Stern-Combo Meißen: "Die
Himmelsscheibe von Nebra" (EP)
Himmelsscheibe von Nebra" (EP)
VÖ: 27.09.2024; Label: A&O Records/Buschfunk; Katalognummer: BF07143; Musiker: Manuel Schmid (voc, key), Martin Schreier (voc, perc), Sebastian Düwelt (key), Lexa Schäfer (bg), Michael Lehrmann (g), Frank Schirmer (dr); Kompositionen: Manuel Schmid, Marek Arnold; Texte: Joachim Krause, Manfred Maurenbrecher, Kowarski, Manuel Schmid; Produzent: Manuel Schmid, Marek Arnold; Bemerkung: Diese EP ist auf CD und als auf 500 Stück limitierte Schallplatte erhältlich;
Titel: "Die Himmelsscheibe von Nebra", "Variationen über ein Thema von Erik Satie", "In der kalten Nacht", "Zwischen zwei Herzen", "Leben mit Dir" |
Rezension:
Eine Meinung der Redaktion
Zum 60. Jahrestag der Bandgründung veröffentlicht die Stern-Combo eine 5-Track-EP, der man allerdings auch angesichts von nur 25 Minuten Spielzeit das Gewicht eines neuen Albums zusprechen kann. Von der Konzeption enthält die Platte viele wesentliche Zutaten, die die Band bedeutend gemacht haben. Vermutlich wäre es auch nicht schwergefallen, das Werk auf übliche Albumlänge zu bringen, wenn man gewisse Längen in Kauf genommen hätte, um das 10-minütige Titelstück zu einem Viertelstünder zu machen, die folgende kurze Klassik-Adaption länger auszuspielen und vielleicht auf der B-Seite den drei Rock-Pop-Nummern noch ein weiteres Stück hinzuzufügen, notfalls die Neueinspielung eines Deep Cuts aus den 80ern. Ich bin der Band dankbar, dass sie das nicht getan hat, denn so ist ein Werk entstanden, das einerseits ein episches Stück enthält, das an jeder Stelle im Spannungsbogen bleibt und andererseits auch mit den unspektakuläreren weiteren Titeln nie in Belanglosigkeit abgleitet.
Zum 60. Jahrestag der Bandgründung veröffentlicht die Stern-Combo eine 5-Track-EP, der man allerdings auch angesichts von nur 25 Minuten Spielzeit das Gewicht eines neuen Albums zusprechen kann. Von der Konzeption enthält die Platte viele wesentliche Zutaten, die die Band bedeutend gemacht haben. Vermutlich wäre es auch nicht schwergefallen, das Werk auf übliche Albumlänge zu bringen, wenn man gewisse Längen in Kauf genommen hätte, um das 10-minütige Titelstück zu einem Viertelstünder zu machen, die folgende kurze Klassik-Adaption länger auszuspielen und vielleicht auf der B-Seite den drei Rock-Pop-Nummern noch ein weiteres Stück hinzuzufügen, notfalls die Neueinspielung eines Deep Cuts aus den 80ern. Ich bin der Band dankbar, dass sie das nicht getan hat, denn so ist ein Werk entstanden, das einerseits ein episches Stück enthält, das an jeder Stelle im Spannungsbogen bleibt und andererseits auch mit den unspektakuläreren weiteren Titeln nie in Belanglosigkeit abgleitet.
Die "Himmelsscheibe von Nebra", ein 4500 Jahre altes Artefakt, dem das Werk gewidmet ist und mit dem das Cover geschmückt ist, ist ein faszinierendes Relikt, dem am Fundort zwar ein eindrucksvolles Museum gewidmet ist, auf das ortsunkundige Leute wie ich aber erst durch dieses Werk aufmerksam wurden. Vor allem hätte ich nicht angenommen, dass diese frühe bildhafte Darstellung von Sonne, Mond und Sternen einstmals "Made in Germany" war; ich hätte so ein Werk, das nach Existenz und Himmel fragt, eher einer der antiken Hochkulturen zugeordnet. So beschäftigt sich auch der teils philosophisch fragende, teils beschreibende Text mit den Urhebern des kostbaren Werks und deren Motivation, ein üppig mit Gold gestaltetes Abbild des Himmels über der Erde herzustellen und auf einer Anhöhe zu vergraben. Manuel Schmid, eben erst 40 Jahre alt geworden, aber seit seinem Einstieg bei der Band so etwas wie der Kurator, der Gewähr dafür bietet, auch in der Neuzeit der geschichtlichen Bedeutung der "Sterne" gerecht zu bleiben, hat eindrucksvoll einen Text von Joachim Krause vertont. Der Textdichter ist durch seine Zusammenarbeit mit vielen bekannten Ostrock-Bands (Lift, Pantha Rhei) selbst schon eine Legende. Standesgemäß kommt der gesprochene Prolog von Urmitglied Martin Schreier, der den Stab dann an Manuel Schmid weitergibt. Das Stück ist in bester 70er-Jahre Artrock-Manier gestaltet, anspruchsvoll aber harmonisch und mit einem hochmelodischen kraftvollen Gesangssatz, flankiert von einem für die Band seinerzeit und heute wieder typischen Sound aus Moog, Mellotron und Hammondorgel, zu dem sich auch mal die Gitarre gesellt. Die Frage, wer den "Himmel geschmiedet" bleibt auch im hymnischen Epilog des Titelstücks offen; ein Anreiz, sich immer wieder neu der Betrachtung auszusetzen und dabei dem Soundtrack der Stern-Combo zu folgen. Für mich ist das Stück schon jetzt ein Klassiker. Die A-Seite der limitierten Vinyl-Ausgabe enthält dann noch "Variationen über ein Thema von Erik Satie", von der Funktion her vielleicht ein Stück, bei dem man nach dem furiosen Titelstück zur Ruhe kommt, ohne jäh aus dem Stern-Meissen-Kosmos gerissen zu werden.
Auf der B-Seite folgt das Stück "In der kalten Nacht", an dem auch Marek Arnold mitgewirkt hat, mit dem zusammen Manuel Schmid 2022 das starke Duo-Album "Ziele" veröffentlicht hat. Den Text liefert mit Manfred Maurenbrecher ein weiteres Schwergewicht der deutschen Songwriter-Szene. Wie auch die beiden anderen Songs werden in guter Ostrock-Tradition große Melodien mit tiefgängigen Worten vertont, die Raum für Assoziationen lassen. Die Kunst ist es, nie ins Seichte abzudriften, und für meinen Begriff ist das Manuel Schmid als Sänger, Komponist und Arrangeur auf dieser Platte bei allen Liedern gelungen. Den Abschluss, das balladeske "Leben mit dir" habe ich melodisch als besonders schön empfunden.
Das "Mini-Album" ist zugleich eine "Riesenbereicherung" der "Stern-Meissen-Diskografie.
(Rainer Buck)
Das "Mini-Album" ist zugleich eine "Riesenbereicherung" der "Stern-Meissen-Diskografie.
(Rainer Buck)
Eine weitere Meinung der Redaktion
Ende der "Nuller Jahre" wünschte sich Thomas Kurzhals noch mal sowas wie ein Aufbäumen seiner alten "Combo". Noch mal so große Werke erschaffen, wie man es in den 70ern gemacht hat, vielleicht vermischt mit zeitgenössischen Klängen, die die eigenen Wurzeln nicht verleugnen, aber doch zeigen, "Wir sind am Puls der Zeit". Das Album "Lebensuhr" sollte sowas in der Art hervorbringen, schaffte es für Thomas' Geschmack aber nur bedingt. Zu durcheinander wirkte das, was man dort zu hören bekam. Trotzdem erlebte er den Beginn dieses sehnlichst gewünschten zweiten, dritten oder auch vierten Frühling seiner Band, als man nach dem Irrtum mit Larry B. den jungen Altenburger Manuel Schmid in die Reihen der Stern-Combo aufnahm. Der "Kurze" bekam noch mit, welch großes Potential in dem jungen Mann schlummerte und auch, wieviel frischen Wind er durchs alte Gemäuer wehen ließ. Zuletzt bei der Produktion zur Live-DVD in Berlin im Jahre 2013. Zu erleben, wie ein komplett neues Album mit neuen Tönen nach seinen Vorstellungen entsteht, war ihm nicht mehr vergönnt. Thomas starb Anfang 2014 nach kurzer und schwerer Krankheit. Doch vielleicht schaut er nun von irgendwo zu … wahrscheinlich von oben herunter … und ganz sicher feiert er zusammen mit all den anderen Fans der Combo das, was in den Jahren danach passierte. Es ging mit Manuel Schmid eindeutig wieder nach oben. Nach ganz weit oben! Wem das aktuelle Album "Freiheit ist" (2020) nicht schon gezeigt hat, dass die Band um Gründungsmitglied Martin Schreier inzwischen wieder zur Speerspitze des sogenannten "Ostrock" zählt, bekommt nun einen weiteren sachdienlichen Hinweis, dass diese Behauptung der Realität entspricht: Die am 27. September erscheinende EP "Die Himmelsscheibe von Nebra" liefert einen weiteren Höhepunkt in der Bandgeschichte und würde den "Kurzen" so richtig stolz machen.
Diese EP macht sich die Band zu ihrem 60. Geburtstag selbst zum Geschenk. In unregelmäßigen Abständen feuert die Combo wieder neues oder wiederentdecktes Material raus. Egal, ob das "Weiße Gold" in all seinen Schattierungen und das lang vergriffene Werk "Finlandia", angereichert mit Bonusmaterial, oder eben schon erwähntes Album "Freiheit ist": Langweilig wird es dem Fan der Sternen-Musik nicht, denn man lässt immer wieder von sich hören. Da passt es gut ins Bild, dass der runde Geburtstag auch mit der Veröffentlichung einer neuen Scheibe einher geht, die dann auch nach einer eben solchen und sehr berühmten benannt wurde. Und da sich die Herren Schmid & Co nie lumpen lassen, ist auch "Die Himmelsscheibe von Nebra" nicht nur ein Geschenk für sich selbst, sondern auch für alle die, die ihre Musik gern hören. Sie erfüllt nämlich genau das, was sich Thomas Kurzhals - wie eingangs beschrieben - zu Lebzeiten noch gewünscht hat. Woanders stürzen Brücken ja leider ein (auch im übertragenen Sinne), bei der Stern-Combo werden sie gebaut. Neuer, größer, schöner. Über die Jahre hinweg, und auch über Personen. Da holt man sich kurzerhand mal eben den Texter Joachim Krause ins Boot, der in längst vergangenen Tagen Songinhalte für die Theo Schumann Combo ("König Drosselbart"), Stephan Trepte & Christiane Ufholz ("Komm doch einfach mit"), Henry Kotowski ("Oh, Liebling"), die Horst-Krüger Band ("Ohne ein Wort"), Panta Rhei ("Über mich") oder LIFT ("Am Abend mancher Tage") schrieb, um dann für viele viele Jahre einfach abzutauchen. Niemand anderer als Manuel selbst hat den Mann schließlich darum gebeten, für seine Band einen Text zu schreiben, und überredete ihn so zu einem Comeback.
Das Ergebnis ist der Titelsong der EP, "Die Himmelsscheibe von Nebra", die über eine wunderbar gesprochene Einleitung zum Thema "Zeit" von Martin Schreier verfügt, gebettet auf einen Combo-typischen, sphärischen Keyboard-Teppich, und der sich dann in über 10 Minuten in feinsten Tönen, tollen Details, modernem Sound und Anleihen eigener großer Werke der 70er und 80er ergießt. Hier ist alles drin, was das Herz eines Combo-Fans begehrt, und vor allen Dingen zeigt es sowohl die Musik als auch die Band selbst auf international hohem Niveau. Fein mit der wieder dazu genommenen E-Gitarre gesetzte Akzente, die von der Band bevorzugt verwendeten Keyboard-Sounds und die Stimme Schmids, die sowohl vorn als auch im Background zu hören ist, sind nur ein paar Details, die direkt auffallen. Auch der Gong kommt mal wieder zum Einsatz. Einmal mehr liefert das Ensemble hier ein Stück Musik ab, das sowohl für den Kunst- als auch den Musikunterricht in Schulen wertvollen Stoff liefert, aber ganz besonderes das Publikum in Hochstimmung versetzen kann (und wird).
Einen Moment zum Verschnaufen bietet der zweite Track, "Variationen über ein Thema von Erik Satie", das komplett instrumental, ruhig dahin fließend und ein entspanntes Wiedersehen mit der bei der Combo lang abhanden gewesenen Gitarre bietet.
Es folgen drei Songs, die auf der Vinyl-Ausgabe die B-Seite bilden. Es fängt mit "In der kalten Nacht" an, mit dem uns die Kapelle einen radiotauglichen Titel reicht, der tanzbar und ein regelrechter Ohrwurm ist. Bei dieser Nummer hat man außerdem auf einen Text des Musiker-Kollegen Manfred Maurenbrecher gesetzt. Das Arrangement bietet feine Ausflüge auf dem Moog und am Ende zitiert man sich mit der markanten Bass-Figur aus dem SCM-Song "Also was soll aus mir werden" selbst. Was für eine feine Idee, und wieder einmal ein Brückenschlag vom Gestern ins Heute.
"Zwischen zwei Herzen" ist mit der gleichen Handschrift gestaltet. Hier darf Micha Lehrmann an der Gitarre auch wieder zeigen, was er so drauf hat, und die Band lässt die guten alten 80er noch mal aufleben. Hinaus begleitet wird man mit Schritten und einer aus zwei klassischen Stücken zusammengefügten Hintergrundmusik. Ein Gruß an die alten Zeiten und die Stern-Vergangenheit mit ihren Adaptionen.
Den gerade noch gehörten, flotteren Tönen setzt die Combo mit "Leben mit Dir" eine getragene und balladeske Nummer entgegen, und damit ans Ende ihrer Scheibe. Sie wird von einem Klavierintro eingeleitet, das dann von der E-Gitarre aufgenommen und weitergeführt wird. Wir gleiten nun in ruhigen Gewässern dem viel zu frühen Ende des Programms entgegen. Aber es ist eben "nur" eine EP … Trotz seiner Kürze bildet diese EP aber all die Stärken der Band ab, die sie schon immer hatte, und die sie heute noch (oder wieder) besitzt. Abwechslung pur, die eigene Geschichte nicht leugnend und großartig in Szene gesetzt.
Schrieb ich eingangs davon, dass die SCM inzwischen die Vorzeige-Formation eines Genres ist, welches schon vor 30 Jahren als tot bezeichnet wurde, sich aber noch immer größter Beliebtheit erfreut, kann dies am Ende der knapp 25 Minuten Laufzeit der EP nur nochmals fett unterstrichen werden. Auf der einen Seite kredenzt uns das Sextett eine weitere fulminant ausgefallene Artrock-Nummer und ein für die Band eher untypisches Instrumental, auf der anderen Seite (im wahrsten Sinne des Wortes) ausgesprochen gut produzierte und lecker klingende Pop-Rock-Songs. Zeig mir mal, wer einem heute sowas noch liefert. Dazu kommt, dass der Output der Band hohe Qualität besitzt. Andere Kollegen der gleichen Generation stellen sich heute mit ihrem uralten Material, das bis zur Unkenntlichkeit runter reduziert und entkernt wurde, auf die Bühne und feiern - die Alt-Fans eher langweilend - sich selbst. Die Herren Schmid, Schreier, Schirmer, Schäfer, Düwelt und Lehrmann hauen dagegen mal eben so ein Ding wie das hier raus, und beeindrucken damit Kritiker und Fans zugleich. Respekt, wer's selber macht (wenn ich mal eine große Baumarkt-Kette zitieren darf). Und was die "Pop-Songs" auf dieser EP betrifft: Vielleicht traut sich ja am Ende doch mal ein Radioredakteur, eins der beiden Lieder, "In der kalten Nacht" oder "Zwischen zwei Herzen", zu spielen. Mundgerechter kann man gute Musik, die auch die Masse ansprechen wird, nicht anbieten. Und weh tut es auch niemandem. Im Gegenteil.
(Christian Reder)
Ende der "Nuller Jahre" wünschte sich Thomas Kurzhals noch mal sowas wie ein Aufbäumen seiner alten "Combo". Noch mal so große Werke erschaffen, wie man es in den 70ern gemacht hat, vielleicht vermischt mit zeitgenössischen Klängen, die die eigenen Wurzeln nicht verleugnen, aber doch zeigen, "Wir sind am Puls der Zeit". Das Album "Lebensuhr" sollte sowas in der Art hervorbringen, schaffte es für Thomas' Geschmack aber nur bedingt. Zu durcheinander wirkte das, was man dort zu hören bekam. Trotzdem erlebte er den Beginn dieses sehnlichst gewünschten zweiten, dritten oder auch vierten Frühling seiner Band, als man nach dem Irrtum mit Larry B. den jungen Altenburger Manuel Schmid in die Reihen der Stern-Combo aufnahm. Der "Kurze" bekam noch mit, welch großes Potential in dem jungen Mann schlummerte und auch, wieviel frischen Wind er durchs alte Gemäuer wehen ließ. Zuletzt bei der Produktion zur Live-DVD in Berlin im Jahre 2013. Zu erleben, wie ein komplett neues Album mit neuen Tönen nach seinen Vorstellungen entsteht, war ihm nicht mehr vergönnt. Thomas starb Anfang 2014 nach kurzer und schwerer Krankheit. Doch vielleicht schaut er nun von irgendwo zu … wahrscheinlich von oben herunter … und ganz sicher feiert er zusammen mit all den anderen Fans der Combo das, was in den Jahren danach passierte. Es ging mit Manuel Schmid eindeutig wieder nach oben. Nach ganz weit oben! Wem das aktuelle Album "Freiheit ist" (2020) nicht schon gezeigt hat, dass die Band um Gründungsmitglied Martin Schreier inzwischen wieder zur Speerspitze des sogenannten "Ostrock" zählt, bekommt nun einen weiteren sachdienlichen Hinweis, dass diese Behauptung der Realität entspricht: Die am 27. September erscheinende EP "Die Himmelsscheibe von Nebra" liefert einen weiteren Höhepunkt in der Bandgeschichte und würde den "Kurzen" so richtig stolz machen.
Diese EP macht sich die Band zu ihrem 60. Geburtstag selbst zum Geschenk. In unregelmäßigen Abständen feuert die Combo wieder neues oder wiederentdecktes Material raus. Egal, ob das "Weiße Gold" in all seinen Schattierungen und das lang vergriffene Werk "Finlandia", angereichert mit Bonusmaterial, oder eben schon erwähntes Album "Freiheit ist": Langweilig wird es dem Fan der Sternen-Musik nicht, denn man lässt immer wieder von sich hören. Da passt es gut ins Bild, dass der runde Geburtstag auch mit der Veröffentlichung einer neuen Scheibe einher geht, die dann auch nach einer eben solchen und sehr berühmten benannt wurde. Und da sich die Herren Schmid & Co nie lumpen lassen, ist auch "Die Himmelsscheibe von Nebra" nicht nur ein Geschenk für sich selbst, sondern auch für alle die, die ihre Musik gern hören. Sie erfüllt nämlich genau das, was sich Thomas Kurzhals - wie eingangs beschrieben - zu Lebzeiten noch gewünscht hat. Woanders stürzen Brücken ja leider ein (auch im übertragenen Sinne), bei der Stern-Combo werden sie gebaut. Neuer, größer, schöner. Über die Jahre hinweg, und auch über Personen. Da holt man sich kurzerhand mal eben den Texter Joachim Krause ins Boot, der in längst vergangenen Tagen Songinhalte für die Theo Schumann Combo ("König Drosselbart"), Stephan Trepte & Christiane Ufholz ("Komm doch einfach mit"), Henry Kotowski ("Oh, Liebling"), die Horst-Krüger Band ("Ohne ein Wort"), Panta Rhei ("Über mich") oder LIFT ("Am Abend mancher Tage") schrieb, um dann für viele viele Jahre einfach abzutauchen. Niemand anderer als Manuel selbst hat den Mann schließlich darum gebeten, für seine Band einen Text zu schreiben, und überredete ihn so zu einem Comeback.
Das Ergebnis ist der Titelsong der EP, "Die Himmelsscheibe von Nebra", die über eine wunderbar gesprochene Einleitung zum Thema "Zeit" von Martin Schreier verfügt, gebettet auf einen Combo-typischen, sphärischen Keyboard-Teppich, und der sich dann in über 10 Minuten in feinsten Tönen, tollen Details, modernem Sound und Anleihen eigener großer Werke der 70er und 80er ergießt. Hier ist alles drin, was das Herz eines Combo-Fans begehrt, und vor allen Dingen zeigt es sowohl die Musik als auch die Band selbst auf international hohem Niveau. Fein mit der wieder dazu genommenen E-Gitarre gesetzte Akzente, die von der Band bevorzugt verwendeten Keyboard-Sounds und die Stimme Schmids, die sowohl vorn als auch im Background zu hören ist, sind nur ein paar Details, die direkt auffallen. Auch der Gong kommt mal wieder zum Einsatz. Einmal mehr liefert das Ensemble hier ein Stück Musik ab, das sowohl für den Kunst- als auch den Musikunterricht in Schulen wertvollen Stoff liefert, aber ganz besonderes das Publikum in Hochstimmung versetzen kann (und wird).
Einen Moment zum Verschnaufen bietet der zweite Track, "Variationen über ein Thema von Erik Satie", das komplett instrumental, ruhig dahin fließend und ein entspanntes Wiedersehen mit der bei der Combo lang abhanden gewesenen Gitarre bietet.
Es folgen drei Songs, die auf der Vinyl-Ausgabe die B-Seite bilden. Es fängt mit "In der kalten Nacht" an, mit dem uns die Kapelle einen radiotauglichen Titel reicht, der tanzbar und ein regelrechter Ohrwurm ist. Bei dieser Nummer hat man außerdem auf einen Text des Musiker-Kollegen Manfred Maurenbrecher gesetzt. Das Arrangement bietet feine Ausflüge auf dem Moog und am Ende zitiert man sich mit der markanten Bass-Figur aus dem SCM-Song "Also was soll aus mir werden" selbst. Was für eine feine Idee, und wieder einmal ein Brückenschlag vom Gestern ins Heute.
"Zwischen zwei Herzen" ist mit der gleichen Handschrift gestaltet. Hier darf Micha Lehrmann an der Gitarre auch wieder zeigen, was er so drauf hat, und die Band lässt die guten alten 80er noch mal aufleben. Hinaus begleitet wird man mit Schritten und einer aus zwei klassischen Stücken zusammengefügten Hintergrundmusik. Ein Gruß an die alten Zeiten und die Stern-Vergangenheit mit ihren Adaptionen.
Den gerade noch gehörten, flotteren Tönen setzt die Combo mit "Leben mit Dir" eine getragene und balladeske Nummer entgegen, und damit ans Ende ihrer Scheibe. Sie wird von einem Klavierintro eingeleitet, das dann von der E-Gitarre aufgenommen und weitergeführt wird. Wir gleiten nun in ruhigen Gewässern dem viel zu frühen Ende des Programms entgegen. Aber es ist eben "nur" eine EP … Trotz seiner Kürze bildet diese EP aber all die Stärken der Band ab, die sie schon immer hatte, und die sie heute noch (oder wieder) besitzt. Abwechslung pur, die eigene Geschichte nicht leugnend und großartig in Szene gesetzt.
Schrieb ich eingangs davon, dass die SCM inzwischen die Vorzeige-Formation eines Genres ist, welches schon vor 30 Jahren als tot bezeichnet wurde, sich aber noch immer größter Beliebtheit erfreut, kann dies am Ende der knapp 25 Minuten Laufzeit der EP nur nochmals fett unterstrichen werden. Auf der einen Seite kredenzt uns das Sextett eine weitere fulminant ausgefallene Artrock-Nummer und ein für die Band eher untypisches Instrumental, auf der anderen Seite (im wahrsten Sinne des Wortes) ausgesprochen gut produzierte und lecker klingende Pop-Rock-Songs. Zeig mir mal, wer einem heute sowas noch liefert. Dazu kommt, dass der Output der Band hohe Qualität besitzt. Andere Kollegen der gleichen Generation stellen sich heute mit ihrem uralten Material, das bis zur Unkenntlichkeit runter reduziert und entkernt wurde, auf die Bühne und feiern - die Alt-Fans eher langweilend - sich selbst. Die Herren Schmid, Schreier, Schirmer, Schäfer, Düwelt und Lehrmann hauen dagegen mal eben so ein Ding wie das hier raus, und beeindrucken damit Kritiker und Fans zugleich. Respekt, wer's selber macht (wenn ich mal eine große Baumarkt-Kette zitieren darf). Und was die "Pop-Songs" auf dieser EP betrifft: Vielleicht traut sich ja am Ende doch mal ein Radioredakteur, eins der beiden Lieder, "In der kalten Nacht" oder "Zwischen zwei Herzen", zu spielen. Mundgerechter kann man gute Musik, die auch die Masse ansprechen wird, nicht anbieten. Und weh tut es auch niemandem. Im Gegenteil.
(Christian Reder)