Chris Kramer & Beatbox'n'Blues: "Way Back Home" (Album)
VÖ: 08.06.2018; Label: Blow 'Till Midnight Records/Fenn Music; Katalognummer: BTM1004-77; Musiker: Chris Kramer (Gesang, Mundharmonika, Gitarre), Kevin O'Neal (Beatbox, Rap, Gesang), Sean Athens (Gitarre, Gesang), Paddy Boy (Gitarre), Cornelius Thiem, Christopher Huber (Streicher); Bemerkung: CD im aufklappbaren Digipak, inklusive Booklet mit Abdruck der Songtexte;
Titel: Jukebox • Ain't Nobody At Home • Beatbox'n'Boogie • Ashes To Ashes • Lawyer Clark Blues • Happy Birthday • Just a Little Boy • Last Man Riding • Hot Summer Day • Hippin'n'Hoppin' The Blues • Deep In The Ground • Go With The Flow • Erst hatt'ich kein Glück • Der Wolkenmacher • Tallahatchie Flats |
Rezension:
Nach einem Album wie "On The Way To Memphis", das Chris Kramer mit seiner Band BEATBOX'N'BLUES im vergangenen Jahr kurz vor der Tournee in den USA veröffentlicht hat, darf man eigentlich nicht mehr viel erwarten. Mit dem, was auf der Scheibe zu hören ist, dürfte die Spielwiese des Blues in Verbindung mit Beatboxing abgegrast und an die Herde verfüttert worden sein. Was soll nach so einem Brett noch kommen? Ganz einfach: Nur ein Jahr später mit "Way Back Home" ein weiteres Album dieser Art, das die mit dem Debüt schon beachtlich hoch gelegte Latte mit Leichtigkeit noch einmal überspringt.
Dass die eben angesprochene Tournee in den Staaten, wo das Ensemble bei der "International Blues Challange 2017" teilnahm und bei der Gelegenheit gleich das Umland erkundete, großen Einfluss auf die Musik der neuen Scheibe genommen hat, ist unüberhörbar. Eindrücke, die die drei Künstler dort aufgesogen und während 10.000 Flugkilometern sowie 80.000 Kilometern im Reisebus eingesammelt haben, haben sich in den 15 Songs des Albums ihre Bahnen gesucht. Ebenso zu hören ist, dass die drei Musiker inzwischen noch enger aneinander gerückt sind. Das Ganze klingt perfekt, auch wenn man sowas wie Perfektion im Bluesbereich gar nicht haben muss/will. Die Jungs kennen sich inzwischen wesentlich besser als vor ihrer Tour und vor den Aufnahmen zum Erstlingswerk, weshalb das Zusammenspiel der drei Jungs auch so herrlich flutscht.
Davon kann man sich gleich beim Opener "Jukebox" überzeugen. Da greift ein Rädchen ins andere und beschert dem Hörer eine flotte Nummer, die gepflegt am Hosenbein zupft. Dabei ruhig sitzen? Geht nicht ... Spannend ist hier insbesondere natürlich auch wieder die Leistung, die Kevin O'Neal mit seinem Beatboxing abruft. Da werden wie selbstverständlich moderne Elemente eingestreut, die man sonst nur beim Hip Hop bzw. Rap erwartet, ohne aber zu Baustellenlärm zu verkommen. Sein Beitrag passt perfekt in diese "olle" Richtung und verleiht ihr - übrigens auch durch das Mundharmonika-Spiel Kramers - einen frischen Anstrich und höchste Attraktivität, auf die eigentlich auch Funk und Fernsehen langsam mal aufmerksam werden müssten.
Dieser erste Eindruck setzt sich auch in den folgenden Songs fort, insbesondere gleich bei der nächsten Nummer, wo Chris auch mal mit seiner Stimme bzw. einem Verzerrer arbeitet, und dem Vortrag so eine weitere Würze gibt. Der treibende Blues-Klopper wird von Sean Athens noch mit einer heißen E-Gitarre garniert und auch hier zeigt Kevin O'Neal, dass die Art des Blues, die BEATBOX'N'BLUES unter's Volk streut, nix mit Altherrenmusik oder einer im Sterben liegenden Kunstform zu tun hat. Das ist fett, das ist cool ... das lässt einen beim Hören aufgeregt am Ohr zuppeln und abgehen.
Nach drei ziemlich steil gehenden Nummern überrascht das Trio mit einer ruhigen Ballade unter der Überschrift "Ashes To Ashes", in der mal kurz der Einsatz von Streichern die Botschaft des Liedes sehr berührend verstärkt. Die Band kann also auch leise ... und dabei sanft die Seele berühren.
Mit "Happy Birthday" folgt zwei Songs weiter ein Anwärter, der endlich mal dafür sorgen könnte, dass in Zukunft zu solchen Anlässen die antiquierte Stevie Wonder-Nummer in Rente geschickt werden könnte. Dieser Blues-Stampfer, bei dem O'Neal auf den Spuren von Michael Winslow wandelt (Gluck, Gluck, Gluck), erfüllt den Zweck auf Partys meiner Meinung nach sogar besser als der Wonder-Klassiker, denn der Blues bringt alles mit, um die Hörerschaft in Partystimmung zu versetzen. Da kriegste auch dann gute Laune, wenn Du ob Deines 85. Geburtstags schon ziemlich angefressen bist, weil Du Dich noch gar nicht so alt fühlst. Auch hier wird wieder mit ordentlich Frische gearbeitet und der Blues in den Jungbrunnen getaucht. Kevin O'Neal steigt hier nämlich mit einem ansprechenden Rap ein. Ich mag diese Vortragskunst nicht, aber verdammt nochmal ... Hier passt sie, als wäre sie schon immer ein Element des Blues gewesen, und sie macht mächtig Spaß!
Ein weiteres Highlight auf der CD ist der Titel "Last Man Riding", der eine rotzigere Gitarre unterlegt wurde und der als Filmmusik für ein Roadmovie dienen könnte. Von der ersten bis zur letzten Sekunde lässt einen das Stück nicht in Ruhe, fordert mit Nachdruck zum Tanzen auf und lässt einem eigentlich kaum eine Wahl, als die Nummer gleich noch zwei oder drei Mal nacheinander zu hören. Unnötig zu erwähnen, dass sich Kevin O'Neil auch für dieses Stück was feines "auf seinem Instrument" ausgedacht und beigesteuert hat.
"Hot Summer Day" (siehe Videoclip unten) verwirrt anfänglich etwas, vermutet man doch dort Gunther Gabriel am Mikro, aber es ist am Ende doch Chris Kramer, der sich stimmlich ein weiteres Mal variabel zeigt. Ebenso bemerkenswert die Leistung von Sean Athens an der Gitarre, der wunderbare Linien in die Nummer webt und ihr damit in den richtigen Augenblicken Gänsehautmomente verleiht. Den heißen Sommertag kann man hier wahrlich nachempfinden.
Nach "Deep In The Ground" und "Go With The Flow", zwei Instrumental-Stücken der langsameren Gangart, erwartet den Hörer ein Song, der im vergangenen Jahr schon als Videoclip im Umlauf war: "Erst hatt' ich kein Glück". Hier schraubt Kramer sämtliche Fußball-Zitate der vergangenen gefühlt 100 Jahre in einen Songtext zusammen, und man darf das ein oder andere Mal auch über diverse Zweideutigkeiten und auch völligen Unsinn schmunzeln. Was Fußballer eben so raushauen, wenn sie gerade vom Platz kommen. Übrigens wieder eine der flotteren Bluesnummern und erstmals auf diesem Album auf Deutsch vorgetragen.
Eine wunderbare Ballade über Chris Kramers Kindheit im Ruhrpott, und wie ihm sein Papa die Geschichte des Bergbau erzählte, ist dem Musiker mit "Der Wolkenmacher" gelungen (siehe Videoclip unten). Seiner Heimat, nämlich dem Ruhrgebiet, setzt Kramer mit diesem Text, der auch die Veränderungen im "Pott" nach der Zeit des Bergbau anspricht, ein echtes Denkmal. Großer Song, großer Inhalt, groß verpackt. Ein zweites Mal auf der Platte in Deutsch. Das ist Volksmusik und für meinen Geschmack auch ein echtes Volkslied.
Dies sind nur ein paar der 15 neuen Lieder, die ich hier kurz ansprechen will. Es empfiehlt sich, sich das Album zuzulegen und selbst mehrmals darin einzutauchen. Chris Kramers Beatbox'n'Blues verbindet viele Elemente der Musik unter der Überschrift "Blues" miteinander. Hip Hop, Rap, Rock, Folk, Country und natürlich die Hauptzutat, der er ja schon seit Jahren verfallen ist, den Blues. Was in seiner Küche Schmackhaftes entsteht, darf man ruhig auch denen anbieten, die davon bisher nicht zu kosten gewagt haben. Aber er schmeckt vorzüglich, der Blues, besonders wenn ihn Kramer, O'Neal und Athens zubereiten. Und wie ich in meiner Rezension schon schrieb, sollte es eigentlich nur noch eine Frage der Zeit sein, wann diese Band auch mal am Samstagabend in einer der Prime-Time-Shows zu sehen sein wird. "Way Back Home" könnte dafür ein Türöffner werden, denn selten sind Erlebnisse aus einem Jahr und verschiedene Einflüsse der Musik so kompakt und eng auf einem Album verarbeitet worden, wie auf dem hier. Und Kramer weiß einmal mehr auch als Geschichtenerzähler zu überzeugen. Und gute Geschichten wollen wir doch alle gerne hören, oder?
(Christian Reder)
Nach einem Album wie "On The Way To Memphis", das Chris Kramer mit seiner Band BEATBOX'N'BLUES im vergangenen Jahr kurz vor der Tournee in den USA veröffentlicht hat, darf man eigentlich nicht mehr viel erwarten. Mit dem, was auf der Scheibe zu hören ist, dürfte die Spielwiese des Blues in Verbindung mit Beatboxing abgegrast und an die Herde verfüttert worden sein. Was soll nach so einem Brett noch kommen? Ganz einfach: Nur ein Jahr später mit "Way Back Home" ein weiteres Album dieser Art, das die mit dem Debüt schon beachtlich hoch gelegte Latte mit Leichtigkeit noch einmal überspringt.
Dass die eben angesprochene Tournee in den Staaten, wo das Ensemble bei der "International Blues Challange 2017" teilnahm und bei der Gelegenheit gleich das Umland erkundete, großen Einfluss auf die Musik der neuen Scheibe genommen hat, ist unüberhörbar. Eindrücke, die die drei Künstler dort aufgesogen und während 10.000 Flugkilometern sowie 80.000 Kilometern im Reisebus eingesammelt haben, haben sich in den 15 Songs des Albums ihre Bahnen gesucht. Ebenso zu hören ist, dass die drei Musiker inzwischen noch enger aneinander gerückt sind. Das Ganze klingt perfekt, auch wenn man sowas wie Perfektion im Bluesbereich gar nicht haben muss/will. Die Jungs kennen sich inzwischen wesentlich besser als vor ihrer Tour und vor den Aufnahmen zum Erstlingswerk, weshalb das Zusammenspiel der drei Jungs auch so herrlich flutscht.
Davon kann man sich gleich beim Opener "Jukebox" überzeugen. Da greift ein Rädchen ins andere und beschert dem Hörer eine flotte Nummer, die gepflegt am Hosenbein zupft. Dabei ruhig sitzen? Geht nicht ... Spannend ist hier insbesondere natürlich auch wieder die Leistung, die Kevin O'Neal mit seinem Beatboxing abruft. Da werden wie selbstverständlich moderne Elemente eingestreut, die man sonst nur beim Hip Hop bzw. Rap erwartet, ohne aber zu Baustellenlärm zu verkommen. Sein Beitrag passt perfekt in diese "olle" Richtung und verleiht ihr - übrigens auch durch das Mundharmonika-Spiel Kramers - einen frischen Anstrich und höchste Attraktivität, auf die eigentlich auch Funk und Fernsehen langsam mal aufmerksam werden müssten.
Dieser erste Eindruck setzt sich auch in den folgenden Songs fort, insbesondere gleich bei der nächsten Nummer, wo Chris auch mal mit seiner Stimme bzw. einem Verzerrer arbeitet, und dem Vortrag so eine weitere Würze gibt. Der treibende Blues-Klopper wird von Sean Athens noch mit einer heißen E-Gitarre garniert und auch hier zeigt Kevin O'Neal, dass die Art des Blues, die BEATBOX'N'BLUES unter's Volk streut, nix mit Altherrenmusik oder einer im Sterben liegenden Kunstform zu tun hat. Das ist fett, das ist cool ... das lässt einen beim Hören aufgeregt am Ohr zuppeln und abgehen.
Nach drei ziemlich steil gehenden Nummern überrascht das Trio mit einer ruhigen Ballade unter der Überschrift "Ashes To Ashes", in der mal kurz der Einsatz von Streichern die Botschaft des Liedes sehr berührend verstärkt. Die Band kann also auch leise ... und dabei sanft die Seele berühren.
Mit "Happy Birthday" folgt zwei Songs weiter ein Anwärter, der endlich mal dafür sorgen könnte, dass in Zukunft zu solchen Anlässen die antiquierte Stevie Wonder-Nummer in Rente geschickt werden könnte. Dieser Blues-Stampfer, bei dem O'Neal auf den Spuren von Michael Winslow wandelt (Gluck, Gluck, Gluck), erfüllt den Zweck auf Partys meiner Meinung nach sogar besser als der Wonder-Klassiker, denn der Blues bringt alles mit, um die Hörerschaft in Partystimmung zu versetzen. Da kriegste auch dann gute Laune, wenn Du ob Deines 85. Geburtstags schon ziemlich angefressen bist, weil Du Dich noch gar nicht so alt fühlst. Auch hier wird wieder mit ordentlich Frische gearbeitet und der Blues in den Jungbrunnen getaucht. Kevin O'Neal steigt hier nämlich mit einem ansprechenden Rap ein. Ich mag diese Vortragskunst nicht, aber verdammt nochmal ... Hier passt sie, als wäre sie schon immer ein Element des Blues gewesen, und sie macht mächtig Spaß!
Ein weiteres Highlight auf der CD ist der Titel "Last Man Riding", der eine rotzigere Gitarre unterlegt wurde und der als Filmmusik für ein Roadmovie dienen könnte. Von der ersten bis zur letzten Sekunde lässt einen das Stück nicht in Ruhe, fordert mit Nachdruck zum Tanzen auf und lässt einem eigentlich kaum eine Wahl, als die Nummer gleich noch zwei oder drei Mal nacheinander zu hören. Unnötig zu erwähnen, dass sich Kevin O'Neil auch für dieses Stück was feines "auf seinem Instrument" ausgedacht und beigesteuert hat.
"Hot Summer Day" (siehe Videoclip unten) verwirrt anfänglich etwas, vermutet man doch dort Gunther Gabriel am Mikro, aber es ist am Ende doch Chris Kramer, der sich stimmlich ein weiteres Mal variabel zeigt. Ebenso bemerkenswert die Leistung von Sean Athens an der Gitarre, der wunderbare Linien in die Nummer webt und ihr damit in den richtigen Augenblicken Gänsehautmomente verleiht. Den heißen Sommertag kann man hier wahrlich nachempfinden.
Nach "Deep In The Ground" und "Go With The Flow", zwei Instrumental-Stücken der langsameren Gangart, erwartet den Hörer ein Song, der im vergangenen Jahr schon als Videoclip im Umlauf war: "Erst hatt' ich kein Glück". Hier schraubt Kramer sämtliche Fußball-Zitate der vergangenen gefühlt 100 Jahre in einen Songtext zusammen, und man darf das ein oder andere Mal auch über diverse Zweideutigkeiten und auch völligen Unsinn schmunzeln. Was Fußballer eben so raushauen, wenn sie gerade vom Platz kommen. Übrigens wieder eine der flotteren Bluesnummern und erstmals auf diesem Album auf Deutsch vorgetragen.
Eine wunderbare Ballade über Chris Kramers Kindheit im Ruhrpott, und wie ihm sein Papa die Geschichte des Bergbau erzählte, ist dem Musiker mit "Der Wolkenmacher" gelungen (siehe Videoclip unten). Seiner Heimat, nämlich dem Ruhrgebiet, setzt Kramer mit diesem Text, der auch die Veränderungen im "Pott" nach der Zeit des Bergbau anspricht, ein echtes Denkmal. Großer Song, großer Inhalt, groß verpackt. Ein zweites Mal auf der Platte in Deutsch. Das ist Volksmusik und für meinen Geschmack auch ein echtes Volkslied.
Dies sind nur ein paar der 15 neuen Lieder, die ich hier kurz ansprechen will. Es empfiehlt sich, sich das Album zuzulegen und selbst mehrmals darin einzutauchen. Chris Kramers Beatbox'n'Blues verbindet viele Elemente der Musik unter der Überschrift "Blues" miteinander. Hip Hop, Rap, Rock, Folk, Country und natürlich die Hauptzutat, der er ja schon seit Jahren verfallen ist, den Blues. Was in seiner Küche Schmackhaftes entsteht, darf man ruhig auch denen anbieten, die davon bisher nicht zu kosten gewagt haben. Aber er schmeckt vorzüglich, der Blues, besonders wenn ihn Kramer, O'Neal und Athens zubereiten. Und wie ich in meiner Rezension schon schrieb, sollte es eigentlich nur noch eine Frage der Zeit sein, wann diese Band auch mal am Samstagabend in einer der Prime-Time-Shows zu sehen sein wird. "Way Back Home" könnte dafür ein Türöffner werden, denn selten sind Erlebnisse aus einem Jahr und verschiedene Einflüsse der Musik so kompakt und eng auf einem Album verarbeitet worden, wie auf dem hier. Und Kramer weiß einmal mehr auch als Geschichtenerzähler zu überzeugen. Und gute Geschichten wollen wir doch alle gerne hören, oder?
(Christian Reder)
Videoclips: