Ein Brief aus Greifswald nach Madagaskar auf Kaffeefahrt...



Thomas Putensen

 

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Wer den Namen Thomas Putensen hört, dem fällt oft der Film "Ete und Ali" ein, mit dem der Musiker förmlich über Nacht ostdeutsche Berühmtheit erlangte. Später trat er in Fernsehshows, u.a. in „Wetten dass...“ auf, indem er wie ein Zirkusartist ein Klavier trug, manchmal Treppen herauf, um danach in aller Seelenruhe und mit Kraft darauf Bach zu spielen. Er spielte in mehreren Filmen mit, machte Kinderfernsehen mit Anett Kölpin und war bekannt, besonders im Norden, dass dort, wo er auftaucht, Stimmung herrscht, ohne dass er einen einzigen Schunkelwalzer spielte, sondern immer Blues, Rock´n Roll, Klassik und Jazz. Thomas Putensen ist ein Typ, der alles Mögliche ausprobiert und auch immer wieder sich selbst. Sein Haus im mecklenburgisch-vorpommerschen Wendorf ist als künstlerische Kreativ-Werkstatt nicht nur bei Ostmusikern zumindest namentlich bekannt. Sein weites Herz trägt er auf der Zunge, seine Seele in seine Musik. Wer ihn kennenlernt, wird ihn lieben. Hähle gehört auch zu diesen. In Ostzeiten begegneten sie sich sporadisch, der Stralsunder Texter und der Greifswalder Musiker, nach der Wende unternahmen sie einiges gemeinsam und arbeiteten auch zusammen an verschiedenen Songideen. Insofern ist dieses Interview auch eine Begegnung zwischen zwei Menschen, die sich schon sehr lange mögen und schätzen, die kurze Wegstrecken miteinander liefen und sich nie aus den Augen verloren, auch nicht aus dem Sinn verloren haben. Zwei schräge Vögel... ob die ein anständiges Interview zusammen kriegen. Patti meinte, während das Diktiergerät lief war Pute Putensen wie ausgewechselt, ganz offiziell. Und vieles, was er sonst erzählte, behielt er gar für sich, aber zum Glück nicht alles, wie gleich zu lesen sein wird...
 

 

Stellen Sie sich mal vor, junger Mann...
Mein Name ist Thomas Putensen. Ich spiele Klavier und singe, habe eine Band, das Thomas Putensen Beat Ensemble. Und wir spielen heute, am 8. Mai, in der Wabe, ab 21.00 Uhr.
 
 

Das hast Du sehr schön gesagt. Der hauptsächliche Anlass für dieses Interview ist ja Deine neue CD mit dem "Putensen Beat Ensemble". Du hast ja den Hang, Konzeptalben zu machen. Ich denke da an "Greifswald" oder "Der Brief". Ist die neue CD "Broken Heart auf Kaffeefahrt" auch so ein konzeptionelles Werk?
Eigentlich nicht. "Broken Heart auf Kaffeefahrt" entstand aus der erstmaligen Zusammenarbeit mit einem Texter, der Ed Stuhler heißt. Dann ist es auch ein schöner Titel, der genug Spielraum dafür lässt, sich Gedanken darüber zu machen, was wohl damit gemeint sein könnte. Das löst sich natürlich beim Hören der CD irgendwann auf, das Rätsel, durch den Titel selber. Ansonsten sind das ganz unterschiedliche Titel zu verschiedenen Themen, nicht wirklich mit einer Konzeption dahinter. Die werden wir heute das erste Mal uraufführen.

 

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Moment mal. Die CD selber ist doch auch eine Live-Produktion?
Das ist auch eine Live-Produktion. Wir haben das Programm dafür schon einmal gespielt, im Theater Greifswald. Recht erfolgreich. Das wurde dann live mitgeschnitten, denn wir waren der Meinung, dass man mit einer Live-CD durchaus interessante Aspekte in die Medienlandschaft mit einbringen kann. Weil es auch live einfach lebendiger wirkt als im Studio geschliffen.

 

Geht Ihr mit dem Programm auf Tournee?
Zumindest werden wir das öfter aufführen in nächster Zeit. Aber der Begriff "Tournee" wäre etwas übertrieben.

 

Macht Ihr trotzdem noch das Manne-Krug-Programm?
Ja, das machen wir noch.

 

Also parallel?
Genau. Wir machen das auch mit Günther Fischer zusammen, der öfter bei dem Krug-Programm mitmacht.

 

Spielst Du das in derselben Besetzung wie heute?
In einer ähnlichen Besetzung.

 

Die Besetzung wechselt ja mitunter.
Ja, das hängt damit zusammen, dass die anderen auch in anderen Bands spielen. Da muss man schon etwas flexibel sein in der personellen Zusammensetzung. Irgendeiner fehlt immer. Auch immer irgendein Instrument.

 

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Du kannst das ja auch alleine.
Zur Not kann ich das alles auch alleine. Das ist ein schönes Gefühl, zu wissen, dass man auch alleine musizieren kann. Man empfindet sich dann nicht so abhängig von anderen Gegebenheiten. Wenn der eine oder andere mal keine Zeit hat. Zum Beispiel.

 

Verbindest Du etwas Spezifisches mit dieser CD "Broken Heart Auf Kaffeefahrt"?
Ich kann es gut leiden, wenn man etwas auf den Punkt bringt. Und dazu gehört auch, dass man Texte hat, die man nicht nur irgendwie singt, sondern die etwas mit dem Leben zu tun haben oder mit dem eigenen Erleben. Was dann auch eine gewisse Authentizität schafft. Das finde ich ganz wichtig. Singen können ja viele. Und viele schreiben auch Texte. Wichtig ist für mich, dass die Leute sagen, das kann ich mir genauso wirklich gut vorstellen. Ich finde das schrecklich, wenn man irgendetwas singt und die Leute sagen vielleicht sogar: Ja, schön, aber es stellt sich kein Bezug her.

 

Mit den Texten aus dem Manne Krug Programm ging es Dir auch schon so.
Das ist richtig. Ich habe diese Texte verinnerlicht und so gesungen und es wurde durchaus gerne angenommen.

 

Habt Ihr einen Plan, wie lange Ihr das Krug-Programm machen wollt?
Das ist eine unendliche Geschichte, wenn das geht. Wir machen ja mehrere Teile. Jetzt kommt der dritte Teil, die "Greens" wollen wir machen. Das sind Arrangements von Günther Fischer und die wollen wir genauso nutzen, wie er sie geschrieben hat.

 

Ist das die englischsprachige LP?
Französisch, Englisch, Spanisch. Alles durcheinander. Sehr schön.

 

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Aber mit Manne Krug selber macht Ihr nichts?
Naja, wir hoffen ja immer noch.

 

War er schon mal bei einem Eurer Konzerte?
Nicht, dass ich wüsste.

 

Du hast ja immer mal wieder die Ambition gehabt, auch Theaterprojekte zu machen. Machst Du so etwas immer noch?
Ja. Aber es ist schwierig, mit den Kollegen Gehaltsempfängern zu arbeiten. (Der mitlauschende Jürgen Schötz lacht laut auf.) Es ist einfach manchmal so umständlich. Wenn wir Selbständigen zu uns sagen, pack´ mal deine kleine Trommel ein, komm mal her und lass uns mal was tun, kannst Du das mit Angestellten gar nicht machen. Dadurch stehen sie sich auch manchmal sehr im Wege. Ich hab ja so ein Opernprojekt im Kopf. Schon ganz lange Zeit. Es kommt auch immer mal wieder eine Nachfrage, aber eigentlich kannst du das mit diesen Leuten gar nicht machen. Es gibt dabei so viele, die sich mit ganz anderem wichtigen Kram beschäftigen müssen, was mit der Sache an sich gar nichts zu tun hat. Und eigentlich hatte ich auch keine Lust mehr gehabt, mich mit denen dauernd rumzustreiten.

 

Ich erinnere mich, dass Du mal ein Musical machen wolltest über das Schicksal eines Greifswalder Obdachlosen.
Ja, das ist ja dieses Projekt. Die Titel sind alle schon da, auch die Ideen alle für das Libretto. Theoretisch könnte man das einfach machen. Wenn man es einfach machen könnte.

 

Ein Teil der Titel ist ja auf der CD "Greifswald" drauf.
Genau.

 

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Ich habe festgestellt, dass von dieser CD der Titel "Madagaskar" auch auf der neuen CD enthalten ist. Macht Ihr in diesem Programm noch mehr ältere Titel?
Nur "Madagaskar" spielt eine Gastrolle in diesem Stück. Andy Wieczorek hat gesagt, dass wir den mal wieder spielen sollten. Also haben wir den dann tatsächlich wieder mit aufgenommen.

 

Du bist ja ab und an auch auf der Leinwand zu sehen gewesen. Gibt es auch künftig weitere Filmprojekte?
Beim Konzert heute abend trifft sich die ganze "Ete und Ali"-Truppe, weil die schon wieder am Schreiben sind.

 

Geht es da um eine Fortsetzung von "Ete und Ali"? Nein, oder...
Doch, natürlich. Schon seit Jahren. Die haben schon zwischen fünf und sechs Autoren verschlissen.

 

Die konnten nicht das richtige Drehbuch schreiben?
Irgendjemand war immer unzufrieden mit den jeweiligen thematischen Ausrichtungen.

 

Es weiß also keiner, was aus den beiden Fernfahrern wird?
Ja, doch. Die Ideen waren ja schon da. Mal war der Jörg Schüttauf nicht zufrieden, mal war ich nicht zufrieden, mal war der Regisseur Peter Kahane nicht zufrieden und so wurde das Projekt jedes Mal wieder heruntergefahren.

 

Meinst Du, das gibt es trotzdem noch mal?
Ja. Der Produzent hat dafür schon so viel Geld ausgegeben, das wird auf jeden Fall mal was. Sobald der Abbruch kommt, muss er ja die Autoren bezahlen. Die Mannschaft kommt heute auch ein wenig aus dem Grund zum Konzert, um mal zu schauen, wie die Stimmung so ist in Bezug auf dieses Projekt. Es hängt einfach von der Idee ab, die man grundsätzlich zu diesem neuen Film entwickelt. Und die ist wichtig. Zu guter Letzt hat ja sogar der Produzent angefangen zu schreiben. Der hatte auch eine schöne Idee. Ich bin Zirkusdirektor und am Rande des Existenzminiums und Schüttauf ist irgendwie wohlhabend geworden. Und wir knallen dann so aufeinander.

 

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Das kommt vielleicht daher, dass Du Dialekt sprichst. Deshalb musst Du vielleicht die Unterschicht repräsentieren?
Einer muss ja eisern die Arbeiterklasse vertreten.

 

Gibt es noch andere Filmprojekte?
Bei Andreas Dresen habe ich vor kurzem etwas gespielt. Der Film hat jetzt in Kürze Premiere. "Whisky mit Wodka" heißt er.

 

Und was spielst Du da?
Einen Kameramann. Es geht um einen Film, der in diesem Film gedreht wird.

 

Wie ist denn der Andreas Dresen als Regisseur?
Sehr konzentriert, aber trotzdem auch locker. Er lässt kontrollierte Freiheiten. Er fordert die Leute auf, dass sie etwas abliefern und sich einbringen. Und es ist dann schon sehr beeindruckend, was die Schauspieler dadurch alles so zeigen. Auch wie schön die Sprache dann wird. Nicht so gestellt. Es ist ja manchmal komisch, wie Schauspieler so sprechen wollen. So gestelzt irgendwie.

 

Ich glaube, das kommt daher, dass die für das Theater ausgebildet werden. Da lernt man das Sprechen anders. Theaterspielen würdest Du aber nicht wollen?
Nein. Da muss man ja proben und proben und ewig proben. Das kann ich doch sowieso nicht.

 

Aber Du hast ja, bevor ich das vergesse, Deine Soloauftritte auch noch.
Meine eigenen Klavierstücke führe ich auch noch auf. Das ist so eine Verbindung aus klassischen Elementen und dem, was ich so gerne hinzufüge. Heute abend spiele ich auch ein Stück aus diesem Soloprogramm. Dazu wird heute noch eine Tänzerin kommen, die eine Choreographie dazu aufführt. Das wird eine kleine Überraschung werden.

 

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Und was wird aus dem "Brief"?
Daran arbeite ich auf jeden Fall weiter. Das ist ja so angelegt, dass es immer weiter fortgesetzt wird, sonst hättest du ja auch nicht danach gefragt. Ich komponiere auch immer wieder neue Sachen hinzu.

 

Eigentlich hörst Du nie auf zu arbeiten, oder?
Na, ich bin doch noch kein Rentner. Aufhören zu arbeiten... wie meinst du denn das?

 

Du springst ständig von einem Projekt zum anderen, es ist immer etwas los. Wie ordnest Du das überhaupt?
Gar nicht. Wobei es natürlich ein paar Sachen gibt, die schon geordnet sind. Zum Beispiel solche Auftritte wie heute oder das Manne-Krug-Projekt oder anderes in dieser Größenordnung, das geht ja auch gar nicht anders.

 

Ist die Anett Kölpin heute mit dabei?
Heute noch nicht. Aber wenn wir das neue Programm richtig starten, dann bauen wir natürlich noch nach. Dann kommen auch die Stimmen "datzu".

 

Du liebst ohnehin die Arbeit mit einem großen Orchester, wie es aussieht?
Das ist doch auch etwas sehr Schönes. Ich liebe das sehr, wenn Bläser dabei sind oder Streicher. Heute sind auch Bläser und Streicher dabei.

 

Was hast Du für ein Gefühl bezüglich des neuen Programms und der neuen CD?
Ich bin da völlig offen. Mal sehen. Ich bin dummerweise etwas heiser heute und muss mal gucken, ob ich das einigermaßen stimmlich transportieren kann.

 

Gibt es ein Putensen-Stammpublikum?
Jürgen Schötz: Im Norden auf jeden Fall.
Thomas Putensen: Im Norden, na klar. Im Süden weniger. Glaube ich. Ich hab keine Ahnung.

 

Vielen Dank, Thomas Putensen für dieses Interview.

 

 

Interview: Andreas Hähle
Bearbeitung: cr
Fotos: Thomas Putensen Pressematerial + privat, Patricia Heidrich

 

 

 


   
   
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