Schwarzbrenner: "Poetische Fahrt" (Album)

schwarzbrenner2024 20240413 1586580299VÖ: 08.03.2024; Label: Eigenvertrieb; Katalognummer: CD350956; Musiker: Wolfgang Becker, (Gesang, Gitarren, Keyboards, Bariton-Ukulele), Theofilos Fotiadis (Bass), Christoph Keisers: Drums Track 3, 8), Marc Sokal (Drums Track 1, 2, 4, 5, 6, 7), Thorsten Sala (Lead-Gitarre Track 4, 6); Bemerkung: CD im Digipak mit 12-seitigem Booklet inkl. aller Texte. Erhältlich über die Website der Band (HIER);

Titel:
"Lied von der Wüste", "Die Kähne fuhren zu Berg", "Hörst Du wie die Brunnen rauschen", "Ich habe satt gelebt", "Herbstnebel ziehen über den Weiher", "Einsam will ich untergehen", "An Sich", "Weit bin ich einhergezogen (Ameley)"


Rezension:


"Poetische Fahrt" ist das siebte Album, das die Band Schwarzbrenner nun im Jahrestakt veröffentlicht, angefangen mit "Reiseleben" im Jahr 2018. Damals startete Wolfgang Becker ein neues Kapitel Bandgeschichte. Keine radikale Neuerung, aber eine musikalische und inhaltliche Erweiterung. Hatte die Band bis dahin praktisch ausschließlich Texte des expressionistischen Dichters Georg Heym vertont, wanderte man nun um einige Jahrhunderte zurück in die Zeit des 30-jährigen Kriegs und bediente sich bei den Barockdichtern Andreas Gryphius und Paul Fleming, deren Verse Leuchtsignale in finsteren Zeiten waren und in der Endlichkeit des Lebens einen Schimmer Unendlichkeit aufblitzen ließen.

Zuletzt bildeten Werke aus der Epoche der Romantik den Schwerpunkt auf den Schwarzbrenner-Alben und bei der "Poetischen Fahrt" des Jahres 2024 sind Dichter aus drei Epochen die Lotsen. Dies deutet auf Abwechslungsreichtum hin, und in der Tat gehört das aktuelle Werk zu den musikalisch vielseitigsten der Band aus dem Rheinland. Was unter dem Label "Blues und Lyrik" den Anfang nahm ist inzwischen vielleicht treffender als erdiger Melodik-Rock mit Blues und Folkelementen bezeichnet. Ausgewogen ist das Verhältnis von treibenden Rocknummern und balladesken Songs, die immer eingängig und prägnant sind. Das volksliedhafte "Hörst Du wie die Brunnen rauschen" kommt zunächst etwas zahm, bringt aber zum Ausklang einen filigranen Dialog zwischen Gitarre und Ukulele, der entfernt an das famose Gitarrenspiel der Eagles im langen Outro von "Hotel California" erinnert. Der Auftakt ist wesentlich rockiger: Clemens von Brentanos "Lied von der Wüste" lässt den Hörer schwitzen und dürsten, ehe ein Engel mit seinem "tauischen Gefieder" doch noch den Weg zum erquickenden Quell weist. Danach wechselt die Szenerie in eine deutsche Flusslandschaft, und man folgt "bergwärts fahrenden Kähnen" und trifft auf Menschen mit "erloschenen Gesichtern", die vielleicht auch so eine Engelsbegegnung nötig hätten, die ihnen in Georg Heyms Text jedoch versagt bleibt.

Wolfgang Becker ist mit seiner rauhen, etwas heiseren Stimme ein singender Erzähler, der sich die an Metaphern reichen Texte zu eigen macht und sie in die Gegenwart holt. In einem Hördurchgang wird man den Reichtum der vertonten Lyrik (u.a. Eichendorff und Fleming) nie erfassen können. Im Wiederhören erschließen sich dann eher auch die Feinheiten, was die Konstruktion der Schwarzbrenner-Songzyklen betrifft, in denen Werke verschiedener Epochen zu etwas eigenständigem Neuen zusammengefasst werden, ohne ihre Individualität zu verlieren. Wie eben markante Rockalben eine Geschichte erzählen, auch wenn es sich nicht um Konzeptwerke handelt. Wem sich das alles zu verkopft anhört, dem sei versichert, dass man an der Platte durchaus auch Freude haben kann, wenn man von den Texten nicht viel mehr als den Klang der Worte aufnimmt und einfach bei handgemachter Musik den rockigen Gefühlen freien Lauf lassen möchte.

Schwarzbrenner-Alben erscheinen seit jeher im Eigenverlag und -vertrieb. So kann die Band unbeirrt den eigenen Weg gehen. Man findet sie auf digitalen Plattformen, doch schon die stimmungsvollen Cover und Booklets machen den klassischen Tonträger zur Pflicht.
(Rainer Buck)





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