach Suhl zur Werkstattwoche, das hatte unser Manager organisiert. Wir waren zwar nicht offiziell dort, aber der Typ kriegte es hin, dass wir abends mal in dem berühmten Musikantenklub spielen konnten. Und gleich am nächsten Tag wurden wir dann in einen Funkwagen bestellt und haben einen Song aufnehmen dürfen. Damit ging es los, dass wir regelmäßig im Rundfunk der DDR Titel aufgenommen haben.

Da gibt es die lustige Geschichte, dass der Radiosender, der bei der Werkstattwoche Mitschnitte gemacht hatte, DT 64 hieß und Euer Titel, den Ihr da vorgetragen habt, den Namen "Ich steh auf DT 64" trug. Das soll für Euch der Türöffner gewesen sein. Stimmt das so oder ist nur eine Legende?
Es stimmt, dass wir im Musikantenklub u.a. den Titel "Ich steh auf DT 64" gespielt haben. Allerdings hatte der Song zu der Zeit noch einen anderen Text. Nun waren wir noch ziemlich unbedarft und ahnten überhaupt nicht, in was für eine Maschinerie wir da geraten. Deshalb staunten wir, wie schnell wir am nächsten Tag "verhaftet" und in diesen Funkwagen vom Rundfunk der DDR geschleppt wurden. Der zu dem Funkwagen gehörige Musikredakteur meinte allerdings, so wie der Titel ist, kann er auf keinen Fall bleiben, da muss unbedingt etwas am Text verändert werden. Wahrscheinlich, weil da der Name Erich Honecker drin vorkam. Es war zwar nur eine Parodie, aber der Redakteur und sein Gefolge sorgten dafür, dass wir den Text umschreiben mussten. Unser Texter war Jens Hellmann und dessen Texte waren grundsätzlich immer ein bisschen provokant. Das ging natürlich den Rundfunkleuten gegen den Strich. In diesem Fall mussten wir aber zulassen, dass der Text geglättet wurde, aber letztlich war das für uns der Startschuss zu vielen weiteren Produktionen beim Rundfunk.

Fand Jens Hellmann das eigentlich toll, dass sein Text umgeschrieben wurde?
Natürlich nicht, ganz und gar nicht! Aber es war eine gewisse Euphorie vorhanden, wir wurden quasi überrannt von dem Geschehen und hatten keine Zeit zum Überlegen, was wir machen oder lieber nicht machen. Du darfst nicht vergessen, wir waren alle gerade mal 18 Jahre alt.

In der Bandbiographie steht zu lesen, dass eigentlich Tommy Feiler den Titel gesungen hat, aber Euer Produzent Walter Cikan wollte, dass Du an Tommys Stelle singst.
Genau, das war Walter Cikan. Er war übrigens auch derjenige, der an dem Text rumgedoktort hat.

Und so wurdest Du ins kalte Wasser geworfen und hast plötzlich den ersten Hit der Band gesungen.
Anfangs sang also wirklich Tommy den Großteil des Liedes, während ich nur im Refrain zu hören war. Am Ende habe ich dann aber den kompletten Gesangspart übernommen. So startete also unsere Band PRINZZ.

Das hat Euch über Nacht nach oben katapultiert, denn die Nummer lief plötzlich im Radio und Ihr wurdet erfolgreich.
Ja, man war jetzt etwas bekannter, was den Vorteil hatte, dass man immer, wenn neues Material vorhanden war, beim Rundfunk der DDR die Sachen aufnehmen konnte. Zwangsläufig kam man dadurch in die Medien, lief bei "Stop! Rock!" oder "rund" und auch bei "bong". Stilistisch waren wir zu der Zeit NDW-mäßig unterwegs, aber wir merkten nach ein, zwei Jahren, dass sich das totläuft und dieser Sound nicht mehr der unsere ist. Wir selber entwickelten uns auch weiter, wollten jetzt lieber etwas rockiger klingen.


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Schallplatten-Debüt: Kleeblatt No. 11 (AMIGA, 1984)



Ich muss mal kurz dazwischen gehen. Es gab ja früher immer diese Einordnungen in Profiband und Amateurband. Ihr wart noch Amateure, oder?
Richtig, wir waren noch Amateure, da meine Bandkollegen keine ausgebildeten Musiker waren. Das traf nur auf mich zu. Wir waren aber immerhin schon "Oberstufe mit Konzertberechtigung". Während dieser Zeit nahmen die Jungs aber fleißig Unterricht in der Musikschule, um zeitnah ihren Berufsausweis zu machen. Anfangs mussten sie nämlich noch richtig nebenbei arbeiten gehen. Durch das Interesse der Medien an meiner Person wurde es uns aber leichter gemacht, schneller den Status eines Berufsmusikers zu erlangen, so dass die Jungs bald nicht mehr arbeiten gehen mussten, sondern nur noch als Musiker unterwegs sein konnten.


Später war dann Luise Mirsch Eure Produzentin. Viele Musiker, die mit Luise gearbeitet hatten, sprachen davon, dass sie immer eine große Hilfe war. Kannst Du das auch von ihr sagen? Habt Ihr gut mit Luise Mirsch zusammengearbeitet?
Auf jeden Fall. Luise war eine ganz liebe, die immer darauf bedacht war, dass es allen gut geht. Sicher, wir mussten immer irgendwelche Kompromisse machen, das war eben so. Aber sie hat auch uns Musiker verstanden und versucht, unsere Standpunkte und Meinungen zu vertreten.005 20240316 1114315994 Jens wurde mit der Zeit immer selbstbewusster, was seine Texte an sich und vor allem auch das Verteidigen seiner Texte anging. Anfangs waren die Obrigkeiten allerdings noch nicht ganz so kritisch. Bei Liedern wie "Liebe im Fahrstuhl" gab es auch nicht viel zu kritteln, das waren keine Songs, bei denen man einen rosa Elefanten einbauen musste, um sie durch die Zensur durchzukriegen.

1984 konntet Ihr schon Euer Schallplattendebüt feiern. Okay, es war keine eigene LP, aber Ihr wart immerhin ein Teil der Kleeblatt-LP. Wie kam es dazu? Hattet Ihr Einfluss und Mitspracherecht auf die Aufnahmen und die Veröffentlichung oder wurde einfach gesagt, dass Ihr jetzt auf der Platte drauf seid?
Nein, uns hat niemand gefragt. Es wurden halt ein paar junge, talentierte Künstler für die LP gesucht und wir hatten das Glück, ausgewählt zu werden. Man guckte dann, welche Songs zur Verfügung standen und das war es dann. Dadurch wurden wir auch einmal bei AMIGA veröffentlicht, ansonsten hatten wir mit denen aber nichts zu tun. Wir kriegten in dem Jahr auch von dem Magazin "Neues Leben" einen Publikumspreis als "Band des Jahres" oder irgendwie sowas, so dass wir immer in den Medien präsent waren. Das ist umso erstaunlicher, weil wir ja in Erfurt geblieben sind und auch nicht dieses hochprofessionelle Management hatten wie andere Bands.

Im Sommer 1984 gab es dann diese legendäre Tournee, wo Ihr als Vorband der PUHDYS gespielt habt. War das ein harmonisches Miteinander oder hat es sich eher vom Stil her gebissen? Die PUHDYS waren ja doch eine völlig andere Kapelle als Ihr.
Nein, das war alles ganz witzig. Das Ganze nannte sich ja Rodeo-Tour, auf der neben anderen Bands auch Petra Zieger noch mit dabei war. Wir haben in Stadien gespielt, wo auch Auto-Rodeo-Veranstaltungen stattfanden. Der Manager, den wir damals hatten, hieß Volker George, und der wiederum kannte die PUHDYS ganz gut und brachte uns in die Tournee rein. Ich denke, da wurden im Hintergrund irgendwelche Ost-West-Geschäfte abgewickelt, aber das war uns egal. Für uns war das auf jeden Fall eine neue Erfahrung und etwas Besonderes, in Stadien vor so vielen Menschen zu spielen.

Nun gut, wenn man beginnt, erfolgreich zu werden und viele Leute auf einen aufmerksam werden, zieht das natürlich ein paar Fäden. Im Herbst des gleichen Jahres hast Du dann noch beim Schlagerfestival "Goldener Rathausmann" in Dresden mitgemacht. Wie ist das denn passiert, dass Du plötzlich als Solistin, also abgekoppelt von Deiner Band, an diesem Festival teilgenommen hast?
Es gab ja den Kleinen Rathausmann, der eher für die jungen Talente gedacht war, und es gab den Großen Rathausmann. Ich war noch Studentin an der Musikhochschule Weimar und wurde von dort aus als talentierte Sängerin hin delegiert. Begleitet wurde ich von so einer Combo, die aus älteren Herren bestand und die als Backing-Band für alle Teilnehmer fungierte. Gesungen habe ich eine Nummer von SILLY, einen PRINZZ-Titel und zum Schluss noch "Die Tänzerin" von Ulla Meinecke.

006 20240316 1134232050Und wie hast Du abgeschnitten?
Ich sage es mal ganz bescheiden: Ich habe das Ding gewonnen. Neben meinem ersten Platz gab es dann noch zwei dritte Plätze, die gingen an Annett Kölpin und Bärbel Naumann.

Hat Dir dieser Sieg in Dresden denn etwas eingebracht? War er vielleicht sogar mit einem Preisgeld dotiert?
Eigentlich hing da die Produktion eines Songs dran. Aber da ich ja sowieso schon so oft beim Rundfunk aufgenommen hatte, entfiel das für mich. Es gab dann noch einen Publikumspreis, der mir einen bemalten Teller einbrachte. Und ja, etwas Geld gab es auch noch. Ansonsten war der Sieg natürlich für mein Renommee und meinen Bekanntheitsgrad von Vorteil. So lud mich z.B. ein gewisser Kurt Demmler mal zum Kaffee ein. Und von Seiten der ganzen Kulturfunktionäre, die immer nach neuen Talenten suchten, wurde mir zu verstehen gegeben, dass sie Interesse daran hätten, dass ich nach Berlin ziehe. Allerdings als Solistin. Das sei besser für mich und meine Karriere. Hätte ich das gemacht, was wäre dann vermutlich aus mir geworden?

Eine Schlagersängerin ...
Genau! Das war aber nicht mein Ziel. Ich kann heute gar nicht mehr so richtig sagen, warum ich unbedingt in Erfurt bleiben wollte. Vielleicht hatte ich einfach nur Schiss, vielleicht hing ich an der Band, ich weiß es nicht mehr. Auf keinen Fall wollte ich aber in Berlin als Schlagersängerin enden. Ich lehnte also offiziell das Angebot ab und blieb in der Provinz, denn alles außerhalb von Berlin galt damals als Provinz. Mir war auch absolut klar, wenn man Karriere machen wollte, ging das nur von Berlin aus, aber ich entschied mich ganz bewusst dagegen. Deshalb war also im Endeffekt der Sieg beim Rathausmann nicht wirklich lebensverändernd für mich.

Du bist bei PRINZZ geblieben, was ich gut finde. Aber es kamen dann auch schnell die Probleme, denn als Ihr den Profistatus bekommen hattet, wurde kurz darauf Tommy krank. Hatte er Burnout oder was war da los?
(lacht) Es ist erstaunlich, was Du alles für Informationen hast! Aber es stimmt, im Sommer 1985 wurde Tommy krank. Was es genau war, ließ sich nicht feststellen. Damals gab es einfach noch nicht so genaue Diagnosen wie heutzutage. Aber es war wohl ein möglicher Burnout … Zu dieser Zeit war dann zwangsläufig auch die PRINZZ-Geschichte etwas runtergefahren. Wir mussten uns stilistisch erst wieder finden und neu entdecken. Zwischendurch coverten wir, gingen mehr in die rockige Richtung, hatten mit Mathias Köhler auch einen Aushilfs-Gitarristen, bis Tommy wieder in der Lage war, selber Gitarre zu spielen. Wir merkten natürlich, dass Pop und Neue Deutsche Welle vorbei und sowieso nicht so ganz unser Ding waren. Also war es fast logisch, dass es in musikalischer Hinsicht immer knackiger klang. Soll heißen, wir schwenkten immer mehr um in Richtung modernen Heavy Metal, mussten uns dazu aber von unserem Schlagzeuger trennen. Das passte einfach nicht mehr. Der entscheidende Knackpunkt passierte, als Frank Viebach 1986 zur Band stieß.

Stimmt es denn, dass es in diesem Zusammenhang das sagenumwobene Bandmeeting gab, wo Euer weiterer Weg beschlossen wurde? Soviel ich weiß, wurden zu diesem Meeting der Keyboarder und auch der Schlagzeuger gar nicht mehr eingeladen.
Jens, Tommy und ich waren ja der Kern von PRINZZ. Mit Gerrit Penssler, unserem Schlagzeuger, kamen wir menschlich nicht mehr zurecht und unser Keyboarder Karl-Heinz Schüller war schon etwas älter als wir. Und so nahmen wir kurzerhand Kontakt zu Frank Fiebach auf, der damals noch bei MACBETH spielte. Frank muss irgendwie gespürt haben, dass es mit PRINZZ karrieremäßig etwas besser laufen könnte als bei MACBETH, und somit konnten wir ihn abwerben.


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Von Prinzz zu Blitzz (Pressefoto, Archiv Kerstin Radtke)



Ich denke mal, Ihr hattet bei Frank Fiebach auch ein bisschen Glück, da MACBETH zu der Zeit gerade verboten wurde, jedenfalls für eine kurze Zeit.
Ja, das stimmt schon. Ich glaube aber nicht, dass das der Grund war. Uns standen durch unsere Kontakte zum Rundfunk und zu den Medien einfach schon ein paar andere Türen offen.

Ihr habt nun also Euren Stil komplett umgedreht, seid von Eurer Pop/Rockmusik zur harten Schiene gewechselt und habt jetzt Songs von VAN HALEN und MÖTLEY CRÜE gecovert. Das war ja auch für Dich als Sängerin eine totale Umstellung. Wie hast Du es geschafft, als jemand, der alle Feinheiten des Gesangs draufhat, urplötzlich Songs zu singen, die voll auf die Zwölf gingen.
Bei meiner ersten Liveband haben wir schon Rockmusik gemacht. Damit bin ich groß geworden, nicht zuletzt durch meinen älteren Bruder. Rockmusik gehörte also schon immer zu meinem Leben. Deshalb war es stilistisch nicht ganz so ein Umbruch wie man vielleicht denkt. Klar, unsere Musik wurde mit der Zeit immer extremer. Aber es reizte mich schon immer, als Sängerin einfach alles singen zu können. Ich gab mir aber auch die Zeit, in diese neue Stilistik reinzuwachsen. Außerdem gab und gibt meine Stimme das her. Ich muss auch sagen, dass ich durch unsere Metal-Konzerte wirklich sehr viel gelernt habe. Auch wenn mein ehemaliger Hochschullehrer das sicher anders sieht (lacht). Auf jeden Fall erfordert es perfekte Technik, wenn man mit dieser Art zu singen über die Zeit kommen will, ohne dass die Stimme Schaden daran nimmt.

Ihr hattet Euch ja nun mit PRINZZ schon ein gewisses Standing erarbeitet. Songs wie "Ich steh auf DT 64" oder "Liebe im Fahrstuhl" gab es bereits auf Platte und plötzlich legt Ihr diesen Stilbruch hin. Wie wurde man denn bei AMIGA erneut auf Euch aufmerksam? Ich kann mir nämlich nur schwer vorstellen, dass dieses Genre-Hopping in der DDR so einfach zu bewerkstelligen war.
Es war ja auch nicht AMIGA, sondern der Rundfunk, der wieder mit uns ins Gespräch kam. Wir ließen unsere Kontakte spielen, dadurch kamen die Rundfunk-Leute an unsere neuen Aufnahmen. Auch gab es ja zu der Zeit bereits bei DT 64 die Stunde für das aufgeweckte Kind, also die Sendung "Tendenz Hard bis Heavy". Das zeigt, dass der Hype um diese Art Musik bereits die Medien erreicht hatte. Wir gingen an den Start mit einer von Tommy geschriebenen Instrumentalnummer namens "EL34". Alle waren hellauf begeistert und die Nummer stieg sofort auf Platz 1. Somit hatten wir wieder mehrere Füße in der Tür zum Rundfunk drin. Wir nahmen viele neue Songs auf, haben dann auch bei Sieghart Schubert in seinem Studio in Quadenschönfeld produziert.

Ganz wichtig finde ich in diesem Zusammenhang, dass Ihr inzwischen den Namen PRINZZ abgelegt habt. Das ist deshalb so erstaunlich, weil Ihr ja unter diesem Namen bekannt wart und alle Eure Erfolge feiern konntet. Plötzlich legt Ihr diesen Namen ab, angeblich deshalb, weil es aus Amerika den international erfolgreichen Musiker und Sänger PRINCE gab. Stimmt das oder steckte da etwas anders dahinter?
Das spielte durchaus mit rein, denn Prince wurde ja immer populärer. Aber eigentlich wollten wir mit dem Namenswechsel auch unsere bisherige Musikrichtung ablegen. Bei dem Wechsel zu BLITZZ war natürlich witzig, dass im Schriftzug von PRINZZ bereits ein doppeltes Z vorhanden war, sodass wir den Schriftzug übernehmen konnten, nachdem wir lediglich die anderen Buchstaben austauschen mussten. Aber grundsätzlich hast Du schon Recht, die Namensgleichheit zu dem amerikanischen Sänger Prince spielte eine Rolle. Wir spielten zum Beispiel mal in Polen und wussten nicht, ob die jetzt den großen Prince erwarteten oder tatsächlich wegen der Gruppe PRINZZ aus Erfurt kamen. Letztlich hatten wir aber dann doch mit dem Wechsel von PRINZZ zu BLITZZ unseren Imagewechsel vollzogen.


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Das Mini-Album "Do The Blitz" von BLITZZ (Steamhammer/SPV, 1990)



Dann gab es da noch diese Geschichte mit einem Label aus dem Westen, die Euch auf einem Festival entdeckten.
Ja, das war auf der "Insel der Jugend" in Berlin, wo neben uns noch eine Band namens KRUIZ aus Russland spielte. Dieses Label wandte sich an den Rundfunk der DDR und fragte nach, ob man mit uns nicht mal ein paar Aufnahmen machen könnte, die auch im westlichen Ausland veröffentlicht werden. Da gingen natürlich immer gleich die Ohren und Augen bei manchen Funktionären auf, weil die glaubten, damit konnte man Geld verdienen. Der Rundfunk der DDR sagte zu, eine komplette Platte zu produzieren, und das sogar auf Deutsch und Englisch! Wir zogen dann den ganzen Sommer 1989 über zu Sieghart Schubert ins Studio und nahmen die entsprechenden Songs auf.

Dann war die Platte fertig, aber sie ist niemals erschienen! Warum nicht?
Ganz einfach: weil die Wende kam. Im Sommer 1989 fanden wie gesagt die Aufnahmen für die Platte statt, aber bis die ganzen Verhandlungen um die Verträge usw. zum Abschluss kamen, war die Wende da. Also zogen wir selber los und landeten dann über HOLY MOSES, einer Trash Metal-Band aus Aachen, in Hannover im Studio von Frank Bornemann, dem Gitarristen von ELOY. Wie auch immer, die Verträge mit der Stuttgarter Plattenfirma kamen nicht zustande, obwohl die Aufnahmen fertig waren, aber durch die Wende war von jetzt auf gleich alles anders. Wir bekamen als Ostband keinerlei Auftrittsmöglichkeiten mehr, denn die Leute wollten nun natürlich die Bands aus der westlichen Welt sehen. Wir machten aber gemeinsam mit HOLY MOSES, die wir Ende 1989 auf einem Metal-Festival in Berlin-Karlshorst kennenlernten, von Januar bis März 1990 eine Tour. Daraus erwuchs der Wunsch, dass Tommy bei den Aufnahmen zu einigen Songs von HOLY MOSES im Studio vom eben erwähnten Frank Bornemann die Sologitarre spielt. Das Label dahinter hieß SPV, die damals auf Metal spezialisiert waren. Unschön war, dass Tommy hundsmiserabel bezahlt wurde für seine Dienste. Die zahlten ihm, wenn ich mich recht erinnere, gerade mal 20 D-Mark pro Tag. Unverschämt! Jedenfalls hatte Tommy auch ein Tape mit Aufnahmen von BLITZZ dabei, die er Frank Bornemann zeigte und der war hellauf begeistert davon. So kam es, dass wir die eigentlich schon fertigen Songs bei ihm nochmals aufgenommen haben, die dann als EP unter dem Titel "Do The Blitz" im Herbst 1990 beim Label SPV erschien. Wir machten dann auch noch eine kleine Tour zusammen mit THUNDERHEAD, aber der Zeitpunkt dafür war äußerst unglücklich. Die dachten alle, mit einer DDR-Metalband kann man nochmal etwas Geld machen, aber das Interesse an uns flaute total ab.

Witzig war, dass diese Platte in Deutschland kaum jemanden interessierte, aber in Westeuropa, Amerika und Japan ging die Scheibe gut über den Ladentisch.
Das stimmt. Aber wie gesagt, innerhalb von Deutschland ging gerade nicht viel. Die DDR-Bürger hatten die Schnauze voll von DDR-Musik, was man auch verstehen konnte. Dadurch kam eben auch dieser Plattenvertrag nie zustande. Stattdessen musste man für einen Hunderter am Abend durch Kneipen im Westen tingeln, um überhaupt ein bisschen Geld mit Musik zu verdienen.

Obwohl es eigentlich für Euch nach der Wende überhaupt nicht lief, hattet Ihr ja diesen Vertrag über die EP "Do The Blitz" und eine komplette LP, die im Anschluss kommen sollte. Live gab es für BLITZZ nicht viel zu tun, aber trotzdem habt Ihr 1991 Kai Tenneberg als zweiten Gitarristen in die Band geholt. Passierte das speziell im Hinblick auf diese Album-Produktion?
Ja und nein. Kai war einfach ein megageiler Musiker. Aber irgendwie haben uns die ganzen Umstände dieser Zeit die Beine weggehauen. Kai ging deshalb schnell wieder zurück in seine Heimat nach Gera und wir anderen mussten sehen, dass wir es irgendwie schaffen zu überleben.

Dieses geplante Album soll ja weitestgehend fertiggestellt worden sein und den Titel "Dive" tragen. Stimmt das?
Ach Gott, das weiß ich gar nicht mehr so genau. Du bist da scheinbar viel besser informiert (lacht).

Leider hat die Plattenfirma SPV Euch vor dem Erscheinen der Platte gekündigt. War das auch der Grund, weshalb Ihr Euch aufgelöst habt?
Ja natürlich. Es hatte sich alles totgelaufen, wir hatten keinerlei Perspektiven mehr. Ich konnte aber auch die SPV verstehen. Die hatten sich erhofft, dass sie mit uns nochmal den Ostmark abgrasen und die Platte gut verkaufen können, aber die Leute haben sich in der Zeit lieber nach Bananen angestellt und sich Westdeutschland angeschaut.


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BLITZZ im Jahre 1992 (Pressefoto, Archiv Kerstin Radtke)



War das am Ende Resignation oder hattet Ihr einfach keinen Bock mehr?
Beides. Wir mussten ja von irgendwas leben, was aber ohne Muggen schwierig zu bewerkstelligen war. Ich zum Beispiel habe zwei Jahre gar nichts gemacht.

Hast Du wirklich in voller Konsequenz "gar nichts" gemacht oder bist Du in einen anderen Beruf gegangen und hast nur musikalisch nichts mehr gemacht?
Ein anderer Beruf ging nicht, denn ich konnte ja nur singen und sonst nichts. Aber immerhin begann ich zu unterrichten, was aber auch etwas schwierig war, denn die Leute hatten ja erstmal alle kein Geld. Ich konnte nicht in die Welt rausrufen: "Hier bin ich und ich unterrichte Euch jetzt". Wovon sollten die Leute mich denn bezahlen? Und wir als Berufsmusiker haben vor den Ämtern darum gekämpft, als Arbeitslose anerkannt zu werden, damit wir Arbeitslosengeld erhalten anstatt Sozialhilfe.010 20240316 2028325165 Das wurde auch erst ein ganzes Jahr später anerkannt, aber immerhin hatten wir durchaus monatlich ein gewisses Grundrauschen. Das erste, was ich in musikalischer Hinsicht dann nach der Wendezeit gemacht habe, war 1993 zusammen mit Ralf "Zappa" Iben das Duo PAPERMOON. Wir machten nicht viel, aber ein paar Gigs im Jahr waren es schon. Dazu kamen für Ralf und mich noch Auftritte mit der HOLGER ARNDT CONNEXION und der Band EVERLONG. Aber meine Lust am Singen beschränkt sich ja nicht nur auf eine einzige Stilistik. Ich stehe nämlich auch sehr auf PINK FLOYD, auf QUEEN, auf LED ZEPPELIN. Und seit 1995 bin ich bei REST OF BEST. Mit denen spiele ich heute noch. Das sind immerhin schon 29 Jahre!

Zwanzig Jahre nach Eurem Aus gab es ein einziges Reunion-Konzert unter dem Namen PRINZZ, das war 2013 im Erfurter Stadtgarten. Kannst Du Dich noch daran erinnern, wie es war, nach so langer Zeit wieder mit den Jungs auf einer Bühne zu stehen?
Oh ja, das war krass! Anlass war der 60. Geburtstag unseres ersten Managers Volker George. Das war der mit den guten Verbindungen zu den PUHDYS. Volker fragte mich, was ich von der Idee halte. Ich fragte also die Kollegen und eigentlich fanden die Idee alle gut. Nur Gerrit Penssler konnte nicht, dafür machte aber ein anderer Schlagzeuger mit. Davon abgesehen hatten wir tatsächlich unsere ursprüngliche Besetzung wieder zusammen, was ich sehr cool fand. Im Vorfeld hielt sich meine Lust darauf in Grenzen, weil ich das Ganze in nicht so toller Erinnerung hatte. Na ja, ich fand es wohl eher ein bisschen peinlich, diese Popsongs wie "Liebe im Fahrstuhl" noch einmal singen zu müssen. Dann fingen wir an zu proben und merkten schnell, dass wir das heutzutage musikalisch etwas anders auffassen und rüberbringen als damals, und plötzlich fand ich das richtig gut. Ehrlich gesagt habe ich mich durch diese eine Mugge mit meiner PRINZZ-Zeit versöhnt. Es hat echten Spaß gemacht, es klang alles eine Spur knackiger, hatte einen gewissen Drive. "Gotte" Gottschalk, den wir ja zu DDR-Zeiten im Studio immer begleitet hatten, war auch dabei. Und natürlich spielten wir bei der Gelegenheit auch ein, zwei Stücke von ihm.

Aber es ging danach mit PRINZZ nicht weiter, es war tatsächlich nur dieser eine Auftritt. Normalerweise ist man ja noch so einem Gig total angezündet und denkt, man müsse weitermachen. Diesen Willen hattet Ihr aber nicht, oder?
Nein, zumal wir ja auch alle in irgendwelchen anderen Projekten steckten.


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BLITZZ in den 80ern (Pressefoto, Archiv Kerstin Radtke)



Das bedeutet aber auch, dass Ihr untereinander all die Jahre den Kontakt aufrechterhalten habt.
Ja, na klar. Wir haben auch heute noch sporadischen Kontakt zueinander. Wir wohnen ja uch alle in derselben Stadt.

Was macht den Tommy Feiler heute?
Tommy produziert viel, spielt bei der Coverband ACOUSTICA Gitarre, produziert nach wie im Studio irgendwelche Sachen und gibt auch noch Gitarrenunterricht.

Du bist auch heute noch Gesangslehrerin.
Das ist ein weiteres Standbein von mir und es läuft gut. Vor allem während der Pandemie wurde dieses Standbein sehr wichtig. Da konnte ich also wenigstens online arbeiten. Corona hat uns Künstler ja auch noch mal ordentlich die Beine weggezogen, das war ein regelrechter Supergau! Glücklicherweise lief dann alles wieder an, wenn auch langsam und zögerlich. Dadurch, dass ich viele Projekte habe und es mit REST OF BEST weitergeht, bin ich ganz gut aufgestellt.

Gab es von Dir nach der Wende, von BLITZZ mal abgesehen, noch CD-Produktionen, an denen Du aktiv beteiligt warst? Hast Du beispielsweise für andere Bands als Gast mitgewirkt?
Ich habe tatsächlich kurz nach der Wende für einige Bands auf deren CDs mitgesungen. Da müsste ich aber jetzt erst nachsehen, was und wer das alles war.


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Gruppe REST OF BEST mt Kerstin Radtke
bei einem Auftritt im ZDF (Foto: ZDF)
 
 
 
Würdest Du sagen, dass Du immer noch Profimusikerin bist oder machst Du das alles heute eher als Hobby?
Nein, ich bin absolute Profimusikerin du dazu stehe ich auch.

Damit hätten wir alles abgedeckt und Deine bunte Karriere gut abgebildet. Haben wir etwas Wichtiges vergessen?
Na ja, für Dich bezog sich unser Gespräch hauptsächlich auf meine Zeit mit PRINZZ und BLITZZ. Ich war und bin aber seit 1995 vor allem mit REST OF BEST ziemlich krass am Start. Klar ist das eine Coverband, aber qualitativ absolut hochwertig. Deshalb bin ich auch da eingestiegen. Wir machen viel a capella und wurden auf Grund unserer Qualität auch zu vielen einzigartigen Events eingeladen. Zum Beispiel waren wir auf insgesamt neun Olympiaden zu Gast. Ohne diese Band hätte ich ganz viele Sachen nicht gesehen und nicht erlebt.

Zumal das ja auch die Band ist, in der Du insgesamt die längste Zeit Deines Lebens mitspielst.
Genauso ist es. Dann gibt es ja auch noch die Band EVERLONG, womit sich für mich der Kreis schließt, denn da singe ich u.a. LED ZEPPELIN, BETH HART, OZZY OSBOURNE und vieles andere. Bei EVERLONG lebe ich meine wilde, rockige Seite richtig krass aus, woran ich viel Spaß habe.

Kerstin, ich danke Dir für dieses sehr interessante Gespräch und wünsche Dir für Dein weiteres Schaffen alles Gute.
Danke, das wünsche ich Dir auch.



Interview: Christian Reder
Übertragung: Torsten Meyer
Ausarbeitung: Sebastian Ziegert, Christian Reder
Fotos: Privatarchiv Kerstin Radtke, Pressematerial der Bands, Lutz Edelhoff, Markus Liebhold



   
   
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