Jacqueline Boulanger: "Reach Out" (Album)
VÖ: 12.01.2024; Label: Eigenvertrieb; Katalognummer: ohne; Musiker: Jacqueline Boulanger (Gesang), Tino Derado (Piano), Gabriel Coburger (Saxophon), Andreas Lang (Kontrabass), Roland Schneider (Schlagzeug); Bemerkung: Dieses Album ist sowohl auf CD als auch auf Schallplatte im gut sortierten Fachhandel oder über die Künstlerin bei ihren Konzerten erhältlich;
Titel: "What Are Your Doing The Rest Of Your Life", "The Very Thought Of You", "I Will Wait For You", "For Heaven's Sake", "Real Good Hands", "Love For Sale", "Well You Needn't", "The Good Life", "Bewitched, Bothered And Bewildered", "A Sohg For You" |
Rezension:
"Leidenschaft und ein temperamentvolles Wesen sind Markenzeichen der in Berlin geborenen Afro-Deutschen Jacqueline Boulanger", behauptete vor einiger Zeit ein Hamburger Veranstalter auf seinem Internetauftritt, als er eine Mugge mit der Jazz-Sängerin bewarb. Nun sind Veranstalter, die ihre Hütte gern voll haben möchten, nur wenig neutral was die Qualität eines Künstlers - oder in diesem Fall einer Künstlerin - angeht. Aber hier darf man ihm wohl Glauben schenken, und grenzenloses Vertrauen obendrein. Mehr noch … seine Worte beschreiben die Naturgewalt Jacqueline Boulanger nur in einer als homöopathisch zu bezeichnenden Dosis. Nichts steht da über die Stimme, mit der Dir die Künstlerin angenehm unter die Haut fährt. Nichts steht da über die gelungene Auswahl an Liedern, mit der sie Dich und Deine Aufmerksamkeit an sich bindet. Nichts steht da über das Wellenbad der Gefühle, das sie mit ihrem Gesang in Dir auszulösen vermag und auch nichts über das rekordverdächtige Ausmaß an Gänsehaut, die sie einem verpasst ... Aber das muss es auch gar nicht, denn all das wird Dir bei einer ihrer Muggen und jetzt mit ihrem neuen Album "Reach Out" schon auf charmante und fast süchtig machende Art und Weise gezeigt.
Smooth und relaxed jazzt sich die Boulanger mit ihrer Band gleich zu Beginn in die Herzen ihrer Hörer. "What Are You Doing The Rest Of Your Life" fragt sie da. Natürlich ihre Lieder hören, möchte man antworten, aber diese 1969 von Michel Legrand komponierte Nummer wurde damals von Michael Dees gesungen, und die Frage demnach an jemand anderen adressiert. Nun stellt Jacqueline ihrem Publikum diese Frage mit atemberaubend guter Gesangsstimme und ihre Musiker lassen die Nummer mit Klavier, Kontrabass, Schlagzeug und einer munter tänzelnden Flötenmelodie sowie einer Klavier-Improvisation im Mittelteil neu aufleben. So kann man auch Gefangene machen … gleich zu Beginn seines neuen Albums schon begeistern und überraschen. Mission geglückt, man hängt bereits nach wenigen Tönen an den Lippen der Künstlerin und lauscht gebannt dem musizierenden Ensemble.
Die Arrangements der Songs stammen von Jacquelines Pianisten Tino Derado, der hier Vorlagen bekannter und weniger bekannter Kollegen aus dem Jazz-Bereich in neuem Licht erstrahlen lässt. So bekommen wir auch Jacquelines Version von Gregory Porters "Real Good Hands" zu hören. Sowohl die Musiker, aber besonders auch die Sängerin, verleihen der Nummer eine neue, weitere Farbe, und lassen damit aus ihr eine eigenständige Fassung werden. Da fällt es schon schwer, in Zukunft auszuwählen, ob man den grandiosen Gregory oder der genauso großartigen Jacqueline mit diesem Lied lauschen möchte. Was Porter wohl selbst dazu sagen würde?
Genauso interessant klingt das von Cole Porter komponierte Stück "Love For Sale", das man in seinen Versionen aus den 30ern und 40ern eigentlich nur in von dicker Patina überzogenem Klang zu hören bekommt. Hier gibt's eine frisch und knackig klingende Fassung, die nicht nur aktuell sondern auch mit dem Saxophon-Einsatz und der Stimme von Jacqueline angenehm gechillt klingt. Wunderbar!
Über das Stück "Well You Needn't", im Original von Thelonious Monk und hier mit deutschem Text versehen, hat die Künstlerin in unserem Interview (siehe HIER) ja schon eine Menge selbst erzählt. Die Nummer besticht durch ihre flottere Gangart und besonders durch die Improvisationen mit Stimme und Saxophon. Da wird Dir ordentlich am Ohrläppchen gezuppelt, die Nummer ist einer meiner Favoriten auf der Scheibe!
Erwähnen muss ich unbedingt noch den vorletzten Song "Bewitched, Bothered and Bewildered", der 1940 von Richard Rodgers komponiert, und u.a. von Doris Day (1949) sowie von Rod Stewart und Cher (2003) gecovert wurde. Etwas über sieben Minuten lang zelebrieren die Sängerin und ihre Band diese Nummer und lassen einem ein weiteres Mal heiß-kalte Schauer über den Rücken laufen. Das ist ganz große Kunst und eine unbeschreiblich schöne Musik, von der man nicht lassen möchte.
Jacqueline Boulanger sagt selbst, "Reach Out" zeige sowohl sie, als auch ihre Band auf dem absoluten Höhepunkt und so gut, wie sie vorher noch nie waren. Das mag jeder für sich selbst beurteilen, ob sie da Recht hat, zumal der Rezensent auch große Freude an ihrem Erstlingswerk "That's Me" hat, aber ganz Unrecht wird sie da nicht haben. Die Platte klingt von vorn bis hinten gut durchdacht, erstklassig arrangiert, sauber produziert und jedes Lied wunderbar in Szene gesetzt. Songs nachspielen ist das Eine, sie aber so mit Leben zu füllen wie es die Sängerin und ihre Kapelle hier tun, ist schon wieder etwas anderes. Man wird hier nicht mit überschnellen Nummern überfordert, immer wieder mit appetitlichen Solo-Ausflügen instrumentaler und gesanglicher Art überrascht und sogar in den Bann gezogen, wenn man sonst nicht viel mit Jazz anzufangen weiß. Nach dem Hören dieser Platte wird man es können, denn das darauf enthaltene Programm kann für alle möglichen Momente des Tages als Soundtrack genutzt werden. Die zehn, nahezu alle in Überlänge eingespielten Songs funktionieren besonders gut, wenn man sie über Vinyl, mit einem Glas Wein und ausreichender Ruhe genussvoll in sich aufsaugt. Dann fallen einem noch ein paar mehr Attribute wie "temeramentvoll" und "leidenschaftlich" ein. Versprochen!
(Christian Reder)
Smooth und relaxed jazzt sich die Boulanger mit ihrer Band gleich zu Beginn in die Herzen ihrer Hörer. "What Are You Doing The Rest Of Your Life" fragt sie da. Natürlich ihre Lieder hören, möchte man antworten, aber diese 1969 von Michel Legrand komponierte Nummer wurde damals von Michael Dees gesungen, und die Frage demnach an jemand anderen adressiert. Nun stellt Jacqueline ihrem Publikum diese Frage mit atemberaubend guter Gesangsstimme und ihre Musiker lassen die Nummer mit Klavier, Kontrabass, Schlagzeug und einer munter tänzelnden Flötenmelodie sowie einer Klavier-Improvisation im Mittelteil neu aufleben. So kann man auch Gefangene machen … gleich zu Beginn seines neuen Albums schon begeistern und überraschen. Mission geglückt, man hängt bereits nach wenigen Tönen an den Lippen der Künstlerin und lauscht gebannt dem musizierenden Ensemble.
Die Arrangements der Songs stammen von Jacquelines Pianisten Tino Derado, der hier Vorlagen bekannter und weniger bekannter Kollegen aus dem Jazz-Bereich in neuem Licht erstrahlen lässt. So bekommen wir auch Jacquelines Version von Gregory Porters "Real Good Hands" zu hören. Sowohl die Musiker, aber besonders auch die Sängerin, verleihen der Nummer eine neue, weitere Farbe, und lassen damit aus ihr eine eigenständige Fassung werden. Da fällt es schon schwer, in Zukunft auszuwählen, ob man den grandiosen Gregory oder der genauso großartigen Jacqueline mit diesem Lied lauschen möchte. Was Porter wohl selbst dazu sagen würde?
Genauso interessant klingt das von Cole Porter komponierte Stück "Love For Sale", das man in seinen Versionen aus den 30ern und 40ern eigentlich nur in von dicker Patina überzogenem Klang zu hören bekommt. Hier gibt's eine frisch und knackig klingende Fassung, die nicht nur aktuell sondern auch mit dem Saxophon-Einsatz und der Stimme von Jacqueline angenehm gechillt klingt. Wunderbar!
Über das Stück "Well You Needn't", im Original von Thelonious Monk und hier mit deutschem Text versehen, hat die Künstlerin in unserem Interview (siehe HIER) ja schon eine Menge selbst erzählt. Die Nummer besticht durch ihre flottere Gangart und besonders durch die Improvisationen mit Stimme und Saxophon. Da wird Dir ordentlich am Ohrläppchen gezuppelt, die Nummer ist einer meiner Favoriten auf der Scheibe!
Erwähnen muss ich unbedingt noch den vorletzten Song "Bewitched, Bothered and Bewildered", der 1940 von Richard Rodgers komponiert, und u.a. von Doris Day (1949) sowie von Rod Stewart und Cher (2003) gecovert wurde. Etwas über sieben Minuten lang zelebrieren die Sängerin und ihre Band diese Nummer und lassen einem ein weiteres Mal heiß-kalte Schauer über den Rücken laufen. Das ist ganz große Kunst und eine unbeschreiblich schöne Musik, von der man nicht lassen möchte.
Jacqueline Boulanger sagt selbst, "Reach Out" zeige sowohl sie, als auch ihre Band auf dem absoluten Höhepunkt und so gut, wie sie vorher noch nie waren. Das mag jeder für sich selbst beurteilen, ob sie da Recht hat, zumal der Rezensent auch große Freude an ihrem Erstlingswerk "That's Me" hat, aber ganz Unrecht wird sie da nicht haben. Die Platte klingt von vorn bis hinten gut durchdacht, erstklassig arrangiert, sauber produziert und jedes Lied wunderbar in Szene gesetzt. Songs nachspielen ist das Eine, sie aber so mit Leben zu füllen wie es die Sängerin und ihre Kapelle hier tun, ist schon wieder etwas anderes. Man wird hier nicht mit überschnellen Nummern überfordert, immer wieder mit appetitlichen Solo-Ausflügen instrumentaler und gesanglicher Art überrascht und sogar in den Bann gezogen, wenn man sonst nicht viel mit Jazz anzufangen weiß. Nach dem Hören dieser Platte wird man es können, denn das darauf enthaltene Programm kann für alle möglichen Momente des Tages als Soundtrack genutzt werden. Die zehn, nahezu alle in Überlänge eingespielten Songs funktionieren besonders gut, wenn man sie über Vinyl, mit einem Glas Wein und ausreichender Ruhe genussvoll in sich aufsaugt. Dann fallen einem noch ein paar mehr Attribute wie "temeramentvoll" und "leidenschaftlich" ein. Versprochen!
(Christian Reder)
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