karuhab 20121220 1391665472 Titel:
Label:
VÖ:

Titel:

"Habse(e)ligkeiten"
Monopol / DA Music
Juli 2010

1. Habse(e)ligkeiten
2. Zweitgesicht
3. Stern der Liebe
4. Lieb' ein Mädchen

Es gibt Bands, die reden viele Jahre darüber, neue Songs aufnehmen und neue CDs veröffentlichen zu wollen. Oft kommt am Ende nichts dabei heraus und wenn doch, wünscht man sich, sie hätten es sich geklemmt. Still und leise verhalten sich dagegen die Herren von Karussell. Sicher, den Wunsch, eine neue CD zu veröffentlichen, haben sie schon laut geäußert, aber sich nie auf einen Zeitpunkt festnageln lassen. Von nichts und niemandem. Damit scheinen sie wohl richtig gefahren zu sein und sich so jeglichem Druck entledigt zu haben. Seit ihrem Comeback im ersten Quartal 2008 spielen Wolf-Rüdiger Raschke und die Nachtigall Reinhard "Oschek" Huth mit neuen Kollegen zusammen und gaben auf den Bühnen des Landes wieder mächtig Gas. Einen ersten Vorgeschmack auf neue Töne gönnten uns die Karusseller bereits im vergangenen Jahr mit der "Maxi 2009", auf der sie vier ihrer Klassiker in neuem Soundgewand präsentierten. Ganz neue Töne kann man sich jetzt auf Maxi CD kaufen, denn die Scheibe "Meine Habse(e)ligkeiten" ist seit Juli d.J. zu haben.

Wie eingangs erwähnt, ist die Gefahr einer Enttäuschung riesengroß. Nicht jede neue CD einer alten Band hält, was sie verspricht. Da haben sich schon einige Herren kräftig einen abefiedelt und am Ende bei den Fans enttäuschte Gesichter hinterlassen. Was einem aber bei den vier Titeln der neuen Karussell-CD um die Ohren weht, ist ganz große Klasse! Schon beim ersten Ton muss man gar nicht lange raten, welcher Künstler bzw. welche Band da spielt. Man hört die Gruppe sofort heraus. In gewohnter Karussell-Tradition haben die Musiker einen Song zusammengeschraubt, der perfekt zum '75er Text Kurt Demmlers passt. Die Komposition kommt von Oschek und knüpft da an, wo die starke Phase der Formation in den 80ern endete. Beim zweiten Song darf sich Raschke jr. endlich auch als Komponist und Texter zeigen. Auf der Bühne haut er mit seiner Präsenz und seiner Spielweise seit zwei Jahren stets das Publikum von den Socken, hier bringt er uns mit "Zweitgesicht" auch seine kreative Ader zu Gehör. Im Text erzählt ein psychisch Kranker über das "zweite Wesen" in ihm, das unangemeldet und unerwünscht auftaucht und alles durcheinander bringt ("Du brauchst es nicht, Du willst es nicht, und trotzdem ist es da"). Dabei nutzt Raschke die bildliche Sprache für die Beschreibung dieser Psychose so perfekt, dass man den Psychschrembel getrost in den Papierkorb werfen kann. Musikalisch in feinster Deutschrockmanier daher kommend, ist "Zweitgesicht" eine wahre Perle und ein gelungenes Debüt für den Raschke-Nachwuchs in Sachen Komposition, Texterei und Gesang (zumindest auf Tonträgern) geworden. Im Anschluss wird's ruhiger, wenn uns Oschek auf seinen "Stern der Liebe" entführt. Auch hier liegen Komposition und Text in der Hand eines einzelnen Karussell-Musikers. Diese ruhige Gitarrennummer mit Gänsehautgarantie dürfte live für reichlich Feuerzeug- und Wunderkerzeneinsatz sorgen. Wunderschöner Text zu wunderschöner Musik, einmalig vorgetragen von der nach wie vor glasklaren und sehr beeindruckenden Stimme von Reinhard "Oschek" Huth. Als vierten und letzten Titel hat die Karussell-Brigade einen Song von 1980 neu arrangiert. Einst von Claus Winter komponiert und mit einem Text von Kurt Demmler versehen, wußte "Lieb ein Mädchen" schon einmal zu überzeugen. Jetzt in der instrumental sehr schlicht gehaltenen Fassung von 2010 wippt der Fuß fleißig im Takt und der Hörer läßt die Herren von Karussell mit Satzgesang und großer Power auf sich wirken. Es erinnert an die starken Stücke der Prinzen und zeigt Karussell von einer weiteren interessanten Seite.

Alles in Allem macht es "Habse(e)ligkeiten" den Radioredakteuren sehr schwer, an Karussell vorbei zu kommen. Jeder der vier Titel ist radiotauglich, ein echter Ohrwurm und jederzeit wiedererkennbar. Wenn das die Gruppe Karussell im neuen Jahrtausend ist, dann hat sich die lange Wartezeit auf das Comeback wirklich gelohnt. Spielfreude, geistreiche Einfälle in Sachen Komposition und Inhalt, sowie eine wirklich großartige Umsetzung lassen diese Maxi CD zu einem "Must Have" - wie man neudeutsch so schön sagt - werden. Wer sie noch nicht hat und noch immer überlegt, ob er sie kaufen soll, dem sei hiermit gesagt: Es lohnt sich!
(Christian Reder)

 


   
   
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