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"Unter dem Eis" Universal März 2009 1. Dämmerung |
Lyrische Texte zu modernen Deutschrock-Klängen? Wo gibt's denn heute noch sowas? Na gut, die Deutschrock-Dinosaurier Mitteregger und City veröffentlichen immer noch CDs, und auch von KARAT soll's demnächst ja wieder was Neues geben (glaube ich erst, wenn ich's in Händen halte), aber diese Künstler sind unerreicht und der Nachwuchs kann doch sowas gar nicht. Falsch! Beispiel gefällig? Gerne...
Die junge Berliner Newcomerin Ria und ihre musikalischen Kollegen Golo Schultz (Keyboards), Philipp Schardt (Bass) - beide waren vorher bei der Band "Current Affairs" aktiv - Philipp Schadebrodt (Drums) und Christoph Hessler (Gitarre) haben 2007 das Projekt "Eisblume" ins Leben gerufen. Besagtes Projekt hat jetzt beim Label Universal sein erstes Album veröffentlicht, das den Titel "Unter dem Eis" trägt. Eingangs erwähnte Lyrik in den Texten ist für junge Künstler und Bands ebenso ungewöhnlich, wie eine fachspezifische Gesangs- oder Musikausbildung. Doch auch damit kann "Eisblume" aufwarten. Die Sängerin, die sich schlicht nur Ria nennt, und von der sonst nichts weiter bekannt ist, hat eine klassische Ausbildung hinter sich, und soll - diversen Quellen zufolge - im zarten Kindesalter bereits eine Kinderlieder-CD aufgenommen haben. Mit wem und unter welchem Titel ist hier bisher nicht bekannt. Zurück zur neuen CD: Sie trägt - wie gesagt - den Titel "Unter dem Eis", ist aber bei Weitem nicht so "unterkühlt" wie uns der Bandname und der Albumtitel glauben machen will. Schon die Single "Eisblumen" und das dazugehörige Video setzte Maßstäbe. Das Video erinnert stark an sog. Manga-Comics und -Filme, die Band will es aber als Homage an die Filme von Tim Burton verstanden wissen.
Doch lauschen wir mal in die neue CD rein. Schon das Intro, schlicht "Dämmerung" genannt, macht den Hörer neugierig auf mehr. Das Instrumentalstück kommt düster und mystisch daher und geht nahtlos in die oben erwähnte Single-Auskopplung "Eisblumen" über. Wunderbare Piano-Klänge untermalen die elfengleiche Stimme der Sängerin, Streicher setzen ein... Nach etwas mehr als einer Minute kommen Gitarren und Schlagwerk dazu. Der mitreißende Beat, die musikalische Umsetzung sowie die Stimme der Sängerin bilden ein Gesamtbild, das den Hörer sofort fesselt und stellenweise Gänsehaut über diverse Körperteile huschen läßt. Der Text von "Eisblumen" versetzt dem nach Inhalt lechzenden Hörer sofort in Verzückung. Und so geht das über die komplette Länge des Albums weiter. Auch musikalisch läßt es keine Wünsche offen. Die Stimme der Sängerin hat eindeutig einen Wiedererkennungswert und läßt eine Verwechslung mit Juli oder Silbermond, die man - die Bands mögen es mir verzeihen - machmal überhaupt nicht auseinander halten kann, gar nicht erst zu. Vergleiche mit anderen Bands verbieten sich bei Eisblume sowieso, denn, so intensiv man auch suchen mag, kann man partout keinen Vergleich finden. Die Musik schwankt auf dem schmalen Grat zwischen Melancholie und Depression hin und her, sie beherbergt gleichzeitig harte Riffs und streichelzarte Klänge, wandelt zwischen Rock und Klassik und stellt dem Hörer ein beeindruckendes Feuerwerk spektakulärer deutscher Rockmusik in den Raum. Zugegeben: Weisheiten wie "Zeit bleibt nicht stehen" sind keine Erfindung von Eisblume, werden jedoch von der Band und ihrer charismatischen Sängerin in neue Gewänder aus Klang und Rhythmus gesteckt. Botschaften, die die Jugend genauso begeistern werden, wie die Fans jenseits der 40. Die Abwechslung auf dem Album und innerhalb der Songs (!!!) werden den Hörer immer wieder auf's neue etwas entdecken lassen, was ihm beim vorherigen Hören noch nicht aufgefallen ist. "Unter dem Eis" hat das Zeug dazu, ein Meilenstein in der Musikgeschichte zu werden. Es hebt sich deutlich von dem Einheitsbrei der in den letzten Jahren als "Deutschrock" verkauften farb- und gesichtslosen neuen Gruppen ab.
Gesamtnote: Besonders empfehlenswert / Suchtgefahr!
(Christian Reder)