countjaye 20160216 1890937702 Titel:
Interpret:
Label:
VÖ:

Inhalt:
"Bandages Cover The Looting"
Count Jaye
Eigenvertrieb
Februar 2016

1. Search No More
2. Big Deal
3. Heart Facing Homeward
4. All That's Left
5. I Don't Wanna Wait for You
6. Always New With You
7. Up to You
8. Restrictions
9. How We Got Connected
10. Not the End
11. Everybody Loves You
12. Bandages Cover the Looting (feat. Michelle Omba)





Wir schreiben das Jahr 2016. Lemmy, Bowie, Frey, Fißler und ein paar andere "echte" Musiker haben vor wenigen Tagen die Bühne für immer verlassen, und reißen so dermaßen große Lücken wie ein Trupp Holzfäller im immer dünner werdenden Regenwald. Im Radio laufen dafür Bands, die sich einbilden, in einer Liga mit den ganz Großen zu spielen, dabei aber noch nicht einmal in der gleichen Sportart unterwegs sind. Was der Mainstream in diesem Bereich so hergibt, beginnt schon nach wenigen Sekunden zu langweilen oder schnell peinlich zu werden. Alles glatt poliert, inszeniert und ohne Kanten. Dafür aber mit der Garantie, bei den Musikredaktionen der Radiostationen nicht anzuecken und wohlwollend mit ins Tagesprogramm aufgenommen zu werden. Wer richtigen Rock hören möchte, muss tiefer im großen Angebot graben und sich möglichst nicht von groß angelegten Werbe-Kampagnen in die Irre führen lassen. Manchmal entdeckt man dabei auch alte Bekannte wieder, die man schon gar nicht mehr auf dem Schirm hatte, so wie den ehemaligen Schlagzeuger der Gruppe DIE ANDEREN, Jens Müller, alias J., alias Jaye Muller, oder wie er sich heute nennt: Count Jaye.

"Bandages Cover The Looting" heißt das neues Album, sein erstes "Solo-Album" seit 14 Jahren! Darauf enthalten sind 12 neue bzw. neu eingespielte Songs, die die Bezeichnung Rockmusik auch tatsächlich verdient haben. Da darf eine Gitarre auch mal rotzig klingen, ein gesungener Ton so gar nicht in das harmonische Gesamtbild passen und die schweißdurchtränkte Luft am Ende eines Studiotages hör- und auch spürbar werden. Das Album packt zum ersten Mal richtig zu, als die Gitarren zum Opener "Search No More" anfangen zu schreien. Man erkennt die Beatles und Tom Petty wieder, ohne dass es geklaut klingt. Es ist heiß ... Das Schlagzeug schleppt sich durch den Song, der Bass blubbert und Count Jaye ruft uns ganz entspannt zur laut gespielten Gitarre seine Botschaften auf Englisch zu. An zweiter Stelle des Albums erwartet uns ein alter Bekannter. "Big Deal" heißt der Song, den man in ganz anderer Version schon auf "J.'s" Debüt-Album 1989 hören konnte. In der neuen Fassung pustet uns erst mal die krachende Rockgitarre den Staub vom Hut. Eine Mischung aus Grunge und klassischem Rock, vielleicht auch ein klein wenig Southern Rock, sorgen für ein mächtiges Spektakel in Liedform. Mit "All That's Left" befindet sich auch ein richtiger Schleicher auf der Scheibe. In Form einer Rock-Ballade kommt die Nummer daher, die einem in charmant-umwerfender Art bewusst werden lässt, wie lang Sekunden sein können. Die 3:11 Minuten des Songs dauern eine gefühlte Ewigkeit und man möchte den Genuss einfach nur fortsetzen, wenn der letzte Ton verklungen ist. Achtung: Suchtgefahr! "I Don't Wanna Wait For You" hingegen klingt wie ein 90er-Jahre Rocksong aus den Staaten. Ganz so, wie man ihn in der einen oder anderen US-Teenie-Komödie aus dieser Zeit hören kann. WHEATUS lassen grüßen! Ein ziemlicher Kontrast zu den bis dahin gehörten Stücken, aber keinesfalls schlecht! Eine weitere interessante Stil-Mischung stellt der Titel "How We Get Connected" dar. Dem klassischen Rock hat man Elemente vom Brit-Pop beigemischt, und Spuren vom Glam-Rock sind ebenso zu hören. Ein fettes Brett, mit dem Mr. Muller eine erfrischende Alternative zu den zuletzt doch eher müde klingenden BON JOVIs liefert. "Not The End" ist ein Song, der wie in der gleichen Machart wie "All That's Left" oder das ebenfalls auf dem Album befindliche aber noch nicht erwähnte "Always New With You" wirkt. Kurz vor dem Ende seines Albums haut uns Count Jaye in "Everybody Loves You" nochmal kräftig die Gitarre um die Ohren. Hier ist Muller eine richtige Hymne gelungen, die außerordentlich viel Spaß macht und sich sehr gut in das Gesamtbild dieses Albums einfügt. Das Album abgeschlossen wird mit dem Titel, der ihm auch seinen Namen gibt. Und "Bandages Cover The Looting" stellt im Vergleich zu allen anderen Liedern der Platte etwas komplett Eigenständiges dar. Der Song beginnt ohne lauten Rock, ohne schräge Stromgitarre ... Hier hört man Jaye zusammen mit Michelle Omba im Duett singen. Es wird Lagerfeuer-Romantik versprüht und wenn man meint, der Hörer wird damit nach einem wilden rockmusikalischen Ritt entspannt und entschleunigt in den Rest des Tages entlassen, wird zum Ende hin eines Besseren belehrt. Kurz vor Feierabend wird nämlich nochmals kräftig gerockt, incl. fantastischem Gitarrensolo.

Es gibt auch 2016 noch Hoffnung für die Rockmusik. Jens Müller alias Count Jaye hat mit "Bandages Cover The Looting" ehrliche Handarbeit in 12 fantastischen Kapiteln abgeliefert und damit diese Hoffnung genährt. Urwüchsiger, überzeugender und echter Rock trifft auf verschiedene andere Einflüsse, die sich sehr gut miteinander vertragen und harmonieren. Man hört jedem einzelnen Titel an, dass da Spaß und Spielfreude im Vordergrund stehen und dass man sich einen feuchten Kehricht um Zeitgeist und anderen Firlefanz schert. Müller wollte offenbar einfach nur Rockmusik machen, und dieses Vorhaben ist ihm ausgezeichnet gelungen. Leider gibt es das Album nicht physisch. Es ist in Deutschland nur digital und als Stream erhältlich. Der Musikfreund, der sich gute Musik noch über die Anlage auf CD oder gar Schallplatte anhört, guckt derzeit noch in die Röhre. Aber vielleicht schiebt der Künstler ja noch einen physischen Tonträger hinterher. Die Musik hätte es auf alle Fälle verdient!
(Christian Reder)



 
 
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