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Ein Beitrag von Christian Reder. Fotos: Dirk Bartsch, KSK privat



Im Jahr 1953 starb Josef Wissarionowitsch Stalin. Kurz darauf kam es in der DDR beim Aufstand vom 17. Juni 1953 zu Unruhen, die blutig niedergeschlagen wurden. Der Koreakrieg endete und die Sowjetunion zündete ihre erste Wasserstoffbombe. Vom Rock'n Roll war man - zumindest in Deutschland - noch so weit entfernt wie von der Reise zum Mond, und auch das Betreiben eines eigenen Radiosenders war damals noch undenkbar. In diese für heutige Verhältnisse unwirtliche Zeit dachte sich ein neuer Erdenbürger, seinen Weg zu starten. Am 20. Juli des Jahres kam Klaus Schnabel-Koeplin, der heutige Kopf und Gründer von Rockradio.de, zur Welt.


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KSK, wie er heute gern abgekürzt wird, war in den 70ern in einem Berliner Ingenieurbüro beschäftigt und dort u.a. als Jugendsekretär tätig. Schon damals schlug sein Herz für geile und von Stromgitarren erzeugte Musik besonders heftig. Sein Freund Peter Tinius erinnert sich heute noch an die Zeit. Sie lernten sich 1975 kennen, als KSK ihn fragte, ob er nicht Lust hätte, beim Aufbau der betriebseigenen Diskothek zu helfen: "Kurz darauf brachte er mir einen großen Stapel Platten mit, überwiegend Rock- und Bluesmusik, die ich dann auf Tonbänder überspielte. Er muss wohl großes Vertrauen gehabt haben, war ich doch für ihn zunächst eine fremde Person", erzählt Tinius über das Kennenlernen. Beide teilten dann auch ihre Leidenschaft für Autos, genauer gesagt dem GAZ Wolga, dem wohl größten Dick-Schiff unter den Kraftfahrzeugen im DDR-Straßenverkehr (1,5 Tonnen schwer und soff Sprit wie ein Loch). Irgendwann stellte Klaus Schnabel-Koeplin einen Ausreiseantrag und verließ 1984 die DDR in Richtung Bundesrepublik. Heute sind die beiden aber immer noch befreundet und beim gemeinsamen Projekt Rockradio fleißig.

Womit wir beim Thema Rockradio wären. Nach dem Motto, "Das Leben ist zu kurz für schlechte Musik", gründete KSK 2015 den Radiosender. Für diesen ist er nicht nur Herz und Seele, sondern in seiner Funktion als Senderchef reist er über das Jahr quer durch Deutschland, um für die Hörer Live-Töne von allerlei Muggen und Festivals einzufangen. Dafür braucht man eine Menge Energie und Idealismus. Ihn selbst bezeichnen Kollegen beim Sender als "Radiofachmann vom Scheitel bis zur Sohle" (Michael Landmann), und diese Umschreibung kann der Schreiber dieser Zeilen nur in vollem Umfang unterschreiben. Als Vertreter von Deutsche Mugge erinnere ich mich ganz besonders gern an die gemeinsame Zeit, in der ich die hauseigene Sendung noch moderierte und KSK mein "Wingman" und Produzent war. Noch nie hatte mir Radio machen so viel Spaß gemacht wie in den zwei Jahren, in denen ich mit Klaus die Sonntagabende mit Musik füllen durfte. Und das live, was ich mir nie vorstellen konnte und zu dem mich Klaus erst lange überreden musste … Und so denken auch andere Kollegen an ihn. Ein Mann der vielen Worte war er noch nie, der Klaus, weshalb Rolf Gänsrich, einer der RR-Moderatoren, zu berichten weiß, dass KSK "privat ein bisschen schwierig im Umgang ist, weil er schlecht kommuniziert", fügt aber sofort hinzu, dass er ihn dafür schätzt, dass er im Sender jeden sein Ding machen lässt, ohne ihm rein zu reden, und dass er für jedes technische Problem eine Lösung parat hat. Aber gerade diese wortkarge und auf den Punkt kommende Art, ist auch Moderator Sam Kuhfuß beim Erstkontakt mit KSK aufgefallen: "Diese entwaffnende Schlichtheit hat mich damals zugegebenermaßen ein wenig - sagen wir mal - irritiert", sagt er und hat nach nur vier Jahren der Zusammenarbeit herausgefunden, dass Klaus "einfach für sein Baby brennt, und dass deshalb manchmal keine Zeit für ‚darf es mal etwas ausführlicher sein' bleibt". Jeder, der von uns zum Thema befragt wurde, schätzt seine Fachkompetenz sehr und auch, dass er den Laden Rockradio schon so lange am Leben erhält. Gerade bei der Vielzahl der Charaktere ist das alles andere als einfach und sicher "graue Haare fördernd". Klaus tut dies mit stoischer Ruhe und einer beneidenswerten Gelassenheit. Vor allem aber tut er es geräuschlos.


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Es gehört schon eine Menge dazu, einen Sender fast 20 Jahre zu leiten. Natürlich kommt es da mit dem Einen oder Anderen auch mal zu Unstimmigkeiten und natürlich hat auch schon jemand den Laden in Unfrieden verlassen, um woanders sein Glück zu suchen. Auf der andren Seite kommen aber auch immer wieder neue Leute von anderen Stationen lieber zu Rockradio, eben weil Klaus ein "anderer Chef" ist. So kamen z.B. 2010 Andreas Böhmer und drei weitere neue Kollegen dazu, die damals mit der Entwicklung "ihres" Senders Radio BOB alles andere als zufrieden waren, und unter dem Dach von Rockradio unter dem Titel "Four Of A Kind" alles etwas besser machen wollten. Wenn jemand über so viele Jahre immer wieder von den Mitgliedern gewählt wird, scheint er zumindest ein bisschen was richtig gemacht zu haben. Für mich persönlich ist KSK Rockradio und Rockradio KSK. Beides ist untrennbar miteinander verbunden und beide funktionieren ohne den anderen auch nicht. Der Rock ist Klaus' Treibstoff und seine bevorzugte Musik, die ihn an- und umtreibt. Auch wenn er schonmal dabei erwischt wurde, wie er Leuten den "Bump" beibringen wollte, hat er für die sogenannte Diskomusik nur wenig übrig. Aber er ist da tolerant, falls einer der Moderatoren mal einen Song dieses Genres in seiner Sendung raushauen will. Der eben schon zitierte Rolf Gänsrich sagt über Klaus zudem, dass er den "humanen und sozialen Geist in das Projekt steckt". So dauerte es nur wenige Minuten, als nach dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs die Vereinsfarben in "gelb und blau" geändert wurden. Solidarität ist sein Ding ebenso, wie die gute Sache, die man unterstützt, wenn es irgend geht.

Die Schar der Gratulanten dürfte deshalb heute riesig sein. KSK hat in all den Jahren bleibende Eindrücke hinterlassen. Sein Amigo vom Amiga, Jörg Stempel, wünscht sich deshalb auch, dass er mit ihm zusammen auch die nächsten 18 Jahre (solange kennt man sich schon) "mit der nötigen altersbedingten Gelassenheit" weiter Songs und Bands präsentieren darf, die nicht nur schlechthin Aufmerksamkeit verdienen, weil sie originell sind und Qualitäten für Entdecker bieten, sondern die auch für unsere Nachkommen wichtig sind, "damit sie Beatles von Bohlen unterscheiden können". "Dinge auf den Weg bringen, mit Partnern vertrauensvoll umgehen und verlässlich zu sein, das ist Klaus. Ein feiner Kerl, an dem man ein Tau festmachen kann", sagt Dirk Hansmann. Mit den Worten, "Wer dauernd einen Zug lenkt merkt oft gar nicht, was für eine Strecke er schon zurückgelegt und wie viele Leute er mitgenommen hat", meldet sich der Vorsitzende des German Rock e.V., Kurt Mitzkatis, zu Wort und wünscht ihm, der "alle Tage tätig für das rockradio.de" ist, einen Tag zum genussvollen Rückblick darauf, was er in sieben Dekaden alles geschafft hat. Und auch wir Deutschen Mugger wollen mit Superlativen zum Thema KSK nicht geizen und möchten sogar noch neue erfinden, um ein möglichst detailliertes Bild über "Professor Rockradio" zu zeichnen.
 
 
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Im Jahr 2023 richtet man in Deutschland einen Rockmusiker medial hin, der nichts strafrechtlich Relevantes angestellt zu haben scheint, nur damit die Verkaufszahlen der Gazetten und die Einschaltquoten steigen können. Im gleichen Jahr dauert der schon erwähnte Krieg Mitten in Europa schon fast 1 ½ Jahre lang an und eine bunte Schar Fachidioten darf sich als Staatenlenker ausprobieren und unser aller Glück aufs Spiel setzen. Im gleichen Jahr verlieren wir mit Luten Petrowsky unsere Jazz-Legende und erleben die erste CITY-lose Zeit seit 50 Jahren. In dieser unwirtlichen Zeit feiert ein gewisser Klaus Schnabel-Koeplin seinen 70. Geburtstag. Jener KSK, der mit seiner Art und seinem Rockradio eine Menge Freude in unser aller Leben gebracht hat. Alles Gute, lieber Klaus, und herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag. In Deinem Fall ist die 70 die neue 40. Möge die Medizin dafür Sorge tragen, dass Du der Musikwelt noch lange erhalten bleibst, denn die Welt und Rockradio sind ohne Dich kaum vorstellbar. Prost, Du feiner Bursche!







   
   
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