LaFee: "Zurück in die Zukunft" (Album)
LaFee? Da war doch was?
Genau! Als 16-jährige debütierte Christina Klein als LaFee mit dem Song "Virus", in dessen Text sie ihrer einstmals besten Freundin sämtliche biblischen Plagen an den Hals wünschte, weil diese sich unerbetener Weise ihren Freund für eine Spritztour unterm Federbett ausgeliehen hatte. Zu rockigen Klängen litt man gemeinsam mit ihr und war entzückt von dieser frischen und kessen Art der jungen Frau. Das blieb hängen. "Prinzesschen" und ihr Nummer-3-Hit "Heul doch", ihr bisher größter Hit, folgten und zementierten ihren Ruf als freche Göre der deutschen Rock-/Pop-Szene. Bis 2011 brachte sie vier Alben heraus, wovon zwei auf dem ersten Platz der Album-Charts landeten und mit Gold sowie Platin ausgezeichnet wurden. Danach wurde es ruhig um die blonde Sängerin mit dem markanten Tattoo auf der Schläfe. Sie wechselte das Fach und wurde Schauspielerin.
Tönende Lebenszeichen
Im Frühjahr stolperte ich bei YouTube über einen Videoclip der Sängerin und war ziemlich überrascht. Er war Vorbote für eine musikalische Zeitreise, die sich "Zurück in die Zukunft" nennt, und im August als Album erschien. Im Clip spielt die junge Künstlerin ein "materiell orientiertes" Mädel aus der Party- und Glitzerwelt, das zur Musik von Madonnas "Material Girl" ihre Geschichte erzählt. Stilistisch eine komplette Verwandlung hat sie hingelegt - der Rock ist elektronischer Musik gewichen. Ich fand (und finde) die Nummer spannend und wollte mehr darüber wissen …
Back to the 80s
Im Sommer lag sie in meinem Postfach, die CD mit dem Soundtrack meiner Jugend. LaFee holt die 80er zurück, dabei hat sie dieses Jahrzehnt selbst nur ganz knapp verfehlt. Sie ist im Dezember 1990 geboren, als die schillernde und bunte Dekade gerade vorbei war und hatte somit keine direkte Berührung mit den "Eighties". Trotzdem bedient sie sich der Musik und des Spirits.
Neue Songs im Retro-Stil
Die erste Single-Auskopplung mit dem Titel "Material Girl" wurde schon genannt, fangen wir darum mit den vier neuen Songs an, die eigens für dieses Album entstanden sind. Die Scheibe startet mit dem Namensgeber "Zurück in die Zukunft" und richtet gleich den Blick, bzw. das Ohr auf das, was uns die Künstlerin und ihr Produzent in den nächsten 15 Liedern ans Herz legen möchten: Den Sound und das Lebensgefühl einer der kreativsten und schillernsten Dekaden überhaupt. Der Text besteht aus einer bunten Kollage aus Zitaten großer Hits aus dieser Zeit, von Roxette bis Desireless und von den Bangles bis zu Phil Collins. Musikalisch erinnert die Nummer an den Song "Blinding Lights" von The Weeknd und ich vermute, dass der große Erfolg dieses Stücks auch der Antrieb zu dem Album hier war. Die Sounds der 80er sind wieder(einmal) da, wie uns The Weeknd mit seinen Liedern schmackhaft gemacht und mit einem Gruß aus der eigenen Küche erfolgreich serviert hat. Dieser Klang findet sich darum auch in zahlreichen Produktionen der letzten Zeit wieder. Warum nicht auf den fahrenden Zug aufspringen?
Das schon erwähnte Lebensgefühl dieser 80er wird dann im Song "1985" konkretisiert - zumindest im Text. Zu viel Haarspray, MTV und das berühmte BMX-Rad sind Stellvertreter für die damalige Zeit, die in dieser Pop-Nummer wieder auflebt. Eine jüngere Generation findet Gefallen an einer Zeit, die weit mehr zu geben hatte, als es die Jetzige tut, und die es auch über 30 Jahre später noch spielend leicht schafft, die Langeweile zu vertreiben . Mit "1985" unternehmen LaFee und ihr Produzent jedenfalls einen Versuch, uns eine Hymne für die aktuelle Retro-Welle zu liefern.
Erwachsen wird man wohl nie und mit Anfang 30 darf man auch noch ein bisschen "Schwärmen". Dies tut die Sängerin in "Neonlicht" und stößt mit einem gekonnten Tritt die Tür zum Kinderzimmer diverser Teenie-Mädels auf. Ein tanzbarer Pop-Song bildet die Grundlage für LaFees vokal wiedergegebenes EKG. Eine ganz nette Idee eigentlich.
Aber das Highlight befindet sich an letzter Position der Titelliste. Es heißt "Drei Millionen Likes" und wirkt in seiner zerbrechlich klingenden Balladenform wie ein gut gemeinter Ratschlag in Richtung der Smartphone-Generation, nicht alles in der digitalen Welt für bare Münze zu nehmen. "Hey, mach nicht diesen einen Fehler - glaub nicht jedem, glaub nicht jeder", gibt LaFee da einen klugen Tipp fürs Leben. Bildbearbeitungsprogramme und maßlose Übertreibungen in Profilen der sozialen Netzwerke wecken nämlich bei leicht zu beeinflussenden Gemütern Sehnsüchte, denen sie ewig hinterher jagen, die sie aber nie erreichen können. Klasse Song - große Botschaft.
Alter Wein in neuen Schläuchen
Neben diesen vier eigenen Titeln wird beim Rest des Programms fleißig in der 80er-Hitliste gewildert, z.B. bei den Australiern von REAL LIFE. Deren Hit "Send Me An Angel" heißt in der deutschen Fassung "Heißkalter Engel" und wurde 1984 bereits von Thomas Anders gecovert.
Ein weiterer Übertrag von Gestern ins Heute ist "Rock Me Amadeus" von FALCO, mit dem LaFee in ihrer Neu-Interpretation zusammen im Duett singt. Die heutige Technik macht's möglich, auch längst verstorbene Helden wieder "ans Mikro" zu holen, und es kann auch niemand mehr fragen, ob dem Österreicher das so recht gewesen wäre.
"Zeit heilt die Zeit", die Cyndi Lauper-Nummer, die vor ein paar Jahren schon vom Schlagersänger Dirk Michaelis auf Deutsch betextet und gecovert wurde, ist ebenso mit von der Partie wie "Take On Me" von A-Ha, das bei LaFee "Halt mich fest" heißt, und bei dem im Video auch auf die gleiche Tricktechnik zugegriffen wurde, wie es vor 36 Jahren schon das norwegische Ensemble tat.
Schwache Umsetzung
Fast alle Neuaufnahmen sind Kandidaten für den Preis "Ganz nah an unfreiwillig komisch aber weit weg von gut". Das liegt jedoch weniger an der Leistung von LaFee als an ihrer "Band". Diese ist auf der Festplatte des Produzenten beheimatet, denn statt echter Instrumente hören wir ein programmiertes Kunststoff-Orchester, das sich vergeblich müht, den Geist der 80er und die genialen Songs aus dieser Dekade ansprechend abzubilden. Hier wird sich gehörig ein schmerzhafter Bruch gehoben. Alphavilles "Forever Young" (bei LaFee "Für immer jung") ist z.B. ein Klang-Klumpen aus Plöpp-Plöpp-Beats und fiesen Streicher-Fälschungen (Original sind die jedenfalls nicht) geworden. Zusätzlich zeigen die sich extrem nach Fischer-Chöre anhörenden Background-Gesänge des Produzenten Grenzen auf, für dessen Erreichbarkeit man wahrlich nicht weit reisen muss. Warum man diesen Part nicht die Hauptdarstellerin mittels Dopplung ihrer Stimme überlassen hat, wird wohl das Geheimnis des Mannes hinter dem Mischpult bleiben. Das ging mal komplett in die Hose.
Alphaville begegnen wir kurz vorher schon mit der deutschen Version ihres Hits "Big in Japan", den die Sängerin Sandra im April 1984 als Vorboten ihrer Mega-Karriere ins Rennen schickte. Den Text zur Alphaville-Komposition schrieb damals Michael Kunze, und dieser wurde auch für LaFees Neuinterpretation verwendet. Im Gegensatz zur eben näher beschriebenen "Für immer jung"-Katastrophe ist dem Produzenten hier eine tanzbare und zeitgemäße Popnummer mit pfiffigen elektronischen Ideen als Grundlage für die Stimme der Sängerin gelungen. Leider eine Ausnahme.
Womit wir wieder bei "ging in die Hose" wären: Das Pia Zadora/Jermaine Jackson-Duett "When The Rain Begins To Fall", hier "Wenn der Regen auf uns fällt", gehört auch in diese Schublade. Schwächen im Arrangement und auch bei der Wahl des Duett-Partners (Lucas Cordalis) lassen der Sängerin nicht viel Luft, diese Version noch in irgendeiner Form zu retten. Klanglich passt diese Version bei eventuellen Auftritten in Fernseh-Shows prima zum Singsang einer Kerstin Ott oder Maite Kelly, aber ob die Künstlerin das so haben wollte? Kann man sich bei ihrer Vergangenheit kaum vorstellen.
Den Rest der Neu-Interpretationen möge der interessierte Leser bitte selbst entdecken und erkunden und dabei ebenso für sich entscheiden, ob der Rezensent mit seinem Urteil richtig liegt oder zu hart mit der "Produktionsfirma" ins Gericht gegangen ist.
Fazit
Kennt man die Platten der Künstlerin, die sie bis ins Jahre 2011 veröffentlicht hat, wundert man sich schon über den Sprung vom Rock in den elektronischen Bereich nah am Party-Schlager. Man wünscht LaFee beim Hören der CD wieder eine echte Band im Rücken. Manches hätte wirklich gut werden können, wäre da ein echtes Schlagzeug, eine Gitarre und ein E-Bass im Studio gewesen. Wer das Album aufmerksam und über eine Anlage mit guten Boxen anhört, wird unweigerlich darüber stolpern, was für klangliche Schlaglöcher und Unzulänglichkeiten hier zu finden sind. Denen, die Musik bevorzugt über das Smartphone konsumieren, und das wird wohl auch die Zielgruppe sein, wird das wohl eher nicht auffallen. Über all den Mängeln in der Musik steht jedoch die Gesangsleistung von LaFee, die aus Liedern wie "Für immer jung" keinen Komplettausfall hat werden lassen. So lässt sich das Hören dieses Albums auch nur mit dem Verzehr eines Châteauneuf-du-Pape Rouge aus ´nem Pappbecher vergleichen.
(Christian Reder)
VÖ: 20.08.2021; Label: Telamo/21 Music; Katalognummer: 405380431503; Musiker: LaFee (Gesang); Produzent: Christian Geller; Bemerkung: CD im Jewel-Case inkl. Booklet. Das Album ist auch auf Kassette (# 405380431584) und als limitiete Fanbox (# 405380420973) mit den Bonustracks "Heul Doch (80s Version)" ,"Prinzesschen (80s Version)" ,"Virus (80s Version)" ,"Wer Bin Ich (80s Version)" und "Was Ist Das (80s Version)" erschienen. Der Box liegen u.a. noch das Album auf CD und Kassette, sowie eine Telefonkarte, ein Poster und ein Schlüsselanhänger bei;
Titel: Zurück In Die Zukunft • (Ich Bin Ein) Material Girl • Rock Me Amadeus • Zeit Heilt Die Zeit • Japan Ist Weit • Halt Mich Fest • Für Immer Jung • 1985 • Wenn Der Regen Auf Uns Fällt • La Isla Bonita • Heißkalter Engel • Neonlicht • Ich Will Mit Jemandem Tanzen • Herz Aus Glas • Drei Millionen Likes |
Rezension:
LaFee? Da war doch was?
Genau! Als 16-jährige debütierte Christina Klein als LaFee mit dem Song "Virus", in dessen Text sie ihrer einstmals besten Freundin sämtliche biblischen Plagen an den Hals wünschte, weil diese sich unerbetener Weise ihren Freund für eine Spritztour unterm Federbett ausgeliehen hatte. Zu rockigen Klängen litt man gemeinsam mit ihr und war entzückt von dieser frischen und kessen Art der jungen Frau. Das blieb hängen. "Prinzesschen" und ihr Nummer-3-Hit "Heul doch", ihr bisher größter Hit, folgten und zementierten ihren Ruf als freche Göre der deutschen Rock-/Pop-Szene. Bis 2011 brachte sie vier Alben heraus, wovon zwei auf dem ersten Platz der Album-Charts landeten und mit Gold sowie Platin ausgezeichnet wurden. Danach wurde es ruhig um die blonde Sängerin mit dem markanten Tattoo auf der Schläfe. Sie wechselte das Fach und wurde Schauspielerin.
Tönende Lebenszeichen
Im Frühjahr stolperte ich bei YouTube über einen Videoclip der Sängerin und war ziemlich überrascht. Er war Vorbote für eine musikalische Zeitreise, die sich "Zurück in die Zukunft" nennt, und im August als Album erschien. Im Clip spielt die junge Künstlerin ein "materiell orientiertes" Mädel aus der Party- und Glitzerwelt, das zur Musik von Madonnas "Material Girl" ihre Geschichte erzählt. Stilistisch eine komplette Verwandlung hat sie hingelegt - der Rock ist elektronischer Musik gewichen. Ich fand (und finde) die Nummer spannend und wollte mehr darüber wissen …
Back to the 80s
Im Sommer lag sie in meinem Postfach, die CD mit dem Soundtrack meiner Jugend. LaFee holt die 80er zurück, dabei hat sie dieses Jahrzehnt selbst nur ganz knapp verfehlt. Sie ist im Dezember 1990 geboren, als die schillernde und bunte Dekade gerade vorbei war und hatte somit keine direkte Berührung mit den "Eighties". Trotzdem bedient sie sich der Musik und des Spirits.
Neue Songs im Retro-Stil
Die erste Single-Auskopplung mit dem Titel "Material Girl" wurde schon genannt, fangen wir darum mit den vier neuen Songs an, die eigens für dieses Album entstanden sind. Die Scheibe startet mit dem Namensgeber "Zurück in die Zukunft" und richtet gleich den Blick, bzw. das Ohr auf das, was uns die Künstlerin und ihr Produzent in den nächsten 15 Liedern ans Herz legen möchten: Den Sound und das Lebensgefühl einer der kreativsten und schillernsten Dekaden überhaupt. Der Text besteht aus einer bunten Kollage aus Zitaten großer Hits aus dieser Zeit, von Roxette bis Desireless und von den Bangles bis zu Phil Collins. Musikalisch erinnert die Nummer an den Song "Blinding Lights" von The Weeknd und ich vermute, dass der große Erfolg dieses Stücks auch der Antrieb zu dem Album hier war. Die Sounds der 80er sind wieder(einmal) da, wie uns The Weeknd mit seinen Liedern schmackhaft gemacht und mit einem Gruß aus der eigenen Küche erfolgreich serviert hat. Dieser Klang findet sich darum auch in zahlreichen Produktionen der letzten Zeit wieder. Warum nicht auf den fahrenden Zug aufspringen?
Das schon erwähnte Lebensgefühl dieser 80er wird dann im Song "1985" konkretisiert - zumindest im Text. Zu viel Haarspray, MTV und das berühmte BMX-Rad sind Stellvertreter für die damalige Zeit, die in dieser Pop-Nummer wieder auflebt. Eine jüngere Generation findet Gefallen an einer Zeit, die weit mehr zu geben hatte, als es die Jetzige tut, und die es auch über 30 Jahre später noch spielend leicht schafft, die Langeweile zu vertreiben . Mit "1985" unternehmen LaFee und ihr Produzent jedenfalls einen Versuch, uns eine Hymne für die aktuelle Retro-Welle zu liefern.
Erwachsen wird man wohl nie und mit Anfang 30 darf man auch noch ein bisschen "Schwärmen". Dies tut die Sängerin in "Neonlicht" und stößt mit einem gekonnten Tritt die Tür zum Kinderzimmer diverser Teenie-Mädels auf. Ein tanzbarer Pop-Song bildet die Grundlage für LaFees vokal wiedergegebenes EKG. Eine ganz nette Idee eigentlich.
Aber das Highlight befindet sich an letzter Position der Titelliste. Es heißt "Drei Millionen Likes" und wirkt in seiner zerbrechlich klingenden Balladenform wie ein gut gemeinter Ratschlag in Richtung der Smartphone-Generation, nicht alles in der digitalen Welt für bare Münze zu nehmen. "Hey, mach nicht diesen einen Fehler - glaub nicht jedem, glaub nicht jeder", gibt LaFee da einen klugen Tipp fürs Leben. Bildbearbeitungsprogramme und maßlose Übertreibungen in Profilen der sozialen Netzwerke wecken nämlich bei leicht zu beeinflussenden Gemütern Sehnsüchte, denen sie ewig hinterher jagen, die sie aber nie erreichen können. Klasse Song - große Botschaft.
Alter Wein in neuen Schläuchen
Neben diesen vier eigenen Titeln wird beim Rest des Programms fleißig in der 80er-Hitliste gewildert, z.B. bei den Australiern von REAL LIFE. Deren Hit "Send Me An Angel" heißt in der deutschen Fassung "Heißkalter Engel" und wurde 1984 bereits von Thomas Anders gecovert.
Ein weiterer Übertrag von Gestern ins Heute ist "Rock Me Amadeus" von FALCO, mit dem LaFee in ihrer Neu-Interpretation zusammen im Duett singt. Die heutige Technik macht's möglich, auch längst verstorbene Helden wieder "ans Mikro" zu holen, und es kann auch niemand mehr fragen, ob dem Österreicher das so recht gewesen wäre.
"Zeit heilt die Zeit", die Cyndi Lauper-Nummer, die vor ein paar Jahren schon vom Schlagersänger Dirk Michaelis auf Deutsch betextet und gecovert wurde, ist ebenso mit von der Partie wie "Take On Me" von A-Ha, das bei LaFee "Halt mich fest" heißt, und bei dem im Video auch auf die gleiche Tricktechnik zugegriffen wurde, wie es vor 36 Jahren schon das norwegische Ensemble tat.
Schwache Umsetzung
Fast alle Neuaufnahmen sind Kandidaten für den Preis "Ganz nah an unfreiwillig komisch aber weit weg von gut". Das liegt jedoch weniger an der Leistung von LaFee als an ihrer "Band". Diese ist auf der Festplatte des Produzenten beheimatet, denn statt echter Instrumente hören wir ein programmiertes Kunststoff-Orchester, das sich vergeblich müht, den Geist der 80er und die genialen Songs aus dieser Dekade ansprechend abzubilden. Hier wird sich gehörig ein schmerzhafter Bruch gehoben. Alphavilles "Forever Young" (bei LaFee "Für immer jung") ist z.B. ein Klang-Klumpen aus Plöpp-Plöpp-Beats und fiesen Streicher-Fälschungen (Original sind die jedenfalls nicht) geworden. Zusätzlich zeigen die sich extrem nach Fischer-Chöre anhörenden Background-Gesänge des Produzenten Grenzen auf, für dessen Erreichbarkeit man wahrlich nicht weit reisen muss. Warum man diesen Part nicht die Hauptdarstellerin mittels Dopplung ihrer Stimme überlassen hat, wird wohl das Geheimnis des Mannes hinter dem Mischpult bleiben. Das ging mal komplett in die Hose.
Alphaville begegnen wir kurz vorher schon mit der deutschen Version ihres Hits "Big in Japan", den die Sängerin Sandra im April 1984 als Vorboten ihrer Mega-Karriere ins Rennen schickte. Den Text zur Alphaville-Komposition schrieb damals Michael Kunze, und dieser wurde auch für LaFees Neuinterpretation verwendet. Im Gegensatz zur eben näher beschriebenen "Für immer jung"-Katastrophe ist dem Produzenten hier eine tanzbare und zeitgemäße Popnummer mit pfiffigen elektronischen Ideen als Grundlage für die Stimme der Sängerin gelungen. Leider eine Ausnahme.
Womit wir wieder bei "ging in die Hose" wären: Das Pia Zadora/Jermaine Jackson-Duett "When The Rain Begins To Fall", hier "Wenn der Regen auf uns fällt", gehört auch in diese Schublade. Schwächen im Arrangement und auch bei der Wahl des Duett-Partners (Lucas Cordalis) lassen der Sängerin nicht viel Luft, diese Version noch in irgendeiner Form zu retten. Klanglich passt diese Version bei eventuellen Auftritten in Fernseh-Shows prima zum Singsang einer Kerstin Ott oder Maite Kelly, aber ob die Künstlerin das so haben wollte? Kann man sich bei ihrer Vergangenheit kaum vorstellen.
Den Rest der Neu-Interpretationen möge der interessierte Leser bitte selbst entdecken und erkunden und dabei ebenso für sich entscheiden, ob der Rezensent mit seinem Urteil richtig liegt oder zu hart mit der "Produktionsfirma" ins Gericht gegangen ist.
Fazit
Kennt man die Platten der Künstlerin, die sie bis ins Jahre 2011 veröffentlicht hat, wundert man sich schon über den Sprung vom Rock in den elektronischen Bereich nah am Party-Schlager. Man wünscht LaFee beim Hören der CD wieder eine echte Band im Rücken. Manches hätte wirklich gut werden können, wäre da ein echtes Schlagzeug, eine Gitarre und ein E-Bass im Studio gewesen. Wer das Album aufmerksam und über eine Anlage mit guten Boxen anhört, wird unweigerlich darüber stolpern, was für klangliche Schlaglöcher und Unzulänglichkeiten hier zu finden sind. Denen, die Musik bevorzugt über das Smartphone konsumieren, und das wird wohl auch die Zielgruppe sein, wird das wohl eher nicht auffallen. Über all den Mängeln in der Musik steht jedoch die Gesangsleistung von LaFee, die aus Liedern wie "Für immer jung" keinen Komplettausfall hat werden lassen. So lässt sich das Hören dieses Albums auch nur mit dem Verzehr eines Châteauneuf-du-Pape Rouge aus ´nem Pappbecher vergleichen.
(Christian Reder)
Videoclips: