wittthron 20160824 1751837773 Titel:
Interpret:
Label:
VÖ:

Inhalt:
"Thron"
Joachim Witt
Ventil Records/Soulfood
9. September 2016

1. Einheit
2. Geh Deinen Weg
3. Rain From The Past
4. Tag für Tag
5. So oder so
6. Alle nicken
7. Winterwald
8. Wenn Du mich rufst
9. Weit ist der Weg
10. Lebe Dein Leben
11. Thron


Anmerkung: Auch auf Vinyl (Schallplatte) erhältlich!





Es gibt nicht viele Musiker, die nach großen Erfolgen im Sog der "Neuen Deutschen Welle" in den 80er Jahre den erfolgreichen Sprung bis in die Gegenwart schafften. Spontan fällt mir dazu Nena ein, die jedoch einen völlig anderen Weg beschritt. Ich war jedenfalls verblüfft, dass mit "Thron" bereits das 16. Studioalbum von Joachim Witt bald den Weg in die Läden findet. Sicher war nicht jedes seiner Alben von großem Erfolg gekrönt, doch er zeigte im Verlauf seiner langen Karriere, zu welch kompositorischer und gestalterischer Bandbreite er fähig ist. Er wechselte querbeet durch verschiedene Genres und Stile und schreckte dadurch in keiner Weise seine Fans ab, sondern blieb im kollektiven Gedächtnis präsent. Erwähnenswert ist, dass er sich als Mitglied beim globalisierungskritischen Netzwerk Attac engagiert.

All das ist eine beeindruckende Bilanz, die meine Neugier besonders anstachelte. Die Deutsche Mugge bot dazu die Gelegenheit, vorab in das neue Album des „Goldenen Reiters“ hineinhören. War "Neumond" fetziger geraten, so setzt Witt bei seinem neuen Produkt seine Stimme recht düster, melancholischer ein. Oft als Sprechgesang, der manchmal an den „unheiligen Grafen“ erinnert. Oder an Death Metal-Sänger. Das macht Sinn, denn er charakterisiert in einigen seiner Songs die Problematik der Zeit, in der wir leben. Und die wird sicher nicht sorgenfreier werden.

Bereits der erste Song "Einheit" fesselt. Er singt von der Angst, die durch das Land geht. Konnte er ahnen, dass die Bundesregierung in diesen Tagen dazu aufrief, Essens- und Getränkevorräte anzulegen? In meinen Augen (hoffentlich ungewollte) Panikmache. Witt hofft, dass es noch nicht zu spät ist, auch wenn niemand weiß, wie es weitergeht. In eindringlichen und mehrmals wiederholten Worten fordert er ein klares Bekenntnis zur "Einheit, Klugheit, Klarheit, Weisheit, Freiheit", das er mit peitschenden Rhythmen untermauert.

In "Geh deinen Weg" ermuntert er mal sanft, mal „röhrend“, die Gefühle rauszulassen. Getragen auf einer eingängigen Melodie und einem packenden Bandarrangement. Das bleibt in den Gehörgängen, Abteilung Nachdenke, hängen.
"Rain from the past" singt er lediglich als Refrain in englisch, sonst führt er uns inhaltlich in unserer Sprache durch ein „wehmütiges Wiegenlied ... wo die Menschheit ihren Todesfall probt“. Eine melancholisch-orchestrale Einleitung setzt sich in einem metapherbeladenen Text fort. Keine leichte Poesie, zugegeben. Und wieder sind es einpeitschende Melodienbögen, die seine starke Ausdrucksweise ideal unterstützen.
Er verwendet Hardrockelemente, wie bei "Tag für Tag", lässt dort auch Raum für spektakuläre Gitarrensoli und setzt bei einigen anderen Titeln auch mal das gute Mellotron ein. Abwechslung pur!
Ein akustisches Intro leitet "So oder so" ein. Dieser positiv stimmende Song ist genau richtig platziert und beim Refrain lässt er auch mal seine tolle Singstimme aufblitzen.
Bei "Alle nicken" (erinnerte mich thematisch ein bisschen an Karats "Marionetten") kommen sein schwarzer Humor und Selbstironie zum Vorschein. Harte Arbeit und ungleicher Lohn sind neben vielen anderen Facetten Gegenstand manchmal rätselhaften Überlegungen aus einer anderen Welt ("Winterwald"). Dieser Song möchte erobert werden!
"Wenn Du mich rufst" (... bin ich da) besticht wieder mit düsterer Grabesstimme, obwohl der Text gerade das Gegenteil ausdrückt. Hier gelang ihm eine schöne, langsame, keyboardlastige Nummer - wieder mit etlichen Metaphern angereichert. Flott geht es über einen weiten Weg zu "Lebe dein Leben", eine faszinierende Prog-Rock-Tanznummer und man landet schließlich beim letzten Albumtitel, dem namensgebenden "Thron", der Nr. 11 auf der Songliste, in dem er sich im Sprechgesang als Stolperstein auf dem Weg zu ihr bezeichnet. In diesem Lied gibt er ihr oder uns als Ansprechpartner verschiedene Ratschläge mit auf den Weg und wehrt sich gegen zerstörerische Ausbeuter der Gegenwart: ein Bombastisch-rockiger Abschluss!

Joachim Witt hat einen neuen Fan gewonnen, der ihn viel zu lange aus den Augen verlor. Zusammen mit dem Produzenten und Mitautor Bassel Hallak gelang ihm ein beeindruckendes Gänsehaut-Album, dem man viel Beachtung in der Öffentlichkeit wünscht. Solch unbequeme Mahner braucht das Land!
(Gerd Müller)




   
   
© Deutsche Mugge (2007 - 2023)

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.