
Was passiert, wenn man das erbt, was zu Lebzeiten des Erblassers bereits für Ärger gesorgt hat? Davon erzählt u.a. die Geschichte der "Alleinseglerin". In der ersten Szene des Films sieht man dabei zu, wie der Vater versucht, der Tochter das Segeln beizubringen. Vater und Tochter sind mit dem Segelboot auf dem See.

So fängt der Film "Die Alleinseglerin" aus dem Jahre 1987 an. In der Hauptrolle Tina Powileit, die damals rein gar nichts mit der Schauspielerei zu tun hatte. Danach übrigens auch nicht mehr. Ein Foto in der Zeitschrift "ff dabei", das sie mit der Rockband MONA LISE zeigte, weckte die Aufmerksamkeit der Drehbuchautorin Regine Sylvester. "Eigentlich wollten sie mit Lieselotte (Reznicek, Frontfrau der Band, Anm. d. Red.) drehen, aber dann haben sie mich da hinzugezogen. Sie suchten wohl einen bestimmten Typ", erzählte Tina in unserem Interview aus dem Jahre 2009. Nach mehreren Kameraproben hatte sie "irgendwann den Zuschlag" für die Rolle bekommen. Zwischen Spätsommer 1986 und Frühjahr 1987 entstand der Film. Für die Profimusikerin Tina Powileit eine Premiere im Schauspielfach und zudem eine echte Umstellung. Mit der Band trat sie als Schlagzeugerin üblicherweise immer in den Abendstunden und bis in die Nacht auf, während die Dreharbeiten für den Film schon früh am Morgen losgingen. "Um 7.00 Uhr musste ich immer in Babelsberg in der Maske sitzen", erzählte sie und fügte an, dass die Konzerte mit MONA LISE aber parallel zu den Dreharbeiten weiterliefen. Das erforderte Disziplin, und die scheint die blonde Schlagzeugerin zu haben.
Die ersten Wochen wurde am Scharmützelsee gedreht, einem See in Brandenburg, der zwischen Frankfurt/Oder und Berlin liegt. Dort entstanden sämtliche Aufnahmen für die Segelszenen im Film. Da diese in der warmen Jahreszeit spielen, musste man sich mit den Dreharbeiten ob dem sich dem Ende zuneigenden Sommer beeilen.

In dem Drama, das mit reichlich Ironie gewürzt ist, geht es um eingangs erwähntes Boot und die Erbschaft, die das Leben der alleinerziehenden Christine aus den Angeln hebt. "Warum hat er mir das Boot vermacht und nicht Dir?", fragt sie in einer Szene die zweite Frau ihres Vaters. Schließlich gab es ja diese eine Szene auf dem Boot, in der die Flucht in die Fluten der letzte Ausweg für die junge Frau war, ihrer eigenen Überforderung zu entfliehen. Der Zuschauer erfährt letztlich nicht, welche Gedanken der Vater beim Schreiben seines Testaments hatte und warum er ausgerechnet ihr das Boot vererbte. Möglicherweise wolle er ihr auf diesem Wege die nötige Selbstständigkeit verschaffen. Der Zuschauer erfährt aber, wie sich aus einem anfänglichen Desinteresse und dem Vorhaben, das Boot schnellstens zu verkaufen, ein innerer Wandel vollzieht.


Die Uraufführung von "Die Alleinseglerin" fand am 2. Juli 1987 im Berliner Kino International statt. Im gleichen Jahr lief der Streifen auch im Vorprogramm zur Berlinale, wo er durchweg gute Kritiken bekam. Für das Lexikon des internationalen Films entstand eine Kritik mit den Worten, er sei ein "einfühlsam inszeniertes und gespieltes Frauenporträt, das die Alltagsprobleme des real existierenden Sozialismus nur als kabarettistisches Beiwerk benutzt, um auf unterhaltsam-nachdenkliche Weise eine Lanze für starke Frauen zu brechen", womit der Nagel auf den Kopf getroffen wird. Andere Kritiker waren der Meinung, dass dem Film "etwas mehr Drama und Witz" gut getan hätte. Vielleicht liegt das auch daran, dass nur eine unvollständige Version von "Die Alleinseglerin" im Umlauf ist. Tina Powileit verriet uns dazu: "Leider ist viel rausgeschnitten worden. Da gab es viele tolle Gags, gerade bezogen auf die damalige politische Situation.

Den Film gibt es inzwischen auch auf DVD. Wer ihn kennt, wird ihn mögen. Wer ihn noch nicht kennt, könnte möglicherweise eine positive Überraschung erleben, wenn er sich den Streifen auch 30 Jahre nach seiner Uraufführung erstmals anschaut.
Erscheinungsjahr: 1987; Produktionsfirma: DEFA; Land: DDR; Laufzeit: ca. 87 Min.; Regie: Herrmann Zschoche; Drehbuch: Regine Sylvester; Musik: Günther Fischer; Darsteller: Christina Powileit (Christine) • Johanna Schall (Veronika) • Manfred Gorr (Werner) • Götz Schubert (Georg) • Monika Lennartz (2. Frau des Vaters) • Gunter Schoß (Professor) • Achim Wolff (Klaus Lohmann) • Mathis Schrader (Kutte) • Fred Delmare (Krättke) • Lutz Riemann (Erwin) • Christa Löser (Frau Göpfert) • Barbara Dittus (Gratulantin) • Bruno Carstens (Christines Vater)
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Trailer: