Provinzial Versicherungsbüro Mette | Elly Seidl |
Hotel Selle | CAS TV | Schriftsatzschmiede.de

präsentierten

000 20240128 1217238933
Ein Konzertbericht von Christian Reder mit Fotos von
Roland "der SchoTTe" Koch und Christian Reder




Es gibt diese besonderen Momente im Leben, da sitzt Du mit den richtigen Leuten zusammen und im Saal spielt Dir jemand live die Musik, die Dir sowohl in die Glieder als auch in die Seele fährt. Solche Abende haben noch für Wochen eine Wirkung und bleiben Dir für immer in guter Erinnerung. Davon gab es in der Vergangenheit schon viele, und auch am Donnerstag hatte ich einmal mehr das Glück, so etwas erleben zu dürfen. Neben mir viele Herzmenschen, und auf der Bühne des Brauhaus Rütershoff in Castrop-Rauxel standen der Thüringer Boogie Woogie- und Blues-König, Alexander Blume, und sein Sohn Maximilian, die unser Verein "Musik aus Deutschland e.V." für `ne Mugge in den "Pott" eingeladen hatte. Die beiden Musiker packten hier Ihr Besteck aus, um vor Ort eine Operation am offenen Herzen zahlreicher Musikfans vorzunehmen. An dieser Stelle sei schon verraten: Operation gelungen - Patienten wohlauf und quicklebendig.


001 20240128 1509273337



Der Winter macht derzeit Pause, so dass die Anreise der Gäste zumindest wettertechnisch angenehm war. Dass Alexander in die "Lüdenscheid-Falle" auf der A45 tappte, und dort wegen der inzwischen gesprengten Brücke von der Autobahn und einen lästigen Umweg in Kauf nehmen musste, war ein vermeidbares Verkehrshindernis. Man hätte ihn vor der Reise nur mal darauf aufmerksam machen müssen (Ich bin echt ein Schussel). Aber er kam trotzdem pünktlich an. Direkt auf der Empore hatte Alexander sein Keyboard aufgebaut. Daneben stand das Arbeitsgerät seines Sohnes Maximilian, der extra für den Auftritt im Ruhrpott aus Berlin angereist war, wo er am Vormittag noch arbeiten war. Man mag es ja kaum glauben, dass dieser talentierte junge Mann hauptberuflich etwas anderes macht als Musik. Als ich ihn vor fünf Jahren in Ruhla hab singen und Schlagzeug spielen sehen/hören, dachte ich noch so bei mir, "Der wird mal einer". Dass er das aber auf einem anderen Gebiet werden würde, hätte ich nicht gedacht. Aber gut … Um heute noch Musiker werden und daneben nichts anderes machen zu wollen, muss man schon optimistisch sein und einen langen Atem haben. Und wenn einem auf einer anderen Schiene das Verdienen der Brötchen besser und entspannter gelingt … ja, warum denn nicht? Wie dem auch sei … die beiden Herren Blume hatten ihre Instrumente also an den richtigen Platz postiert, sie eingestimmt und die Setlist abgesprochen, da ging der eine nochmal aufs Zimmer, um eine Mütze voll Schlaf zu bekommen (Maximilian), und der andere probierte die Leckereien aus der Küche aus (Alexander). Alles ganz locker, alles easy …

Um 20:00 Uhr war es dann soweit. Die Herrschaften vom Fernsehen waren inzwischen auch da, die Kameras standen, und sie hatten uns kurz vor Konzertbeginn ganz nebenbei mit eigener Lichttechnik noch den Hintern gerettet (Danke, Harry). Schon blöd, wenn der Organisator des Abends pennt (also schon wieder ich) … Von der Bühne schob sich ein erster Blues-Schleicher in den Saal und mit diesem bekömmlichen "Gruß aus der Küche" ließen Vater und Sohn das Castroper Publikum schon ein wenig von dem leckeren Menü kosten, das sie für diesen Abend zubereitet hatten. Mit ruhigen Worten begrüßte Alexander anschließend die Konzertgäste, von denen es im Brauhaus ohne Frage ein paar mehr hätte vertragen können, ganz besonders von der jüngeren Generation. Alexander meinte, das Brauhaus erinnere ihn an "Fritzel's European Jazz-Pub" in New Orleans, das dort von einem Deutschen Wirt betrieben wird, und wo er auch schon mal gespielt habe. Er stellte dann sich und seinen Sohn kurz vor und erzählte außerdem, dass sie aus dem von Eisenach in Thüringen eingemeindeten Ort Göringen kommen. Diesen ersten lockeren Worten ließen Vater und Sohn den Song "Boogie Woogie (I may be wrong)", im Original von Count Basie, folgen, und erstmals ließ Blume senior seine Finger ziemlich flott über die schwarz-weißen Tasten flitzen. War der Opener noch etwas zurückhaltender im Arrangement, ging mit dieser Nummer die Lucie richtig ab. Wer einen guten Platz oder Blick auf die Bühne hatte, konnte zuschauen, wie die Finger von Alexander über die Tasten tanzten. Zack, schon waren wir mitten drin im Blues- und Boogie-Express aus Göringen, und dem Count Basie-Klassiker folgte direkt der nächste, ebenfalls als "Boogie Woogie" betitelte Song von Pete Johnson, mit dem der eben erwähnte Express weiter Fahrt aufnahm …. Dieser aus den 1930er Jahren stammende Fetzer wurde 1938 beim berühmten Carnegie Hall-Konzert mal mit drei Steinway-Flügeln gespielt, aber Blume bemühte an diesem Abend nur sein Keyboard, das im "Klavier-Modus" eingestellt war. Auch wenn es kein "echtes" Klavier war, das Blume hier spielte, dem mitreißenden Vortrag des Musikers und dem exzellenten Ton tat dies keinen Abbruch. Aber ein Keyboard kann bekanntermaßen auch variablere Töne als ein normales Klavier erzeugen, so wechselte Alexander im Verlauf auch mal in den Sound eines E-Pianos oder - als er "Riders On The Storm", im Original von The Doors, spielte - in den eines Stage-Pianos.


002 20240128 1038420330



Der Ausnahmepianist, der seine Karriere einst in der Band von Stefan Diestelmann begann, hatte die Setlist für den Abend ziemlich abwechslungsreich gestaltet. Kein Blume-Konzert ist wie das andere, so dass es immer einzigartige Erlebnisse sind, denen man beiwohnen kann und bei denen man stets gut unterhalten wird. So wechselten die beiden Musiker, ohne dass die "Schaltvorgänge" spürbar waren, zwischen den Fahrstufen Blues (u.a. "Let the Good Times Roll"), Boogie Woogie (z.B. "Going Home") und Jazz (z.B. "Have you met Miss Jones") hin und her, gaben dabei viele eigene Interpretationen von Klassikern anderer Kollegen aus den eben genannten Spielarten zum Besten, aber zeigten mit dem von Maximilian selbst geschriebenen und selbst gesungenen Song "The Stranger" auch, dass hier noch längst nicht alles erfunden und noch viel Platz für neue Töne ist. Lauten und und von der Geschwindigkeit her echt rasant arrangierten Passagen folgten im Programm kleine Lutfhol-Momente, die einen in der Art und Weise, wie die beiden die Stücke spielten und sangen, aber trotzdem keine Ruhe ließen. So ging die Blume-Interpretation von Stefan Diestelmanns doch eher traurigem Hit "Der Alte und die Kneipe" mal so richtig unter die Haut, ebenso wie die gerade genannte Eigenkomposition "The Stranger" von Alexanders Filius. Auch das als "das traurigste Lied des Abends" angekündigte "How Blue Can You Get?", im Original von Leonard Feather, das am Ende trotz der traurigen Story bei den Leuten im Saal für mächtig viel Frohsinn sorgte, berührte wohl die Herzen eines jeden Zuhörers im Brauhaus. Das lag zu einem großen Teil an der unbeschreiblich einfühlsamen Gesangsdarbietung von Maximilian, der diese Lieder auf seine ganz besondere Art und mit toller Stimme zum Leben erweckte. Chapeau, mein Lieber!

Apropos Maximilian … Die "Band" hatte Alexander Blume ja schon zu Beginn der Mugge vorgestellt, und diese Vorstellung dauerte auch gar nicht lange, denn die Blumes waren ja nur zu zweit. Neben dem Senior trommelte alles andere als unauffällig der eben gelobte Junior, der nicht nur selbst zum Gesangsmikro griff, sondern der mit seinem Schlagzeug den passenden Beat lieferte, seinen Vater damit oft antrieb, und sich hier und da aber auch mal etwas zurücknahm, um Alexander kleinere und größere Improvisationen spielen zu lassen. Die beiden harmonieren perfekt miteinander und ein Rädchen greift ins andere, was eigentlich auch kein Wunder ist. Obwohl Maximilian noch so jung ist, machen er und sein Papa schon über 25 Jahre zusammen Musik. Schon als kleiner Junge stand er auf den Bühnen. Und die beiden zeigen immer wieder sehr eindrucksvoll, dass es gar nicht das große Ensemble braucht, um eine mitreißende Show mit geilem Sound und toller Musik abzuliefern. Ihr vollständiger Verzicht auf jegliche Fisimatenten, die vom Eigentlichen, nämlich der Musik und der Art, wie sie sie spielen, ablenken könnten, nimmt man dankbar an und feiert sie entsprechend für das, was man von ihnen bekommt. Das ist beste Unterhaltung - ehrlich, echt und mit viel Leidenschaft.


003 20240128 1630592093



Ihren Auftritt hatten die beiden Thüringer in zwei Sets unterteilt, die jeweils mit 45 Minuten feinstem Stoff gefüllt waren. Sowohl der erste Teil - wie eingangs erwähnt - als auch der Zweite wurden mit eher ruhigeren Liedern eingeleitet (der zweite Teil mit "Nobody Knows You When You're Down and Out"), um dann Stück für Stück die Schlagzahl zu erhöhen. Zu jedem Stück wusste Vater Blume eine passende Geschichte zu erzählen, und mit der über den Kirchen- und späteren Bluesmusiker Robert Johann aus seinem Ort Göringen, dem die Welt laut seiner Erzählung den Klassiker "Sweet Home Chicago" (ursprünglich eine Hymne auf seinen Heimatort mit dem Namen "Oh, Du schönes Göringen") zu verdanken habe, schreibt er sogar die Geschichtsbücher neu - und für meinen Geschmack amüsanter und spannender, als sie tatsächlich sind. Ob die von ihm frei erzählte Biographie von Robert Johnson, wie sich Robert Johann laut Blume in den USA nannte, auch so stimmt, sei mal dahin gestellt … Seine Zuhörer im Brauhaus hatten jedenfalls eine Menge Spaß damit. Zum bereits erwähnten Song "How Blue Can You Get" übersetzte Alexander vor dem Spiel den Text, damit alle Englisch unkundigen im Brauhaus auch die "Traurigkeit" der Nummer verstehen konnten. Eine weitere Geschichte gab es zum Titel "Chicago Breakdown" und darüber, wie der Song auf sein erstes Album kam, das in den 1980ern in der DDR bei AMIGA veröffentlicht wurde. Auch seinen ehemaligen Chef und "Entdecker", Stefan Diestelmann, würdigte Blume mit einer längeren Erzählung darüber, wie dessen Band zu seiner ersten Station wurde. Von Diestelmann befand sich außer dem hier schon angesprochenen Titel "Der Alte und die Kneipe" auch seine "Blues-Geschichte" in Blumes Setlist, womit ihm und seiner Musik noch eine weitere Würdigung zuteil wurde. Auf diese Art lässt Alexander den Diestelmann weiterleben und trägt dessen Lieder weiter in die Welt.

Nach knapp 1 ½ Stunden Nettospielzeit sollte der Abend dann zu Ende gehen. Dass wir den beiden Blumes schon so lange gelauscht hatten, fiel keinem so richtig auf und man war überrascht, dass Alexander nun schon das Ende ankündigte. Er wies noch schnell auf seinen nächsten Auftritt hin, denn am kommenden Sonntag würde er schon wieder im Einsatz sein. Dann als Kirchenorganist in seiner Gemeinde in Göringen, und dazu lud er die Castroper Konzertbesucher herzlich ein, bevor er sich von ihnen verabschieden wollte. Dieser Gag war zwar ganz nett, entlockte den Leuten auch ein weiteres Lachen, aber es war eben auch nur ein netter Versuch, jetzt schon von der Bühne zu kommen. Die Castroper wollten nach diesem mehrere Gänge umfassenden Menü doch noch ein Dessert haben, und Vater und Sohn ließen sich dann auch nicht lumpen. Es gab zwei Zugaben: Mit einer weiteren Nummer der rasanten Art und dem kompletten Kontrast dazu, nämlich dem ruhigen Song "Follow The Star", der uns leise in die Nacht begleiten sollte, endete das Konzert dann leider tatsächlich.


004 20240128 1574395922



Ich wiederhole mich gerne: Die Blumes gaben bei ihrer Mugge im "Pott" mal Vollgas, mal gleiteten sie entspannt auf einer Allee der feinen Blues-Melodien dahin. Aber egal, ob der Mann am Klavier einen Boogie Woogie abfeuerte, oder der Sohnemann einen charmanten Jazz-Klassiker sang - den Leuten im Saal fiel ein ruhig Sitzenbleiben schwer. Getanzt wurde nicht, aber gewippt, geklatscht und sogar mitgesungen. Meine Fresse, was entgeht der Jugend, die man mit solchen Konzerten nicht mehr anlocken kann?! Vielleicht nur hier in Castrop nicht, woanders vielleicht doch, aber trotzdem schade, dass von der jüngeren Generation am Donnerstag niemand dabei war. Alexander und Maximilien brachten einem die pure Lebensfreude in Form von Musik in die Stadt. Alte Klassiker leben bei ihnen, klingen frisch, knackig und fröhlich, und Vater Blume macht als Entertainer ebenfalls eine gute Figur. Die Garantie für gute Laune inklusive. Man hätte gern doppelt so lange zugehört und weiter gefeiert, aber es war ja mitten in der Woche. Maximilian hatte noch die Rückreise nach Berlin vor sich und der eine oder andere Konzertbesucher morgens den Weg zur Arbeit. Schade, dass die Zeit so gnadenlos immer weiter fortschreitet und die Uhr nicht still stehen bleiben kann. Man müsste gelegentlich mal die Pause-Taste drücken können. Mit dem erfrischend unkomplizierten und total bescheidenen Vater Blume, der mit seinem Spiel auf dem Klavier wohl sämtliche Geister wecken kann, konnten wir dann noch ein Weilchen zusammen sitzen, ehe er sein Instrumentarium verpackte und auf sein Zimmer ging. Noch ein Bierchen, noch ein Plausch, dann war der Abend aus. Danke, Ihr Blumes, für ein total geiles Konzert. Das hallt nach … noch lange!



Setlist:
Zum Vergrößern bitte anklicken

set0124


Termine:
• 27.06.2024 - Gotha - Markt (Solo)
• 10.08.2024 - Magdeburg - Moritzhof
• 08.09.2024 - Ruhla - Trinitatiskirche (Solo)
• 13.09.2024 - Vollmershain (mit ZENIT)
• 14.09.2024 - Löbau - Stadtfest (mit Maximilian im Duo)
• 21/22.09.2024 - Erkner - Jazzfestival
• 06.12.2024 - Ruhla - Trinitatiskirche (Advent mit Freunden)
• 07.12.2024 - Lauchröden - Löwensaal (Advent mit Freunden)

Alle Termine ohne Gewähr. Nähere Infos auf Alexanders Homepage.






Fotostrecke:


Fotos von Roland Koch
 
 
 
 
 
 
 






   
   
© Deutsche Mugge (2007 - 2023)

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.