45. Jubiläum der Stern-Combo Meißen am 20. Juni 2009 in Meißen (Teil 1)
(mit muSix, Dirk Zöllner und dem Live-Comeback der "Klosterbrüder")

 

Bericht: Hartmut Helms
Fotos: Hartmut Helms

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45 Jahre unter Sternen - der weite Weg
Die STERN COMBO MEISSEN hat's endlich wieder mit den Tasten, und jemand wie ich ist froh, daß damit eine Zeit stilistischen Durcheinanders und des richtungslosen Musikmachens ein Ende gefunden hat. "Jegliches hatte seine Zeit", doch die Stern Combo mit einem Frontmann IC Schmidt auf Dauer hätte auf absurde Weise die Wertigkeiten in der Band vertauscht und das Image auf den Kopf gestellt. All jene, die erlebten, wie die MEISSENer sich in den 70ern ihr ureigenes Profil erspielten, haben einen komplexen Sound, den Klang eines Sythesizers und jene unverwechselbare Stimme von Reini im Ohr. Die Zeit hat Narben hinterlassen, aber seit ich die Stimme von LARRY B. auf der Festung Königstein zum ersten Mal über den Synthesizern vom "Kurzen" schweben hörte weiß ich, die musikalischen Ideen aus den 70ern leben wieder und die STERN-COMBO MEISSEN steht wieder auf festen Füßen.
Die vergangenen 45 Jahre sind eine lange Zeit, und niemand hätte mal in den 60ern daran gedacht, daß es so werden würde. Ebenso konnte niemand davon ausgehen, daß so etwas in ewiger Harmonie vonstatten gehen würde. Nun sind wir also nach Meissen gepilgert, dorthin, wo ich bei Schreier Senior zu Siebeneichen der gelehrten Geschichte huldigen durfte. Hier in Meissen, am Ufer der Elbe, bin ich wieder einer unter vielen, nur Freunde und Fans sind hier, um den Geburtstag der Band gebührend zu begehen - mit Musik, erlebter Geschichte und unseren Erinnerungen. Selbst die Sonne hatte den ganzen Tag über versucht, auf den Abend einzustimmen.
Auf dem weiten Areal unten an der Elbe herrschte freundliche Begrüßungsstimmung und so etwas wie neugierige Anspannung. Es ist ein angenehmes Gefühl, wenn Larry B. auf einen zukommt und Dich mit einem Lachen im Gesicht begrüßt und Detlef Seidel glücklich Grüße von Siggi aus Fürstenwalde entgegennimmt. An einem Tisch entdecke ich Kneis und Kuhnt, denen ich den alten FUSION-Flyer unter die Nase halte. Als dann noch der blondsträhnige Kessler und "Matze" Blankenburg hinzu kommen, sitze ich plötzlich inmitten der fast vollständigen Klosterbrüder. "Matze" kann gerade noch einen Jubelschrei unterdrücken, als er das alte Foto von 1978 im Elsterwerdaer Gesellschaftshaus, bei einem REFORM-Konzert entstanden, unterschreiben soll. Ich selbst fühle mich plötzlich wieder jung und aufgenommen, wie damals. Das ist Rock'n'Roll, noch ehe ein Ton von der Bühne kam!
In die erste Reihe hab' ich es trotzdem noch geschafft. Kein Wunder, wenn sich dort das halbe Forum breit gemacht hat und nur gut, denn so kann ich entspannt den Auftritt von DIRK ZÖLLNER und ANDRE GENSICKE verfolgen. Auch die beiden strahlen helle Begeisterung aus, haben das Lachen im Gesicht und den Soul im Blut. In seiner unnachahmlichen Art erzählt ZÖLLNER singend und plaudernd Geschichten aus dem Leben, von Freude, von Leid und unglücklicher Liebe, alte und neue, um letztlich den "Käfer auf'm Blatt" zu zelebrieren. Spätestens da bemerke ich, welche Zeitspanne die beiden da oben auch schon hinter sich gelassen haben, denn immerhin steht das personifizierte CHICOREE und der singend funkende ZÖLLNER auch schon seit 1985 auf einigen Bühnen dieser Welt.
Auch die KLOSTERBRÜDER aus Magdeburg haben eine Zeitreise der besonderen Art hinter sich. Einst tourten sie sogar mit den STERNEN als gemeinsames Projekt FUSION und einer eigens dafür gebauten Pseudo-Quatro-Anlage durch die heimischen Rock-Schuppen und begründeten so ihren besonderen Ruf. Ob die Story mit dem auf die Bühne getragenen Sarg wirklich geschehen ist, verbirgt DIETRICH KESSLER seit Jahren hinter einem stillen Lächeln und einer getönten Brille. Glück hatte, wer eines der FUSION-Konzerte damals erleben durfte und selbiges (sowie den Sarg?) in seinen Erinnerungen bewahrt hat.
Aus jenen Jahren stammen auch einige der Songs, die der Band neben der Bürkholz Formation den Ruf einbrachte, die Stellvertreter von COLOSSEUM in der DDR zu sein. Kein Wunder also, daß ich mich bei "Walkin' In The Park" genau daran erinnere. Nur die grauen langen Strähnen vom "jodelnden" Kneis und das kantig lächelnde Gesicht von "Matze" an der Gitarre erinnern daran, das dies Jahrzehnte her ist.
Aus den Gesichtern der älter gewordenen "Ordensbrüder" strahlt die pure Lust und ehrliche Freude, aber auch die ungebremste Energie. Bernd Schilanski ist noch immer ein Derwisch an der Schießbude und Jörg "Matze" Blankenburg ein geiler Gitarrist. Die Stimme vom ledern befrackten Kneis hat auch noch den stählernen Sound, aber zu wenig Chancen, ihn wieder zu trainieren, doch "Kalt und heiß", "Was wird morgen sein?" und die "Verkehrte Welt" klingen noch immer frisch und der "Rock'n'Roll Preacher", dem Idol Inga Rumpf nachempfunden, noch immer authentisch. Die KLOSTERBRÜDER musizieren in der sehr knappen Stunde wie damals und sehen so aus, wie die, die unten ihnen zujubeln - so what! Wer's nicht glauben will, dem empfehle ich den Septembertermin im Magdeburger Park.
MUSIX, die danach die Bühne entern, sind gut, technisch perfekt und haben es vor dem Rockerpublikum nicht gerade leicht mit ihren Versionen der alten Hits aus dem Ostrockgesangsbuch, die sie a capelle in's Publikum schmettern. Hut ab vor diesen Stimmen und eine tiefe Verbeugung vor der unglaublichen Perfektion. Allerdings hab' ich spätestens bei der "Eisdame", gemeinsam mit ARNULF WENNING (einst REGGAE PLAYer) das Gefühl, daß dieser kleine Act an diesem Abend fehl am Platze war. Da hat wohl jemand die Dramaturgie nicht ganz bis zu Ende gedacht. Schade. Zum Abschied versuchen sich die jungen Herren noch am "Südpol" der STERN COMBO, doch da keimt bei mir bereits die Vorfreude auf das Original.
Da stehe ich nun gegen 22:00 Uhr vor der Meissener Bühne, schließe die Augen, höre der Keyboards wuchtige Akkorde und das Schreien und Zischen der Synthesizer - die STERN COMBO zelebriert gleich zu Beginn die "Nacht auf dem kahlen Berge" und - verdammt - es klingt endlich wieder wuchtig, gewaltig und so massiv von der Bühne, daß das Konzert von vor einem Jahr zu einer Amateur-Mugge verkommt!
Dieser Larry B. macht den "Weiten Weg" und die "Sage" zu Ereignissen, als wären sie schon immer für ihn erdacht. Seine Stimme thront glasklar über den Keyboards vom "Kurzen" und Düwelt Junior, sticht tief in die Dunkelheit der Nacht, und alle drei werden wahlweise getrieben oder gepeitscht von der Rhythmus-Sektion Schirner, Jäger & Schäfer, die Momente später bei "Was bleibt" auch liebevoll schmeicheln können.
Bei seiner Uraufführung anlässlich des 60. Geburtstages von Thomas Natschinski in der Berliner WABE kam das Instrumental "TNTK" noch ziemlich hölzern daher gestakst. In Meissen zum 45. Jubiläum erlebe ich eine "Huldigung an die Tasten" und bei eben diesem Titel merke ich, wie sehr dieser THOAMS KURZHALS das Profil der Band geprägt hat und nun endlich wieder trägt. Willkommen bei den richtigen STERNEN und Daumen hoch für Sebastian Düwelt, der sich mit dem "Kurzen" abwechselnd die Soli zuspielt und dem der Spaß und die Freude aus den Augen blitzt. Auch Vivaldi's Adaption vom "Frühling" habe ich endlich wieder so gehört, daß der lang ersehnte Wetterumschwung Richtung Sonne nicht mehr weit sein kann.
Es folgen zwei weitere nagelneue Songs, die sich nahtlos zu den alten Nummern fügen. "Ein Tag, ein Jahr, ein Leben" beeindruckt mich vom ersten Ton an und "Das kurze Leben des Reimund S." läßt wegen seines Inhalts, ein Leben am Joy-Stick verbracht, sogar den Atem stocken, so brandaktuell ist das Stück aus dem Cyber-Life geklont und musikalisch grandios umgesetzt. Da wird das Warten auf die neue CD zur Geduldsprobe!
"Weißes Gold" ist ganz sicher das zentrale Werk der STERN COMBO MEISSEN und inzwischen auch eine Huldigung an die Heimatstadt der Band. Vielleicht kommt ja die Anregung dazu sogar von Martin's Vater, dem Lehrer der Geschichte auf Schloß Siebeneichen zu Meissen. Die musikalische Geschichte vom Goldsucher und Porzellan-Erfinder Böttcher ist der Höhepunkt der Nacht. Zum ersten Mal erlebe ich die komplette Aufführung live und in Farbe. Sorry Leute, das hätte ich vor einem Jahr nicht mal zu träumen gewagt und ein schöneres Erlebnis kann es für "alte" und gestandene Fans nicht geben! Vor mir eine wie entfesselnd agierende STERN COMBO und hinter mir eine Traube von Menschen, die ihre Zustimmung und Begeisterung in die Nacht jubelt. Leute vergeßt, was vor einem Jahr war, dies hier müßt ihr Euch unbedingt antun.
Kein Konzert der sieben Erzmusikanten vergeht ohne den "Kampf um den Südpol" und weil mir nach 6 Stunden so langsam die Beine Streik androhen, nutze ich noch mal die Gelegenheit, den müden Körper zu rocken und rollen, lasse mir den Sound um die Ohren wehen und genieße den Ausklang des Konzertes im 45. Jahr der STERN COMBO MEISSEN, die sich selbstbewusst mit "Wir sind die Sonne" verabschiedet. Gratulation, meine Herren, das muß erst einmal so ein junger "Superstar"-Schnösel nachmachen und dann auch noch nach 45 Jahren so eine blendende Figur dabei abgeben.
DANK an die Gäste Zöllner & Gensicke, Musix und Klosterbrüder. DANK den Technikern und Gruß denen, die uns die Steaks weggefuttert haben. Meine Hochachtung gilt Reinhard "Reini" Fißler, dem Kämpfer, Mutmacher und liebenswerten Freund, der dem Abend mit seiner Anwesenheit eine schlichte Krone aufsetzte und eine leise Minuten Schweigen all jenen, die den "Weiten Weg" einst musikalisch mitgingen und nicht mehr mitfeiern konnten.
"Steig' empor, neuer Tag", der "Weite Weg" ist noch lange nicht zu Ende und die Herren gehen auch noch nicht am Stock! Glaub' es oder nicht - mir egal, ich hab's erlebt!



Foto Impressionen:

Auftritt Dirk Zöllner:

Auftritt Klosterbrüder:

Auftritt muSix:

Auftritt Stern-Combo Meißen:

 


   
   
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