Louis Armstrong und die erste
Stereo-Aufzeichnung "Made in GDR"
Autor: Klaus Schmidt | Fotos: Klaus Schmidt
Hallo allerseits,
ich bin Klaus Schmidt, ein hoffentlich in Ehren ergrauter Toningenieur. Berufslebenslänglich habe ich mich mit dem Verbiegen und Aufzeichnen von elektrisch gewandelten Schallereignissen beschäftigt, und dabei so einige wundersame Dinge erlebt. Vielleicht interessiert es den einen oder anderen doch noch, dass es vor der 5-kanaligen Dolby Digital Technologie schon einfachere Aufzeichnungsverfahren gab, die durchaus musikalische Informationen transportieren, und dem hörbereiten Volk auf die Trommelfelle schießen konnten.
Aber keine Angst, in diesem Stil soll es nicht weitergehen. Vielleicht kann ich Euch einige kleine Stories vortragen, die auch heute noch interessant sind. Irgendwann war ich endlich mit Schule und Studium am Ziel. Beim damaligen DDR-Rundfunk, genauer bei der Studiotechnik Rundfunk, nahm ich in der Übertragungstechnik einen Ü-Wagen in Besitz. Als „junger Wilder“ genügte der natürlich nicht meinen Ansprüchen. In den folgenden Jahren baute ich mit einigen Gleichgesinnten das Teil zu einem Mehrkanal-, sprich Stereo-Wagen, um. Jetzt begann langsam die Zeit der Stereo-Aufzeichnungen und Sendungen. Das ging allerdings nicht ohne Widerstand der älteren Kollegen ab, die teilweise wichtige Zeitdokumente noch auf Wachsmatrizen schnitten. Auch wenn jeder Mensch aus guten Gründen zwei Ohren hat, lebten diese Kollegen eben noch in der Zeit der historischen „Volksempfänger“. Die Berechtigung des eingeschlagenen Weges ließ sich daher nur durch möglichst spektakuläre Produktionen belegen.
Der Gott der Stereofonie war mir freundlich gesinnt. Er schickte mir gleich ein absolutes Highlight vor die Mikrofone: Louis Armstrong and his All Stars trat am 22.07.1965 im alten Berliner Friedrichstadtpalast auf. Dazu ist noch zu bemerken, dass die damalige DDR-Staatsführung plötzlich ihr Interesse an internationalen Events entdeckte. Auch weitere Veranstaltungen standen bevor: Ella Fitzgerald, Kenny Ball, Chris Barber, Papa Bue’s Viking Jazzband und, und, und. Großer internationaler Glamour, aber keine Kohle, sprich harte Devisen, um die Auftritte bezahlen zu können. Der Ausweg? Armstrong bekam keine Gage sondern ersatzweise eine Segelyacht "Made in GDR".
Uns Tonleuten konnte es nur recht sein. Also Louis rückte an, Einbau im alten Friedrichstadtpalast. Technische Probe gab es nicht. Also Regler hoch und Ohren auf: Zwei Konzerte reichten für die Aufzeichnung, die heute noch bei mir vorhanden ist. Ein Haar gab es noch in der Suppe: Der neuen Technik „Stereofonie“ traute noch kein Produzent. Vor allem die Kompatibilität zu einer Monofassung wurde in Zweifel gestellt. Es rückte daher noch ein zweiter Übertragungswagen an, der eine herkömmliche Monofassung parallel zu uns realisierte. Interessant war dann aber die Endauswertung. Die kompatible Stereofassung war der Monofassung hoch überlegen. In der Zwischenzeit wächst sicher schon Gras auf dem Grab von „Satchmo“. Seine Musik wird jedoch sicher nicht so schnell vergessen werden.