Angelika Mann

 

 

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Ein großes Jubiläum stand ins Haus. Eine der ganz großen aktiven Stimmen der deutschen Unterhaltungskunst - jeder Versuch einer Einordnung ginge hier ins Leere, also lassen wir es bei dem Begriff große Stimme - feierte im Juni 2009 Jubiläum. Da es sich um eine Dame handelt, die gleich zwei Jubiläen feiern konnte, geziemt es sich ja eigentlich nicht, Zahlen zu nennen. Doch blickt man der Jubilarin ins Gesicht, fragt man sich ohnehin ungläubig, was - schon 60 soll sie sein? Was hält sie so jung? Dass sie seit 40 Jahren auf der Bühne steht, glaubt man bei der Zahl dann schon eher. Dass ihre Stimme unverändert diese gewaltige Kraft, Dynamik und Leidenschaft ausstrahlt, wie man es aus den Anfangszeiten des Ostrock in Erinnerung hat, kann man sich spätestens dann vorstellen, wenn man beim Thema Musik in ihre Augen sieht. Denn die blitzen dann hell, aufmerksam und versprühen geradezu Energie. Eine ganz, ganz große kleine Frau stand uns für einige Nachfragen zu verschiedenen Themen, die sich in einem für sie sehr turbulenten Jahr ergeben haben, zur Verfügung. Ich durfte eine ganz tolle, offene, optimistische, sehr sympathische und natürliche Person einige Tage rund um ihre Jubiläen begleiten und darf einiges der Gespräche und Eindrücke davon hier wiedergeben. Passend zum Motto der Juniwochen 2009, das lautete: "Lütte wird 100!" sage ich hiermit für Deutsche Mugge noch einmal: Herzlichen Glückwunsch Angelika Mann...
 

 

Lütte, das war ein verrücktes Jahr 2009 mit schockierenden Nachrichten rund um Deine Person am Jahresanfang, einer unglaublichen Energieleistung im Frühjahr und ich hoffe jetzt einem großen happy end. Wie fällt Dein Fazit aus?
Natürlich gut! Ich bin putzmunter, hab den größten Ärger hinter mir, gehe in ein paar Tagen mit einem neuen Programm auf die Bühne, kann arbeiten, habe ganz viel Zuspruch bekommen und so ganz nebenbei ein paar Kilo abgenommen. Dazu habe ich meine Familie und gute Freunde. Was will man eigentlich mehr? Mir geht's im Augenblick wirklich gut.
 
 

Wollen wir das alles ein wenig näher beleuchten, damit jeder weiß was gemeint ist?
Na dann los!

 

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Ende vergangenen Jahres hab ich eine Hiobsbotschaft nach der anderen von Angelika Mann vernommen. Keine Engagements, einige alte Sachen liefen aus und dafür das Finanzamt der Lütten im Nacken...
Ja klar! Tyyypisch! So'n Unsinn haben verschiedene Zeitungen berichtet. Davon stimmt aber nicht mal die Hälfte (Eigentlich sagte Lütte wörtlich: "Davon stimmte aba nich ma de Hälfte" - in schönstem Berlinerisch, sehr schnell. Denn das Thema Berichterstattung bewegt sie mehr als das Thema an sich über das berichtet wurde. Und wenn Lütte richtig in Fahrt ist oder sich sichtlich wohl fühlt, dann wird sie die Berliner Pflanze, mit "Herz und Schnauze" - Entschuldigung Angelika - Anm. d. Verf.). Da gab es solche Enten wie "Gregor Gysi wird Lüttes Schuldenberater" und was weiß ich. Sachen die gar nicht stimmten, die es nie gab. Andere Berichte waren total erstunken und erlogen. Ja es gab und gibt Probleme. Aber nie mit der Arbeit. Da hab ich ohne Ende zu tun. Das ist auch sehr gut so. Zumal es die beste Therapie gegen die ganzen Probleme war und ist, die ich ja wirklich hatte. Aber das hab ich jetzt im Griff und kann mit voller Kraft wieder arbeiten. Und wenn ich arbeiten kann und meine Familie habe, dann geht's mir gut.

 

Woran hast Du im letzten Jahr gearbeitet, was gibt es aktuell für Projekte?
Ich habe im vergangenen Jahr vorwiegend Theater gespielt. Am Kriminal Theater die Revue "Der Mörder ist immer der Gärtner". Das ist eine wunderbare Krimirevue. Da kommen so Sachen wie "Kriminaltango", "Ohne Krimi geht die Mimmi nie ins Bett" vor. Ich singe die "Mary Stuart", wo es ja auch um Mord und Totschlag geht. Eben die ganzen wunderbaren Krimisongs kommen da vor. Dann bin ich immer noch in der Kneifzange, wo ich die Trude-Herr-Revue "Ich will keine Schokolade" mit Achim Menzel zusammen spiele. Das hat sich jetzt auch perfekt eingespielt und macht richtig Spaß. Achim hat auch richtig Spaß dabei, den Leuten gefällt es, eine wirklich schöne runde Sache, die wir hoffentlich noch sehr lange spielen können. In Dresden hab ich in der Komödie "Babajaga" gespielt.

 

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Babajaga? Ich dachte Snjegurotschka...?
Ja, stimmt (lacht) - ich bin Snjegurotschka, die dicke Schneeflocke. Das Stück heißt Babajaga. Die Hexe bin ich im Märchenrätsel. In Dresden ist das mittlerweile der zweite Teil der Geschichte und das war ein richtig großer Erfolg, alle Vorstellungen ausverkauft. Dann war ich auch mal weiter weg. In Trossingen in Baden Württemberg hab ich Musical gespielt. Das Stück heißt "9 ½ Knochen" und ich hab 'ne Berliner Klatschkolumnisten gespielt, die in Trossingen eine Ausgrabung begleitet. In Trossingen wurden ja wirklich ganz viele Skelette von Dinosauriern gefunden und es gibt wirklich immer wieder Grabungen. Ne tolle Geschichte. Lustig und spannend.

 

Das ist nicht der erste Auftritt im Südwesten. Was verbindet Dich mit Trossingen?
Mit Trossingen verbinden mich vor allem Frank Golischewski und das wunderbare Ensemble Rififi, mit denen ich hier unter anderem das Stück von Frank Golischewski "Hier wächst zusammen, was zusammengehört" aufgeführt habe. Eine wunderbare Zeit mit gefeierten Auftritten, so dass es demnächst weitere Auftritte mit anderen Stücken hier geben wird.

 

Das hört sich wirklich ganz anders an als die Meldungen vom Jahresanfang...
Na aber. Und da waren noch ein paar andere Sachen dabei. Ich hab einen ganz tollen Film mitgespielt: "Bundeskanzler Honecker". Das ist ein Kurzfilm von Christian Klandt, der im April im RBB lief. Mit Klandt hatte ich vorher ja schon einmal einen Kurzfilm gemacht. "Schausteins letzter Film" hieß der und hat überall auf Festivals und so die Kurzfilmpreise abgesahnt. Vielleicht schafft das der neue ja auch (lacht). Jedenfalls finde ich ihn toll und filmen ist auch 'ne tolle Geschichte. Ich kann mir gut vorstellen, mit diesem Regisseur noch viel zusammenzuarbeiten. Ich hoffe mal. Er ist zwar noch ein junger Mann, der wohl dieses Jahr die Filmhochschule Potsdam abschließt, aber er ist hochbegabt und ein feiner Mensch.

 

Je mehr ich zuhöre, desto mehr sehe ich eine zweite Karriere im Schauspielfach. Täuscht der Eindruck?
So neu ist die Schauspielerei eigentlich nicht. Zum einen sind es ja einige Sachen, wo durchaus auch Gesang gefragt ist, aber es stimmt schon ein Stück weit, es gibt zunehmend mehr Rollen als Schauspielerin, reine Sprechrollen und Rollen mit hohem Schauspielanteil. Ich hoffe mal, dass ich da noch die eine oder andere Rolle kriegen werde (lacht). Ist ja ein riesiges Feld, dass ich da noch beackern kann. Denn das macht mir riesigen Spaß. Und gerade das, was ich da jetzt mache, den Frosch in der Fledermaus, den Gefängnisdirektor, das ist ja 'ne Paraderolle für einen Komödianten. Eine Männerrolle, die man als Frau ganz anders interpretieren und spielen kann, die ganz andere Farben bekommt. Und das kommt beim Publikum in Altenburg und Gera, wo das läuft, ganz gut an. Und das ist 'ne echte Herausforderung. Denn den haben ja alle Großen - Rühmann, Moser, alle großen Komödianten haben den Frosch in der Fledermaus gespielt. Und jetzt kann ich das machen und freue mich daran. Natürlich hoffe ich, dass sich da mehr draus ergibt und ich vielleicht noch ein paar Rollen bekomme. Dann hab ich in Gera und Altenburg Theater, in Dresden Theater. Ich möchte gern mal wieder in Berlin was machen. Mal sehen was draus wird.

 

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Theater Dresden ist für mich nochmal ein Stichwort. Es hieß, "Babajaga" sei abgesetzt worden...
Neee - das ist falsch. Das läuft immer in der Adventszeit und läuft über's Jahr noch ein paar mal. Genau weiß ich gar nicht wann, aber das gibt's obwohl es jetzt eigentlich zu Ende ist. Aber im Winter wird das Stück dann wieder regelmäßig im Programm der Dresdner Komödie sein. Das ist ja auch ein Riesenerfolg. Der Saal ist jedes mal voll und die Leute lachen sich schief. Die Figuren sind alle komödiantisch angelegt. Ich kann jedem nur wärmstens empfehlen, sich das mal selbst anzusehen. Das ist Kult in Dresden. Ich bin da die dicke Schneeflocke Snjegurotschka. Das ist auch 'ne reine Sprechrolle. Ich singe keinen Ton. Aber es ist echt Wahnsinn, was da auf der Bühne abgeht. Und ich muss ja auch nicht überall trällern. Mach ich ja in der Fledermaus als Frosch und im Film "Bundeskanzler Honecker", wo ich 'ne Russin einschließlich Akzent spiele, auch nicht und es geht.

 

Wenn ich jetzt sage, schade dass Lütte so wenig singt...?
...dann sag ich: so wenig is es ja auch nicht. Und singen kann ich ja immer, aber wenn eine Rolle das nicht hergibt aber trotzdem toll ist, dann würde ich sie nicht ablehnen, weil ich nicht singe. Vom singen würde ich das nicht abhängig machen. Mir geht's zu allererst darum, 'ne tolle Rolle zu haben, auf der Bühne zu stehen, spielen zu können. Wenn da nichts zu singen ist, singe ich eben nicht, sondern spiele gut und hab damit Erfolg. Ist doch toll, dass das so klappt. Mit meiner lauten Röhre weiß ich, kann ich immer was rausholen. Hier muss ich einfach gut spielen, wenn ich Erfolg haben will.

 

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Hast Du vorher schon geschauspielert? Gibt's Filme aus DEFA Zeiten?
Ja, ich hab in dem Film "Bürgschaft für ein Jahr" mit Katrin Sass mitgespielt. Der Film hat sogar 'nen silbernen Bären gewonnen und ich hab da auch keinen Ton gesungen. Und dann hab ich "Die Leiden des jungen Werther" von Egon Günther mitgespielt. Da suchte man keine Sängerinnen, da wurde der Typ gebraucht. Daher bekam ich die Rollen. Später war ich noch im Film "Küss mich Hexe" mit Christiane Paul und Katja Riemann in einer ganz kleinen Rolle zu sehen. Da hat mich übrigens Klandt gesehen, der da Regieassistent oder so war. Was ich da machte, fand er so toll, weil's gestimmt hat, was ich da machte, weil's authentisch war, dass er mich für seine Kurzfilme besetzte.

 

Wird es von dem, was Du aktuell machst oder gemacht hast, eine neue Angelika Mann-Musik-CD oder gar 'ne DVD geben? Zum Beispiel vom Trude Herr Programm, das vielleicht auch in Köln Interessenten finden könnte?
Nein, das ist nicht geplant. Und ich glaube, das muss nicht sein. Weil, die Leute erinnern sich an Trude Herr und kaufen, wenn sie was von ihr haben wollen, das Original, nicht die Mann mit ihren Interpretationen. Und das ist völlig OK. Zudem meine ich, dass sich Tonträger auch nicht sonderlich lohnen, sogar ein großes Risiko darstellen. Weil Kosten entstehen ohne Ende und dann spielt's kein Schwein im Radio oder so. Wenn ich noch mal 'ne CD machen würde, bräuchte man ja 'ne Plattenfirma, die die Radiosender besticht, damit die das mal spielen. Die Redakteure kriegen jeden Tag so viel Zeug, die können gar nicht alles hören. Dazu haben die gar keine Zeit. Und weil das so ist, hab ich in der Frage "neue CD" eigentlich aufgegeben. Ich hab mich sehr gefreut, dass "Meine Lieder" und meine CD in der 3er Box mit Ines Paulke und Peter & Paul noch einmal von AMIGA aufgelegt wurden. Auf der CD in der Box ist ja auch meine Maria Stuart aus meiner Cabaret/Chanson-Ecke drauf, was mich besonders gefreut hat. Und es gibt ja auch das Programm "Hier kommt zusammen was zusammen gehört" auf CD. Aber eine Trude Herr-CD oder auch Claire Waldoff, das kann ich mir nicht wirklich vorstellen.

 

Welche Rolle spielt Achim Menzel eigentlich im Trude Herr-Programm? Ist er der Schlagersänger oder der alte Rocker?
Weder noch. Aber Achim ist ja unglaublich vielseitig. Das, was ich mit Achim mache, sind ja die alten Songs von Bill Ramsey. Und der ist ein sagenhafter Jazzsänger. Achim singt diese Sachen einfach toll. Das geht los. Und wenn es gebraucht wird, dann singt er auch rockiges, schlagerhaftes oder jazziges. Das kann Achim alles. Und als Kollege ist er ja eh kaum zu toppen. Das ist einfach ein Kumpel vor dem Herrn, völlig unkompliziert und frei von Eitelkeiten wie, nebenbei bemerkt, auch Lippi. Achim ist professionell, hat sein Zeug drauf und er versteht es super, wie ich es immer in meinen anderen Programmen gemacht habe, das Publikum in das Programme einzubeziehen. Es macht immer Spaß mit ihm zu arbeiten. Ich freu mich auf jede Aufführung mit ihm.

 

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Kann man in den Programmen eigentlich improvisieren, oder richtet sich alles nach Plan?
Die Songs kann man nicht verändern. Die muss man machen wie sie sind. Aber ansonsten gibt es zwar einen roten Faden, aber das Drumherum ist schon recht frei. Es hängt durchaus vom Tag und vom Publikum ab, was da passiert. Ich komm ja nicht raus und sage: "Jetzt singe ich dieses und nun jenes Lied." Ich hab ja 'ne Story, die ich erzählen will. Und das machen wir nun gemeinsam, je nachdem was dem Publikum gefällt und wie sich das ergibt. Die Songs und der rote Faden sind da. Der Rest ist auch für uns immer wieder neu.

 

Trude Herr - Köln. Da steht die Frage Karneval - ist Lütte ein Karnevalsfan?
Wenn's um verkleiden und mit 'ner Pappnase rumrennen geht, dann ist das eher nicht mein Ding (lacht). Jedenfalls nicht ohne Grund. Aber ich hab schon mal 'ne Büttenrede im Fernsehen gehalten, die man mir geschrieben hat. Das war ganz witzig. Wenn das also gut gemacht ist, hab ich da nichts dagegen und mache mit, aber ein großer Fan bin ich nicht. Ich würde nirgendwo hingehen, um das zu feiern. Auftreten ist was anderes. Wie gesagt, wenn's stimmt. Ich mag keinen Klamauk, sondern klassische Komik.

 

Hast Du auf dem Gebiet der Komik Vorbilder?
Es gibt einige, die ich gut finde. Zum Beispiel bin ich ein absoluter Loriot-Fan. Aber es gibt niemanden, den ich nachmache. Vielleicht, bestimmt sogar, ist man von dem einen oder anderen beeinflusst, verwendet, wenn man zum Beispiel den Frosch spielt, der ja die ganze Zeit besoffen ist auf der Bühne, etwas von den großen Vorgängern. Dennoch spiele ich ihn als Angelika Mann. Und die fühlt sich mal wie Helge Schneider, mal wie Reinhard Lakomy (lacht) bezüglich der verschiedenen Bewegungen, die man da so auf der Bühne macht. Dann komm ich mir wieder wie eine Loriotfigur vor. Das ist aber nicht bewusst und ich denk mir das nicht vorher aus, das kommt eben so aus der Situation und der Figur, diesem kleenen besoffenen alten Kerl mit Bart und Stoppelfrisur. Das was man da macht stellt sich einfach ein. Sicher eben irgendwie beeinflusst, aber nicht gekupfert. Das hab ich auch in der Musik nie gemacht. Selbst ganz am Anfang, als ich in jungen Jahren noch die Janis Joplin-Sachen gemacht habe. Die hab ich nicht kopiert. Das hätte ich vor lauter Respekt und Ehrfurcht auch gar nicht gekonnt. So hab ich meine Songs draus gemacht. Auch bei den Claire Waldoff-Titeln ist das so. Wenn ich eine Schauspielrolle bekomme, sehe ich mir auch nichts an. Ich will gar nicht wissen, wie das andere gemacht haben. Schon um der Gefahr zu entgehen, etwas nachzumachen.

 

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Du erwähntest Lakomy. War Lakomy komisch, gar ein Komiker?
Er hatte Mutterwitz. Ein Komiker war er sicher nicht. Aber er hatte dann schon mal Handhaltungen oder einen speziellen Blick oder irgend 'ne Geste oder so, die waren situativ komisch. Es gab immer was zu lachen. Und manchmal denke ich eben - so hat Lacky damals ooch geguckt … Und wenn man dann so ein bisschen wie er aussieht, mit Schnauzbart und so, dann kommt einem das wieder in den Sinn. Oder auch Helge Schneider, auf den stehe ich ja, da bin ich auch Fan.

 

Das hört sich an, als sei Lütte wider aller Aussagen gut beschäftigt. Und Spaß scheint das alles auch zu machen.
Und ob! Ja, ich habe erfreulicherweise eine Reihe von Auftritten mit verschiedenen Programmen und Stücken und das auch noch an verschiedenen Orten. Na und Spaß ist sowieso ganz wichtig in dem Beruf. Wenn ich auf 'ne Bühne kann, gleich ob mit Gesang oder Schauspielerei, wenn ich da was vortrage, dann wird das auch meins. Da steckt dann etwas von mir drin. Ich hab ja 'ne Vorstellung davon, was ich ausdrücken will und weiß auch, wie ich das mache. So immer wieder etwas neu zu schaffen, das macht doch Spaß. Bisher hat mir alles, was ich angeboten bekommen habe, Spaß gemacht. Vielleicht auch, weil man mir nach 40 Jahren Bühne mittlerweile zutraut, ein Entertainer zu sein, der mit allen Wassern gewaschen ist und mich machen lässt. Und im Laufe der Jahre habe ich gelernt, mit Publikum umzugehen. Selbst mit dem, dass man gar nicht sieht, wie beim Film. Wobei bei einem Film ja immer noch ein Regisseur da ist, der sagt was gemacht wird. Aber wenn das jemand ist, dem ich vertrauen kann, wie das bisher immer der Fall war, dann ist es nicht schwer, mich sozusagen in dessen Hände zu begeben. Dann kann ich das spielen, was von der Regie gefordert wird, ohne dass mir etwas aufgedrückt wird, was mir nicht liegt, was ich so nicht machen würde. Vielmehr ist es wieder meins, nur dass die Grundidee, die Vorgabe, ein anderer entwickelt hat. Und das macht dann auch wieder Spaß, ist im Grunde die richtige Schauspielerei, wie ich sie verstehe.

 

Was motiviert Angelika Mann, dieses Pensum zu bringen, vier oder fünf Programme und ein bisschen mehr nebeneinander zu machen?
Die Bühne ist mein Leben. Ich verliere die Motivation zum Leben, wenn ich keine Arbeit mehr habe. Und wie gesagt, was ich mache, macht mir richtig Spaß. Auch wenn's mal Stress ist, Montag den Frosch zu spielen, Mittwoch Trude Herr zu singen und am Wochenende mit Clown Lulu unterwegs zu sein. Und nebenbei machst du dann noch ein bisschen im Radio oder Fernsehen und sonst ein, zwei Termine, damit man dich nicht vergisst (lacht). So'n Wirbel hab ich schon gern. Welcher Künstler eigentlich nicht? Ich schöpfe aus Familie und Arbeit meine Lebenskraft. Das motiviert mich, immer wieder Neues anzugehen und auch schwere Schläge wie diese Finanzgeschichte letztlich irgendwie wegzustecken. Zumindest war's bisher immer so und ich hoffe, dass das auch so bleibt. Wenn's nach mir geht, will ich mal auf der Bühne umkippen. Aber bis dahin ist hoffentlich noch ein bisschen Zeit. Hab ja noch einiges zu erledigen (lacht). Und Musik machen ist für mich keine Frage des Alters. Im Gegenteil. Bei Musikern ist es eigentlich wie beim Wein. Als Musiker kannst du dich musikalisch eigentlich nur entwickeln, besser werden. Es sei denn, du hast'n Brett vorm Kopp und bleibst stehen, kriegst nichts mehr mit.

 

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Die Finanzgeschichte, darauf muss man schon nochmal eingehen. Arbeitest Du jetzt für Deinen netten Finanzbeamten?
Ja und nein. Das ist dann so: Wenn man in die Insolvenz geht, dann gibt's da wie bei 'ner großen Firma einen Insolvenzverwalter. Der gibt dem Finanzamt das, was dem Finanzamt zusteht, nachdem er das Unternehmen Angelika Mann weiter in Betrieb hält und ich Geld eingebracht habe. Das heißt, dass ich meine Kosten und ein paar Euro zum Leben vom Insolvenzverwalter bekomme bzw. nach Abrechnung behalten darf und der Rest über den Verwalter ans Amt geht. Ich hab damit quasi gar nichts mehr zu tun, außer dass ich jeden Cent an den Insolvenzverwalter abrechnen muss. Aber abgerechnet hab ich das ja schon früher. Leider hab ich da sehr schlechte Berater gehabt, die das nicht so weitergaben, wie es hätte sein müssen. Und ich hab mich drauf verlassen, dass alles seine Ordnung hat. Ich wäre ja nie auf die Idee gekommen, da was zu mauscheln. Dazu hab ich viel zu viel Angst. Damit das alles super läuft, dazu hatte ich ja die Steuerberater - dachte ich zumindest...

 

Heißt das, Du arbeitest jetzt wie bei einer Privatinsolvenz die nächsten Jahre für lau, wenn man so will?
Ja, in gewisser Weise schon. Zum einen ist's erst mal schön, dass es überhaupt weiter geht, dass ich weiter arbeiten kann. Zuerst war ja selbst das fraglich. Ich konnte nicht mal mehr das Benzin für's Auto zahlen, weil mir ein ganz eifriger Beamter alles sperren und wegnehmen wollte. Das ist nun mit der Regelinsolvenz, in der ich mich wie ein Unternehmen befinde, alles viel entspannter. Dass ich nun nicht mehr reich werde mit meiner Kunst, das überlebe ich. Große Sprünge hab ich eh nie gemacht und mir was weiß ich was geleistet. Was ich brauche, und ich bin ja ein bescheidener Mensch, hab ich, solange ich was zu tun habe. Daher hoffe ich, dass ich immer gut im Geschäft bleibe. Wenn nicht, dann kann niemand was bekommen. Ich hab in dieser Insolvenz die Möglichkeit zu arbeiten und Geld zu verdienen, mit dem ich meinen Beruf und mich finanzieren kann und den Rest gebe ich halt ab, bis da alle Forderungen beglichen sind oder die Geschichte nach sechs Jahren Wohlverhalten, so heißt das, eingestellt wird. Natürlich zahle ich neben den alten Forderungen meine Steuern wie es sein soll. Das habe ich aber wie gesagt immer gemacht - dachte ich zumindest. Ich zahle jetzt nicht mehr nur ab, sondern da ist wie ein Schnitt zwischen der alten Geschichte und dem, was ich jetzt mache. Das ist übrigens 'ne Geschichte, die nach unserem Recht jedem zusteht. Das ist nichts besonderes für Künstler oder gar für Frau Mann. Man muss sich auch mal vor Augen halten, wenn ein Manager eine Firma in den Sand setzt, bekommt er oft noch 'ne fette Abfindung und die Leute müssen Hartz IV beantragen. Ich hab keinem Fremden wirklich weh getan. Ich will nicht jammern, weil ich mittlerweile natürlich weiß, dass ich rechtlich gesehen verantwortlich war und damit schuldig bin, meine Steuern nicht ordentlich abgeführt zu haben. Dass ich selbst dafür bestraft werde, dass mich ein Steuerberater da reingeritten hat, ist dabei für die Behörden nicht interessant. Mich ärgert das natürlich gewaltig, dass die Berater, die ja einen Auftrag annehmen, nachdem sie die inhaltlichen Fehler gemacht haben, die Hände heben können und sagen, das geht mich ja nichts an, das waren alles nur Vorschläge, denen der Mandant zugestimmt hat. Das System ist irgendwie ungerecht, finde ich. Ich kann da jedem nur sagen, Leute passt uff - das kann Euch morgen ähnlich ergehen. Schadenfreude der Art - da, sieh mal: die Promis, ha, ha - ist da sicher ganz unangebracht. Mir steht es auch nicht zu, andere zu belehren. Aber ich glaube schon, dass es eine Reihe von Mitmenschen gibt, die da auf einem Pulverfass sitzen und sich auf die klugen Ratschläge von anderen verlassen und meinen, alles ist in Ordnung. Ich kann nur warnen, denn das Finanzamt hab ich als gnadenlos erlebt. Allein wär ich aus dem Kreis nie wieder rausgekommen. Im Gegenteil. Ich geb zu, dass mir ganz am Anfang, als das alles los ging und die ganze Welt um mich herum zusammenzubrechen schien, ich absolut keine Kennung hatte, wie es überhaupt weitergehen sollte. Da gingen mir sogar Selbstmordgedanken durch den Kopf. Ich hätte mir nie vorstellen können, in so eine Situation zu geraten, denn ich hab ja immer artig und brav Steuern gezahlt wie es mir meine Berater sagten. Nur war das eben nicht alles, was zu zahlen gewesen wäre. Aus dieser Lebenskrise hat mir dann tatsächlich ein staatlicher Schuldnerberater geholfen, der mir haarklein auseinander gesetzt hat, wie das jetzt alles weitergehen kann, welche Möglichkeiten es gibt und so weiter. Die sind wirklich kompetent, kennen die Gesetze und ich hatte vielleicht ein bisschen Glück - mein Berater hat mich auch seelisch moralisch richtiggehend wieder aufgebaut. Der Gute hat sich das alles angesehen und von Beginn an gesagt - wir kommen da raus aus der Nummer, wir schaffen das. Ich hatte überhaupt keine Hoffnung und eine Insolvenz war ja für mich das Ende von allem. Jetzt nehmen sie dir alles weg, jetzt verlierst du alles, was du dir über viele Jahre geschaffen hast. Mittlerweile ist das Verhältnis zwischen Finanzamt und mir auch wesentlich entspannter. Es gab sogar Beamte die ganz verwundert waren, dass es überhaupt soweit gekommen ist, weil ich ja ein ganz kleiner Fisch bin - es geht ja nicht um Zigtausende - und sogar andere Möglichkeiten gesehen hätten. Wer weiß, vielleicht mochte mich der erste Bearbeiter nicht und wollte ein Exempel statuieren, vielleicht hat er bei mir die Millionen vermutet, jedenfalls hat der keinerlei Gnade gekannt. Er sagte mir: "Sie haben doch noch da und dort Arrangements." Der wusste nicht mal, dass das Engagements heißt und dachte wohl, dass dort die Einnahmen nur so sprudeln. Als ich ihm das sagte, war er tödlich beleidigt, weil ich ihn verbesserte. Das ging soweit, dass man versuchte, mir den Selbstbehalt zu streichen, weil ich ja vermögend wäre.

 

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Du bist mit der ganzen Thematik an die Öffentlichkeit gegangen. Warum? Es gab Leute, die haben Dir Populismus vorgeworfen.
Klar, die gab es auch. Aber viel mehr haben mich bestärkt, mir Mut gemacht und mir gesagt: "Toll wie Du damit umgehst." Mein Hauptbeweggrund war der, den Du ganz am Anfang hattest. Wenn ich das nicht öffentlich gemacht hätte, wenn ich nicht in die Offensive gegangen wäre, hätte der Boulevard sonstwas aus der Geschichte gemacht. Angefangen hat's ja. Nachdem ich die Geschichte selbst erzählte, war das Interesse vorbei. Dass ich unter anderem die Super Illu dazu benutzte, liegt daran, dass ich hier zumindest ein wenig Mitspracherecht hatte und sehr viele Menschen, nicht nur meine Fans, überregional erreichte. Die Geschichte an sich war schon sachlich und OK. Dazu stehe ich und bin froh, dass man dort so reagiert hat. Dass ich durch die Aufmerksamkeit, die das alles doch brachte, auch wenn das nur eine Randerscheinung war, plötzlich eine Reihe Anfragen mehr hatte als üblich und sogar hier und da doch einen Extraauftritt bekam, das will ich gar nicht bestreiten. Die einen haben mich möglicherweise aus Mitleid, andere aus Sensationslust angefragt. Ich hab mir die Auftritte ausgesucht, die mir seriös schienen, mir in gewisser Weise auch Spaß machten. Für mich war das Maß schon erstaunlich, indem ich eine viel größere Öffentlichkeit hatte, als es mir dreckig ging, als üblicherweise. Da wurden Leute auf einen aufmerksam, die von deiner sonstigen Leistung Null Kenntnis nehmen. Was das Thema Insolvenz und Steuerschuld angeht, so ist es zum einen mein Einzelschicksal. Das gehört an sich nicht in die Öffentlichkeit. Aber der Krieg der Bürokratie gegen die Bürger, den es tagtäglich gibt, der sehr wohl. Und um darauf aufmerksam zu machen, gerade deshalb bin ich diesen Weg gegangen, habe natürlich meine gewisse Popularität eingesetzt. Ich hab Hinz und Kunz, von den Linken zur CDU, von den Gewerkschaften zur Kirche, angesprochen, sich dieses Themas anzunehmen. Und man darf auch nicht damit aufhören, denke ich.

 

Beenden wir das Thema und wenden uns dem zu, was demnächst geschieht. Was geschieht?
Moment noch. Weil wir gerade bei Populismusvorwürfen waren. Ich lese ja nun regelmäßig im Forum mit. Die gab's ja auch auf eurer Seite, was völlig legitim ist, denn die äußerten halt ihre Meinung, auch wenn ich die nicht akzeptieren kann, was ich ja versucht habe zu erklären. Ich hab da aber 'ne Frage, die mich damals richtiggehend umgetrieben hat... Was mir wirklich unverständlich war, waren die Leute, die damals nach dem Tod Demmlers ihn immer noch in Schutz nahmen von wegen das arme und verfolgte Opfer. Das ist ja alles gelogen, was man ihm vorwirft und so. Was sind denn das für Leute? Es gab doch hinreichend Beweise und genügend seriöse Quellen, die zumindest den Verdacht erhärteten, dass er nicht Opfer, sondern eher Täter war. Ich fand damals die Beiträge von der Andrea Timm sehr gut, die sich klar und deutlich zu der Thematik äußerte.

 

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Keine Ahnung Lütte, was Menschen dazu treibt, so vehement gegen wohl recht klare Fakten anzukämpfen. Vielleicht ist's nur ein Übermaß an Gerechtigkeitsempfinden - solange nichts bewiesen ist ... oder falsche Heldenverehrung. Möglicherweise auch nur tiefstes Misstrauen gegenüber den üblichen Pressemeldungen. Toll fanden es jedenfalls die meisten nicht und es führte ja auch zu heftigen Reaktionen. Aber da darf ich die Frage glatt aufnehmen. Haben die Musiker in der DDR, die ja eigentlich alle irgendwann und irgendwie mit Demmler zu tun hatten, nichts gewusst?
Ja, verständlich und die Frage wird ja häufig gestellt. Vroni stand da ja heftig in der Kritik, weil sie in etwa äußerte, dass viele wussten, dass Demmler für junge Frauen schwärmte. Dass er aber selbst vor jungen Mädchen möglicherweise nicht Halt machen würde, das hielt trotz blödester Witze wohl keiner für wirklich möglich. Ich glaube schon gleich gar nicht, dass das irgendwer wusste. Was wirklich schlimm ist, wenn es denn so war - und daran kann heute ja eigentlich niemand wirklich zweifeln, auch wenn Beweis oder Gegenbeweis letztlich durch seinen Selbstmord und den Prozessabbruch offen blieben - ist, dass er seine Berühmtheit und seine Macht gegen diese Kinder gebrauchte. Da sind auch all die Hinweise auf eine gewisse sexuelle Freizügigkeit in der DDR völlig fehl am Platz. Auch der Hinweis, dass es in der DDR nicht unüblich gewesen sei, dass 16jährige und jüngere Mädchen regelmäßig die Pille nahmen, ist keine Entschuldigung oder ein Freibrief für Kindesmissbrauch. Es ist vielleicht ein Mosaikstein im Erklärungsgeflecht, wie auch der Umstand, dass Demmler zu der Zeit kein Greis sondern um die 40 war, warum man die Demmler nachgesagten Beziehungen im Kollegenkreis nicht intensiver beleuchtete. Beides macht den Fakt nicht besser. Ebenso wenig wie die Tatsache, dass Demmler ein unnahbarer Mensch war, den wohl sehr viele verkannt haben.

 

Wenden wir uns erfreulicheren Themen zu. Was plant Lütte für die nähere Zukunft?
Och, da ist allerhand geplant. Zunächst ist da mal das neue Programm mit Frank Golischewski "Die Rückkehr der Gummiadler". Das wird zu meinem 60. im Opernpalais Premiere haben und danach wollen wir damit auch auf Tour gehen. Dann werde ich weiter Theater spielen. Demnächst wird in Trossingen das Musical "Mission Apollo" aufgeführt, in dem ich mit Chris Howland spiele, worauf ich mich riesig freue. Und weil ich ja ein Faible für Kinder habe, läuft am 30.05. bei MDR Figaro das Hörspiel "Henriette Bimmelbahn" von James Krüss, in dem ich vier Lieder singe, die Franz Bartzsch dafür geschrieben hat. Möglich, dass es davon einen CD geben wird. Das liegt aber beim MDR.

 

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Die Premiere des Programms "Die Rückkehr der Gummiadler" schenkst Du ja ein wenig Dir und Deinen Fans als Geburtstagsgeschenk. Worum geht es in dem Programm?
Das ist das perfekte Programm zu allen Jubiläen im Jahr 2009. Da geht's um 20 Jahre deutsche Einheit ebenso wie um das eine oder andere, das ich in den 40 Jahren, die ich nun auf der Bühne bin, gemacht und erlebt habe. Und natürlich ist das ein ganz tolles Geburtstagsgeschenk für mich, wenn man so will. Zum 60. so ein tolles Programm, was kann man sich mehr wünschen, außer Gesundheit. Dass es saukomisch ist, davon kann man eh ausgehen, denn wenn Frank was schreibt, dann hat das Klasse. Wir haben den gleichen Humor und das merkt man. Da ist nichts gekünstelt, nichts verkrampft. Da ist eine Geschichte und viel Platz drum herum, ein wenig zu improvisieren. So wie ich es mag. Auf die Premiere bin ich gespannt wie ein kleines Kind. Ich bin ja sonst meist nicht nervös, aber bei der Sache doch ein bisschen. Was vielleicht auch an der ganzen Insolvenzsache liegt. Denn ich hab mich im Vorfeld eher weniger um das alles gekümmert. Das haben Valko und mein Mann gemacht. Und so weiß ich gar nicht, was alles auf mich zukommt, außer dass ich natürlich meine Rolle kann. Aber alles andere ist wie 'ne große Überraschungskiste. Ich habe ein bisschen Bammel, ob ich das Opernpalais voll bekomme, weil ich ja jetzt so gar nicht eingebunden bin. Das Programm ist an sich von Frank Golischewski geschrieben. Aber da ist auch ein Lied von Nico Hollmann dabei. Das hat 'ne ganz schöne Geschichte. Ein bisschen rührend, aber das ist wirklich so gewesen. Wir haben vor 30 Jahren miteinander gearbeitet und danach eher weniger miteinander zu tun gehabt. Das war so 77/78. Da brauchte ich, nachdem Lacky recht abrupt von der Bühne abgetreten war, um nur noch im Studio zu arbeiten, zu komponieren und so, von einem Tag zum anderen 'ne neue Begleitung. Ich hab dann eine Band gehabt mit Niko Hollmann, Ecke Krämer, Micha Kuhs und Peter Krause, der dann später auch bei Nina in der Band Schlagzeug spielte. Nico Hollmann hatte mir damals schon das Knutschlied geschrieben. Und jetzt, zu meinem Geburtstag, krieg ich Post von Nico und da ist ein Lied drin. Ein ganz zauberhaftes Lied, so wie man es singt, wenn das Konzert zu Ende ist und man sagt "Tschüß, war schön bei euch". Zum Geburtstag einfach so. Das werde ich jetzt ins Programm nehmen und dann wohl immer singen. Ist schon irre, dass nach so vielen Jahren so ein Hammertitel einfach so daher kommt. Das Lied hat auch einen tollen Text. Dazu gibt es zwei maßgeschneiderte Titel von Golischewski, die mich fast umgehauen haben, so toll sind die. Das eine heißt "Ich bin ein Gesamtkunstwerk" und das andere "Ich bin nie auf Linie". Sehr passend. Oder? (lacht) Und eigentlich geht es um die unterschiedliche Wahrnehmung der 20 Jahre deutsche Einheit in Ost und West, um das was trennt und ebenso das was verbindet. Eben um alles, was es im Alltag so gibt und gab.

 

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Ich möchte das Thema noch einmal wechseln und zum Ostrock kommen. Du bist ja im Grunde eine der Ikonen dieser Musik. Seit Jahren gibt es "Ostrock in Klassik". Wäre das eine Geschichte, die Dich reizen würde?
Na klar! Das eine oder andere Lied mit großem Orchester, das wär schon mal was. Wer möchte das nicht? Dieses Jahr ist ja Holger Biege dabei als neuer Solist und wer weiß, vielleicht kommt ja jemand mal auf die Idee (lacht). Bisher hat mich noch nie jemand gefragt. Keine Ahnung, warum nicht. Vielleicht bin ich so klein, dass man mich übersieht. Oder es liegt daran, dass man mich jetzt ins Schauspiel einordnet, weil ich immer so breit gefächert gearbeitet habe. Aber das ist wie mit meiner Theatertraumrolle der Mary Stuart - vielleicht kommt das noch irgendwann, so denn das Konzept weiter geführt wird. Damit es nicht immer das Gleiche ist, braucht man vermutlich den einen oder anderen neuen Titel, vielleicht sogar neue Interpreten. Und da so viele Frauenstimmen gar nicht mehr so präsent sind... Wer weiß? Klar ist so ein großes Publikum und die dazugehörige Tour für jeden Künstler ein tolles Ding. Zumal sich, so ist es ja bei mir, meine musikalischen Soloauftritte in engen Grenzen halten. Schon weil ich mir viele meiner alten Titel ohne Band nicht so prickelnd vorstelle. Playback mag ich nicht wirklich und ohne Band kann ich nicht. Da käme das Orchester gerade recht (lacht). Manchmal denke ich, mir fehlt ein Gen, das "Meins"-Gen. Das bekomme ich in diesem Leben auch nicht mehr. Ich bin auch so ganz zufrieden. Ich leide da aber nicht drunter, dass mich niemand bisher gefragt hat und überlebe es, wenn es keiner tut. Solche großen Zusammentreffen haben aber wirklich immer etwas Besonderes. Ich hab mich riesig gefreut, auch wenn's ein schlimmer Anlass war, als man mich fragte, ob ich im Anker Cäsars Geburtstag moderieren würde. Da hab ich ja auch nicht gesungen. Aber trotzdem war es etwas ganz Besonderes. Und es hat den meisten wohl gefallen, was ich da gemacht habe. Auch dass ich versucht habe, das nicht zu 'ner Trauerfeier zu machen, sondern zu seiner Geburtstagsparty, so wie er sie sich vielleicht vorgestellt hätte. Locker mit Gags und flotten Sprüchen und jeder Menge Musik. Und in Cäsars Musik hätte ich ja auch gar nicht gepasst. Dafür haben ja zum Beispiel Dirk Zöllner und Monster sagenhafte Auftritte abgeliefert, und Pittis Gitarrensolo war irgendwie vom anderen Stern. Ich hab mich riesig gefreut, dass ich auch ohne zu singen mitmachen konnte.

 

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Hast Du zu Cäsar und Renft eine besondere Beziehung?
Zu Kuno vor allem. Er ist für mich einer der bedeutenden Komponisten und Texter. Ansonsten rührt diese Beziehung aus der Anfangszeit her. Ich war ja eine der ersten Mädels, die im Rock was machte und dazu noch eine, die nicht nur sang sondern auch noch am Klavier was machte, also Musikerin war. Das war schon was Besonderes. Ich war eben nicht Singezahn, den man irgendwann vielleicht mal aufreißen konnte, sondern eine Kollegin und war durchaus anerkannt. Das war mir wichtig und hat sich im Grunde bis heute erhalten. Und da wir ja alle im Osten sehr viel unterwegs waren, lief man sich immer mal wieder über den Weg. Klar hat man auch die eine oder andere lustige Fete gefeiert, auch später mit Karussell. Und dann war Cäsar ja Ende der 80er auch in Westberlin, so ist dieser Kontakt irgendwie nie abgerissen. Auch nachdem er wieder in Leipzig war bestand der. Cäsar war ein besonderer Mensch, mit dem ich in vielen Fragen auf der gleichen Wellenlänge tickte. Wir haben uns gelegentlich über dies und das ausgetauscht, was, so denke ich, uns beiden etwas brachte.

 

Wenn Du die 40 Jahre Bühne Revue passieren lässt, gab es besondere Highlights?
Na klar! Jede Menge. Es gab viel Schönes, was mir passiert ist, genau wie es Dinge gab, die mir nicht passiert sind, wie die riesengroßen Plattenverträge, ausverkaufte Stadien und so, das war mir nicht vergönnt, aber ich habe immer auf der Bühne gestanden. Ich war komischerweise nie wirklich weg, auch als ich in den Westen gegangen bin. Dann erinnere ich mich noch sehr gern an die Anfangszeit. Die Zeit, als man sowas wie ein Geheimtipp war. Wenn man angesprochen wurde, und der andere dann sagte: "Ach Du bist das, Du sollst ja toll sein...", so die ersten Erfolge und die erste größere Aufmerksamkeit. Das vergisst man wohl nie. Ich durfte das so erleben. Das war 'ne ganz spannende Zeit.

 

Welche Zeit meinst Du da?
Die bei Lenz. Als Uschi Brüning mir sagte: "Ach ich hab schon von dir gehört", das war schon etwas Besonderes. Obwohl ich ja ewig ein Geheimtipp war. Es soll Leute geben, die halten mich noch heute dafür (lacht). Ne aber wirklich - die erste Tournee bei Lenz, das war Hammmer! Ich kam aus der Amateurszene und war ohne Zwischenstufe gleich in der schärfsten Band der ganzen Republik. Lenz war ja DAS. Was höheres konnte man in meinem Metier, wenn man sich für die Rock-, Jazz-, Blues-Soulrichtung interessierte, nicht erreichen. Das war das Nonplusultra. Dazu mit Uschi Brüning auf Tour zu gehen, ich konnte mir zur damaligen Zeit nichts tolleres vorstellen und was besseres konnte mir wohl auch nicht passieren. Dass es dann mit Lakomy weiterging, er mir richtige Lieder schrieb, ich mit einem mal im Radio gespielt wurde, das war der nächste Schritt. Das war einfach alles toll. Jede Etappe für sich. Lackys Lieder waren schon ganz tolle Sachen. Er versteht es wie kaum ein anderer, Texte umzusetzen und das einfach und singbar zu machen und dabei nie banal zu werden. Da lasse ich auf ihn gar nichts kommen. Aber musikalisch, den letzten Punkt aufs i zu geben, da war mir Andreas Bicking zum Beispiel näher. In gewisser Weise war das mit Obelisk der musikalische Höhepunkt in einer Band. Zumindest ist für mich Andreas Bicking der Musiker, der Bandleader auf der Bühne, der so souverän eine Band leiten kann. Ein begnadeter Arrangeur und Komponist - das war schon was ganz Besonderes. Da passte eine Zeit lang fast alles. Als er dann zu Stern ging, hab ich ooch gedacht: 'Ne- das findest du im Osten nicht nochmal, jetzt kannst du eigentlich nur zurück gehen...', und das wollte ich nicht. Wir hätten Obelisk sicher noch 'ne Weile erfolgreich weitermachen können, aber ich kann Andreas schon verstehen. Da wir ja alle eingesperrt waren und nicht so richtig reisen durften, haben sich immer wieder die besten Musiker zu den großen Bands abwerben lassen. Dieses Damoklesschwert hing immer über den Bands. Für mich war's ganz schlimm. Dass Andreas zu Stern gegangen ist, das war für mich 'ne (überlegt einen Augenblick) - ja, 'ne Katastrophe. Auch seelisch. Das hab ich nicht gut verkraftet. Aber dann hab ich mir gesagt - OK, gehst du halt einen neuen Weg. Ich war mir wie gesagt fast sicher, nicht so leicht wieder jemanden mit der Klasse Bickings zu finden, ich war auch die ganzen Sorgen um die Anlage leid, die tollen Parolen und diese ganze Selbstbeweihräucherung, das hing mir alles irgendwie zum Halse raus, und so bin ich dann meinen neuen Weg gegangen. Ab in den Westen. Und wie gesagt, ich war ja nie weg von der Bühne. Das ging immer irgendwie vorwärts.

 

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Mit welchen Vorstellungen bist du in den Westen gegangen?
Ohne jede Vorstellung, was da kommt, wie das werden wird. Ich hab das einfach auf mich zukommen lassen. Dass ich dann im Theater des Westens landete, war wieder ein Glücksfall. Da gab's erst mal nur Sonnenschein. Das war die Dreigroschenoper, in der ich die Lucy mit großem Erfolg gespielt habe. Meine erste große Sprechrolle, natürlich mit dem dazugehörigen Gesang, der geradezu bejubelt wurde. Und das war die erste Zusammenarbeit mit einem Riesenensemble, ganz tollen Schauspielern vom Burgtheater, vom Bremer und Kölner Schauspiel, wie Traute Hoess, die heute am Berliner Ensemble spielt. Etwas ganz Neues für mich. Irgendwie war ich da nochmal sowas wie der Geheimtipp. Der Regisseur, Günther Krämer, der an großen Häusern wie der Metropolitan inszeniert, fand mich toll und vertraute mir diese Rolle an. Das war für mich ganz irre. Und so kam ich dann auch bis nach Tokio mit der Rolle. Im Grunde liegt da der Beginn meiner schauspielerischen Aktivitäten, auch wenn ich schon vorher immer mal ein paar Ambitionen hatte und ja auch die beiden Filme gedreht hatte. Mit der Lucy hab ich richtig Blut geleckt, was die Schauspielerei angeht.

 

In Berlin gibt es aber noch eine zweite wichtige Station. Die Stachelschweine...
Das war später. Ich war da als Pianistin. Das war eine Geschichte, die ich von Kuno übernahm, der da nicht nur spielte, sondern auch einige Lieder für das Kabarett schrieb. Er ist ja nicht nur ein fabelhafter Sänger und Pianist, sondern ein ebenso toller Komponist. Mein ehemaliger Mann, Udo Weidemüller, spielte bereits mit Kuno in der Band der Stachelschweine. Und als Kuno irgendwann so viel anderes zu tun hatte, dass er den Job nicht mehr schaffte, hat er ihn mir quasi übergeben. Da hab ich sehr lange Klavier dafür geübt, um das alles einigermaßen wie Kuno hinzubekommen (lacht). Er ist eben ein sehr guter Pianist und ich war ewig raus. Und im Kabarett musst du situativ begleiten können, da wird in alle Töpfe gegriffen. Man muss Blues, Jazz, Schlager und Volkslied gleichermaßen spielen können, aber auch mal klassische Stücke oder einen Walzer drauf haben. Das ist sowas wie die hohe Schule. Und ich hatte danach das Gefühl, notfalls kannst noch als Barpianistin arbeiten (lacht).

 

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Was denkst Du, hebt Dich möglicherweise von anderen Sängerinnen damals, möglicherweise auch heute, ab?
Zunächst mal bin ich Angelika Mann. Ich leide nicht wirklich an Minderwertigkeitskomplexen (lacht). Und dann war ich natürlich immer die kleene, runde Nette. Ich war niedlich. Die niedliche Lütte eben, die nicht ins Raster passte. Weder musikalisch noch vom Schönheitsideal der Musiker und Plattenmenschen. So zogen dann auch immer die großen, schlanken Blonden an mir vorbei und hatten viel eher 'ne eigene Platte (lacht). Aber ich bin eben immer noch auf der Bühne. Mein Markenzeichen ist wohl die sehr hohe Bruststimme. Dadurch komme ich ganz voll in die Höhen, so bis zum hohen e oder so, wo andere längst mit der Kopfstimme singen müssen, was ganz anders klingt.

 

Mit solchen künstlerischen Qualitäten bist Du ja nicht ganz allein gewesen. Wo siehst Du Ursachen, dass Künstler wie Du, Christiane Ufholz oder Uschi Brüning und Barbara Talheim und wie sie alle heißen so selten in den Medien vorkommen?
Zum einen wäre das ja noch ein wenig verständlich, wenn stattdessen junge Leute aus dem Osten in den Medien präsent wären. Aber die sind es ja auch nicht. Und dann ist da diese ganze Ignoranz und die Dominanz von Leuten, die sich nie mit der deutschen Musikgeschichte, schon gar nicht mit der der DDR, beschäftigt haben. Das ist einfach erschreckend. Dann gibt es da eine unglaubliche Ost-West-Trennung quer durch alle Medien. Mir sagte unlängst jemand, der eine größere Geschichte zu meinem Jubiläum machen wird: "Frau Mann - ich kenne sie ja nun seit Jahren aus dem Westen, wo sie von Stuttgart über Köln bis Berlin auf der Bühne gestanden haben und immer wieder stehen. In den Medien werden sie dennoch immer in dem Stil behandelt - na ja die kommt aus dem Osten. Dafür interessiert sich hier eh keiner." Das ist zum einen wie ein Makel und zum anderen ist es Unsinn. Denn im Grunde lebe ich seit 24 Jahren im Westen und arbeite hier. Dass es den Zuschauern wohl meist gefallen hat, das ignorieren die meisten zudem. Du wirst immer wieder in den Topp gesteckt: Osten = uninteressant. Ich selbst bin aber alles. Ost, West, Nord, Süd. Ansonsten Berliner.

 

Lass uns mal spekulieren: Was muss passieren, um die ganzen großen Namen der frühen Jahre nochmal zusammen auf eine Bühne zu bekommen?
Das ist wirklich rein spekulativ. Weil das zu planen ist fast nicht möglich. Das ist ein Riesenaufwand. Sowas muss sich ergeben, da braucht es vielleicht wieder einen Anlass. Der eine oder andere Kollege hat ja so etwas gemacht. Ich selbst habe vor fünf Jahren alle nochmal zusammen getrommelt. Mit Band. Bicking hat die geleitet, Franz Bartzsch stand mit auf der Bühne. Das war geradezu ein Traum, hat aber unglaublich Energie und Arbeit gekostet. Wie gesagt, da musst du dich richtig dahinter hängen, sonst wird das ein Fiasko. Und keiner kann dir garantieren, dass das gut geht. Ich hatte Glück. Alle die ich angesprochen habe sind aus Spaß an der Sache dabei gewesen. Holger Biege, Vroni, Uschi Brüning, Thomas Nikolai, Lacky war da und und und... Das war schon 'ne große Sache. Richtig, richtig gut. Ein richtiger Traum. Wir haben es sogar geschafft, die Wühlmäuse mehrmals auszuverkaufen. Ob ich das allerdings nochmal machen würde? Die Zeit hätte ich im Augenblick gar nicht. Von dem Geld, was das kostet, mal ganz zu schweigen.

 

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Was sagst Du zu Formaten wie DSDS?
Selbst schuld! Wer da hingeht und sich bis in die Finalshows durchsetzt, muss wissen, was er tut, muss sich wirklich reinhängen. Die musikalischen Fähigkeiten sind da eher zweitrangig. Man muss sich mal vor Augen halten, was da geschieht. Bohlen ist ja ein ausgeschlafenes Kerlchen, das ist doch ein cleverer Geschäftsmann. Und da der Mensch an sich nun mal ein Voyeur ist, er sich auch über anderer Leute Schaden durchaus freut, niest er da munter die Leute zusammen. Wenn dann noch jemand mit solchen Glocken kommt, dann lassen sie die noch läuten und die Masse sitzt davor und lacht sich eins. Haahaao... Was soll ich also davon halten? Nichts! Übrigens weiß ich ein wenig, wovon ich rede. Weil Rike, meine Tochter, eine nicht ganz schlechte Sängerin (leicht untertrieben - Ulrike Weidemüller sang unter anderem im Chor von Vroni Fischer und hat 'ne wirklich tolle Stimme, Anm. d. Verf.), hat sich den Spaß gemacht und ist mal zu so 'nem Casting gegangen. Vielleicht hat man ihr angesehen, dass sie eigentlich nicht wirklich in die Show wollte, jedenfalls hat sie schon die erste Runde nicht überstanden. Nicht schön genug, zu schräge Liedwahl, nicht die richtige Ausstrahlung - keine Ahnung, warum sie rausflog. Aber böse war niemand drüber. Wobei man fairerweise sagen muss, wir hatten früher auch Talentwettbewerbe. Aber da ging's um Musik und Können und nicht um Show und die Jury. Natürlich kann diese augenblickliche Publicity ein Weg zum Ruhm und in das Musikgeschäft sein, aber dann müsste man das wohl etwas anders machen. Und eins ist nun mal Fakt: Am besten lernt man dieses Geschäft live auf der Bühne. Und die jungen Leute haben heute eher wenig Möglichkeiten aufzutreten. Bei allem was man so studieren kann, die Praxis ersetzt das nicht. OK. Wichtig ist, dass man eine ordentliche Technik hat, damit man nach einem ganzen Abend nicht seine Stimme verloren hat. Aber ansonsten kann die Devise nur heißen: Raus, raus, raus. Kontakt zum Publikum, Blickkontakt aufbauen um ein Feedback zu bekommen, Zusammenarbeit mit Musikern, daran entwickelt man sich. Das alles ist ja in gewissem Maße bei diesen Sendungen gegeben, aber solange die Finalteilnehmer, die vor Publikum mit Band auftreten, zur Belustigung des Fernsehpublikums verheizt werden, anstatt Musik zu präsentieren und etwas zu lernen, solange kann das eigentlich nicht gut gehen. Dass es anders gehen kann, wobei da auch das Skurrile gewissermaßen im Vordergrund stand, bis die Leute musikalisch überzeugt haben, dass zeigt England mit Paul Potts und der Frau, die dieses Mal Klassik singt. Die mögen nicht Caruso oder die Kallas sein, aber 'ne reelle Chance im Musikgeschäft haben sie auf Grund ihres Talents wohl doch. Was ich aber noch weit schlimmer finde als dieses Format, das ist diese unsägliche Sendung, in der Babys wie Spielzeug an irgendwelche Jugendliche gegeben werden, die sich dann einen Tag um sie kümmern sollen (Erwachsen auf Probe- Anm. d. Verf.) und dabei gefilmt werden. Das ist ja geradezu pervers. Da frage ich mich, wer sich so etwas ausdenkt und welche Eltern ihre Kinder dafür hergeben. Das gehört verboten, die Macher und die Eltern bestraft. Die Medienwelt wird irgendwie immer verrückter, weil es immer mehr gibt, die sich derartigen Schwachsinn antun.

 

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Wie bekomme ich jetzt die Kurve zurück zu freundlicheren Themen? Vielleicht so: Wenn man Lütte ein Geburtstagsständchen mit ihren eigenen Liedern machen wollte, welche sollte man spielen?
So schön sie sein mögen - nicht den "Champagner", den spielt ja jeder. Auch nicht "Ich esse für mein Leben gern" - toller Song, aber ich hab gerade 30 Kilo abgenommen und halte mein Gewicht. Das große Fressen ist vorbei, wobei ich ganz und gar nicht hungere oder sowas. Ich habe eine spezielle Eiweißdiät gemacht und das hat ganz fabelhaft geklappt. Dazu gehört jetzt nach einigen Monaten eine ausgewogene Ernährung und auch 'ne ordentliche Portion Bewegung. Eben ein ganz normales Leben. Also nicht essen... Ähnlich ist das mit den Babys. Aus dem Alter bin ich raus. Obwohl... wenn ich an Jopi Heesters denke, dann denke ich mir manchmal - ich hab ja noch fast nochmal so viel vor mir, wie ich jetzt auf den Bühnen hinter mir habe (lacht). Aber das mit den Babys überlass ich anderen. Ja was spielt man mir also? Ein ganz tolles Stück ist, so finde ich, "War die andre wieder da". Da schrei ich so schön rum. Das ist 'ne richtig starke Rocknummer. Dann ist da vielleicht das Knutschlied, das mir immer sehr am Herzen lag. Dann gibt's da ein Lied von Frank Golischewski, "Wenn du jetzt gehst". Ein tolles Lied mit einem fantastischen Arrangement von Andreas Bicking. Ja und mein Lied ist ja nun mal neuerdings die Mary Stuart. Und weil ich ja nun nicht mehr so taufrisch bin - ein sehr schönes Lied ist auch "Ich bin nicht mehr werberelevant".

 

Bleibt eine Frage. Was macht Mary Stuart?
(lacht) Die hofft immer noch, dass ich sie mal spielen kann. Von diesem meinem Herzenswunsch hat immer noch niemand Kenntnis genommen und es ist mir noch kein Angebot zugegangen. Aber immerhin spiele ich ja ernsthaft Theater. Eben den Frosch in der Fledermaus, was ja durchaus eine schöne Rolle ist. Eine reine Sprechrolle, keinen Ton zu singen, nur rumzugröhlen. Schön besoffen auf der Bühne rumzutorkeln macht schon Spaaaß. Ja und was meine Mary angeht, die wird wohl weiter singen. Dass das mal klappt, glaub ich gar nicht so recht, denn das Stück wird ja so häufig nicht inszeniert. Ich wäre ja auch mit anderen Rollen schon zufrieden. Zum Beispiel mit der Mutter Wolfen im Biberpelz. Da gibt es große, große Vorbilder, Marianne Wünscher hat das ganz toll gespielt. Sowas würde ich gern mal machen. Vielleicht kommt ja jemand drauf, das mit mir zu machen. Ich bin da gnadenlos optimistisch, dass das nochmal klappt.

 

Dann, liebe Angelika, bedanke ich mich ganz herzlich für die Zeit, die Du uns gewidmet hast und für die ehrliche Antworten auf alle Fragen. Ich wünsche Dir eine große Premiere und einen unvergesslich schönen Geburtstag vor ausverkauftem Haus. Wie sagt man? Toi, Toi, toi.

 

Interview: Fred Heiduk
Bearbeitung: kf, cr
Fotos: Juliane Schein, Frieder Krenzlin, Angelika Mann privat + Pressematerial

 

 


   
   
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