Titel: Interpret: Label: VÖ: Inhalt: |
"Träum doch mal von Blumen" Christian Haase hTMV 4. März 2016 1. Zum Schluss (Liebeslied) 2. Nichts wird dich retten 3. Der Sturm 4. Armer Mann 5. Luxus 6. Träum doch mal von Blumen 7. Das schlechtere Nie 8. Die verbrauchten Träume 9. Heul doch 10. Bronzemedaille 11. Mein Frieden |
Wer sich Bilder nicht nur gern ansieht, sondern auch gern mal welche träumt, ich meine die im Kopf, der sollte sich die neue Scheibe vom HAASE zulegen und "wieder mal von Blumen träumen". Es muss auch nicht alles und jedes Bild, das man da zu sehen bekommt, real sein, nicht wirklich als Reflexion hier oder da existieren - oder vielleicht doch? Wenn es ein Gefühl in dir auszulösen vermag, wenn du mit so einem Gefühl etwas anzufangen weißt, dann passiert etwas, das dich bewegt, vielleicht auch, im besten Sinne, innerlich unruhig werden lässt. Mich haben die zwölf Liederbilder vom HAASE ganz schön bewegt, sie haben mich vergnügt und sie haben mich entdecken lassen. Ich habe genickt und mich manchmal sogar erschrocken. Ich hab' beim Hören eine Menge erlebt. Was will man mehr?
Dieses Resümee schon mal vorweg, so wie CHRISTIAN HAASE sein "(Liebeslied) Zum Schluss" an den Anfang der Lieder stellt. Nur nicht der Gewohnheit folgen, könnte die Botschaft heißen, raus aus dem eingefahrenen Trott und deshalb beginnen das erste Lied und die CD erst mal solo, Gesang plus Gitarre, etwas rau und ungeschliffen, ehe die ganze (Skiffle)Band einsteigt. Schon hat er dich zum Hinhören verleitet, der schlaue Fuchs HAASE.
Plötzlich bist du auf einer Entdeckungsreise, singend und mit wachem Verstand, manchmal ernst und dann wieder ganz entspannt zuschauend. Mit diesem HAASE entdeckst du plötzlich seltsame Orte und triffst Menschen, erlebst Abenteuer und bist manchmal auch in deinen Gedanken irgendwo anders. Er verhilft dir zu einem neuen Blick auf dies und jenen, so, wie du schon immer zu sehen glaubtest, aber nichts davon geahnt hast. Wie diesen in sich zerrissenen, aber liebenswerten Typen aus "Nichts wird dich retten", den sogar noch beim Weggehen ein mitreißend gesungener Chorus verfolgt. Oder jenen "Armen Mann", den du jeden Morgen beim Bäcker siehst und den du abends an der Bar auch wieder triffst, dessen Träume du nicht kennst, sie aber mit ihm teilen würdest. Für die Länge eines Liedes hat HAASE ein Stück alltägliches Leben eingefangen und in eine flotte Melodie gekleidet - dapdiddeldelöp, bumm bumm - und schon wieder vorbei. Schon Sekunden später kommt er dir sarkastisch mit böser Medienschelte der etwas feineren Art daher. Wie sie uns "Luxus" zu verkaufen suchen und die nächste Lebenslüge gleich mit. Mit wohl gezielten feinen Nadelstichen piekst HAASE in die maroden Weichteile bestimmter Leute und Gruppierungen und das klingt bei ihm sogar angenehm. Liedermachertradition und Liedersingen, wie sie auch einer jüngeren Generation gefallen könnte. Wünsche ich mir jedenfalls.
Dass Liedermachen auch locker flockig, ja sogar im Tanzschritt funktionieren kann, zeigen gleich zwei Beispiele. Im leichtem Salsa-Feeling tänzelt er mit dir durch den "Der Sturm", eine Geschichte mit fast philosophischen schweren Zügen ("Rettung ist ungleich Erlösung") und der Titelsong "Träum doch mal von Blumen" schwingt sich möglicherweise sogar auf, die öffentlichen Radioprogramme zu bereichern, wenn es nach mir ginge.
Ich entdecke diese neuen Lieder von CHRISTIAN HAASE als kleine Mutmacher, als Aufforderung, sich nicht zu verstellen und nicht "ganz uniform individual Art" ("Luxus") im Strom mitzuschwimmen. Dafür könnte ich ihn knutschen, wird aber nicht geschehen. Dann sagt er auch noch "Heul doch", denn du weißt ja noch, wie es geht und er verschenkt wieder ein Stück Selbstvertrauen, dass du vielleicht vor kurzem verloren hattest. Alles kleine Menschlichkeiten, die man auch selbst kennt, aber niemals und leider nicht so schön formuliert bekommt, wie der HAASE. Woher kenne ich nur diese lässige Ukulele in "Das schlechtere Nie", denke ich mir, und entdecke nebenbei die Marie.
Frühere Liedermacher sangen einst "Cape Diem", nutze den Tag. Nun macht das der HAASE auf seine ganz eigene Art, ohne den Zeigefinger zu heben. Es ist diese zarte Melodie und wie er vom Ertrinken singt, was mich unheimlich berührt. Dieses lang gezogene Crescendo für "Die verbrauchten Träume" und spätestens hier entdecke ich ein Stück ganz persönliches Leben wieder, das noch einmal aus dem alten Hafen heraus wollte und einen Schub frischen Treibstoffs bekam. Andere werde beim Hören von einem anderen Lied fündig werden, denke ich mir, und ihre eigenen Favoriten finden. Es sind genug auf der Scheibe.
Mein ganz persönlicher Geschmack hat sich "Luxus" ausgesucht und "Die verbrauchten Träume" neu entdeckt, ohne eine der anderen Liedepisoden kleinreden zu wollen. Und dann sind da ja noch diese intensiv gesungenen Gedanken um den Wert einer "Bronzemedaille", mit denen er mich überrascht. Dieser Medaillenglanz geht mir tief unter die Haut, da lässt er, vielleicht sogar ganz unbewusst, den scharfen Blick gelebter Weisheit erkennen und dabei ist der Typ viel jünger als ich! Ganz großes Kino. Ach, und dann kommt ja zum Abschluss noch "Mein Frieden", als wolle er sagen: Ist doch alles nur halb so schlimm und böse hab' ich's auch nicht gemeint. Zum Nachdenken, Anregungen finden und Amüsieren hat es aber doch und in jedem Augenblick gereicht. Außerdem geht diese Melodie noch einmal richtig tief unter die Haut und hinterlässt dort einen noch tieferen Abdruck.
Manchmal berühren mich neue Lieder schon beim ersten Hören, manchmal passiert gar nichts und die CD liegt irgendwo bei mir herum. Doch jedes dieser neuen Lieder hat ein interessantes und manchmal auch nachdenklich stimmendes Bild in meinen Kopf gemalt. Gleich beim ersten Mal und deshalb nenne ich sie (für mich) Liederbilder. Sie sind bunt geworden, manchmal schwungvoll und manchmal düster, aber stets mit der Möglichkeit versehen, für sich etwas dabei zu entdecken. So wie übrigens auch die kleinen Kunstwerke von Ute Donner, die das Booklet abwechslungsreich zwischen den Texten zieren. Da kann man auch nachlesen, dass der blonde HAASE die Grand-Dame (ost)deutscher Schlagerkunst, Chris Doerk, für den Chor in "Nichts wird dich retten" gewinnen konnte. Eine großartige Idee, ein Mal quer über den Tellerrand gedacht und fast möchte ich allen anderen "Haasen" zurufen, mehr davon.
Mich macht es inzwischen staunend, mit welcher Treffsicherheit der Liederpoet CHRISTIAN HAASE mit nur ganz wenigen Worten eine Situation, einen Gedanken oder eine Story umreißt. Wenn ich sie dann höre, wünsche ich mir oft, ich selbst hätte die Idee und die Worte finden wollen. Ich könnte von daher neidisch werden, doch ein Kompliment weiterzureichen, ist auch eine schöne Variante. Ich lehne mich noch einmal zurück, lausche den Worten und folge den Melodien. Seit ein paar Tagen habe ich eine Mutmacher-CD mehr in meinem Schrank. Danke HAASE.
(Hartmut Helms)
Dieses Resümee schon mal vorweg, so wie CHRISTIAN HAASE sein "(Liebeslied) Zum Schluss" an den Anfang der Lieder stellt. Nur nicht der Gewohnheit folgen, könnte die Botschaft heißen, raus aus dem eingefahrenen Trott und deshalb beginnen das erste Lied und die CD erst mal solo, Gesang plus Gitarre, etwas rau und ungeschliffen, ehe die ganze (Skiffle)Band einsteigt. Schon hat er dich zum Hinhören verleitet, der schlaue Fuchs HAASE.
Plötzlich bist du auf einer Entdeckungsreise, singend und mit wachem Verstand, manchmal ernst und dann wieder ganz entspannt zuschauend. Mit diesem HAASE entdeckst du plötzlich seltsame Orte und triffst Menschen, erlebst Abenteuer und bist manchmal auch in deinen Gedanken irgendwo anders. Er verhilft dir zu einem neuen Blick auf dies und jenen, so, wie du schon immer zu sehen glaubtest, aber nichts davon geahnt hast. Wie diesen in sich zerrissenen, aber liebenswerten Typen aus "Nichts wird dich retten", den sogar noch beim Weggehen ein mitreißend gesungener Chorus verfolgt. Oder jenen "Armen Mann", den du jeden Morgen beim Bäcker siehst und den du abends an der Bar auch wieder triffst, dessen Träume du nicht kennst, sie aber mit ihm teilen würdest. Für die Länge eines Liedes hat HAASE ein Stück alltägliches Leben eingefangen und in eine flotte Melodie gekleidet - dapdiddeldelöp, bumm bumm - und schon wieder vorbei. Schon Sekunden später kommt er dir sarkastisch mit böser Medienschelte der etwas feineren Art daher. Wie sie uns "Luxus" zu verkaufen suchen und die nächste Lebenslüge gleich mit. Mit wohl gezielten feinen Nadelstichen piekst HAASE in die maroden Weichteile bestimmter Leute und Gruppierungen und das klingt bei ihm sogar angenehm. Liedermachertradition und Liedersingen, wie sie auch einer jüngeren Generation gefallen könnte. Wünsche ich mir jedenfalls.
Dass Liedermachen auch locker flockig, ja sogar im Tanzschritt funktionieren kann, zeigen gleich zwei Beispiele. Im leichtem Salsa-Feeling tänzelt er mit dir durch den "Der Sturm", eine Geschichte mit fast philosophischen schweren Zügen ("Rettung ist ungleich Erlösung") und der Titelsong "Träum doch mal von Blumen" schwingt sich möglicherweise sogar auf, die öffentlichen Radioprogramme zu bereichern, wenn es nach mir ginge.
Ich entdecke diese neuen Lieder von CHRISTIAN HAASE als kleine Mutmacher, als Aufforderung, sich nicht zu verstellen und nicht "ganz uniform individual Art" ("Luxus") im Strom mitzuschwimmen. Dafür könnte ich ihn knutschen, wird aber nicht geschehen. Dann sagt er auch noch "Heul doch", denn du weißt ja noch, wie es geht und er verschenkt wieder ein Stück Selbstvertrauen, dass du vielleicht vor kurzem verloren hattest. Alles kleine Menschlichkeiten, die man auch selbst kennt, aber niemals und leider nicht so schön formuliert bekommt, wie der HAASE. Woher kenne ich nur diese lässige Ukulele in "Das schlechtere Nie", denke ich mir, und entdecke nebenbei die Marie.
Frühere Liedermacher sangen einst "Cape Diem", nutze den Tag. Nun macht das der HAASE auf seine ganz eigene Art, ohne den Zeigefinger zu heben. Es ist diese zarte Melodie und wie er vom Ertrinken singt, was mich unheimlich berührt. Dieses lang gezogene Crescendo für "Die verbrauchten Träume" und spätestens hier entdecke ich ein Stück ganz persönliches Leben wieder, das noch einmal aus dem alten Hafen heraus wollte und einen Schub frischen Treibstoffs bekam. Andere werde beim Hören von einem anderen Lied fündig werden, denke ich mir, und ihre eigenen Favoriten finden. Es sind genug auf der Scheibe.
Mein ganz persönlicher Geschmack hat sich "Luxus" ausgesucht und "Die verbrauchten Träume" neu entdeckt, ohne eine der anderen Liedepisoden kleinreden zu wollen. Und dann sind da ja noch diese intensiv gesungenen Gedanken um den Wert einer "Bronzemedaille", mit denen er mich überrascht. Dieser Medaillenglanz geht mir tief unter die Haut, da lässt er, vielleicht sogar ganz unbewusst, den scharfen Blick gelebter Weisheit erkennen und dabei ist der Typ viel jünger als ich! Ganz großes Kino. Ach, und dann kommt ja zum Abschluss noch "Mein Frieden", als wolle er sagen: Ist doch alles nur halb so schlimm und böse hab' ich's auch nicht gemeint. Zum Nachdenken, Anregungen finden und Amüsieren hat es aber doch und in jedem Augenblick gereicht. Außerdem geht diese Melodie noch einmal richtig tief unter die Haut und hinterlässt dort einen noch tieferen Abdruck.
Manchmal berühren mich neue Lieder schon beim ersten Hören, manchmal passiert gar nichts und die CD liegt irgendwo bei mir herum. Doch jedes dieser neuen Lieder hat ein interessantes und manchmal auch nachdenklich stimmendes Bild in meinen Kopf gemalt. Gleich beim ersten Mal und deshalb nenne ich sie (für mich) Liederbilder. Sie sind bunt geworden, manchmal schwungvoll und manchmal düster, aber stets mit der Möglichkeit versehen, für sich etwas dabei zu entdecken. So wie übrigens auch die kleinen Kunstwerke von Ute Donner, die das Booklet abwechslungsreich zwischen den Texten zieren. Da kann man auch nachlesen, dass der blonde HAASE die Grand-Dame (ost)deutscher Schlagerkunst, Chris Doerk, für den Chor in "Nichts wird dich retten" gewinnen konnte. Eine großartige Idee, ein Mal quer über den Tellerrand gedacht und fast möchte ich allen anderen "Haasen" zurufen, mehr davon.
Mich macht es inzwischen staunend, mit welcher Treffsicherheit der Liederpoet CHRISTIAN HAASE mit nur ganz wenigen Worten eine Situation, einen Gedanken oder eine Story umreißt. Wenn ich sie dann höre, wünsche ich mir oft, ich selbst hätte die Idee und die Worte finden wollen. Ich könnte von daher neidisch werden, doch ein Kompliment weiterzureichen, ist auch eine schöne Variante. Ich lehne mich noch einmal zurück, lausche den Worten und folge den Melodien. Seit ein paar Tagen habe ich eine Mutmacher-CD mehr in meinem Schrank. Danke HAASE.
(Hartmut Helms)