Purple Schulz: "Sehnsucht bleibt - live" (Album)

purple2025 20250306 2075256638VÖ: 07.03.2025; Label: Schulzongs; Katalognummer: ohne; Musiker: Purple Schulz (Gesang, Piano, Keyboards, Harpejji, Bluesharp), Jördis Tielsch (Gesang, Violine, Gitarre, Akkordeon, Piano); Bemerkung: Dieses Album ist ausschließlich auf CD und nur beim Onlinehändler JPC erhältlich. Doppel-CD im aufklappbaren Pappcover ohne Booklet als normale Version und als signiertes Exemplar. Dem Album liegt ein Download-Code zum Herunterladen des digitalen Albums bei;

Titel:
CD 1: "Sehnsucht bleibt", "Herz voller Gold", "Ich hab Feuer gemacht", "Geheimnis", "Schweigen", "Spiegeln", "The River is me", "Nimm es mit", "Pass auf", "Da denkste jetzt mal drüber nach"
CD 2: "Unter der Haut", "Wege", "Wohin willst du gehen", "Das letzte Mal", "Kinderleicht", "Kleine Seen", "Verliebte Jungs", "Du hast mir gerade noch gefehlt zum Glück", "Sehnsucht", "Immer nur leben"


Rezension:


Es gibt Musiker, über deren Veröffentlichungen man sich immer wieder freut - Purple Schulz ist so einer. Sobald ein neues Album angekündigt wird, steigt die Neugier. Wobei "Neugier" vielleicht das falsche Wort ist, denn bei Purple Schulz weiß man genau, was man bekommt: musikalische Verlässlichkeit in Reinform - und das seit den 80ern. Ob auf der Bühne oder auf silbernen und schwarzen Scheiben, Schulz garantiert beste Unterhaltung, Spielfreude, kreative Ideen und feinste Inhalte. Bisher hat er es auf stolze elf Studioalben gebracht, das letzte ("Nach wie vor") erschien allerdings vor der Corona-Zeit. Doch dabei bleibt es nicht: Zählt man die Bonus-CD "Der Kleine mit dem Unterschied" aus der Deluxe-Edition von "Der Sing des Lebens" dazu, kommen noch vier Live-Alben oben drauf. Jetzt steht mit "Sehnsucht bleibt (live)" das fünfte Live-Album und insgesamt die 16. Veröffentlichung in den Startlöchern. Und es wurde höchste Zeit - schließlich ist es die erste Scheibe in diesem Jahrzehnt, das ja zur Hälfte schon gegessen ist. Die Vorfreude ist jedenfalls groß … und die Neugier aber irgendwie auch!

Auf den zwei Scheibletten in dem aufklappbaren Pappcover - es ist immerhin ein Doppel-Album geworden - findet sich der Mitschnitt des Konzerts von Purple Schulz in der Kölner Kulturkirche am 27. September 2024. Zwar tritt der Musiker schon lange nicht mehr mit kompletter Band auf, aber immer wieder hat er einen interessanten Bühnenpartner an seiner Seite. Bei diesem Konzert - und der gesamten Tour - wurde er von Jördis Tielsch begleitet. Die talentierte junge Künstlerin beeindruckte dabei nicht nur mit ihrem Gesang, sondern auch als Multi-Instrumentalistin: Sie spielt Gitarre, Violine, Akkordeon und sitzt bei einem Song sogar am Piano. Und Jördis, so erzählt Schulz während des Konzerts in einer Ansage, ist die erste Frau, mit der er zusammen ein ganzes Konzertprogramm spielt und auf Tour geht. Bisher waren es immer Männer - jetzt zum ersten Mal eine Frau. Und diese Wahl kann man nach dem Konsum dieses neuen Produkts (oder dem Besuch einer seiner Muggen) ohne Zweifel als absolut richtig bezeichnen.

Das Programm beginnt auf der ersten CD mit dem Titeltrack "Sehnsucht bleibt", der dem Album seinen Namen gibt und neueren Datums ist. Ruhig und getragen entfaltet sich der Song - typisch für Purple Schulz. Es handelt sich um eine kurze, fast schon introhafte Ballade, in der das Klavier und der Gesang klar im Vordergrund stehen, während kleine musikalische Spielereien im Hintergrund für feine Akzente sorgen. Es ist der Anpfiff zu einem spannenden Spiel, bei dem nicht zwei Gegner gegeneinander antreten um Preise zu gewinnen, sondern bei dem zwei Musiker wunderbare Momente erzeugen und die Seelen ihrer Zuhörer berühren. Auch wenn sich hier kein Sieger ermitteln lässt, ist der Vortrag insgesamt dennoch auszeichnungswürdig.
Schon beim zweiten Stück, "Herz voller Gold", tritt Jördis Tielsch erstmals musikalisch in Erscheinung. Sie greift zur Violine und verleiht dem Song mit ihrem Spiel eine besondere Note. Auch dieses Lied ist ruhig und getragen - ein Moment voller Tiefe und Entspannung. Diesen eher ruhigen Tönen zu Beginn folgt nun ein Feuerwerk kompositorischer Goldschmiedekunst in teils tanzbaren Ausführungen. Es ist ein Ausritt in alle Epochen Schulz'schen Arbeitslebens mit allen Arten von Song - Balladen, Pop-Perlen und rockigen Nummern. Wir bekommen eine schöne Mischung aus bekannteren und neueren Stücken geboten, wobei dem Zuhörer nach hinten raus immer mehr Bekanntes und (kommerziell) Erfolgreiches ans Ohr dringt.
"Ich hab Feuer gemacht" - eins meiner persönlichen Lieblingslieder von Purple Schulz - ist da z.B. eins der Bekannteren. Unglaublich, was für einen dichten Klangwald hier nur zwei Musiker in der Lage sind zu erzeugen. Es rappelt ordentlich und geht massiv ins Bein.
Man muss schon gefühlstot sein, wenn einem Jördis Tielschs Lied "The River Is Me" und ihre Vortragskunst nicht unter die Haut gehen und keine Gänsehaut auslösen. Ihre fantastische Stimme steht für sich - sie bräuchte eigentlich keine musikalische Begleitung, um diese Wirkung zu entfalten. Ein absolutes Highlight des Albums! An dieser Stelle sei auch ihr Backgroundgesang lobend erwähnt, der einen fast über die gesamte Distanz der Mugge begleitet.
Stellte ich gerade bereits den dicht gewebten Klangteppich heraus, möchte ich diesen auch am Beispiel des Songs "Unter der Haut" nochmals ins Spiel bringen. Wir haben hier, wie gesagt, nur zwei Musikanten auf der Bühne, aber der Sound, den sie hier erzeugen, ist satt und druckvoll - man vermutet eher eine komplette Band als nur ein Duo. Das kann man gar nicht oft genug erwähnen und loben. Denn was auf dem Papier eher langweilig und reduziert klingt, reißt einen in der Praxis förmlich mit. Einer der Gründe dafür ist auch das Instrument Harpejji, das Purple auf dieser Tour erstmals einsetzte. Es ist ein elektrisches Saitenmusikinstrument, das 2007 vom amerikanischen Audioingenieur Tim Meeks entwickelt wurde, und vom Hersteller als eine Kreuzung zwischen einem Klavier und einer Gitarre und von dem Britischen Musiker Jacob Collier als eine Kreuzung zwischen einem Akkordeon und einer Pedal-Steel-Gitarre beschrieben wird. Es erzeugt eine unglaubliche Tiefe in der Musik und lässt Songs extrem opulent klingen. Bei dem hier als Beispiel genannten Lied kommt noch diese typische Schulz'sche Magie hinzu, denn es besticht - wie viele andere seiner Werke - durch eine eingängige Melodie und einen wunderbaren Text.
Stage-Piano-Klänge in "Kinderleicht" sind weitere Belege dafür, dass das hier ausgearbeitete Programm nur so vor Ideenreichtum strotzt. Vieles erwischt einen unerwartet, manches lässt bekannte Lieder in neuem Licht erstrahlen und wieder anderes setzt komplett neue Akzente, so auch die für das Finale ausgewählten Nummern …
Zum Ende hin folgen nämlich die Klopper aus des Musikers Repertoire, die man von den Platten und von zig Konzertbesuchen her schon kennt, und die vielleicht nicht mehr allzu viel Neues erwarten lassen. Von wegen … "Kleine Seen" mit seiner herrlichen und gleichzeitig überraschenden Klassik-Einleitung, das luftig-lockere und zum Tanzen auffordernde Stück "Verliebte Jungs", das durch Frau Tielschs Violinen-Spiel einen zusätzlichen aufregenden Farbklecks erhält, die tänzelnde Gute-Laune-Garantie "Du hast mir gerade noch gefehlt", das im Verlauf zu einer richtigen Hymne anschwillt, und natürlich "Sehnsucht", das in dieser Version ein wenig an Bob Dylan erinnert - nicht nur wegen der eingesetzten Mundharmonika - und sogar einen Hauch Country versprüht … alle Vier direkt hintereinander weg, alle Vier mit vielen Momenten der Überraschung und nostalgischer Wohlfühlphasen.

Ich könnte hier jetzt jeden einzelnen Song detailliert beschreiben, denn zu erzählen gäbe es über die Inhalte der beiden CDs reichlich, aber wo soll das enden? In einem Buch? Einer Doktorarbeit? Auf diese Erkundungstour - und das sei absolut empfohlen - möge der interessierte Leser bitte selbst gehen. Nicht nur der Musik wegen und der vielen vielen kleinen und großen Besonderheiten sollte und MUSS man das Album mehrmals hören. Auch wegen der großen Kunst des "Entertainens", die Purple Schulz hier förmlich zelebriert. An vielen Stellen in seinem Programm hat er was zu erzählen: Geschichten um ihn und sein Universum gibt es ebenso viele wie Lieder auf dem Album (und noch mehr), und daran lässt er uns teilhaben. Immer wieder meldet er sich vor oder nach einem Lied zu Wort, nimmt sein Publikum an die Hand und führt es durch den Abend. Herrlich abwechslungsreich, nie aufgesetzt oder missionierend, aber immer die volle Aufmerksamkeit auf sich ziehend moderiert er seine Lieder an. Geschichten über seine alte Klavierlehrerin, Fan-Post von Reinhard Mey oder das Entdecken der Musik von Bach, seine Gedanken zu "Lebensversicherungen", über die Entstehungszeit von Liedern oder auch die Vorstellung seiner Bühnenpartnerin und wieso man heute zusammenarbeitet … all diese Zwischentöne entführen Dich in seine Welt und geben Aufschluss darüber, wie aus Purple Schulz eben Purple Schulz werden konnte. Und das ist nicht weniger wichtig wie die Musik, wegen der man sich das Album eigentlich zugelegt hat …

Über die Ankündigung des neuen Purple Schulz-Albums ist hier mal wieder völlig zurecht Vorfreude ausgebrochen. Man wird eben nicht enttäuscht, wenn was Neues von diesem Absender kommt … Das war bei SPLIFF oder CITY und ist bei SILLY oder Heinz Rudolf Kunze auch immer so (gewesen). Der Autor dieser Zeilen mag "Beständigkeit" und das Wissen, das man bei manchen Künstlern nicht enttäuscht wird. Schön, wenn man weiß was man bekommt. Hoffentlich müssen wir nicht wieder bis ins nächste Jahrzehnt auf was Neues warten …
(Christian Reder)









   
   
© Deutsche Mugge (2007 - 2025)

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.