brinktitan 20130107 1261165801 Titel:
Label:
VÖ:

Titel:

"Schlagertitan"
Koch (Universal)
06.02.2009

1. Super Geile Zeit
2. Geliebt, gehasst, geweint
3. Ich bin nicht gut für dich
4. Eine rätselhafte Frau
5. Ich lass dich nicht gehn
6. Lebst du immer noch im Süden
7. Ob ich das überleb
8. Verdammt einsam ohne dich
9. Faule Tage
10. Vorbei ist nicht vorbei
11. Was kann denn ich dafür
12. Zu lang allein


Als vor einem Jahr die sprichwörtliche "Schlagerkanone" BERNHARD BRINK das Album "Stier" veröffentlichte, war eine gewisse Enttäuschung darüber unter den Genrefreunden und selbst sogar unter den beinharten Fans von B.B. unüberhörbar. Bei der Produktion von "Stier" wurden letztlich alle Fehler begangen, die man nur machen konnte. Obwohl die letzte Singleauskoppelung daraus, "Capirinha", im Herbst 2008 noch für eine Woche lang in die offiziellen "Media-Control"-Listen einsteigen konnte, sollten wir alle, die es mit Bernhard gut meinen, betreffs "Stier" Otto Waalkes' legendären "Schwamm-drüber-Blues" singen - und uns vielmehr des knapp 57jährigen Nordhorners aktueller Silberscheibe "Schlagertitan" zuwenden, die am 06. Februar 2009 bei KOCH/Universal erschienen ist.
"Schlagertitan" stellt in qualitativer Hinsicht das gesamte Gegenteil seines unglückseligen Vorgängers dar. Überwiegend von Andre' Franke (u.a. Andreas Fulterer, Claudia Jung, Mathias Reim) und dem langjährigen Vertrauten und Arbeitspartner von Howard Carpendale, Joachim Horn-Bernges, geschrieben und produziert, vereint "Schlagertitan" tatsächlich alle Talente des einstigen Jurastudenten aus Niedersachsen und wartet mit einer Vielzahl von Songs auf, die mit einiger Sicherheit in Bälde zu fundamentalen B.B.-Evergreens avancieren dürften.
Als erste (Radio-)Single aus "Schlagertitan" wurde der übermäßig tanzbare Up-Tempo-Ohrwurm "Supergeile Zeit" ausgewählt; eine profunde Nummer zum Mitsingen und Mitklatschen, keine Frage - ob es aber so klug war, ebengenannte Titelzeile zu nutzen, möchte ich bezweifeln. Denn "Supergeile Zeit" bleibt letztlich für den kundigen Schlagerfreund stets unverbrüchlich mit dem 2001er-Karnevalshit der Kölschpopper von "BRINGS" verbunden. Von diesem kleinen Manko abgesehen, gilt jedoch für Bernhards "Supergeile Zeit" auf jeden Fall: Daumen nach oben!
Der im baden-württembergischen Bad Bellingen ansässige Musikproduzent David Brandes hatte im vergangenen Jahr ein äußerst glückliches Händchen mit seiner Entdeckung Christian Lais bewiesen. Er schrieb für das plietsche Nachwuchstalent den kongenialen Superschlager "Sie vergaß zu verzeih'n", der bestimmt schon jetzt als einer DER besten, prägnantesten deutschen Popsongs der "Nuller-Jahre" bewertet werden kann. Nun erhielt David die Aufgabe, gleichfalls einen Titel für "Schlagertitan" zu konzipieren. Und siehe da: "Geliebt, Gehasst, Geweint" ist einer der anspruchsvollsten, spritzigsten und überzeugendsten Beiträge auf Bernhards aktuellem Tonträger, von dem Gerüchte behaupten, genau dieser hochmelodische, gitarrenorientierte Edelschlager würde als zweite Single ausgekoppelt, um - und dies ist ihm fraglos zuzutrauen - die bundesdeutsche Rundfunklandschaft ganz schön aufzuwirbeln.
Als ironisch-abgeklärtes Liebeslied kommt die freundliche Mid-Tempo-Komposition "Ich bin nicht gut für Dich" daher, die - zumindest den Verfasser dieser Zeilen - hinsichtlich des darin beschriebenen Plots durchaus an Bernhards 1980er-Dauerbrenner "Ich wär so gern wie Du" erinnert!
Ebenso abgeklärt und zugleich überaus liebevoll und keinesfalls ungeschickt druckvoll arrangiert, erklingt rockig-leger "Ich lass Dich nicht gehen"; schwärmerisch-verliebt wird's dagegen im äußerst liebenswürdigen Hymnus an "Eine Rätselhafte Frau" (Gruß an E.U. - der Verf.) - einem m.E. weiteren potentiellen Single-Kandidaten mit Widerhaken!
Eine mehr als nur romantische Geschichte erzählt, musikalisch mit einem genau an den richtigen Stellen eingesetzten Saxophon verfeinert, der faszinierende Pop/Rocker "Lebst Du immer noch im Süden": Zur Hochphase der "Aussteiger-Welle", irgendwann in den Goldenen 70ern, wurde der Protagonist von seiner Geliebten verlassen, da diese sich, fernab jeder Großstadtmentalität, in Südeuropa niederlassen wollte. Das Lied-Ich war damals "zu feige" (Textzitat), sie dorthin zu begleiten - heutzutage sähe er dies allerdings gänzlich anders und betont: "Würdest Du mich heute fragen, heut würd ich's tun" (Textzitat) - Ohne Zweifel einer DER Höhepunkte von "Schlagertitan".
Daß Andre' und vor allem Joachim seit zig Jahren mit Howard Carpendale zusammenarbeiten, hatte ich bereits erwähnt und dürfte gleichsam den Branchenkennern längst bekannt sein. Der elitäre Popschlager "Ob ich das überleb" ist seeeeeeeehr Howard-orientiert gehalten - und der Witz ist, Bernhard phrasiert bei seiner Intonation dieses perfekten Titels derart ähnlich, wie der groß gewachsene Frauenschwarm aus Durban/Südafrika, so daß man annehmen könnte, er wolle womöglich eine zweite Karriere als augenzwinkernder Howard-Carpendale-Stimmimitator anstreben...
Während "Verdammt einsam ohne Dich" und "Zu lang allein" durchwegs im balladesken Kontext verbleiben, gemahnt "Vorbei ist nicht Vorbei" an jüngere Werke von Andreas Martin (was vermutlich an den Komponisten Michael Buschjan und Jean Pierre Valance liegt, die zuletzt auch und gerade für das Neunkirchener Schlagergenie zur Feder gegriffen haben!) - richtig rockig, treibend, aufpeitschend wird es im klassischen Discofox "Was kann denn ich dafür" (ausgestattet mit der m.E. phänomenalen Textzeile "Du gehst nicht nur fremd / Sondern auch noch bekannt" - ein so bitterböses Wortspiel hätte auch z.B. einem Heinz Rudolf Kunze einfallen können!).
Fremdworte waren schon immer eine heimliche Leidenschaft des Rezensenten - doch der nun analysierte Titel aus "Schlagertitan" ist und bleibt für einen Selbstständigen/Freischaffenden, wie mich, vermutlich auf immer ein unverständliches "Fremdwort" ;)) "Faule Tage" (was sind solche? - bitte um detaillierte Erläuterung, lieber Bernhard… Der Verf. ; )) ist eine knackige, dralle Tanznummer; harsch rhythmisiert, inhaltlich verbunden mit einer Reminiszenz an das sagenumwobene "Bed-In" von John Lennon und Yoko Ono, 1969 im "Hilton-Hotel" zu Amsterdam. Ein Klasse Titel, selbst wenn sich der Verfasser dieser Zeilen ebensolche "Faulen Tage" wohl nie im Leben wird leisten können ;)))
"Schlagertitan" ist auf jeden Fall das beste, durchdachteste, intelligenteste Bernhard-Brink-Album seit vielen Jahren. Eine 12teilige Songkollektion, im Rahmen derer zwar der absolute "Überhit" fehlt, die dafür aber durchgehend auf höchstem Niveau arrangiert, komponiert und betextet wurde und bei der kein einziger Durchhänger zu finden ist. Hier haben Bernhard und sein Team wahrlich ganze Arbeit geleistet - so daß der ‚Tiefpunkt' "Stier" bereits nach dem ersten Anhören von "Schlagertitan" gänzlich vergessen und vergeben ist!
Gesamtnote: 1
(Holger Stürenburg)

 


   
   
© Deutsche Mugge (2007 - 2023)

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.