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"Lichtstrahl" Ariola / SONY 23. Juli 2010 1. Im Himmel ist der Teufel los (Album Version) |
Kenner und Fans wissen, dass Andreas Martin zu den Schlagersängern gehört, die in ihren Liedern stets Anspruch und Zeitgeist so verknüpfen, dass sie nicht nur die typischen Schlagerfans hören und mögen. Ein untrügliches Zeichen dafür ist auch die Tatsache, dass sich Künstler wie z.B. Juliane Werding und Nino de Angelo, also Künstler, die weit weg vom Einheitstrallalla der Schlagerszene anzusiedeln sind, von ihm schon Songs haben schreiben lassen. Natürlich bedient er auch fleißig die Herzschmerz-Schiene, was auf den ersten Blick auch nicht unbedingt etwas Schlimmes ist, äußerte sich in seinen Songs aber auch immer wieder zu sozialkritischen und gesellschaftlichen Themen.
Seine große Klasse als Sänger und Komponist zeigt er auch 2010 mit seinem Album "Lichtstrahl". Auf der CD finden sich gelungene, melodiöse Kompositionen, die der Künstler mit modernen Arrangements versehen hat. Er trifft damit nicht nur den Zeitgeist, sondern hält dabei auch sein seit vielen Jahren auf hohem Niveau befindliches Level. Hier gibt's keinen Kitsch, hier gibt's erstklassige Textdichtkunst. Hier gibt's keinen musikalischen Einheitsbrei, sondern melodiöse und tanzbare Popmusik mit Gute-Laune-Garantie. Empfindet man heutzutage bei sehr vielen Schlagerproduktionen ein volles Pfund Fremdscham ob der nicht selten hochnotpeinlichen Texte, fühlt man sich bei Andreas Martin gut aufgehoben. Er spricht seinen Hörern aus dem Herzen und weiß, wie er, ohne extrem ausgelutschte und bis zur Schmerzgrenze überstrapazierte Liebeserklärungen von der Stange zu verwenden, seine eigenen und immer wieder anders klingenden Formulierungen findet. Er hat ein Händchen für die richtigen Worte zur richtigen Zeit! Der Opener "Im Himmel ist der Teufel los" ist nur ein Fingerzeig auf das, was den Hörer bei den folgenden 15 Songs erwartet. Mit dem Flippers-Klassiker "Aber Dich gibt's nur einmal für mich" hat er sich an einen ziemlich kitschigen Song aus den 60ern heran getraut, dem er mit modernen Arrangements und flotter Interpretation nicht nur neues Leben eingehaucht, sondern auch auf ein ganz anderes Niveau gehoben hat. Beim ersten Studieren bekommt man bei Track 7 einen gehörigen Schreck, wird man beim Liedtitel "Was geht ab" doch schnell an dieses unsägliche Machwerk der "Atzen" und dem eher stümperhaften Versuch der Gruppe BBQ, diesen in einer anderen Musikrichtung zu covern, erinnert. Doch der Schreck ist schnell vorbei wenn man hört, dass es keine weitere Coverversion, sondern eine wunderschöne Ballade mit Gänsehautgarantie von Andreas Martin ist. Ein weiteres Highlight ist der Song "Ich glaub immer noch an Liebe", einer optimistische Ballade, in der der Künstler eingangs erwähnte Gesellschaftskritik in Liedform bietet. Es geht um die Botschaft, den Glauben an die Menschheit nicht zu verlieren, trotz all der Widrigkeiten, Falschheiten, Boshaftigkeiten und Egoismen in der Gesellschaft ("Ich glaub, dass die Lüge gegen die Ehrlichkeit verliert"), und die Aufforderung, nicht aufzugeben. Auch in "Wird Zeit" steckt eine kritische Botschaft. Andreas Martin singt über ein Haus, in dem "oben" ein Banker, ein Politiker und Millionäre mit einem Nummernkonto in der Schweiz wohnen, die sich gegenseitig die Bälle zuspielen. "Unten" hingegen wohnen Leute wie Du und ich, die denen da oben zu lange vertraut haben. Die Aussage hier ist deutlich: "Wird Zeit, ein neues Haus zu bau'n, für die Menschen, denen wir vertrau'n", zu denen besagte Bewohner der oberen Etagen Dank Bankenskandal, Wirtschaftskrise und Geldgier nicht mehr gehören. Freunde von "Maxi Versionen" bekommen am Ende mit dem "Disco Fox Mix" und der "Langen Version" des Titels "Im Himmel ist der Teufel los" noch einen appetitlich angerichteten Nachschlag - quasi eine "Zugabe".
Unter'm Strich ist "Lichtstrahl" in der Tat ein "Lichtstrahl". Schlagerfans machen seit Jahren einen Luftsprung, wenn Andreas Martin ein neues Werk veröffentlicht. Martin ist erfrischend anders und immer wieder für Überraschungen gut. Auch "Lichtstrahl" ist so eine Überraschung! Musikalisch wird der Künstler nicht älter, und steht nicht auf einem Fleck, sondern entwickelt sich kontinuierlich weiter. Seine romantischen, gefühlvollen aber manchmal auch kritischen Texte nimmt man ihm ab. Er ist glaubhaft und ehrlich und wenn man ihn auf Konzerten erlebt hat weiß man, dass er der Typ von nebenan geblieben ist. "Lichtstrahl" bekommt von mir eine Empfehlung für all die Musikfreunde, die gerne mal einen gepflegten Schlager mit Tiefgang hören.
(Christian Reder)
