zoellnerewig 20150920 1635596385 Titel:
Interpret:
Label:
VÖ:

Titel:
"In Ewigkeit"
Die Zöllner
edel
25. September 2015

1. Willkommen an Bord
2. Wir machen das schon
3. Abgelehnte Frauen
4. In Ewigkeit
5. Asche
6. Krieg
7. Gottes Sohn
8. Einmal nur mit dir
9. Durch einander
10. Wenn der Himmel mir am Arsch hängt
11. Herzwinter
12. Scheinen
13. Still
14. Am Bach
15. Halbes Herz





Auf die Kartenhäuser aus Phantasie - "In Ewigkeit"
Lange hat es gedauert, bis es am 25. September 2015 endlich soweit sein wird und das neue Zöllner-Album "In Ewigkeit" erscheint. Der Titel ist schon mal sehr selbstbewusst gewählt und so klingt auch das Intro: "Herzlich willkommen an Bord der Zöllner Airlines! Unsere Reisezeit beträgt knapp eine Stunde. Die Flughöhe wird bereits nach wenigen Sekunden erreicht. Bleiben sie während der Reise angeschnallt oder losgelöst - das überlassen wir ganz Ihnen. Wir wünschen Ihnen einen angenehmen Flug!"zoellnerewig2 20150920 1947706912 Genau darauf können wir uns gefasst machen - wenn auch auf etwas andere Art, als vielleicht vermutet. Dieser Flug ist kein Standardangebot für Pauschaltouristen, sondern vielmehr ein Spezialpaket für weltoffene Individualreisende. Wir fliegen durch verschiedene Musikstile, streifen diverse Glaubensfragen und erleben etliche emotionale Turbulenzen. Wer sich dieser Mission anschließt, wird am Ziel um einen bewegenden Seelenflug und leidenschaftlichen Musikgenuss reicher sein. Denn wieder einmal manifestiert sich das Lebensmotto von Dirk Zöllner - Alles oder nichts.

Mühelos und beswingt hebt die Maschine ab. Egal, ob es sich um die eigenen Träume, die Suche nach Liebe, die kleinen Alltagssorgen oder das große Ganze dreht - "Hast du Sorgen oder hast du Wut, komm zu uns und dir geht's gut. Ja, wir machen das schon ..." versprechen Die Zöllner im allerfeinsten Big-Band-Sound. Für den Flug mit großer Besetzung ist der Titel eine bestens geeignete Einstimmung. Das Versprechen darf also getrost wörtlich genommen werden, auch wenn es unterwegs einige Überraschungen geben mag. Denn neben den guten Schwingungen finden sich im ersten Song schon jede Menge Hinweise, die direkt zur Flugdramaturgie des Albums führen.

Die Liebe, das Leben und die Frauen sind bei Musikern immer wieder beliebte Themen. Doch die Frage ist nicht nur, worüber jemand schreibt oder singt, sondern vor allem wie er es tut. Ob allgemein und abstrakt oder ganz persönlich und substantiell wie Dirk Zöllner. Seine Songs sind von einer Intensität, dass es stellenweise fast weh tut. Wer sich so offen und verletzlich zeigt, macht sich angreifbar, ist aber eben auch absolut menschlich, nahbar und authentisch. Und genau das ist es, was Fans und Freunde an Dirk Zöllner und seiner Musik lieben - dass er immer er selbst bleibt.zoellnerewig3 20150920 2056130037 Er erzählt nicht einfach so von seinen Erlebnissen und Erfahrungen, sondern nimmt uns mit auf einen Seelenflug durch sein Innerstes. Es geht zu den Zwischenstationen, Bruchlandestellen, Hangars und Landeplätzen, die er selbst angesteuert hat und die ihn zutiefst bewegt haben. Dieses Album kommt einem Seelenstriptease gleich - was mit Sicherheit nicht gerade einfach oder bequem ist, aber es entspricht ihm eben ganz und gar.

Was ich an der Musik von Dirk Zöllner so mag, kommt bei diesem Album besonders zum Tragen - sein breites Stimmspektrum und die einzigartige Stimmgewalt. Genau das macht seine Songs so unverwechselbar und wirkungsvoll. Er legt allen Schmerz und alle Last der Welt in seine Stimme und vor meinem geistigen Auge entsteht ein Film, in dem ich direkt sehen kann, wie er sich quält und windet. Auch wenn dieses Leid mit schmerzhaften Emotionen verbunden ist, die ich ihm nicht eben wünsche, gehört es doch zum Leben dazu. Und wenn - wie in diesem Falle - so unglaublich intensive Songs dabei herauskommen, dann soll es wohl so sein. Ich liebe es, wenn er scheinbar mühelos von sanfter Flüsterstimme zu voller Power wechselt. Oder auch umgekehrt. Mal ist es das herzzerreißende Leid der fast brechenden Stimme, mal die ungebremste Kraft der aufrüttelnden Wut, mal die großen Selbstzweifel und mal der Trotz der verletzten Seele, die den Liedern ihre intuitive Kraft geben.

Wer die Gabe hat, seine Emotionen und Vorstellungen in so einzigartige, sterbensschöne Songs zu verwandeln, darf sich getrost als begnadet betrachten. Umso mehr, wenn er wie Dirk Zöllner eine Musikerfamilie um sich schart, die weit mehr ist als der viel zitierte "Zirkus Zöllner". Eine selbst gewählte Familie, in die er sich offenbar unbesorgt fallen lassen kann, weil sie ihn in seinem Schmerz auffängt, ihn schützend umschließt und ihm Kraft gibt - wie die Musik, die sie gemeinsam zelebrieren. Dass es sich bei den hier angeheuerten Flugbegleitern um ein bestens eingespieltes Team handelt, ist deutlich hörbar und spürbar. Es sind die großartigen Musiker, mit denen er auch live unterwegs ist und das zahlt sich aus. Ihr Zusammenspiel klingt imposant, gefühlvoll und wunderbar harmonisch.zoellnerewig4 20150920 1142236833 Dabei ist die Vielfalt der Beteiligten nicht nur ungewöhnlich, sondern auch äußerst wirkungsvoll: Dirk Zöllner (voc, git), André Gensicke (keyb), Marcus Gorstein (perc, voc, p), Andreas Bayless (git), Oliver Klemp (bg), Heiko Jung (dr), David Skip Reinhart (trp, flh), Frank Fritsch (sax), Gerald Meier (trb, tba)... nicht zu vergessen zusätzliche Gitarristen, Drummer, Bläser, Streicher, Gospelchor und dabei ist die Aufzählung noch nicht einmal vollständig.

Die eingeschworene (und diesmal etwas größere) Crew aus Wort- und Notenkünstlern hat aus meiner Sicht ganze Arbeit geleistet. Sie haben ein Gesamtkunstwerk kreiert - für hier und heute und für die Ewigkeit. Mit ihren großartigen Arrangements haben sie wundervolle Symphonien gezaubert, die ich am liebsten laut hören mag. Unglaublich dichte und phantasievolle Klangteppiche vermitteln mir das Gefühl, über den Wolken zu schweben. In meinem Kopfkino spielen ganze Orchester, die sie genau genommen auch inszeniert haben. Und diesen Hörgenuss haben sie nicht nur der Quantität, sondern in erster Linie der Qualität der beteiligten Musiker zu verdanken. Einige Titel scheinen speziell für diese Seelenreise erdacht, doch vermutlich ist es eher so, dass sie in optimaler Reihenfolge serviert werden. Denn hier bleibt nichts dem Zufall überlassen. Manches erhält erst durch die Einordnung ins Gesamtkonzept seinen Sinn und einige Songs, die schon vorher live zu hören waren, bekommen hier eine andere Rolle. So die Singleauskopplung "Einmal nur mit dir" - eine sommerlich leichte Melodie, die musikalisch nicht auf Anhieb mein Ding war. Bei genauerem Hinhören entdecke ich jedoch immer mehr Details und stelle fest, dass mein erster Eindruck dem Song irgendwie nicht gerecht wird. So manches scheint wie eine Parodie auf dieses oder jenes und auch ernsthafte Denkanstöße müssen ja nicht zwingend in ernste Töne gekleidet sein.

Beim ersten Blick auf die Titelliste habe ich mich noch gefragt, ob dies der Flugplan für eine Glaubensreise wird. Seit die Scheibe ein ums andere Mal rotiert, weiß ich, dass es das irgendwie auch ist. Doch es sieht zum Glück nicht so aus, als ob sich die Beteiligten künftig nur noch einem Gott verschreiben wollen. Vielmehr scheinen die himmlischen Wortfindungen und Gleichnisse Ausdruck berauschender Sinneseindrücke und exzessiver Leiden(schaft). Aber trotz aller Tiefe und Schwere ist es beileibe kein trübsinniges oder melancholisches Album. Dafür sorgen die positiven Energien, die sich in Witz und Ironie, mitreißendem Big-Band-Sound und nicht zuletzt Ausgelassenheit und Spielfreude der beteiligten Musiker Bahn brechen. Es ist die imposante Verbindung der auf ganz unterschiedliche Weise berührenden Songs, denn nach jedem bedrohlichen Tief folgt irgendwann ein beflügelndes Hoch. Sei es "Herzwinter", eine der herrlich seelenvollen und sentimentalen Zöllner-Balladen, die ich schon lange ins Herz geschlossen habe. Sei es der Aufschrei und die Anklage der verletzten Seele in "Gottes Sohn". Sei es "In Ewigkeit", der die Macht und Urgewalt der Liebe verdeutlicht - mit der grandiosen Umsetzung einer meiner absoluten Favoriten.zoellnerewig5 20150920 1874631880 Sei es die innere Zerrissenheit und die Selbsterkenntnis, die aus "Halbes Herz" sprechen. Sei es "Am Bach", die stille Schönheit, die auch für das "Ensemble Melancholia" bestens geeignet scheint. Sei es der beschwingte und gutgelaunte Optimismus in "Wir machen das schon", der bereits mit den ersten Takten um sich greift. Oder "Scheinen", der die Intensität des Lebens, aber auch tiefe Wehmut und Sprachlosigkeit spiegelt. Auf die Kartenhäuser aus Phantasie - auch wenn es keine Garantien für ihre Haltbarkeit gibt, sie machen unser Leben farbenfroh und lebenswert.

Mit diesem Album beweisen Die Zöllner einmal mehr, dass sie die Musik und das Leben lieben. Die Songs sind opulent in Szene gesetzt, woran auch die glücklicherweise an Bord befindlichen Bläser einen entscheidenden Anteil haben. Bei dieser Reise kann man wunderbar abheben, ein unglaublich intensives und beeindruckend emotionales Flugerlebnis genießen. Es zeigt die Fülle und Vielfalt des Lebens - Stolz und Wut, Frohsinn und Schmerz, Trotz und Einsicht, Trauer und Lebensfreude, Spaß und Wehmut. Ich persönlich finde dieses Album absolut grandios, obwohl oder gerade weil mich die Emotionalität und Vehemenz beim ersten Hören so unvermittelt getroffen hat. Inzwischen weiß ich um die intuitive Kraft und genieße die berauschende Wirkung. Für optimalen Genuss empfehle ich auf jeden Fall die losgelöste oder anders gesagt, die emotional einlassende Variante, denn angeschnallt macht der Flug nur halb so viel Spaß. Nur eines finde ich nicht ganz einfach - nach der völlig verzöllnerten Landung wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzufinden.
(Grit Bugasch)




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