Stern Meißen: "Im Konzert" (DVD)

dvd02 20180917 1280545543VÖ: 23.08.2018; Label: Telepool/Eurovideo; Katalognummer: 294973; Musiker: Martin Schreier (Schlagzeug), Thomas Kurzhals (Keyboards), Lothar Kramer (Keyboards), Reinhard Fißler (Gesang, Gitarre), Uwe Haßbecker (Gitarre, Violine), Peter Rasym (Bass), Michael Behm (Schlagzeug, Gesang), Ralf Schmidt (Gesang, Keyboards), Andreas Bicking (Keyboards, Saxophon), Matthias Philipp (Schlagzeug); Bemerkung: Live-Mitschnitte zweier Konzerte aus den Jahren 1981 und 1984. Laufzeit ca. 117 Minuten;

Inhalt/Titel:
Konzert in Bautzen (1981):
Reise zum Mittelpunkt des Menschen (Auszug) • Der Kampf um den Südpol • Der Frühling • Also was soll aus mir werden • Stundenschlag • You've Got To Hide Your Love Away • Der Eine und der Andere • Die Sage
Konzert in Greiz (1984):
Intro • Nicht allein • Starmädchen • Stundenschlag • Guernica • Taufrisch • Deine Augen • Harlekin • Leben möcht' ich • Lebenslauf • Wir sind die Sonne • Keine Zeit


Rezension:
Der Kamerablick entfernt sich von der noch dunklen Bühne, auf der ein riesiges Logo "Im Konzert STERN MEISSEN" zu sehen ist, Thomas Kurzhals und Lothar Kramer nehmen die Plätze an ihrem beeindruckenden Keyboard-Arsenal ein, spielen die ersten Passagen und aus dem "Off" ertönt Alexander Lehmbergs Stimme: "Das Jugendfernsehen der DDR bringt live im Konzert: STERN MEISSEN!" So begann ein Konzertmitschnitt im Jahr 1981, den ich mir damals im 2. DDR Fernsehen ansah. Und ganz genau so beginnt auch diese DVD. Die übrigen Musikanten kommen hinzu, Michael Behm trommelt, als würde es um sein Leben gehen, Uwe Haßbecker und Peter Rasym greifen in ihre sechs bzw. vier Saiten und die beiden Keyboarder der Band geben gleich zu Beginn alles ... Und schon ist man mittendrin in einem Auszug aus dem damals aktuellen Werk "Reise zum Mittelpunkt des Menschen". Nach "Allein" - den Thomas Kurzhals und Lothar Kramer mit all ihrer Fingerfertigkeit allein kredenzen, folgt die "Hinwendung" aus besagtem Werk. Und nach minutenlang und perfekt gespieltem Instrumentalfeuerwerk gesellt sich auch Frontmann Reinhard Fißler mit auf die Bühne. "Der Kampf um den Südpol", die Klassik-Adaption "Der Frühling" sowie "Also was soll aus mir werden" folgen. Zwischen einigen der live gespielten Songs gibt es - wie in der Originalausstrahlung auch - kurze Interviewpassagen mit den Musikern der Band. Beim "Stundenschlag" hervorhebenswert ist das Keyboard-Violinen-"Duell" zwischen Thomas Kurzhals und Uwe Haßbecker, welches auch noch heute beim Zusehen riesengroße Freude bereitet ...

Recht selten in dieser Konzertreihe des DDR-Fernsehens war die Tatsache, dass auch im Konzert gespielte Cover-Versionen in den Fernsehausstrahlungen Beachtung fanden, da in den üblichen 60 Minuten Sendezeit (leider!!!) ohnehin nie ein komplettes Konzert wiedergegeben werden konnte. Bei STERN MEISSEN war es anders und so kommt man bei diesem Mitschnitt auch in den Genuss einer von John Lennon geschriebenen Nummer. "You've Got To Hide Your Love Away" präsentierte Reinhard Fißler - mit einer von Uwe Haßbecker "geliehenen" Gitarre - in Erinnerung an den (damals) vor kurzer Zeit ermordeten John Lennon solo. Das Publikum in Bautzen war begeistert.

Drei Jahre später kreuzte ich erneut in der "FF dabei" (die Programmzeitschrift der DDR) ein "Im Konzert" im DDR-Fernsehen dick an: STERN MEISSEN! Das war 1984 und dieser Montagabend selbstverständlich "Pflichtprogramm". STERN MEISSEN war in ihrem mittlerweile 20. Bühnenjahr angekommen und das - trotz erheblicher Änderung ihrer stilistischen Ausrichtung - äußerst erfolgreich ...

Vor sich hin wabernde Nebelwolken hüllen die blau beleuchtete Bühne ein und wieder sind es die beiden Keyboarder der Band, die mit einem Intro das Konzert starten. Diesmal Andreas Bicking und Ralf Schmidt. Letzterer löste 1983 den bisherigen Sänger Reinhard Fißler ab. Mit "Nicht allein", der sogar "Hit des Jahres des Rundfunks der DDR 1986" werden sollte, startet das Konzert. Ein quirliger Ralf Schmidt, unterstützt von ebenso lebendigen und spielfreudigen Musikern legt gleich zu Beginn mächtig los. Geprägt vom charakteristischen und einmaligen Gitarrensound Uwe Haßbeckers, gepaart mit Peter Rasyms "Funk-Bass" und Andreas Bickings Saxophon geht die Post wirklich ab. Im Konzert werden fast ausnahmslos die Songs des 1985 erschienenen Albums "Taufrisch" gespielt. Neben "Stundenschlag" fand auch das von Bandchef Martin Schreier gesungene "Leben möcht' ich" ins Programm, bei dem auch heute noch völlig klar wird, warum Uwe Haßbecker mehrfach zum besten Gitarristen des Jahres gekürt wurde ...

Im Rahmen der Veranstaltung "Rock für den Frieden" hatten STERN MEISSEN im Januar 1984 den Song "Guernica" uraufgeführt. Die Textidee zu diesem Song kam Ralf Schmidt durch ein Bild von Pablo Picasso, der es 1937 als Reaktion auf die Zerstörung der gleichnamigen spanischen Stadt malte. Auch dieser Song ist auf dieser DVD erstmals veröffentlicht. Ebenso "Keine Zeit", der damals als Zugabe gespielt wurde:

Da haben wieder welche was erfunden,
dass alles verglüht in Sekunden.
Keine Presse, kein Interesse!
Keine Infos und wer fliegt auf die Fresse?
Die haben sich auch noch Bunker gebaut,
unter der Erde, 'ne sichere Haut.
Auch dass keiner geblendet werde,
durch schnelle Strahlen, wie der Rest der Erde.

Keine Zeit, keine Zeit mehr für uns zwei,
wenn wir nichts tun, sind wir vogelfrei.
Keine Zeit, keine Zeit mehr für uns zwei,
wenn wir nichts tun, ist es endgültig vorbei.


Ein Text aus dem Jahr 1984, der an Aktualität leider nichts einbüßte ... Selbstverständlich fehlt auch der damalige "Überflieger"-Hit nicht: "Wir sind die Sonne".

Bemerkenswert bei beiden Konzertmitschnitten ist der Fakt, dass - wie bei STERN damals üblich - live zum Teil noch nicht immer die später veröffentlichten endgültigen Songtexte zu hören waren. Als aufmerksamer Konzertbesucher und Zuhörer konnte man in den Konzerten somit hautnah erleben, dass an manchen Songs ("Also was soll aus mir werden", "Stundenschlag", "Taufrisch" oder "Harlekin") noch gearbeitet und gefeilt wurde. Und damit war die Band stets ganz nah am Publikum und konnte aus ihren Konzerten mitnehmen, was geht und was vielleicht doch noch nicht völlig "rund" war ...

Die DVD kommt recht schlicht, aber passend daher. Ja, man könnte sich natürlich über ein beispielsweise fehlendes Titelmenü ärgern. Muss man aber nicht, denn einmal in den Player gelegt, lässt sich jeder Song über die "Vorwärts-" oder "Rückwärts"-Taste des Players perfekt ansteuern. Auch über den Sound und die Bildqualität kann ich mich nicht beschweren, die Original-Aufnahmen sind immerhin über 30 Jahre alt und befinden sich im Zustand der damals machbaren technischen Möglichkeiten. Ich bin froh, dass an ihnen nicht auf "Teufel komm raus" herumgedoktert wurde, sondern mit dieser DVD ein authentisches Bild und ein wirklicher Schatz aus dem Archiv des DDR-Fernsehens (wieder) veröffentlicht wurde und freue mich auf weitere.
(Mike Brettschneider)







   
   
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