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Ein Nachruf von Christian Reder. Fotos: Joachim
Schmauch privat (1), Jazz Company Berlin (2)



"Honigmond", so heißt das Instrumentalstück, das die ALEXANDERS im Jahre 1969 beim Rundfunk der DDR produzierten, und das noch im gleichen Jahr ihre erste und einzige Plattenveröffentlichung in der DDR wurde (auf der Kopplung "Schlager im Schnee", AMIGA). Dem in dieser Nummer zu hörenden Saxophon hauchte damals Joachim Schmauch Leben ein und verlieh dem Lied somit sein markantes Wiedererkennungsmerkmal. Es ist ein wichtiger Bestandteil des Songs, denn Achim fasst Dich als Hörer damit an. Von den ALEXANDERS zog es ihn schließlich gemeinsam mit seinen Kollegen Henning Protzmann, Herbert Dreilich und Ulrich "Ed" Swillms weiter zu PANTA RHEI, jener legendären Jazzrock-Formation, die Anfang der 70er Kritiker und Musikinteressierte gleichermaßen begeisterte, und deren Liedgut Achim mit seiner Kanne aufs Feinste veredelte.





Innerhalb kürzester Zeit wurde Joachim Schmauch so zu einem der bekanntesten Musikanten in der DDR, der bei den Kollegen sowohl im Jazz- und Soul-, als auch im Pop- und Rock-Bereich Begehrlichkeiten weckte. Viele hätten ihn gern für ihre Song- und Platten-Produktionen oder Konzerte in der Band gehabt, und einigen ist es auch gelungen, ihn für ein paar Stunden oder längere Phasen dabei haben zu können. So wirkte Achim nach seiner Zeit bei PANTA RHEI schließlich auch bei Klaus Lenz mit, war bei der MODERN SOUL BAND tätig und im Studio bei den Produktionen von Alben wie "Der Lange Weg" von Hansi Biebl, "Löwenzahn" von REFORM oder "So oder so" von ENGERLING aktiv beteiligt.002 20230703 1190279389 In den 80ern wirkte er ohne längere Aufenthalte in Bands bei verschiedenen Projekten und im Studio bei Kollegen mit. Nach der Wende betätigte er sich dann hauptsächlich als Musiklehrer und spielte nur noch in kleineren Projekten mit, die ihn zu nichts verpflichteten. Lediglich die Jazz Company Berlin war eine etwas größere Geschichte, bei der man ihn und sein Instrument erleben konnte. Erst in den 2010er Jahren und bis 2021 war Achim bei der Gruppe MUSIC BLEND von Lutz Krüger aktiv. Und wieder mit Haut und Haaren dabei.

Aus gesundheitlichen Gründen musste Joachim dort dann aber aussteigen und empfahl den Kollegen Hagen Kubasch als seinen Nachfolger. Auch Kubasch ist - wie es Achim war - Musiklehrer und ein guter Kannenbläser. "Wenn es mir wieder besser geht, komme ich zurück", sagte er damals seinem Kumpel Lutz, und hielt sich so die Option offen, dort irgendwann wieder sein Saxophon spielen zu können. Joachim Schmauch stieg nicht wegen einer Kleinigkeit aus. Er war schwer erkrankt, hatte Blutkrebs, und die Folgeerscheinungen dieser Krankheit setzten ihm ordentlich zu. Innerhalb von zwei Jahren baute er stark ab. Vor knapp einem halben Jahr musste er sich außerdem noch einer Herzoperation unterziehen, die ihn zusätzlich schwächte. In dieser Zeit hatten wir beiden das letzte Mal Kontakt. "Wenn ich wieder zu Kräften gekommen bin, dann unterhalten wir uns endlich mal über die alten Zeiten", sagte er da zu mir. Ich wünschte ihm alles Gute und dass er schnell wieder auf die Beine kommen möge, und wir verabschiedeten uns "auf bald". Achim und ich hatten schon weit vor seiner Erkrankung den Plan, für Deutsche Mugge ein Interview zu machen, haben das aber aus verschiedenen Gründen immer wieder verschoben. Mal war dies, dann war das. Später wollten wir auf einen besonderen Moment warten und dann kam der Scheiß mit dem Blutkrebs





Sein Kumpel Lutz erzählte mir dann vor ein paar Wochen, dass Achim wieder im Krankenhaus lag und es nicht gut aussähe. Seine Krankheit hatte sich extrem verschlimmert, die Ärzte stellten ihn rund um die Uhr unter Beobachtung. Ende Juni wurde ihm von Seiten der Klinik dann ein Platz im Hospiz vermittelt, in das er am vergangenen Montag eingezogen war. An dieser Stelle muss wohl niemandem erklärt werden, was es bedeutet, wenn einem Menschen ein Platz im Hospiz vermittelt wird. Hier sollte er in den letzten Tagen seines Lebens palliativ behandelt werden. Lutz besuchte ihn mittwochs dort und Achim, so erinnert er sich an die Begegnung vor wenigen Tagen, freute sich riesig, ihn zu sehen. Sie plauderten und lachten. Für einen kurzen Augenblick trat die Realität in den Hintergrund, um schnell wieder zurückzukehren. Lutz merkte an, "Es ging ihm sehr schlecht, das war zu merken, und ich habe ihn auch kaum wiedererkannt. Achim war nur noch ein ganz kleines, dünnes Männchen". Lutz blieb noch so lange, bis Achim sein Frühstück zu sich genommen hatte und sich anschließend wieder zu Bett legte. Er verabschiedete sich dann von seinem Kumpel. Am darauf folgenden Mittwoch wollte er dann wiederkommen, doch es war sein letztes Wiedersehen mit Achim. Gestern, am Morgen des 2. Juli 2023, ist Joachim Schmauch für immer eingeschlafen. Er wurde 78 Jahre alt. Seinem Saxophon wird er nun nie wieder die einzigartigen Töne entlocken können, wie wir sie z.B. im eingangs erwähnten "Honigmond" hören können. Nie wieder wird er uns mit den von ihm erzeugten Tönen so sanft über die Haut fahren, bis sich die kleinen Härchen aufstellen. Das macht mich traurig.

Einmal mehr lehrt uns das Leben, dass man Vorhaben und Pläne nicht auf die lange Bank schieben sollte. Das ist leider nicht das erste Mal, dass mir das passiert. Wir haben zu lange gewartet, und Achims Geschichte bleibt nun (zumindest von ihm) unerzählt. Viele Erlebnisse, Eindrücke und Anekdoten aus über 50 Jahren Karriere hat er gestern mit sich genommen. Dorthin, wo es ihm definitiv besser gehen wird als zuletzt hier auf Erden. Er hat nun keine Schmerzen mehr. Mach's gut, lieber Achim, und grüß Herbie, Lacky, Frankie und die anderen von uns hier unten. Wir reden dann ein andermal über das, was Du hier auf Erden und für die Musik so alles geleistet hast …




   
   
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