Klosterbrüder/Magdeburg:
"Was wird morgen sein" (Album)


lp05 20200421 1941738949VÖ: 24.04.2020; Label: Sechzehnzehn/Buschfunk; Katalognummer: BF 06962; Musiker: Hans-Joachim "HaJo" Kneis (Gesang, Tasteninstrumente), Dietrich Kessler (Flöte, Saxophon), Jörg "Matze" Blankenburg (Gitarre), Detlev Kessler (Schlagzeug), Waldemar Janicki (Schlagzeug), Bernd Schilanski (Schlagzeug), Klaus Weigert (Bass), Lothar Kramer (Tasteninstrumente), Hans "die Geige" Wintoch (Tasteninstrumente), Hans-Peter Dohanetz (Tasteninstrumente), Rüdiger "Ritchie" Barton (Tasteninstrumente), Gisbert Piatkowski (Gitarre); Bemerkung: 2 CDs in Plastikhülle (Jewel-Case) plus Booklet inkl. Vorwort von Walter Cikan, aber ohne Abdruck der Songtexte;

Titel:
CD 1: "Was wird morgen sein", "Lied einer alten Stadt", "Wenn ich zwei Leben hätt", "Raus aus meiner Haut", "Harte Tage", "Kalt und heiß", "Grand Hand", "Teufels-Rock`n`Roll", "Ebbe und Flut", "Roter Wein", "Gottlose Lieder", "Vorsicht, Glas", "Verkehrte Welt", "Wir sind keine Automaten", "Orient X-Press"
CD 2: "Fieber", "Feuer in der Nacht", "Alte Bänder", "Tief auf meinem Grund", "Verrückte Zeiten", "Flammendes Eis", "Risiko", "Funky Tanz", "Gib mir eine letzte Chance", "Oh, Oh Otto", "Ich hoffe, ich stör' nicht", "Frage die Augen", "Hundsgemein", "Locomotive XL", "Hallo Du", "Was wird morgen sein (New Version)"


Rezension:
Man kann lange darüber spekulieren, welchen Weg eine Band wie die KLOSTERBRÜDER bzw. MAGDEBURG wohl gegangen wäre, hätten ihr in der Zeit ihrer Existenz nicht so viele "äußere Einflüsse" zugesetzt oder hätte sie an anderer Stelle im Land und unter anderen Voraussetzungen ihr Glück mit der musikalischen Karriere versuchen können. Gerade der Szene in der BRD hätte eine solche Band sicher gut zu Gesicht gestanden, war man dort ja hauptsächlich damit beschäftigt, die eigene Muttersprache beim Schreiben von Songs gegen die der Angelsachsen auszutauschen. Das mit dem "was wäre gewesen wenn...?" lässt sich heute nicht mehr beantworten, denn es gibt für solche Fragen keine Simulation, die Dir verschiedene Alternativen ausrechnet. Es ist aber auch unnötig, denn ändern lässt sich heute nichts mehr und nachgeholt werden kann auch nichts mehr. Trotz aller großen und kleinen Steine, die man der Magdeburger Kapelle in den Weg gerollt hatte, genießen die KLOSTERBRÜDER noch heute einen ebenso guten Ruf wie die Gruppe RENFT. Beide waren unangepasst, trafen mit ihrer Musik damals handwerklich und inhaltlich den Nerv der jungen Leute und konnten außerdem mit ihren Live-Auftritten punkten. So sehr, dass sie einer Religion gleich zahlreiche "Jünger" anzogen, was wiederum den Behörden und Staatsdienern der DDR ein Dorn im Auge war. Letztlich mussten die KLOSTERBRÜDER ihre Dienstleistung am Kunden einstellen und es war ihnen nicht mehr erlaubt, in der DDR unter ihrem bekannten Namen weiter Musik zu machen. Aus den KLOSTERBRÜDERN wurde 1975 die Gruppe MAGDEBURG, die aber mit den gleichen Problemen zu kämpfen hatte wie die Band, aus der sie hervor ging. Auch hier versuchte man seitens staatlicher Stellen lenkend in die Bandarbeit einzugreifen, was die Musiker verständlicherweise alles andere als dufte fanden. Nach sechs Jahren lagen die Nerven schließlich blank und die Band stellte geschlossen einen Ausreiseantrag. Damit war auch die Gruppe MAGDEBURG nicht mehr existent. Die ganze Geschichte der KLOSTERBRÜDER und der Gruppe MAGDEBURG, und wie es mit ihnen nach der Wende weiterging, kann man sehr ausführlich in dem Vorwort von Walter Cikan nachlesen, das sich im Booklet der wohl umfangreichsten Werkschau beider Bands befindet, die am 24. April 2020 unter dem Titel "Was wird morgen sein" in den Handel kommen und von uns jetzt hier vorgestellt wird.

Alles, was hier und in eben erwähntem Vorwort von Walter Cikan beschrieben wird (und so manches mehr), haben die beiden Freunde Dietrich Kessler und Hans-Joachim Kneis live und in Farbe miterlebt. HaJo Kneis verstarb Anfang des Jahres, was auch der Anlass für die Veröffentlichung der hier vorliegenden Doppel-CD "Was wird morgen sein" war. Dem Frontmann und der Stimme beider Bands widmet sein Kumpel Dietrich Kessler dann auch ein paar persönliche Worte, die auf der Rückseite des Booklets abgedruckt wurden und an ihn erinnern sollen. Aber jedes gedruckte Wort ist nur Theorie. Um den Weg dieser beiden Rockbands nachzeichnen und die Faszination der Fans nachvollziehen zu können braucht es auch die Musik, und die findet man in Form von 32 Songs auf den zwei Silberlingen dieser Publikation. Vielleicht fragt sich der eine oder andere Leser nun, warum er sich jetzt ausgerechnet diese Doppel-CD kaufen soll, denn immerhin gibt es ja schon ein paar CDs beider Formationen. Was kann denn da noch Neues kommen? Diese Frage ist schnell beantwortet: Einige bis dahin auf CD unveröffentlicht Titel, echte Raritäten und sogar eine neue Produktion erwarten den Käufer dieser Zusammenstellung. Natürlich befinden sich darauf auch die bekannten und vielleicht auch schon auf einer anderen CD befindlichen Lieder der KLOSTERBRÜDER und MAGDEBURG. "Lied einer alten Stadt" fehlt da ebenso wenig wie "Was wird morgen sein" oder "Ebbe & Flut". Aber das sind nur die Songs, die drauf sein müssen, weil ihr Vorhandensein der Bekanntheit wegen quasi Voraussetzung ist. Aber es gibt mehr ... noch viel mehr! Vor knapp 11 Jahren brachte die Band KLOSTERBRÜDER in Eigenregie das Album "Special Edition" über das Label Greenland Music heraus. Die CD war damals jedoch nicht im Plattengeschäft um die Ecke, sondern nur über die Band zu bekommen. Dementsprechend gering war die Reichweite und schnell vergriffen war sie außerdem. Viele Leute suchten diese CD in den letzten Jahren vergeblich, weil sie eben Songs enthält, die bisher nur darauf zu finden waren. Dabei handelt es sich um die Titel "Tief auf meinem Grund" und "Gib mir eine letzte Chance", und sie sind auf dieser Doppel-CD jetzt wieder und für manchen Fan erstmalig erhältlich. Auch die B-Seite der Single "Ebbe & Flut" namens "Feuer in der Nacht" wurde für diese Kopplung aus den Archiven gekramt und für die Veröffentlichung ausgewählt. Der Song feiert hier Premiere, denn er erscheint erstmals auf CD. Das Stück "Alte Bänder" von MAGDEBURG - ebenfalls dabei - hatte seine CD-Premiere zwar schon vor ein paar Jahren auf der Kopplung "Hits und Raritäten aus dem DDR-Rundfunkarchiv", die auf dem kleinen Norderstedter Label Choice Of Music erschien ist, aber die Existenz dieser Scheibe dürfte auch nur wenigen Leuten bekannt sein. Außerdem wurden für die Doppel-CD "Was wird morgen sein" bisher noch gar nicht oder nur auf einem der Beatkisten-Sampler Mitte der 90er veröffentlichten Rundfunkproduktionen wie z.B. "Grand Hand", "Gottlose Lieder", "Fieber", "Funky Tanz", "Locomotive XL" und "Hallo Du" aus den Archiven gehoben. Mit der im Jahre 2010 produzierten "New Version" des Stücks "Was wird morgen sein" befindet sich dann noch eine Aufnahme neueren Datums als letzter Song auf der zweiten CD.

Diese Doppel-CD lässt (fast) keine Wünsche mehr offen und dürfte die wohl letzten Lücken in den Sammlungen der KLOSTERBRÜDER- und MAGDEBURG-Fans schließen. Für einen sauberen Klang der alten Aufnahmen sorgte einmal mehr Bernd Wendlandt von den Valicon-Studios, der das Mastern übernahm. Auch das ist ein Kaufgrund, denn so einen Sound hatten die Songs vorher nicht. Seine Arbeit und die des Kollegen, der die Kopplung zusammenstellte und damit ein geschicktes Händchen beim Aufrechterhalten der Spannung während des Hörens bewies, sorgen für eine Menge Spaß und gute Laune beim Hörer, der hier tatsächlich in den Genuss echten und seiner Bezeichnung auch gerecht werdenden Deutschrocks kommt. Die Musik in Verbindung mit den inhaltsreichen Texten bilden eine aufregende Einheit, die man als Musikfreund gehört haben MUSS. Das Album ist nicht nur eine schöne Erinnerung an die beiden Magdeburger Rockbands, sondern insbesondere auch an ihren gerade verstorbenen Sänger HaJo Kneis, der den Liedern mit seiner unverwechselbaren Stimme zu der Beliebtheit verhalf, die sie sich bis heute bei zahlreichen Menschen erfreuen. Es ist ein Stück weit auch Abschied nehmen von der Band KLOSTERBRÜDER, die bis Ende 2019 noch aktiv war und die mit ihrer Stimme auch die Seele verloren hat, die kaum zu ersetzen sein dürfte. Wer sich die Lieder auf der Kopplung anhört wird verstehen, dass sie eben nicht jeder singen kann und dass ein so wichtiges Bauteil einer Band, wie Kneis es war, unersetzbar ist.
(Christian Reder)





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