Paule POND:
Musiker - Manager - Macher
oder: Wie organisiere ich Konzerte?
Ein Beitrag von Wolfgang Fuchs (POND) aus dem Monat Januar 2012. Fotos: Redaktion
Musiker - Manager - Macher
oder: Wie organisiere ich Konzerte?
Ein Beitrag von Wolfgang Fuchs (POND) aus dem Monat Januar 2012. Fotos: Redaktion

Erstens: Man wird freiwillig von einem Veranstalter eingekauft - ist aber äußerst selten! Zweitens: Man hat einen Manager oder eine Agentur - aber wer hat das schon? Drittens: Man nimmt das Booking selbst in die Hand! Prima, das mach' ich und spare einen Haufen Geld!? Das mit dem Manager wäre nicht schlecht. Aber wer will schon eine Band unter Vertrag nehmen, die niemand kennt oder zumindest am Anfang der Karriere steht? Und wenn man dann doch das Glück hat, von einer Agentur/einem Manager betreut zu werden, wird man schnell feststellen, dass dies doch nicht ganz so toll ist. Man bekommt - wenn überhaupt - nur eine Mini-Gage, da das Risiko der Manager trägt und dieser seine Unkosten so gering wie möglich halten will. Bleibt also nur die Variante übrig, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Wenn man vorher wüsste, was man sich da übergeholfen hat, würde man es schnell wieder sein lassen. Aber entweder ...oder!
Ich entscheide mich aber immer mehr zu der 'oder-Variante'. Das heißt: Ich bin selbst der Veranstalter - mit allen Pflichten und Rechten, muss mich somit um fast alles alleine kümmern. Das ist ein Unterfangen und bedarf viel Lust und Laune, Energie, Ausdauer, starke Nerven, Geld und, und, und... Zuletzt habe ich ein Konzert in Dresden am 14. Oktober 2011 auf die Beine gestellt, und gebe an dieser Stelle einen Einblick in die Vorbereitungen zu so einem Event und das Geschehen hinter den Kulissen
Location
Nun muss man erst einmal einen Clubbesitzer, Chef oder Kulturboss finden, der Deine Combo für toll befindet und Dich buchen will. Klasse, da gibt es doch tatsächlich jemanden, der dies tun will, warum auch immer. Da heißt es dann doch wachsam sein und skeptisch nachfragen. Oder ist dies doch eine Falle? Ein Termin ist auch nach langem Hin und Her gefunden! Nun wird das Prozedere abgesprochen, wie die Veranstaltung durchgeführt werden soll.
Geld
Entweder Du spielst gegen die Tür. Das heißt, dass Du eine bestimmte Prozentzahl vom Eintrittsgeld bekommst, dafür die vorhandene Ton/und Lichtanlage benutzen kannst und das Catering frei ist. Oder, Variante 2: Du bezahlst eine Miete und der Laden gehört Dir für einen bestimmten Abend,

Plakate
Nun geht die eigentliche Arbeit erst richtig los. Der potentielle Konzertbesucher und Fan in spe muss jetzt erstmal wissen, dass dein tolles Orchester an diesem Ort, an diesem Tag und zu dieser Uhrzeit spielt. Die PR-Maschinerie wird in Gang gesetzt. Für die Werbung sind unbedingt Plakate in DIN A1 erforderlich. Diese müssen erst noch entworfen werden. Ein aussagekräftiges Foto plus die Daten, "wann, wo, warum und Uhrzeit", werden in ein Layout eingebaut und via Internet zur Druckerei geschickt. Was hier so einfach klingt ist eine ziemlich komplizierte Angelegenheit, in der viele technische Parameter berücksichtigt werden müssen. Am besten ist es, wenn man eine Werbeagentur damit beauftragt.
Flyer
Sind die Poster endlich fertig, müssen diese eventuell in einer Nacht-und Nebelaktion, am besten in Verkleidung mit Augenbinde und Hut, 'schwarz' an Bretterzäune und Hauswände angeklebt werden. Wehe dem! Das ist streng verboten und kann sehr teuer werden. Also dann doch lieber eine Profi-Firma engagieren, was aber noch teurer wird. Aber anders geht es eben nicht. Zusätzlich können nochmal Flyer in Postkartengröße hergestellt werden lassen, die das Plakatmotiv abbilden. Verteilt werden die Flyer dann in verschiedenen Locations wie Clubs, Pubs und dem zukünftigen Auftrittsort.
Banner
Zusätzlich hatte ich noch ein Banner 2 mal 3 Meter (früher:Transparent) anfertigen lassen, welches an einer exponierten Stelle angedübelt wurde. Diese Stelle war so exponiert, dass es nur wenige Tage hing. Schade um die 80,00 Euro, vielleicht war es wohl ein Fan? Für das Wohnzimmer sicher zu groß.
Funkwerbung
Dank eines einheimischen Autohauses konnte ich mir eine professionelle Funkwerbung leisten. Diesen Jingle produzierte ich natürlich selbst in meinem Studio. Mit fast 2000,00 Euro aber eines der teuersten Posten im Budget, wenn es keinen Sponsoren gibt. Immerhin lief der Spot 20 mal zu unterschiedlichen Zeiten im Zeitraum einer Woche im bekannten Stadtsender und wurde so von tausenden potentiellen Besuchern gehört.
Presse
Presse ist ganz wichtig und wenn man es clever anstellt auch fast kostenlos! Also ran an den Speck. Eine kleine Anzeige in der größten Lokalzeitung kostete rund 250,00 Euro. Wahnsinn! Diese, in Visitenkartengröße, fällt natürlich kaum auf, weil Tausend andere bunte Bilder drumherum platziert sind. Also lieber etwas Lukrativeres aussuchen. Sich den für diese Zeitung zuständigen Redakteur für die Kulturseite geben lassen, und auf die in Auftrag gegebene Anzeige ansprechen. Wenn man Glück hat schreibt der Mann auch ohne eine geschaltete Werbeanzeige einen Bericht. Ich hatte Glück. Er verfasste eine halbe Zeitungsseite, die äußerst wirksam war und kaum etwas kostete.

Auch im Internet in den verschiedenen Foren wurde auf das Konzert hingewiesen . Einige Leute reagierten sofort und posteten ihre Meinung dazu."Wusste gar nicht, dass es Euch noch gibt" und andere aufbauende Kommentare. Aber dieses Medium ist heutzutage enorm wichtig. Darum verkaufe ich heute mehr Alben im Netz - durch Download und auf CD über meinen Onlineshop - als über Plattenläden und andere Bezugsquellen (außer vielleicht noch vor Ort bei einem Konzert). Ich war schon vor etlichen Jahren der Meinung, dass man auch keinen Deal mit irgendeiner Plattenfirma braucht. Aus diesem Grund sind alle meine POND-CDs nur bei mir über mein eigenes Plattenlabel PONDerosa Records zu bekommen.
GEMA
Nun bin ich ja nicht nur der ausführende Künstler, sowie Leiter und Lenker meiner Technikcrew, sondern in diesem Falle auch Veranstalter. Darum muss ich der GEMA vorher meine Absicht bekunden, dass ich ein Konzert durchführen will. Es müssen etliche Formulare ausgefüllt werden mit den Angaben, wie groß der Raum ist, wie viele Personen hinein passen, wie hoch der Eintritt ist, ob dort auch Essen serviert wird oder ob nur Musik vorgetragen wird, ob es nur ein Konzert ist oder "Konzert mit Tanz" und, und, und.... Und wieder kommen Zweifel auf, ob man sich dem stellen muss. Kurz darauf kommt eine Rechnung/Vorkalkulation in Höhe von über 500,00 Euro, und die Zweifel werden noch größer.
Miete
Wenn ich also als Veranstalter fungiere, miete ich den Konzertsaal mit einigen Optionen wie die Ton- und Lichtanlage, den Eintritt sowie den Kartenverkauf und die Garderobenbetreuung. Dabei ist dies von Ort zu Ort unterschiedlich und oft als zusätzliche Extras zu bezahlen. Jedenfalls ist die vereinbarte Garantiesumme oft schon im Voraus zu bezahlen, egal ob nun 10 Leute kommen oder 500. Bitte, bitte, lieber 500 Zuschauer. Bei einem meiner ersten Konzerte der 'Neuzeit' lag die Miete bei ca. 2.000,00 Euro. Also kalkuliere: 500 Leute gehen rein, mal 30,00 Euro Eintritt sind gleich 15.000,00 Euro! In Worte: Fünfzehntausend Euro! Wahnsinn. Schon besteht der Wunsch den Laden an zwei Tagen zu mieten: gleich 30.000,00 Euro! Wo ist der nächste Schmuckladen, oder doch gleich ins nächste Autohaus und eine Anzahlung für den Ferrari machen? Zurück ins wahre Leben und den Tatsachen ins Auge geblickt. Wenn eine Karte 30,00 Euro kostet, sind erstmal schon rund 5,00 Euro für den Dienst einer deutschlandweit agierenden Kartenvorverkaufsagentur weg. Fast weitere 5,00 Euro für den Vermieter, der auch seine Kartengebühr für Logistik, Kartenverkauf, Abendkasse, Garderobe u.ä. abzieht. Um Selbstbetrug vorzubeugen muss ich noch die Mehrwertsteuer abziehen und schon bleibt nicht mehr viel übrig, denn die Miete drückt das Restgeld enorm. Natürlich brauche ich nicht zwei Tage den Saal mieten, ja es kommen auch keine 500 Leute, sondern erheblich weniger. Im Übrigen spielen im gleichen Ort - vor und nach meinem Konzert - die Creme de la Creme der Rock und Popszene. Warum soll man zu POND gehen, wenn auch Jean Michel Jarre, Paul McCartney, Rammstein und andere Publikumslieblinge auftreten? Das Geld bei den Leuten sitzt nicht mehr so locker, da ist Entscheidung gefragt. Fast immer nicht für, sondern gegen mich (oooohhhh). Aber damit bin ich nicht allein, denn jeder Künstler und jede Band muss sich der internationalen Konkurrenz stellen, und das ist auch gut so. Die Zeit der sozialistischen Planwirtschaft ist vorbei (siehe POND-Buch).

Nun ist ja meine Technikcrew, die ebenfalls bezahlt werden möchte, auch noch da. Ein Haupttechniker, der sich auch um den Anlagentransport kümmert und das Licht macht. Ein Bühnen-Roady, der beim Aufbau hilft und auch mit Licht und Projektion beschäftigt ist. Und nicht zu vergessen: der Tonmann. Gern leiste ich mir einen professionellen Tontechniker, den ich dann aber auch aus eigener Tasche bezahlen muss. Das gleiche gilt auch für 'meine' Lasershow. So kommt schnell eine vierstellige Summe im mittleren Bereich zustande.
Merchendise
Endlich mal ein Posten, mit dem man richtig viel Geld verdienen kann. Schon bin ich im Geiste wieder im Autosalon. Aber halt! Bevor man etwas verkaufen will, muss es erst produziert werden: Der Tonträger! Das trifft sich gut, denn ich bin ja nicht nur Musiker, Komponist, Texter, Arrangeur, Produzent, Layouter, Kapellenleiter, Veranstalter, Gema-Beauftragter, Internetspezialist, Pressetexter, Rundfunkinterviewer, Plakateschwarzkleber, Geldeintreiber, Kraftfahrer, Hilfstechniker, Roady und Organisator (sprich Manager), sondern auch Label-Chef meiner eigenen kleinen Plattenfirma PONDerosa Records. Also ran an den Speck und eine CD produzieren. Nun habe ich ja auch ein eigenes Tonstudio (kommt noch ein Posten dazu: Tonstudiobesitzer). In diesem produziere ich meine Werke und lasse diese in einem externen Studio noch mastern. Dieses Master wird dann zum Presswerk geschickt, welches davon diesen neuen Tonträger presst. Natürlich muss das Plattencoverlayout noch entworfen werden. Dieser Prozess ähnelt dem vorher beschriebenen komplizierten Vorgang bei dem Plakatentwurf. Auch muss wieder eine GEMA-Liste aufgestellt werden, in der alle Werke vorher angemeldet werden, und eine sogenannte Werkenummer bekommen. Somit kommt wieder eine großzügige vierstellige Summe zusammen, die auch wieder erst einmal 'eingefahren' werden muss. In der heutigen 'Downloadzeit' ein schwieriges Unterfangen, denn der Tonträgerabsatz ist dramatisch eingebrochen. Trotzdem geht es kaum ohne den physischen Tonträger, denn Veranstalter, Medien und nicht zuletzt der wahre Musikfan verlangen danach.
Ja, Ja, es ist - wie gesagt - das schwierigste Gewerbe der Welt. Aber auch eines der Schönsten! Es gibt nichts besseres, befriedigenderes und ausfüllenderes als seine eigene Musik einem Publikum vorzustellen. Seine Musik, das neue Programm, oder eben auch ältere Titel, woran man gar Monate gearbeitet, auf CD veröffentlicht und geprobt hat, dieses nun endlich auf die Bühne zu bringen. Welchen Weg man dazu wählt ist eigentlich egal. Wie zuvor beschrieben gibt es viele. Jeder muss für sich den richtigen, den passenden raussuchen. Schwer genug ist es ohnehin. Wenn man dann aber durch einen kleinen Schlitz im Bühnenvorhang sieht, dass sich der Saal langsam füllt, sind alle Unannehmlichkeiten, Strapazen, Stress und Schwierigkeiten vergessen...
Ich könnte zu jedem einzelnen Posten ausführlicher schreiben und berichten und auch vergleichen, wie es 'früher' war. Aber das hab ich schon detailliert beschrieben in...
![]() Wolfgang Fuchs - staatlich geprüfter Rockmusiker Werdegang, Geschichten und Alltag eines Rockmusikers in der Ex-DDR. Taschenbuch mit 165 Seiten, zahlreichen s/w-Abbildungen und incl. Diskographie. Nachzulesen oder zu erwerben über auf www.pond.de
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