KARAT: "Hohe Himmel" (Album)
![]() Titel: "Immer noch da" (Nur auf der CD), "Ausgeträumt", "Hohe Himmel", "All das schenk ich dir", "Nicht egal", "Schlafendes Herz", "Was soll der Geiz", "Vor ein paar Jahren", "Unbesiegbar", "Trau dich", "Winterschlaf", "Wir", "Der Mensch" |
Rezension:
Unsere Rezension zum neuen KARAT-Album kommt erst am Tag der VÖ desselben. Wir hatten uns im Vorfeld - wie bei jedem interessanten Thema - um eine Bemusterung bemüht, sind dafür aber wohl nicht vorgesehen. Da wir aber nicht auf der Basis rezensieren, ob uns jemand sein Album zur Verfügung stellt oder nicht, sondern ob das Produkt zu unseren Inhalten passt, haben wir Geld ausgegeben, das Album aus eigener Tasche gekauft und wollen nun mal schauen, ob's das wert war …
Abgesehen davon, dass das Album thematisch zu unseren Inhalten bei Deutsche Mugge passt, kommt noch hinzu, dass uns Teile der Band lange bevor es Formen annahm, getriggert haben. Uns wurde ein Werk angekündigt, das vom Sound und von der Musik her an die alten Traditionen von KARAT anknüpfen soll. Und das, obwohl keiner aus der alten Kreativabteilung mehr an Bord ist und - man möge es mir verzeihen, dass ich mich wiederhole - die Band in den letzten 20 Jahren schon nicht in der Lage war, auch nur in greifbare Nähe der erfolgreichen Werke aus den 70ern und 80ern zu kommen. Jedenfalls verkündeten Claudius Dreilich und Bernd Römer vollmundig in der TV-Talkshow "Riverboat" im vergangenen Jahr, dass man zum Erreichen dieser Ziele sogar neue "alte" Technik besorgen wollte. Na, Mensch … da wird man doch als alter Fan dieser Band (der Rezensent liebt die Musik von KARAT, die bis einschließlich Dezember 2004 entstanden ist) mal neugierig werden dürfen.
Und so starten wir mit dem Intro "Immer noch da", in dem es heißt: "Wir war'n gestern da | Wir sind heute da | Wir sind immer noch hier." Da stellt sich einem umgehend die Frage, wer denn hier wohl mit "Wir" gemeint sein kann. Wie schon erwähnt, sind verdiente Persönlichkeiten aus der Band entweder schon verstorben oder irgendwann genervt gegangen (worden). Sich selbst kann der Sänger hier aber kaum meinen, ist er bekanntermaßen ja erst nach all den großen Erfolgen dazugestoßen, und die beiden "Neuen" an Bass und Schlagzeug auch nicht, denn die kennen die Glanzzeiten auch nur aus Erzählungen. Aber auch wenn der Text nicht so richtig auf das aktuelle Personal passen will, ist der Song musikalisch für KARAT das Beste, das sie in den letzten 20 Jahren in Umlauf gebracht haben. Blubbernder Bass, coole Drums, ein ansprechendes Gitarrenspiel und an OMD erinnernde Synthies. Holla, jetzt bin ich aber echt neugierig auf mehr.
Der erste gute Eindruck wird dann aber schon relativ zügig mit der folgenden Nummer neutralisiert. "Ausgeträumt" heißt sie, und als gespannter Hörer mit der Hoffnung auf die versprochene große Kunst hat man das dann auch schon an dieser Stelle. Sowohl der Text - in simpelster Sprache vorgetragen ("Wo ist die Liebe hin, in die ich gefallen bin …", "Wo ist das Wasser hin, das mich bei Nacht so warm empfing") - als auch die farblose Komposition und das teils seltsam anmutende Arrangement (der Keyboard-Sound klingt wie aus dem "Magix Music Maker" geworfen - aber vielleicht war damit die alte, extra für dieses Album anzuschaffende Technik gemeint?) transferieren das Ensemble hier in seichte, schlagerhafte Gefilde und zurück zu alten "Stärken" der drei Vorgängeralben.
Der Titelsong des Albums, "Hohe Himmel", mit seinen weltmusikalischen Einspritzern, knüpft da an, wo "Ausgeträumt" aufgehört hat, und entwickelt sich gerade in Sachen Gesang zur akustischen Vogelscheuche. Keine Ahnung, warum Herr Dreilich hier unbedingt in Höhen vordringen will, wo er eigentlich nichts zu suchen hat, aber er tut es. Vielleicht, weil das Lied so heißt? Man weiß es nicht … Am Ende fehlen nur noch ein paar weibliche Stimmen, um endgültig bei Dschingis Khan anzukommen. Und bereits hier nervt die Stimme von Herberts Sohn gewaltig - ein Eindruck und Empfinden, das bis zum letzten Ton der Platte auch nicht mehr verschwinden will.
Ein zu Tönen gewordener Groschenroman wird einem mit "All das schenk ich dir" gereicht. Ein bisschen Steelguitar, 'ne Hand voll Streicher und vorgegaukelte Tiefe, die man umgehend als wenig glaubwürdige Inszenierung ausmachen kann. Den Klassiker "… und ich liebe dich" dagegengestellt, kracht die Nummer hier - übrigens komplett von Claudius Dreilich entworfen - relativ schnell zusammen und hat keine Chance gegen des Vaters Kunstwerk aus den End-70ern. Hätte der Sänger damit nicht einfach warten können, bis er nach den KARAT-Zeiten seine Solokarriere bei Flori startet?
Wer aber glaubt, dass damit schon der Vogel abgeschossen wurde, der sollte warten, bis der Song "Schlafendes Herz" an die Reihe kommt, denn da stürzen gleich ganze Flugzeuge vom "hohen Himmel" herab. "Der Wind weht, der Fluss fließt", heißt es da. Und so einfallslos und so weit weg von Norbert Kaiser geht es dann auch weiter. Ich möchte es mal Altherrenlyrik der schlimmeren Art nennen, was uns hier im Fernsehgartensound um die Ohren weht, und man ertappt sich irgendwann dabei, wie man sich doch lieber "Labyrinth" oder "Seelenschiffe" in den Player wünscht.
Apropos textdichterische Laubsägearbeiten: In vielen der Songs auf "Hohe Himmel" gibt's Fremdscham-Momente. Auch in "Was soll der Geiz". Wäre das Lied ein Automobil, müsste man sich wohl über nicht passende Spaltmaße unterhalten. Aber hey … irgendwann fällt es nur noch dem hartnäckig auf Gutes wartenden Hörer auf, dass da kräftig gestolpert wird. Der eine oder andere wird an dieser Stelle innerlich schon abgeschaltet haben.
Es folgen mit "Unbesiegbar" noch die heute im Schlagerbereich üblichen Durchhalteparolen (und hier auch ein weiteres Wiederhören mit dem mutmaßlich wiederentdeckten "Magix Music Maker") und mit "Winterschlaf" ein zu Klängen gewordenes, verschreibungspflichtiges Narkotikum, ehe das Stück kommt, das all das hier ja im letzten Jahr schon ankündigte …
Pünktlich zur Eröffnung der Karnevalssession schickte die Band mit dem Song "Wir" bereits einen Vorboten zum Longplayer ins Rennen. Auf dem Papier verspricht die Single echt Großes. Der Text stammt vom großen Werner Karma, der sich immer gewünscht hat, mal was mit Ed Swillms machen zu können, nun aber mit dem Rest-Ensemble Vorlieb nehmen musste, und bei der Musik half kein Geringerer als Hansi Biebl mit. Aber herausgekommen ist am Ende ein Mitschunkler, der so richtig in die Karnevalszeit passt, gut zwischen zwei Büttenreden platziert werden kann und bei dem man sich plötzlich auf dem gleichen Ruderboot wie Santiano wiederfindet. Das muss man mit diesen Zutaten erst mal schaffen!
Dargereicht wird uns der vierte gescheiterte Versuch, wieder KARAT zu sein, als Doppelpack bestehend aus Schallplatte mit beigelegter CD im Bundle sowie digital als Stream oder Download. Letzteres dürfte auch völlig ausreichend sein, denn ein Dauerläufer auf Plattenteller oder im CD-Player wird "Hohe Himmel" aus oben näher beschriebenen Gründen nicht werden. Ach, eigentlich war das hier doch zu erwarten und keine Überraschung. Fakt ist, dass mit "Hohe Himmel" weder beim Sound noch bei der Musik an alte Traditionen angeknüpft wird. Die Ankündigungen Dreilichs und Römers in der besagten Talkshow waren einmal mehr leere Versprechungen. Vielleicht waren aber auch nur die Ehrlich Brothers mit im Studio und haben am Ende all die geilen Sounds und Ideen, die "Hohe Himmel" zu einem echten KARAT-Album hätten werden lassen können, einfach weggezaubert?! Man weiß es nicht. Auch inhaltlich wird es langsam echt tragisch. Die Band hat nichts mehr zu erzählen, davon allerdings reichlich und in müde machender Art und Weise. Aber eine Erkenntnis bringt uns die Scheibe doch: Manchmal ist die Wegstrecke zwischen "Hohe Himmel" und tiefen Abgründen eben doch nur eine kurze.
P.S.: Album zu verschenken!!
(Christian Reder)
Abgesehen davon, dass das Album thematisch zu unseren Inhalten bei Deutsche Mugge passt, kommt noch hinzu, dass uns Teile der Band lange bevor es Formen annahm, getriggert haben. Uns wurde ein Werk angekündigt, das vom Sound und von der Musik her an die alten Traditionen von KARAT anknüpfen soll. Und das, obwohl keiner aus der alten Kreativabteilung mehr an Bord ist und - man möge es mir verzeihen, dass ich mich wiederhole - die Band in den letzten 20 Jahren schon nicht in der Lage war, auch nur in greifbare Nähe der erfolgreichen Werke aus den 70ern und 80ern zu kommen. Jedenfalls verkündeten Claudius Dreilich und Bernd Römer vollmundig in der TV-Talkshow "Riverboat" im vergangenen Jahr, dass man zum Erreichen dieser Ziele sogar neue "alte" Technik besorgen wollte. Na, Mensch … da wird man doch als alter Fan dieser Band (der Rezensent liebt die Musik von KARAT, die bis einschließlich Dezember 2004 entstanden ist) mal neugierig werden dürfen.
Und so starten wir mit dem Intro "Immer noch da", in dem es heißt: "Wir war'n gestern da | Wir sind heute da | Wir sind immer noch hier." Da stellt sich einem umgehend die Frage, wer denn hier wohl mit "Wir" gemeint sein kann. Wie schon erwähnt, sind verdiente Persönlichkeiten aus der Band entweder schon verstorben oder irgendwann genervt gegangen (worden). Sich selbst kann der Sänger hier aber kaum meinen, ist er bekanntermaßen ja erst nach all den großen Erfolgen dazugestoßen, und die beiden "Neuen" an Bass und Schlagzeug auch nicht, denn die kennen die Glanzzeiten auch nur aus Erzählungen. Aber auch wenn der Text nicht so richtig auf das aktuelle Personal passen will, ist der Song musikalisch für KARAT das Beste, das sie in den letzten 20 Jahren in Umlauf gebracht haben. Blubbernder Bass, coole Drums, ein ansprechendes Gitarrenspiel und an OMD erinnernde Synthies. Holla, jetzt bin ich aber echt neugierig auf mehr.
Der erste gute Eindruck wird dann aber schon relativ zügig mit der folgenden Nummer neutralisiert. "Ausgeträumt" heißt sie, und als gespannter Hörer mit der Hoffnung auf die versprochene große Kunst hat man das dann auch schon an dieser Stelle. Sowohl der Text - in simpelster Sprache vorgetragen ("Wo ist die Liebe hin, in die ich gefallen bin …", "Wo ist das Wasser hin, das mich bei Nacht so warm empfing") - als auch die farblose Komposition und das teils seltsam anmutende Arrangement (der Keyboard-Sound klingt wie aus dem "Magix Music Maker" geworfen - aber vielleicht war damit die alte, extra für dieses Album anzuschaffende Technik gemeint?) transferieren das Ensemble hier in seichte, schlagerhafte Gefilde und zurück zu alten "Stärken" der drei Vorgängeralben.
Der Titelsong des Albums, "Hohe Himmel", mit seinen weltmusikalischen Einspritzern, knüpft da an, wo "Ausgeträumt" aufgehört hat, und entwickelt sich gerade in Sachen Gesang zur akustischen Vogelscheuche. Keine Ahnung, warum Herr Dreilich hier unbedingt in Höhen vordringen will, wo er eigentlich nichts zu suchen hat, aber er tut es. Vielleicht, weil das Lied so heißt? Man weiß es nicht … Am Ende fehlen nur noch ein paar weibliche Stimmen, um endgültig bei Dschingis Khan anzukommen. Und bereits hier nervt die Stimme von Herberts Sohn gewaltig - ein Eindruck und Empfinden, das bis zum letzten Ton der Platte auch nicht mehr verschwinden will.
Ein zu Tönen gewordener Groschenroman wird einem mit "All das schenk ich dir" gereicht. Ein bisschen Steelguitar, 'ne Hand voll Streicher und vorgegaukelte Tiefe, die man umgehend als wenig glaubwürdige Inszenierung ausmachen kann. Den Klassiker "… und ich liebe dich" dagegengestellt, kracht die Nummer hier - übrigens komplett von Claudius Dreilich entworfen - relativ schnell zusammen und hat keine Chance gegen des Vaters Kunstwerk aus den End-70ern. Hätte der Sänger damit nicht einfach warten können, bis er nach den KARAT-Zeiten seine Solokarriere bei Flori startet?
Wer aber glaubt, dass damit schon der Vogel abgeschossen wurde, der sollte warten, bis der Song "Schlafendes Herz" an die Reihe kommt, denn da stürzen gleich ganze Flugzeuge vom "hohen Himmel" herab. "Der Wind weht, der Fluss fließt", heißt es da. Und so einfallslos und so weit weg von Norbert Kaiser geht es dann auch weiter. Ich möchte es mal Altherrenlyrik der schlimmeren Art nennen, was uns hier im Fernsehgartensound um die Ohren weht, und man ertappt sich irgendwann dabei, wie man sich doch lieber "Labyrinth" oder "Seelenschiffe" in den Player wünscht.
Apropos textdichterische Laubsägearbeiten: In vielen der Songs auf "Hohe Himmel" gibt's Fremdscham-Momente. Auch in "Was soll der Geiz". Wäre das Lied ein Automobil, müsste man sich wohl über nicht passende Spaltmaße unterhalten. Aber hey … irgendwann fällt es nur noch dem hartnäckig auf Gutes wartenden Hörer auf, dass da kräftig gestolpert wird. Der eine oder andere wird an dieser Stelle innerlich schon abgeschaltet haben.
Es folgen mit "Unbesiegbar" noch die heute im Schlagerbereich üblichen Durchhalteparolen (und hier auch ein weiteres Wiederhören mit dem mutmaßlich wiederentdeckten "Magix Music Maker") und mit "Winterschlaf" ein zu Klängen gewordenes, verschreibungspflichtiges Narkotikum, ehe das Stück kommt, das all das hier ja im letzten Jahr schon ankündigte …
Pünktlich zur Eröffnung der Karnevalssession schickte die Band mit dem Song "Wir" bereits einen Vorboten zum Longplayer ins Rennen. Auf dem Papier verspricht die Single echt Großes. Der Text stammt vom großen Werner Karma, der sich immer gewünscht hat, mal was mit Ed Swillms machen zu können, nun aber mit dem Rest-Ensemble Vorlieb nehmen musste, und bei der Musik half kein Geringerer als Hansi Biebl mit. Aber herausgekommen ist am Ende ein Mitschunkler, der so richtig in die Karnevalszeit passt, gut zwischen zwei Büttenreden platziert werden kann und bei dem man sich plötzlich auf dem gleichen Ruderboot wie Santiano wiederfindet. Das muss man mit diesen Zutaten erst mal schaffen!
Dargereicht wird uns der vierte gescheiterte Versuch, wieder KARAT zu sein, als Doppelpack bestehend aus Schallplatte mit beigelegter CD im Bundle sowie digital als Stream oder Download. Letzteres dürfte auch völlig ausreichend sein, denn ein Dauerläufer auf Plattenteller oder im CD-Player wird "Hohe Himmel" aus oben näher beschriebenen Gründen nicht werden. Ach, eigentlich war das hier doch zu erwarten und keine Überraschung. Fakt ist, dass mit "Hohe Himmel" weder beim Sound noch bei der Musik an alte Traditionen angeknüpft wird. Die Ankündigungen Dreilichs und Römers in der besagten Talkshow waren einmal mehr leere Versprechungen. Vielleicht waren aber auch nur die Ehrlich Brothers mit im Studio und haben am Ende all die geilen Sounds und Ideen, die "Hohe Himmel" zu einem echten KARAT-Album hätten werden lassen können, einfach weggezaubert?! Man weiß es nicht. Auch inhaltlich wird es langsam echt tragisch. Die Band hat nichts mehr zu erzählen, davon allerdings reichlich und in müde machender Art und Weise. Aber eine Erkenntnis bringt uns die Scheibe doch: Manchmal ist die Wegstrecke zwischen "Hohe Himmel" und tiefen Abgründen eben doch nur eine kurze.
P.S.: Album zu verschenken!!
(Christian Reder)
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