Chris Kramer & Jens Filser: "Roots Music" (Album)
VÖ: 05.05.2023; Label: BTM Musikverlag/Fenn Music; Katalognummer: 4036703103065; Musiker: Chris Kramer (Gesang, Mundharmonika), Jens Filser (Alle Gitarren, Banjo, Chor-Gesang); Gäste: Long John Baldry (Gesang), Chuck Leavell (Piano), Chris Auntry (Bass), Chris Benelli (Schlagzeug), Bo Heart (Chor-Gesang), Heike Meering (Gesang); Bemerkung: Dieses Album ist ausschließlich auf Doppel-Vinyl (Schallplatte) und als USB-Stick veröffentlicht worden. Die zwei LPs stecken in einem aufklappbaren Pappcover, dem leider kein Abdruck der Songtexte beiliegt;
Titel: Seite 1: "Blues Harp River", "Blues As Blues Can Get", "Now I Know", "Got To Go Back Home", "You Brighten Up My Days" Seite 2: "I Heard The Train Whistle Blow", "Down The Line", "The Dark End Of The Street", "Wade In The Water", "Power Of The Blind Man" Seite 3: "Workin' Man's Life", "Serenity", "Shakin' The Shack", "Behind The Sea", "ABC Of Felicity", "If I Could Turn Back The Hands Of Time" Seite 4: "Springtime In Missouri", "Homecookin' Mama", "We Danced The Night Away", "Messin' With The Kid", "Keep The Blues Alive", "Jesus Turned The Water Into Wine" |
Rezension:
"Roots Music" heißt das neue Album von Chris Kramer, dieses Mal mit Unterstützung von Gitarrist Jens Filser als Studiopartner eingespielt. Knapp 75 Minuten und 22 Titel lang nehmen uns Kramer & Filser mit auf eine Reise zu den eigenen Wurzeln und denen des Blues. Damit hat das Programm genau die richtige Länge für eine Compact Disc, und genau die gibt es dieses Mal nicht! Man geht nicht nur musikalisch sondern auch veröffentlichungstechnisch zurück zu den Wurzeln, denn hier hat die Schallplatte die CD komplett wieder abgelöst!
Dass es diese Scheibe nun gibt, ist folgerichtig. Kramer hat den Blues - seinen Blues - bereits in verschiedenen Formen dargeboten. Akustisch und unter Strom gesetzt, mit Band und auch solo, für Erwachsene und für Kinder, mit klassischen aber auch mit genreuntypischen Instrumenten (Beatboxing) … Ihm stand nie etwas im Weg, er stieß auch nie an Grenzen und er hat immer wieder neue Ideen, diese alte Musik in neuem Licht erstrahlen zu lassen. "Ich wollte die Wurzeln - und auch die Verzweigungen und Blüten - des authentischen Blues genauer betrachten", lässt er sein Publikum nun befragt nach dem "Warum jetzt dieses Album?" wissen, und tut dies, ohne aus "Roots Music" ein reines Konzeptalbum zu machen. Vielmehr bilden Kramer und sein Kollege Filser den Blues so ab, wie er ist. Und der hat - wie der Kenner schon weiß - viele Farben und auch Kanten.
Chris Kramer steuert bei der Produktion zwei wichtige Elemente bei. Zum Einen spielt er auf der ganzen Scheibe natürlich die Blues-Harp. An der Mundharmonika war er schon immer ein Großer, und das zeigt er auch hier wieder sehr eindrucksvoll. Und wenn er das kleine Instrument mal nicht an den Lippen hat, haucht er den Liedern mit seiner Stimme ihre Seele ein. Und auch das tut er so gut, dass man oft regelrecht angefasst ist, und an anderen Stellen mitgerissen wird. Die Gitarren-Parts steuert Jens Filser bei, der an seinem Instrument wirklich jede Spielart vom klassischen Blues bis zum Country, und vom Folk-Picking bis zur Slide-Guitar alles drauf hat, was ein guter Saitendompteur in diesem Fach mitbringen muss. Sogar der angenehme Sound eines Banjo wird von ihm im Stück "We Danced The Night Away" eingebracht. Und natürlich kann er auch perfekt mit dem Bottleneck umgehen und die Saiten seines Arbeitsgeräts entsprechend zum Singen bringen. Unterstützt werden die beiden Künstler von diversen Gästen, die einzelne Songs mit ihrem Dazutun veredeln. Da wäre z.B. ein gewisser Chuck Leavell, bei dessen Namensnennung sich bei vielen von Euch bestimmt die Ohren aufstellen. Richtig, das ist der Tastenmann der ROLLING STONES, der hier beim Song "Shaking The Shack" an den schwarzen und weißen Tasten zu hören ist. Auch der 2005 verstorbene Country-Sänger Long John Baldry hat hier posthum noch einen Auftritt und ist mit seinem Gesangs-Part in dem Stück "Power Of A Blind Man" zu hören. Diese Aufnahmen entstanden bereits 2001 und wurden nunmehr für diesen Song eingesetzt. Und es gibt noch weitere Gäste …
Fast alle Stücke der Doppel-Vinyl stammen aus der Feder von Kramer/Filser. Jeden einzelnen der 22 Stücke hier ausführlich zu besprechen würde den Rahmen sprengen, darum habe ich mir eine kleine Auswahl heraus gepickt. Da wäre z.B. "Homecookin' Mama", ein klassischer Blues-Song nur mit Akustikgitarre, Bluesharp und Gesang, in dem es um eine Frau geht, die ausgezeichnet kochen kann. Der Text steckt jedoch voller eindeutig-zweideutiger Anspielungen ohne dabei in schlüpfrige Gefilde abzudriften.
Dem Song "Jesus Turned The Water Into Wine" kann man wohl am besten ablesen, was ich eingangs schon angemerkt habe. Chris Kramer ist mit seiner Stimme absolut in der Lage, ein Lied auch ohne Unterstützung zum Leben zu erwecken. Bei dieser Nummer tut er das im Intro, als er die ersten Zeilen komplett ohne instrumentale Begleitung singt. Erst später setzt sein musikalischer Partner mit der Akustischen ein. Inhaltlich geht es um den Glauben, was der Name des Songs ja eigentlich schon deutlich zum Ausdruck bringt.
Einen traditionellen Gospel-Song bekommen wir mit "Wade in the Water" zu hören, den das Duo Kramer/Filser neu interpretiert hat. Auch hier stehen wieder die Akustische und die Bluesharp im Vordergrund, bekommen aber tatkräftige Unterstützung vom hier eingesetzten Chor unter Mitwirkung vom Gast-Vokalisten Bo Heart, der den Gospel erst so richtig zum Leben erweckt.
Das bereits erwähnte "Shaking The Shack" ist eins der Stücke auf dem Album, das einem mächtig in die Glieder fährt. Das liegt nicht allein an den Blues- und Boogie-Läufen, die Chuck Leavell mit seinen flinken Fingern in das Gesamtbild hinein pinselt, sondern auch an der Rhythmus-Abteilung, bestehend aus Chris Auntry am Double Bass und Chris Benelli am Schlagzeug, die munter die Taktzahl vorgeben und das Lied insgesamt ordentlich grooven lassen. Eine Hammernummer!
Nachdem sich Jens Filser das Bottleneck über den Finger gestriffen hat, kann es mit "Now I Know" in ein weiteres Blues-Abenteuer gehen. Hier liegen gleich zwei Gitarren übereinander, laut Angaben auf dem Cover allesamt von Jens Filser gespielt, und zu den frisch und knackig gespielten Saiteninstrumenten kommen auch wieder Kramers Harp-Spiel und Stimme hinzu, und damit lassen die zwei Musikanten einen weiteren, selbst komponierten Blues-Knaller auf die Menschheit los.
Nicht unerwähnt sollte der Song "We Danced The Night Away", ein Duett mit Heike Meering, bleiben. Der weibliche Part trägt seinen Teil in dieser mit Banjo angereicherten Country-Nummer auf Französisch vor, der Männliche auf Englisch, und man wird hier tatsächlich zum Tanzen animiert.
Mag der Blues für "moderne" Ohren langweilig und altbacken klingen, ist er für Kenner und Fans des Genres so wichtig wie das tägliche Brot. Chris Kramer ist einer der Künstler, der diese Spielart nicht nur am Leben erhält, sondern ihr mit ständig neuen Frischzellenkuren zu neuer Jugendlichkeit verhilft. Da ist nix langweilig, und altbacken schon gar nicht. Das Blut in den Adern seiner Lieder ist dunkelrot, reichlich mit Sauerstoff angereichert und mit dem richtigen Druck im System unterwegs. "Roots Music" ist nur ein weiteres Beispiel dafür, dass er dem Genre, seinen Anhängern und der Szene überhaupt noch eine ganze Menge zu geben hat. Selbst dann, wenn er mit seiner Kunst zurück zu den Wurzeln geht und eine akustische, klassische Spielweise wählt. Auf dieser Doppel-LP befinden sich 22 Songs, die völlig zu Recht in schwarzes Gold gegossen wurden. Der Facettenreichtum und die Abwechslung sind nur schwer mit Worten zu beschreiben und es ist beachtlich, wie weit die Klammer um die Lieder gespannt ist. Sie ist enorm weit und doch ist das alles hier "nur" Blues, was man zu hören bekommt. Der Verzicht auf eine CD-Veröffentlichung ist nachvollziehbar, denn diese Lieder wollen wieder "oldschool" konsumiert werden. Rauf mit der Scheibe auf den Plattenspieler, und aufmerksam zugehört. Aufmerksamkeit ist hierbei nämlich ganz wichtig, um der Kramer'schen Geschichtsstunde folgen zu können und damit die Lieder in einem das auslösen können, was sie auszulösen in der Lage sind: Ein warmes Gefühl, tief aus dem Inneren aufsteigend, und einem unmissverständlich klar machend, dass man schon wieder von Chris Kramer abgeholt wurde. Hat da irgendwer was anderes erwartet?
Achso … so ganz "unmodern", wie der Verzicht auf eine CD vermuten lassen könnte, ist der Chris dann doch nicht, sondern er geht ein Stück weit auch voll mit der Zeit. Außer auf Schallplatte kann man sich "Roots Music" nämlich zusätzlich auch auf einem Daten-Stick (USB), verpackt in einer schönen Box, bestellen. Damit bleibt die Vinyl den besonderen Momenten vorbehalten und man schont das Material.
(Christian Reder)
Dass es diese Scheibe nun gibt, ist folgerichtig. Kramer hat den Blues - seinen Blues - bereits in verschiedenen Formen dargeboten. Akustisch und unter Strom gesetzt, mit Band und auch solo, für Erwachsene und für Kinder, mit klassischen aber auch mit genreuntypischen Instrumenten (Beatboxing) … Ihm stand nie etwas im Weg, er stieß auch nie an Grenzen und er hat immer wieder neue Ideen, diese alte Musik in neuem Licht erstrahlen zu lassen. "Ich wollte die Wurzeln - und auch die Verzweigungen und Blüten - des authentischen Blues genauer betrachten", lässt er sein Publikum nun befragt nach dem "Warum jetzt dieses Album?" wissen, und tut dies, ohne aus "Roots Music" ein reines Konzeptalbum zu machen. Vielmehr bilden Kramer und sein Kollege Filser den Blues so ab, wie er ist. Und der hat - wie der Kenner schon weiß - viele Farben und auch Kanten.
Chris Kramer steuert bei der Produktion zwei wichtige Elemente bei. Zum Einen spielt er auf der ganzen Scheibe natürlich die Blues-Harp. An der Mundharmonika war er schon immer ein Großer, und das zeigt er auch hier wieder sehr eindrucksvoll. Und wenn er das kleine Instrument mal nicht an den Lippen hat, haucht er den Liedern mit seiner Stimme ihre Seele ein. Und auch das tut er so gut, dass man oft regelrecht angefasst ist, und an anderen Stellen mitgerissen wird. Die Gitarren-Parts steuert Jens Filser bei, der an seinem Instrument wirklich jede Spielart vom klassischen Blues bis zum Country, und vom Folk-Picking bis zur Slide-Guitar alles drauf hat, was ein guter Saitendompteur in diesem Fach mitbringen muss. Sogar der angenehme Sound eines Banjo wird von ihm im Stück "We Danced The Night Away" eingebracht. Und natürlich kann er auch perfekt mit dem Bottleneck umgehen und die Saiten seines Arbeitsgeräts entsprechend zum Singen bringen. Unterstützt werden die beiden Künstler von diversen Gästen, die einzelne Songs mit ihrem Dazutun veredeln. Da wäre z.B. ein gewisser Chuck Leavell, bei dessen Namensnennung sich bei vielen von Euch bestimmt die Ohren aufstellen. Richtig, das ist der Tastenmann der ROLLING STONES, der hier beim Song "Shaking The Shack" an den schwarzen und weißen Tasten zu hören ist. Auch der 2005 verstorbene Country-Sänger Long John Baldry hat hier posthum noch einen Auftritt und ist mit seinem Gesangs-Part in dem Stück "Power Of A Blind Man" zu hören. Diese Aufnahmen entstanden bereits 2001 und wurden nunmehr für diesen Song eingesetzt. Und es gibt noch weitere Gäste …
Fast alle Stücke der Doppel-Vinyl stammen aus der Feder von Kramer/Filser. Jeden einzelnen der 22 Stücke hier ausführlich zu besprechen würde den Rahmen sprengen, darum habe ich mir eine kleine Auswahl heraus gepickt. Da wäre z.B. "Homecookin' Mama", ein klassischer Blues-Song nur mit Akustikgitarre, Bluesharp und Gesang, in dem es um eine Frau geht, die ausgezeichnet kochen kann. Der Text steckt jedoch voller eindeutig-zweideutiger Anspielungen ohne dabei in schlüpfrige Gefilde abzudriften.
Dem Song "Jesus Turned The Water Into Wine" kann man wohl am besten ablesen, was ich eingangs schon angemerkt habe. Chris Kramer ist mit seiner Stimme absolut in der Lage, ein Lied auch ohne Unterstützung zum Leben zu erwecken. Bei dieser Nummer tut er das im Intro, als er die ersten Zeilen komplett ohne instrumentale Begleitung singt. Erst später setzt sein musikalischer Partner mit der Akustischen ein. Inhaltlich geht es um den Glauben, was der Name des Songs ja eigentlich schon deutlich zum Ausdruck bringt.
Einen traditionellen Gospel-Song bekommen wir mit "Wade in the Water" zu hören, den das Duo Kramer/Filser neu interpretiert hat. Auch hier stehen wieder die Akustische und die Bluesharp im Vordergrund, bekommen aber tatkräftige Unterstützung vom hier eingesetzten Chor unter Mitwirkung vom Gast-Vokalisten Bo Heart, der den Gospel erst so richtig zum Leben erweckt.
Das bereits erwähnte "Shaking The Shack" ist eins der Stücke auf dem Album, das einem mächtig in die Glieder fährt. Das liegt nicht allein an den Blues- und Boogie-Läufen, die Chuck Leavell mit seinen flinken Fingern in das Gesamtbild hinein pinselt, sondern auch an der Rhythmus-Abteilung, bestehend aus Chris Auntry am Double Bass und Chris Benelli am Schlagzeug, die munter die Taktzahl vorgeben und das Lied insgesamt ordentlich grooven lassen. Eine Hammernummer!
Nachdem sich Jens Filser das Bottleneck über den Finger gestriffen hat, kann es mit "Now I Know" in ein weiteres Blues-Abenteuer gehen. Hier liegen gleich zwei Gitarren übereinander, laut Angaben auf dem Cover allesamt von Jens Filser gespielt, und zu den frisch und knackig gespielten Saiteninstrumenten kommen auch wieder Kramers Harp-Spiel und Stimme hinzu, und damit lassen die zwei Musikanten einen weiteren, selbst komponierten Blues-Knaller auf die Menschheit los.
Nicht unerwähnt sollte der Song "We Danced The Night Away", ein Duett mit Heike Meering, bleiben. Der weibliche Part trägt seinen Teil in dieser mit Banjo angereicherten Country-Nummer auf Französisch vor, der Männliche auf Englisch, und man wird hier tatsächlich zum Tanzen animiert.
Mag der Blues für "moderne" Ohren langweilig und altbacken klingen, ist er für Kenner und Fans des Genres so wichtig wie das tägliche Brot. Chris Kramer ist einer der Künstler, der diese Spielart nicht nur am Leben erhält, sondern ihr mit ständig neuen Frischzellenkuren zu neuer Jugendlichkeit verhilft. Da ist nix langweilig, und altbacken schon gar nicht. Das Blut in den Adern seiner Lieder ist dunkelrot, reichlich mit Sauerstoff angereichert und mit dem richtigen Druck im System unterwegs. "Roots Music" ist nur ein weiteres Beispiel dafür, dass er dem Genre, seinen Anhängern und der Szene überhaupt noch eine ganze Menge zu geben hat. Selbst dann, wenn er mit seiner Kunst zurück zu den Wurzeln geht und eine akustische, klassische Spielweise wählt. Auf dieser Doppel-LP befinden sich 22 Songs, die völlig zu Recht in schwarzes Gold gegossen wurden. Der Facettenreichtum und die Abwechslung sind nur schwer mit Worten zu beschreiben und es ist beachtlich, wie weit die Klammer um die Lieder gespannt ist. Sie ist enorm weit und doch ist das alles hier "nur" Blues, was man zu hören bekommt. Der Verzicht auf eine CD-Veröffentlichung ist nachvollziehbar, denn diese Lieder wollen wieder "oldschool" konsumiert werden. Rauf mit der Scheibe auf den Plattenspieler, und aufmerksam zugehört. Aufmerksamkeit ist hierbei nämlich ganz wichtig, um der Kramer'schen Geschichtsstunde folgen zu können und damit die Lieder in einem das auslösen können, was sie auszulösen in der Lage sind: Ein warmes Gefühl, tief aus dem Inneren aufsteigend, und einem unmissverständlich klar machend, dass man schon wieder von Chris Kramer abgeholt wurde. Hat da irgendwer was anderes erwartet?
Achso … so ganz "unmodern", wie der Verzicht auf eine CD vermuten lassen könnte, ist der Chris dann doch nicht, sondern er geht ein Stück weit auch voll mit der Zeit. Außer auf Schallplatte kann man sich "Roots Music" nämlich zusätzlich auch auf einem Daten-Stick (USB), verpackt in einer schönen Box, bestellen. Damit bleibt die Vinyl den besonderen Momenten vorbehalten und man schont das Material.
(Christian Reder)
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