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Label: VÖ: Best.-Nr.: Titel: |
GALLERY Records / Indigo 24/10/2008 GR 1011 Intro: "Stiller Schrei" |
Mal ehrlich: Als wir CD und Info zum ersten mal gesehen haben, waren wir überzeugt, daß es sich hierbei nur um eine Persiflage handeln kann. Ein zweiter Blick belehrte uns eines besseren: Hier begibt sich tatsächlich eine etablierte Alternative/Dark Wave-Truppe in die Welt der Märchen. Seit 1993 besteht ILLUMINATE und hat die beachtliche Anzahl von 10 Alben im Backkatalog. Das Info zur neuen CD spricht von einer "polarisierenden Band", von den einen in den siebenten Himmel gelobt, von den anderen als Schlager verrissen. Die Wahrheit liegt - wie so oft - irgendwo dazwischen. Und genau das ist u.a. der Grund, warum wir nicht so recht wissen, was wir von der ganzen Geschichte halten sollen. Schon das Intro gibt Rätsel auf. Es ist für ein solches nämlich viel zu lang geraten. Warum man ein schönes, melancholisches Gitarrenstück, das ein wenig an Gary Moore erinnert, als Intro "tarnt", statt es als regulären Song ins Programm zu integrieren, erschließt sich uns nicht. Es folgt mit "Sturmwind" ein Lied, dessen kraftvoll anmutender Titel sich selbst ad absurdum führt. Vielmehr handelt es sich um eine tieftraurige, geradezu deprimierende Ballade, die einen vollkommen runterzieht. Man sieht sich im Regen auf einem Friedhof stehen, den Blick ins frische Grab gerichtet. Die zähflüssige, bittersüße Musik und die depressiven, freudlosen Verse erzeugen eine Stimmung, als gäbe es auf dieser Welt überhaupt nichts mehr, wofür es sich zu leben lohnt. Frappierend, aber zumindest konsequent. Genauso setzt sich das mit dem nächsten Stück "Leben, wo gehst du hin?" fort. Als hätten die Dementoren von Askaban beschlossen, ihren Lebenszweck mit musikalischen Mitteln auf die gesamte Menschheit auszudehnen. Ab Lied Nummer vier greift eine weibliche Singstimme ins Geschehen ein und macht die apokalyptische Atmosphäre endgültig unerträglich. Aber es geht noch schlimmer... In "Wenn alle Engel fallen" hört man eine zaghafte Kinderstimme u.a. fragen: "Warum ist es schlimm, wenn wir sterben müssen? Wo sind die Toten, die wir nicht kannten?" Wer Kinder hat weiß, wie grausam derlei Fragen sind und welch furchtbare Tragödie es ist, dem kleinen Wesen erklären zu müssen, daß es eines Tages auf dem Gottesacker enden wird. Was treibt Musiker dazu, sich und ihre Hörer in solche Seelenpein zu stürzen!? Diese Frage scheint "Requiem" zu beantworten, in dem der Sänger lüstern und monströs in die Rolle des Beobachters schlüpft und genüßlich das Sterben seines Gegenübers detailgetreu und poetisch beschreibt. Begleitet wird das Schauerstück von Musik wie aus einem Horrorfilm; furchteinflößend, beklemmend und verstörend. Das anschließende Outro führt wieder zurück zur Endzeitstimmung. Es ähnelt dem Intro, wirkt nach dem Horrortrip aber völlig anders. Da ist nichts mehr melancholisch, es bleibt nur noch Bestürzung und Ratlosigkeit.
Märchenhaft ist an diesem Werk nichts, die Welt der Feen und Zauberer wird vielmehr auf den Kopf gestellt und auf deprimierende Art und Weise auf den schlimmsten Alpdruck reduziert. Es gibt kein Happy End und keinen Triumph des Guten über das Böse. Wer "Zeit der Wölfe" hört, blickt dem Tod ins Auge - kalt, erbarmungslos, endgültig. Fragt sich nur: Wer in Gottes Namen soll DARAN Freude haben!? Die gelungene und niveauvolle musikalische Leistung der Band ist unbestreitbar, die Lieder sind harmonisch aufgebaut, kompositorisch wertig und technisch ausgereift. Doch was nützt das, wenn einem Inhalt und Thematik dermaßen den Boden unter den Füßen wegziehen? Unbegreiflich... Fazit: Der ultimative Soundtrack für Leute, die sich mal so richtig gründlich den Tag versauen wollen. (kf)