Jürgen Kerth am 17.10.2009 im Gasthof Medingen


Bericht:
Gundolf Zimmermann

Fotos: Gundolf Zimmermann

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Das Wetter am Sonnabend lud nicht wirklich zu irgendwelchen Unternehmungen außer Haus ein. Bei dem naßkalten Grau in Grau da vor den Fenstern sehnte man sich eigentlich nach einem ausgiebigen heißen Vollbad mit anschließender Teestunde auf der Couch einer mollig-warmen Stube. Die Stimme meines inneren Schweinehundes flüsterte mir auch mehrmals zu: "Bleib doch daheim und mach es Dir gemütlich". Da ihr hier gerade meinen Konzertbericht lest, könnt ihr euch sicher denken, dass mein schwaches und faules Selbst an diesem Tag nicht die Oberhand behalten hat.
Unser Reisziel hieß Medingen. Im Saal des dortigen Gasthof stand mal wieder eine Mugge auf dem Programm, und zwar mit Jürgen KERTH. Manche bezeichnen ihn ja als den ostdeutschen Blueskönig oder auch als Blueslegende. Das stimmt sicher und diese Bezeichnungen drücken auch die Bewunderung bzw. Verehrung aus, die viele Fans für ihn hegen. Immerhin steht Jürgen auch schon seit über 40 Jahren auf den Brettern, die die Welt bedeuten und bereitet vielen Menschen Freude mit seiner Musik. Mich fasziniert neben der Musik an KERTH, dass er dabei immer Mensch geblieben ist. Er ist kein schillernder und abgehobener Star, sondern ist immer der dufte Typ von nebenan geblieben, der „zufällig“ auch noch Musik macht.
Den Gasthof in Medingen habe ich übrigens auch in mein Herz geschlossen. Ich mag diesen Laden einfach. Hier kann man sich mit dem Bierglas in der Hand noch gut an die eigenen wilden Zeiten erinnern, als die Dorfsäle der Umgebung an den Wochenenden mein zweites Zuhause waren. Das ist mittlerweile auch schon 25 - 30 Jahre her und wenn ich heutzutage den Saal in Medingen betrete, schleicht sich immer so eine Art Heimatgefühl in mir ein. Das liegt sicher auch an den Bands, die hier spielen und an den Fans, die diese Konzerte hier besuchen. RENFT, MONOKEL, Engerling usw., sie alle spielten und spielen in Medingen. Die Fans von damals sind mit ihren Bands vom Aussehen her gealtert, aber im Herzen - genau wie ihre Helden - doch jung geblieben. Wie immer war noch reichlich Zeit bis zum Konzert als wir in Medingen ankamen. Also gönnten wir uns erstmal etwas flüssiges Schwarzes in Form von Cola bzw. Hopfenkaltschale. Im Saal waren Musiker und Techniker schon emsig am Arbeiten. Doch die Zeit für ein erstes Hallo nehmen sich Jürgen, Peter & Co. immer. Wir ließen die Herren aber dann in Ruhe die Mugge vorbereiten. Nach dem Soundcheck war noch reichlich Gelegenheit zum Quatschen.
0000 20131102 1377799631Dann ging es endlich los mit dem Konzert. Jürgen KERTH, Jürgen Feurbach und Marco Thiermann nahmen das Heft des Handelns in die Hand, und für die nächsten Stunden herrschte die Musik über uns. „Komm herein“ sang Jürgen ins Mikrofon und es wirkte wie eine Aufforderung für die letzten Fans in der Gaststube nun auch den Saal zu betreten.
Der Meister und seine Gitarre hüllten uns mit seiner bluesgefärbten Rockmusik wohlig ein. Nicht nur Jürgen KERTH gilt als Legende, auch sein Instrument ist mindestens ebenso legendär. KERTH braucht keine Gitarre aus dem Hause Gibson oder Fender. Er spielt seit Jahrzehnten auf seiner MIGMA-Gitarre aus Markneukirchen. Wenn man das Teil so sieht glaubt man kaum, dass da überhaupt vernünftige Töne rauskommen. Die Gitarre sieht ein wenig abgenutzt aus und hat auch einige Umbauten erfahren bis sie den Bedürfnissen KERTHs entsprach. Mit diesem einen Instrument kann er sämtliche Spielarten von Rock über Jazz/Swing bis hin zum Blues spielen. Jürgen und seine MIGMA verschmolzen auf der Bühne wieder zu einer Einheit. Nach Herzenlust ließ er seine Klampfe jammern, wispern oder jubilieren. Bis auf ein paar farbige Scheinwerfer braucht er auch keine Showeinlagen. KERTH selbst ist die Show für mich. Wenn Jürgen seine Gitarre spielt, wirkt er wie der Welt entrückt, beseelt und mit geschlossenen Augen bringt er seinen Bluesrock unter die Leute. Seine Begleitmusiker von der Rhythmus-Fraktion unterstützten Jürgen hervorragend. Von Jürgen Feurbach sind wir ja Gutes gewöhnt, da er schon mehrmals mit KERTH spielte. Den jungen Schlagzeuger Marco Thiermann erlebten wir das erste Mal im Team des Erfurter Blueskönigs. Marco hat seine Sache aber wirklich auch gut gemacht. Das ist übrigens auch löblich von Jürgen und typisch für ihn, dass er immer wieder jungen Leuten eine Chance gibt, sich im Livegeschäft zu bewähren. Unterbrochen von zwei Pausen spielten sich die drei Musiker bis weit nach Mitternacht die Seele aus dem Leib. Die greifbaren, aussagekräftigen Texte von „Oma, hilf“ oder „Hey, junge Mutti“ kombiniert mit Jürgens gefühlvoller Gesangsstimme entfalten live erst so richtig ihre inhaltliche Wucht. Nein, man muss das Elend dieser Welt nicht unbedingt immer heraus schreien, KERTH und diese Songs sind ein Beweis dafür.
Als das Bühnenlicht endgültig aus und das Saallicht wieder an ging, waren wir zwar wieder im heute angekommen, und die Welt wurde natürlich auch nicht schlagartig besser. Doch der KERTH’sche Blues wirkte auf uns wie eine Therapie. Jürgen hatte unsere Seelen in den zurückliegenden Stunden wieder einmal gestreichelt, erwärmt und uns damit Kraft für den Alltag gegeben.

 


 

Foto Impressionen:
 
 
 

   
   
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