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"So geht gute Laune" Sven van Thom Loob/Alive 21. August 2015 1. Gut für gar nichts 2. Rauchen Saufen Kinderkriegen 3. Nicht schon wieder Sommer 4. So geht gute Laune 5. Einfach weitermachen 6. Wenn keiner auf dich wartet 7. Ich brauch die Gefahr 8. Wikipediaschlager #3: Chrysanthemen 9. Ich hab mich nicht getraut 10. Nimm den Topf vom Herd 11. Dröge Jugend 12. Beeil' dich, Zeit 13. Schablone 14. Herpes 15. Was willst du denn mit dem? 16. Die neuen Nachbarn |
Na, das ist doch prima: Eine Anleitung für gute Laune. 54 Minuten lang. Wer da nicht gleich zugreift, oder? Sven van Thom alias Sven Rathke, Jahrgang 1977 und in der Nähe von Berlin geboren, veröffentlichte sein drittes Liedermacher-Gitarrenpop-Album. Bereits seine Debütsingle „Trauriges Mädchen“ aus dem Jahr 2008 war ein schöner Erfolg. Wie man dem Inlet entnehmen kann, bedient er auf der aktuellen CD neben vier Gitarrenvariationen auch Blockflöte, Bass, Keyboards, Ukelele, Melodika und Percussioninstrumente. Halt, auch noch Handklatschen (!). Auch das macht neugierig auf den Schelm samt seiner Direktlyrik.
Der Opener „Gut für gar nichts“ (... Wenn ich schlauer wär’, dann wär’st du jetzt nicht Teil von meinem Leben...) ist schon zum Jammern, wenn man doch so viele Fehler mit seinem weiblichen „asozialen Freak“ gemacht hat. Nach dieser schonungslosen Abrechnung samt „Rauchen Saufen Kinderkriegen“ lamentiert van Thom „Nicht schon wieder Sommer“. Er muss wohl schon beim Schreiben des Textes geahnt haben, dass ein viel zu heisser Supersommer bevorsteht. Auch wenn er sicher mit seiner Meinung alleine dasteht, dass drei Jahreszeiten ausreichen würden. Nette Persiflage auf den Sommer mit all seinen menschlichen Auswüchsen.
Die Erwartungshaltung zum Titelsong „So geht gute Laune“ ist naturgemäß groß. Er suggeriert ja ein sprudelndes musikalisches und textliches Feuerwerk zum Abtanzen und Feiern. Weit gefehlt. Mit melancholischem Zungenschlag und bierernst beklagt sich der Sänger. War es die vorangegangene Nacht mit zu viel Promille im Blut, wenn er verlauten lässt, dass „... dich schon der Vierte nach 'ner Kopfwehtablette fragt...“? Egal, die gute Laune ist nach der „guten Laune“ erst mal dahin. Selbst die eigene Frau kann ihn nicht ermuntern.
„Einfach weitermachen“ lautet nun die Devise. Er hat sich seine gute Laune wieder ein bisschen zurück erobert und lässt sich flott über eine längere Zweierbeziehung aus. Mit dann doch wieder deprimierenden Einsichten und sehr direkt: „...Aus Leidenschaft wird Pflicht, aus Sex ein Gutenachtkuss...“. Also besser zu zweit allein sein. Gute Laune wieder dahin. Offene Gedanken des Singer/Songwriters, die er herauslassen muss. Abwechslungsreicher wird es mit Larissa Pesch. Im Duett besingen sie „Wenn keiner auf dich wartet“. Ich hätte mir dieses Duo öfter gewünscht und ein paar bunte lyrische Tupfer mehr hätten die Platte bereichert. Bei „Ich brauch die Gefahr“ erzählt van Thom in NDW-Manier von alltäglichen Situationen mit ausführlichem Text, bei dem andere Sänger sicher ihre melodiösen Probleme gehabt hätten. Van Thom kann das. Dass man einer „Chrysantheme“ einen Song widmet, ist wohl einmalig, auch wenn sich der Sänger darüber sehr mokiert, aus welchen Gründen auch immer. Sie sei die „Akne unter den Blumen“ und „wie ein Popel am Kinn“. Na na, das ist schon starker Tobak. Er muss wohl mal ein traumatisches Erlebnis mit dieser doch ansehnlichen Blume gehabt haben... „Dröge Jugend“. Meine Güte, muss es in seiner Jugend langweilig gewesen sein, wenn sich da „nur“ bei jeder Gelegenheit „f....n“ angeboten habe und Herpes die Lippen zierten. Das F-Wort ist in diesem Song wirklich häufig vertreten. Meine Auswahl führte mich zu “Was willste denn mit dem?“ In teilweise bombastischem Sound eingebettet, aber sonst sehr balladesk angelegt. Meine Auswahl endet mit dem, wie es auf dem Cover heisst „Teil 5 aus der Reihe Psychoterrorismus – Die neuen Nachbarn“.
Van Thom hat unheimlich viel zu erzählen. Die musikalischen Zutaten rührt der Sänger und Multinstrumentalist gekonnt zu einem abwechslungsreichen Mehrgänge-Menü, das man aber am besten portionsweise den Ohren anvertrauen sollte. Zumal seine Stimme doch zuweilen monoton wirkt. Die, denke ich mal, meist autobiographischen Texte sind oft widersprüchlich, aber sehr originell und eine Fundgrube seiner oft verqueren Gedankengänge.
(Gerd Müller)