Marion Bock: "Seelenfenster" (Album)

bock22 20221107 1839864659VÖ: 04.11.2022; Label: Marion Bock/HOFA; Katalognummer: 4020796491987; Musiker: Marion Bock (Gesang), Marek Arnold (Keyboard, Saxophon), Axel Stammberger (Gitarre, Keyboard, Mundharmonika), Ulrich Florian (Keyboard), Jörg Sweikowski (Keyboard, Tin Wistle, Gitarre), Bernd Bangel (Gitarre); Bemerkung: CD im aufklappbaren Pappcover inklusive Booklet mit Abdruck aller Songtexte;

Titel:
" Zwei Menschen", "Kinderzeit", "Erste Liebe", "Geboren", "Am Tage mancher Tage", "Ich lass' dich geh'n", "Entwurzelt", "Die Nachtigall singt nicht", "Das Gebet der Bettlerin", "Irgendwie alles", "An mein Lieb(s)chen", "Das Meer"


Rezension:


Wann ist der richtige Zeitpunkt, einen Blick auf das eigene gelebte Leben zu werfen? Wenn man in Rente geht (oder gehen darf)? Wenn einen der Sensenmann besucht hat, man ihm aber nochmal die Tür vor der Nase zuschlagen konnte? Wenn man die 50 überschritten und die nächste große Zahl vor der Null begrüßen darf? Oder vielleicht sogar schon früher? "Eine Rückschau auf Erlebtes, Geliebtes, Losgelassenes, Betrübendes und viele Momente, die mein Leben unendlich bereichert haben. Weil ich Euch gern an meinen Erinnerungen teilhaben lassen möchte, bin ich auf den Gedanken gekommen, wichtige Momente meines Lebens musikalisch in ‚Eure Ohren' zu bringen", schreibt Marion Bock in ihrem Vorwort zur gerade frisch erschienenen CD "Seelenfenster", direkt nach der Überschrift "70 Jahre und kein bissel leise". In ihrem Fall ist es also die 70, die sie dazu bringt, nicht nur einen, sondern gleich mehrere Blicke zurück zu werfen. Und dabei blättert sie nicht in alten Fotoalben oder gräbt den Inhalt ihres Kleiderschranks um, sondern erzählt in dem für sie als richtig empfundenen Zeitpunkt in 12 eigenen Liedern von ihren Erlebnissen und Gedanken. Eine gute Idee, wie ich finde …

Für mich als Rezensent wird ein Album immer dann interessant, wenn sich mein Lebensweg mit dem des Künstlers kreuzt oder dessen Werdegang Parallelen zum eigenen aufweist. Das ist hier der Fall, denn Marion Bock kommt beruflich aus der selben "Fabrik". Sie und ich hatten nach der Schule wohl nicht vor, als Musiker in Erscheinung zu treten oder in dem Bereich auf anderer Art die Brötchen zu verdienen, sondern wir sind einem "bürgerlichen" Broterwerb nachgegangen. Wir haben einen Beruf im Bereich der Rechtswissenschaft und Juristerei erlernt und diesen einige Jahre ausgeübt. Auch, dass sie schon seit sie denken kann großes Interesse an Kunst und Kultur hat, und dass sie im kulturellen Bereich neben dem Hauptberuf viel Zeit und Herzblut investiert hat, deckt sich mit dem, was ich über mich erzählen könnte. Um mich geht es aber nicht, sondern um diese Frau, die mir ihr neues Album zugeschickt hat. Und wer ist diese "Quereinsteigerin" nun genau? Die Dame, die nun ihr Erstlingswerk aufgenommen hat, ist kurz vor Weihnachten 1951 geboren. Schon als Kind sang sie im Schul- und Kinderchor. Während ihres Berufslebens war sie ehrenamtlich immer in Sachen Kultur unterwegs und trat auch damals schon als Sängerin auf. Der eine oder andere Leser unserer kleinen Seite wird ihren Namen im Zusammenhang mit dem Programm "BockSpäße" vielleicht schon mal gelesen oder gehört haben, denn damit war sie in den letzten Jahren zusammen mit ihrem Mann Bernhard Bock auf der Bühne aktiv. Sogar eine CD gibt es davon. Und nun also der Schritt in die "Selbstständigkeit". "Seelenfenster" ist ihr erstes Album als Solistin, es sind ihre ersten Schritte auf den Solopfaden, und dabei dienen ihr Leben und ihr Erlebtes als Schöpfquelle für die Inhalte der besagten 12 darauf zu hörenden Lieder.

In der Übersicht der hier mitwirkenden Autoren trifft man auf den einen oder anderen guten alten Bekannten. Axel Stammberger z.B., der seine Spuren bereits bei Veronika Fischer, Stefan Diestelmann und der Gruppe UNBEKANNT VERZOGEN hinterlassen hat, und mit dem Marion auch bei den BockSpäßen zusammen aktiv ist, hat sechs der zwölf Lieder für das Album komponiert, nämlich "Zwei Menschen", "Kinderzeit", "Geboren", "Die Nachtigall singt nicht", "Am Tage mancher Tage" und "An mein Lieb(s)chen". Weitere Songs stammen aus der Feder von Marek Arnold, der hier zuletzt mit einem ausführlichen Interview zu Gast war und als ruheloser Kreativer u.a. bei der Stern-Combo, bei Cyril, bei seven steps to the green door und nicht zuletzt auch zusammen mit Manuel Schmid künstlerische Höchstleistungen vollbracht hat, hat für Marion die Lieder "Erste Liebe", "Ich lass Dich geh'n" und "Entwurzelt" komponiert und das komplette Album sogar produziert. Weitere Komponisten, die für dieses Album tätig waren, sind Jörg Sweikowski ("Irgendwie alles"), Bernd Bangel ("Am Meer") und Ulrich Florian ("Das Gebet der Bettlerin"). All die Komponisten sind hier übrigens auch als Studiomusiker zu hören, haben letztlich ihre eigenen Schöpfungen zu Tönen werden lassen und Marion Bock auf ihren Instrumenten begleitet.

Ebenfalls bekannt dürfte die Autorin Syliva Kling sein, die nahezu alle Texte für dieses Album schrieb und diese passgenau auf die Hauptdarstellerin zugeschnitten hat. Einzig der Text zum Lied "Zwei Menschen" stammt aus der Feder des weiter oben schon erwähnten Bernhard Bock. All die hier erwähnten Unterstützer stellt die Künstlerin im Booklet zur CD ausführlich vor und macht gerade im Vorwort auch deutlich, wie groß ihre Dankbarkeit für deren Tun ist: "Ihr habt mir alle dabei geholfen, mir einen Lebenstraum zu erfüllen. Ja - glücklich habt Ihr mich gemacht".

Glücklich macht Marion Bock schließlich auch die Hörer, die Spaß an handgemachter und abwechslungsreicher Musik für ein reiferes Publikum in Verbindung mit aus Worten gemalten Bildern haben, die mehr als nur einen zentralen Blickfang anbieten. Dabei ist die Liebeserklärung an den Lebenspartner ("Zwei Menschen") ebenso ein Teil dieser Rückschau aufs Leben wie die "Kinderzeit", die "Erste Liebe", eine abhanden gekommene Heimat ("Entwurzelt") oder Momente im Leben, an denen positive Gedanken nur schwer zu finden sind ("Am Tage mancher Tage"). Gekleidet sind all die Kapitel, die hier in Liedform gereicht werden, durchweg in wunderbare Musik, die mal akustisch ("Geboren"), mal jazzig ("Das Gebet der Bettlerin") und ein anderes Mal elektronisch ("Entwurzelt") daherkommen. Obendrein wird fleißig mit Elementen aus der Weltmusik gespielt, z.B. mit irischen ("Irgendwie alles") oder orientalischen Klängen ("Die Nachtigall singt nicht"), die geschickt und unaufdringlich in die jeweiligen Arrangements eingewoben wurden. Marion und ihre Musikanten haben hier wahrlich nicht mit Farben gegeizt.

Zeit für einen Blick auf das eigene Leben ist immer dann, wenn die Erfahrungen und Gedanken ihren Weg nach Draußen suchen. Dieser Moment war bei Marion Bock nun gekommen, und sie nutzte ihn gut. Der Zufall und etwas Glück brachte sie zudem mit Leuten zusammen, die sie dabei unterstützten, denn wenn man "nicht vom Fach" ist, kann man viele Dinge allein nicht stemmen. Dazu braucht es Fachleute wie z.B. Marek Arnold, Axel Stammberger und Sylvia Kling. Gute Wahl, Frau Bock! Zu den Inhalten ihrer Lieder schreibt die Künstlerin im Booklet auch noch Folgendes: "Längst nicht alle wichtigen Momente meines Lebens oder auch Gedanken, die mich immer und immer wieder bewegen, konnte ich hier sammeln". Das muss ja auch gar nicht sein, denn schließlich bietet ein weiteres Album - z.B. zum 80. Geburtstag oder gern auch eher - doch eine Menge Platz für eine Fortsetzung :-)
(Christian Reder)





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