Tino Eisbrenner: "Kompass" (Album)

lp20 20241229 1977345352VÖ: 01.01.2025; Label: Manana Records; Katalognummer: MR/K/2025; Musiker: Tino Eisbrenner (Gesang, Gitarre, Bluesharp, Flöten, Percussion), Mathias Fuhrmann (Schlagzeug), Oliver Siegmann (Bass), Alejandro Solo Lacoste (Piano, Keyboard, Gitarre), Tobias Thiele (Gitarre, Bass, Produktion), Marcus Gorstein (Produktion); Bemerkung: Dieses Album ist ausschließlich auf CD erschienen. CD in aufklappbarer Klapphülle mit vierseitigem Booklet;

Titel:
"Der Welt ein liebes Lied", "Keine Meile von hier", "Wisse", "Kraniche", Der Sache auf den Grund", "Friedenslied (Es wächst das Brot uns …), "Auf jener namenloser Höhe", "Dunkel der Nacht", "Freundesbund", "Dichtung und Wahrheit", Brief aus Deutschland"


Rezension:


Rezension 1:
Songpoet, Autor und Friedensbotschafter Tino Eisbrenner nimmt uns auf seinem 24. Album mit auf den musikalischen Schwingen zwischen Politik und Poesie, Dichtung und Wahrheit, deutscher und russischer Kultur. "Kompass", so der Name des neuen Albums. Ein starker, symbolischer Titel für die Suche nach dem (eigenen) Weg und die Orientierung im Leben. Auf Tinos Homepage steht in der Beschreibung zum Album: "Unterhaltung ist für mich die Kunst, unter Verdeutlichung meiner Haltung poetische Tiefe zu erlangen. Nur so kann ich der Gesellschaft ein Spiegel sein, dessen Bild nicht trügt. Nur so haben aus meiner Sicht Lyrik und Prosa einen Wert über den Abend, ja vielleicht über unsere Zeit, hinaus."

Cover und CD Inlay sind blau-grau gehalten. Freundlich verschmitzt, versunken in die eigene musikalische Welt steht er da, auf dem Cover seines neuen Albums, die Gitarre in der Hand, im Hintergrund fliegen die Kraniche dem Himmel entgegen. Klappt man die CD auf findet sich dort und im vierseitigen Inlay eine kleine Fotoserie des aktuellen Eisbrenner Kosmos. Darunter einige Fotos aus Moskau, Reiseansichten, Erinnerungen, Detailaufnahmen der Arbeitsgeräte, Konzertfotos von Friedenskundgebungen. Das Inlay Titelbild, ein Eisbrenner "Selfie" mit der Statue des in Deutschland eher unbekannten russischen Dichters Bulat Okudzhava, wurde auch in Moskau aufgenommen. Das Foto entstand auf der "Arbat" Straße (Fußgängerzone) des gleichnamigen Wohnviertels. Die "Arbat" ist eine der ältesten, bis heute erhaltenen Straßen im historischen Zentrum von Moskau. Auch eine der für den Künstler intensivsten Erinnerungen der letzten Jahre ist zu sehen: Eisbrenner mit Mundharmonika während der musikalischen Einleitung von "Kraniche" beim Musikwettbewerb "Weg nach Yalta" 2023 in Moskau. Eine besondere Ouvertüre zum Song: nur das Mundharmonikaspiel, danach erst setzt das Orchester ein und der Song erhebt sich dank der gefühlvollen Darbietung in die Herzen der anwesenden Zuschauer im Publikum.

Die Lieder
Zwischen starker politischer Botschaft (Keine Meile von hier) und Liebe (Dichtung und Wahrheit) bewegt sich der Kompass auf Eisbrenners neuem Album (Gesamtspielzeit 47:39). Die Texte sind politisch scharf und phantasievoll poetisch. Der Hörer sollte sich Zeit nehmen zum echten Zuhören, verstehen des Inhalts. Das Album erschließt sich nicht so "nebenher". Die Musik changiert zwischen zarten, sparsam instrumentierten Stücken, Chanson, Weltmusik, Orchesterarrangements und intensivem Folk-Rock. Das Album enthält insgesamt 11 Stücke, darunter vier eigene ("Der Welt ein liebes Lied", "Keine Meile von hier", "Der Sache auf den Grund", "Dichtung und Wahrheit"). Die weiteren Lieder des Albums sind Nachdichtungen vorwiegend russischer Friedenslieder. Einige davon sind dem treuen und beständigen Eisbrenner Publikum längst aus den Live-Konzerten bekannt. Seit Eisbrenners (umstrittenen) Auftritt beim internationalen Musikfestival "Doroga na Yaltu - Weg nach Yalta" 2023 ist das bewegende "Kraniche" Teil der Eisbrenner Solokonzerte. Auch das aus der Feder des ehemaligen DDR Liedermachers Hartmut König stammende "Friedenslied (Es wächst das Brot uns…)" kennt der Besucher schon von den Konzerten. Es hat ebenfalls Einzug auf das neue Eisbrenner Album gehalten. Mit Friedrich Hölderlins "Brief aus Deutschland" endet das Album. Einer der großen Dichter der Weltliteratur, dem die Anerkennung zu Lebzeiten jedoch verwehrt blieb.

"Der Welt ein liebes Lied"
Davon kann die Welt nie genug bekommen. Eisbrenner singt zum Einstieg in das neue Album "Der Welt ein liebes Lied". Die Gitarrenklänge zu Beginn sanft gespielt, mit ruhiger Percussion Begleitung und einer witzigen, ja fast augenzwinkernd frech, stimmigen Keyboard Sequenz. Am Ende erhebt sich der Song zu einer kleinen ruhigen Hymne. Der Text politisch augenzwinkernd mit Hippie Anklängen und der unerschütterlichen Hoffnung, das Frieden möglich ist und kein Traum bleiben muss. Zuhören, mittanzen, die Wunderkerzen auspacken und laut mitsingen. Wunder sind möglich, solange die Hoffnung im Wunderkerzenlicht mittanzt und die Menschen sich u.a. in Tino Eisbrenners Konzerten versammeln.

"Keine Meile von hier"
Ein hymnischer Song mit starker politischer Botschaft. Viele der Eisbrenner Konzertbesucher kennen den Titel schon. Er ist Teil des Sets der Konzerte. "Keine Meile von hier" wurde zuerst im April 2023 als Single veröffentlicht. Es ist hilfreich zu wissen, was das "Unternehmen Barbarossa" war, so kündigt Tino den Song live immer an. Unternehmen Barbarossa = Überfall der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion 1941. Die Instrumentierung im Folk-Rock Stil mit Mundharmonika und Chorus Intro. Das Schlagzeug dominiert, der Bass beständig und ruhig im Hintergrund, die akustischen und elektrischen Gitarrenklänge umrahmen den Text. Wie immer eigentlich stark und intensiv gesungen vom Künstler. Eisbrenner schlägt textlich den Bogen zwischen den Beobachtungen eines reisenden "Troubadours" unterwegs und scharfer Kritik an der bundesdeutschen Politik. Den Song dürften einige Zuhörer, die ihm nicht wohlgestimmt sind, wie scharf über die Haut gezogenes Sandpapier empfinden. Die anderen feiern ihn für seine Haltung und unmissverständlicher Klarheit.

"Wisse"
Die Nachdichtung von "Wisse" ist bereits seit dem 01.09.2024 (Videopremiere) auf YouTube verfügbar. Eisbrenner hat dem Video auf seinem Kanal ein Brecht Zitat vorangestellt: "Kriege wird es geben, gegen die die vergangenen wie armselige Versuche sein werden. Und sie werden kommen, ganz ohne jeden Zweifel, wenn denen, die sie in aller Öffentlichkeit vorbereiten, nicht die Hände zerschlagen werden." Ein YouTube Nutzer kommentierte das Video mit "Tino ist wie Brecht in Neu". Ein feines, sensibles Lied, veröffentlicht als Erinnerung und Mahnung anlässlich des Weltfriedenstages. Getragen hauptsächlich von Piano und Eisbrenners kraftvoll sensibler Gesangsinterpretation. Später setzen noch Gitarre und Schlagzeug ein. Im Video hinterlegt Eisbrenner Blumen zu Ehren gefallener Soldaten am Sowjetischen Ehrenmal im Treptower Park. Der Song stammt aus der Feder der russischen Sängerin, Komponistin, Schauspielerin und Gründerin der Gruppe YUTA, Anna Vladimirovna Syomina, Jahrgang 1979. Zu sehen auch auf einem Foto der Innenseite zu Tinos neuer CD. Anna ist die schöne blonde Frau zu Tinos linker Seite. Die Frau an der rechten Seite ist die in Russland sehr populäre Sängerin und Schauspielerin ZARA, die das Eisbrenner Publikum natürlich längst kennt.

"Kraniche"
Zhuravli, russisch für "Kraniche", ist ein in Russland sehr bekanntes Lied über den Zweiten Weltkrieg. Texter Rasul Gamsatow aus Dagestan wurde durch einen Besuch im Friedenspark Hiroshima 1968 dazu inspiriert, nachdem er ein Kinderfriedensdenkmal für das japanische Mädchen Sadako Sasaki gesehen hatte. Sasaki erkrankte in Folge der Atombombenabwürfe auf Hiroshima an Leukämie, woran sie mit nur 12 Jahren verstarb. Während ihres Krankenhausaufenthalts klammerte sich das Mädchen an die Hoffnung auf Genesung, indem sie sich von einer japanischen Legende inspirieren ließ: Wer tausend Papierkraniche faltet, dessen Wunsch wird in Erfüllung gehen. Sie begann also, Origami in Form eines Kranichs (in Japan ein Symbol für Langlebigkeit und Glück) zu falten, in der Hoffnung, geheilt zu werden. Tatsächlich gelang es ihr, noch vor ihrem Tod über 1000 Kraniche zu falten. Seitdem steht diese Geschichte symbolhaft für die durch Krieg verlorene Unschuld als Aufruf zum Frieden für nachfolgende Generationen. Mit seiner eigenen "Kraniche" Nachdichtung holte Eisbrenner im Mai 2023 zusammen mit der russischen Popsängerin und Schauspielerin ZARA, Jahrgang 1983, den 2. Platz beim internationalen Musikwettbewerb "Doroga na Yaltu - Weg nach Yalta" im Kremlpalast. Vorgabe des Wettbewerbs war es, populäre Lieder über den Großen Vaterländischen Krieg zu interpretieren. Aus 15 Ländern traten die Interpreten gegeneinander an, darunter auch der Amerikaner Art Garfunkel Jr., Sohn des berühmten Art Garfunkel vom weltbekannten Folk-Rock-Duo "Simon and Garfunkel". Die tief gefühlvolle, Gänsehaut verursachende deutsch-russische Interpretation des Songs "Kraniche" kann auch auf YouTube nachgehört und geschaut werden. Als Tino die zweite Strophe auf Deutsch anstimmte, erhob sich das gesamte Saalpublikum - 6.000 Menschen - von den Sitzen. Einer der bewegendsten Momente des Wettbewerbs. Musikalisch wird das Stück auf dem Album eingeleitet nur von der Mundharmonika. Mit der Flöte setzt das übrige Orchester ein. Eisbrenner singt tief gefühlvoll, die Intensität wird noch verstärkt durch die russische Strophe zum Ende des Songs.

"Der Sache auf den Grund"
Die Musik startet mit Gitarre, später setzt dann das weitere Instrumental Programm mit ruhigem Schlagzeug, Percussion und Mundharmonika ein. Der Text - mehr gesprochen als gesungen - ist ein typisch, fein- und hintersinniger Eisbrenner Polit-Protestsong mit biografischen Skizzen. Lädt zum genauen Zuhören ein. Ein Song für diejenigen, die genau hinsehen, zuhören und der Sache auf den Grund gehen möchten.

"Friedenslied (Es wächst das Brot uns…)"
Schlagzeug und Bass bilden das Grundgerüst des Songs. Eisbrenner interpretiert Hartmut Königs Friedenslied "Es wächst das Brot uns…" auf seine ureigene Art. Ex-DDR Liedermacher König, Jahrgang 1947, war 2024 auch einer der musikalischen Gäste während des "Musik statt Krieg" Hoffestivals in Plath. Auch auf Tinos Konzerten und der Wahlkampfreise im zweiten Quartal 2024 für das Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW) konnte man das "Friedenslied" schon live hören. Liedermacher Hartmut König, von Beruf Journalist, Mitgründer der ersten deutschsprachigen DDR-Beatband TEAM 4 und des OKTOBERKLUBs war in der EX-DDR auch FDJ- und SED Funktionär.

"Auf jener namenlosen Höhe"
Ebenfalls Orchestral inszeniert mit Anklängen von Marschmusik. Der Beginn mutet fast wie ein aus dem Takt geratener Herzschlag an, das Ende dramatisch und endgültig. Ein Lied über den (Todes)Kampf der Soldaten im Krieg irgendwo "Auf jener namenlosen Höhe".

"Dunkel der Nacht"
Musikalisch eingeleitet von nachdenklicher akustischer Gitarre und Keyboard. Wer hinhört kann den Wind im Song zwischen Eisbrenners Gesangsvortrag rauschen hören. Mit einer Strophe auf russisch am Ende. Eisbrenner besingt die Sehnsucht, Liebe und Hoffnung eines sowjetischen Soldaten, der sich im "Dunkel der Nacht" an die Geliebte in der fernen Heimat erinnert, um daraus Kraft zu schöpfen. Das "Dunkel der Nacht" kann hier als Metapher auf die Grausamkeit des Krieges, gleichsam aber auch als Hoffnung auf ein nach Hause kommen, wenn der Krieg vorbei ist, gesehen werden. Original aus dem Film "Zwei Krieger" von 1943.

"Freundesbund"
Eisbrenner leitet den kürzesten Song des Albums auf russisch ein, wechselt dann wieder auf die deutsche Sprache und schließt den "Freundesbund" auf russisch ab. Ein Lied über den wahren Wert der Freundschaft und dessen unerschütterlichen Bund auch über Grenzen, unterschiedliche Erfahrungen und Meinungen hinweg, das Band zueinander nicht loszulassen. Die Komposition eingeleitet von Klavier und wieder orchestral inszeniert.

"Dichtung und Wahrheit"
Das einzige Liebeslied des Albums. Ein ruhiges, sanftes, sparsam instrumentiertes Stück. Mein Lieblingslied des Albums. Getragen von akustischer Gitarre, Mundharmonika, sparsam eingesetzter Flöte und ruhiger Percussion. Der Text phantasievoll poetisch. Eine kleine Gedankenreise auf den bunten Schwingen der "Dichtung und Wahrheit" des kreativen Künstlers Eisbrenner.

"Brief aus Deutschland"
Das längste Stück der CD. Eisbrenner entlässt den Hörer mit dem Vortrag von Friedrich Hölderlins "Brief aus Deutschland" aus dem Jahr 1799. Hölderlin, Jahrgang 1770, zu Lebzeiten verkannt, ist heute einer der bedeutendsten Lyriker der Literaturgeschichte.

OUTRO
Eisbrenner ist ein Musiker mit Haltung, er stellt sich gegen den Wind, der ihm so manches mal scharf entgegenbläst. Aber Eisbrenner bläst mit unerschütterlicher Kraft und Energie zurück (wo nimmt er die bloß immer wieder her?) und setzt sich vehement ein für Frieden und Völkerverständigung. Seine "Waffen" sind Worte, verpackt in Poesie und Musik. Die Eisbrenner Gefolgschaft wird größer seit einiger Zeit. Sein Wirken, sein Werk und seine Taten bewegen die Menschen. Sie versammeln sich um sein wärmendes und knisterndes "Feuer" in den Konzerten, im Songland-Club, bei Friedenskundgebungen oder Wahlkampfveranstaltungen für das BSW, bei sonstigen Kulturveranstaltungen, wie z.B. das 3. Friedenstaub - Denkfest der Aktiven im März 2025 am Schweriner See im Ferienpark Retgendorf (Mecklenburg-Vorpommern). Ins Leben gerufen u.a. von Tino Eisbrenner um den Menschen einen Ort zum "Netzwerken" zu bieten, der Annäherung und Aufklärung zugleich sein soll für politisch interessierte, wache Geister.

Mit "Kompass" bietet Eisbrenner dem Hörer eine musikalische Reise auf die man sich gerne einlassen darf. Ich musste mir die Nachdichtungen (nicht die eigenen Eisbrenner Titel) erarbeiten. Es hat sich aber gelohnt "der Sache auf den Grund" zu gehen und mich dem Künstler Eisbrenner wieder ein Stück weiter anzunähern. Möge Eisbrenners "Kompass" den Hörern ein Wegweiser sein den Weg für Frieden, Völkerverständigung, Freiheit und Vernunft weiter zu beschreiten. Oder einfach mal nur zuhören, das Album auf sich wirken lassen, den eigenen Kompass wieder neu ausrichten und weitergehen auf dem Weg des Lebens. Mit "Kompass" in der Tasche als Sicherheit und Wegweiser, falls nötig.
(Claudia Loeser)
 

 
 
Rezension 2
Tino Eisbrenner wurde heftig für seine Auftritte in Russland kritisiert und kommt nun mit einem Album, das zur Hälfte aus eigenen Übersetzungen russischer Lieder besteht. Er versteht sich als Brückenbauer und Friedensaktivist, womit er in heutiger Zeit sicher manchen Zeitgenossen auf die Palme bringt. Schnell handelt man sich den Vorwurf ein, ein Putin-Versteher zu sein, und Tino Eisbrenner scheut sich ja auch nicht, sich mit Politikern zu zeigen, die mit diesen Vorwürfen belegt sind.

Ich möchte jedoch nicht politisieren, sondern einfach dazu ermutigen, zuzuhören und sich an den Bildern zu erfreuen, die aufsteigen, wenn der Sänger zum Einstieg der "Welt ein liebes Lied" singt. Es hört sich nach leichter Ironie an, wenn von Regenbogen und von sanftem Beat die Rede ist, aber die Melodie ist einfach verführerisch und sein Gesang klingt fast jugendlich. So leicht und beschwingt geht es nicht weiter, dazu ist das Anliegen des Künstlers zu ernst. "Keine Meile von hier" ist ein zeitkritischer Liedermacher-Folksong mit Gitarre und Bluesharp. Dann folgt die erste Abteilung russischer Friedenslieder mit Poesie und besonderen Klangfarbe. Im Kontrast dazu steht Eisbrenners Eigenkomposition "Der Sache auf den Grund", die polemische Statements zur deutschen Tagespolitik nicht scheut, gleichzeitig aber dafür wirbt, tiefgründiger zu denken und die Geister Goethes und Brechts beschwört.

Das "Friedenslied", das Hartmut König vor über 50 Jahren für den Oktoberklub schrieb, baut eine Brücke zu weiteren russischen Liedern. "Auf jenen namenlosen Höhen" ist eine unter die Haut gehende Beschreibung eines Kampfes, der für die meisten der darin Besungenen mit dem Tod endet. Das Stück ist voll orchestriert und besticht durch seine Dramatik. Es wäre sicher interessant, dem genaueren Kontext der russischen Lieder nachzugehen. Vielleicht wird Tino Eisbrenner dazu mehr in den Konzerten sagen. Ich kann die Melodien und Worte aber auch einfach auf mich wirken lassen, und natürlich ist es herzzerreißend zu wissen, dass in unserer Zeit junge Russen und Ukrainer tausendfach geopfert werden, wo vor wenigen Jahren noch grenzüberschreitende Freundschaften selbstverständlich waren.

Zum Abschluss wird es dann in "Dichtung und Wahrheit" urdeutsch und in gewissem Sinn romantisch. Eisbrenner setzt unserer geistlosen Zeit die Sehnsucht nach Tiefsinn und Echtheit entgegen und verpackt das in eine wunderschöne Melodie. Den Abschluss bildet dann die Rezitation eines Briefes des Dichters Hölderlin aus dem Jahre 1799, der zeigt, dass die Dichter und Denker auch schon zu den vermeintlich guten alten Zeiten Gründe hatten, sich einsam und unverstanden zu fühlen, und trotzdem aus der Natur letztlich die Kraft und den Willen zum Überleben schöpften. Auch dieses Album von Tino Eisbrenner ist eine echte Kraftquelle.
(Rainer Buck)









   
   
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