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"In Rock" Potsch Potschka BSC/roughtrade 16. Oktober 2015 1. Love's A Dinosaur 2. Lifeboat 3. Did I Find Love 4. Midnight Train To China 5. Yesterday 6. Active Shadow 7. Sweet Honey-Hive 8. Patience 9. When The World Was New 10. Black Sun 11. Dead Man's Suite 12. Gun In My Pocket |
Nach 22 Jahren war es mal wieder an der Zeit, ein reines Rockalbum zu produzieren. Bernhard "Potsch" Potschka war in den Jahren davor mehr in Sachen Weltmusik unterwegs, und produzierte Platten mit Flamenco-Musik und arabischer Musik. Erst sein 40. Bühnenjubiläum brachte ihn dazu, sich wieder einmal mit der Rockmusik und seinen eigenen Wurzeln zu beschäftigen. So entstand mit "In Rock" ein Album, das teilweise tief in den Hardrock- wenn nicht sogar in den Heavy Metal-Bereich vorstößt. Jedoch ist "In Rock" vom Songwriting und vom musikalischen Niveau her breiter aufgestellt, als eine Standardproduktion aus den eben erwähnten Genres. Und - so viel sei schon mal verraten - es ist das musikalisch Härteste, was Potsch bisher abgeliefert hat.
"In Rock" bietet 12 Rocksongs mit unterschiedlichen Einflüssen, die von einer Band mit ausgezeichneten Instrumentalisten eingespielt wurde. Die Studioband bestand aus Potsch "himself" an den E- und Akustik-Gitarren und Peter Stahl an den zusätzlichen E-Gitarren. Am Schlagzeug trommelte STOPPOK-Drummer Benny Greb, und am Bass vervollständigte Wolfy Ziegler die Rhythmusfraktion. Weiterhin waren noch Minas Suluyan an den Percussions und natürlich Walter Batzler am Mikrophon mit dabei. Bis auf eine Komposition stammen alle Songs aus der Feder von Potsch. Die Texte und eine Komposition steuerte Ron Spielman (im weitesten Sinne ebenfalls aus dem Hause STOPPOK) bei.
Der Opener "Love's A Dinosaur" rockt dann auch gleich mal amtlich los und überzeugt durch seine metal-lastige Gitarrenarbeit und seine Komplexität im Arrangement. Dies soll sich im Verlauf der CD noch öfter als großes Plus herausstellen. Eine durchaus leckere Vorspeise, die die Vorfreude auf das restliche Menü mächtig anheizt.
Der zweite Titel "Lifeboat" deckt dann auch gleich die erstklassigen Qualitäten der Rhythmus-Truppe Greb/Ziegler auf, die beim verhalten arrangierten Stück die druckvolle Auslegeware für Gitarre und Gesang verlegen. Da blubbert der Bass und da hämmert das Schlagzeug, ehe sich Potsch und Batzler mit ihren jeweiligen Beiträgen dazu gesellen. Die Nummer hat starke Züge vom Neo-Prog und erinnert an große Produktionen dieser Art aus UK. Schön auch der Satz- bzw. Chorgesang.
"Did I Find Love" ist dagegen ein eher melodischer Pop-Song mit prägnanter Gitarrenfigur, der eigentlich nur im Refrain ein bisschen ausschert und lauter zu werden versucht.
Auch die folgende Ballade "Midnight Train To China" schippert eher im ruhigeren Gewässer. Schön arrangiert bietet sie viel Raum für die ausgesprochen gute Gesangsstimme Walter Batzlers.
Mit "Yesterday" wird dann wieder ordentlich losgerockt. Keine Hemmungen zeigt die Kapelle hier und lässt die Instrumente eine deutliche Sprache sprechen. "Yesterday" hat deutliche Heavy-Metal-Züge und vermittelt vom ersten Ton an, gern laut gehört zu werden.
Gleiches fordert auch "Active Shadow", das mit seinen brettharten Gitarren ebenfalls an der Tür zum Heavy-Metal-Genre klopft, zwischen den Refrains aber immer wieder in poppigere Gefilde abbiegt.
"Sweet Honey-Hive" spiegelt wider, womit sich der Gitarrenzauberer Potschka in den letzten Jahren beschäftigt hat, nämlich mit arabischer Musik. Der spezielle arabische Klang der Gitarren, gepaart mit der westlichen Rockmusik, ergibt eine ganz besondere Mischung, die bei dem Song eindeutig im Vordergrund steht und zu überzeugen weiß.
Das folgende "Patience" ist eine Ballade, die durch die prägnante Melodie der Akustikgitarre anfangs wie ein klassischer Rocksong der 70er Jahre klingt. Der von Wolfy Ziegler gespielte Fretless-Bass breitet sich angenehm im Raum aus, der Refrain erinnert gerade von Walter Batzlers Gesang her an eine Nummer der Scorpions, ohne aber wie eine Kopie zu klingen.
Von den letzten vier Titeln des Albums bringen mit "When The World Was New", "Dead Man's Suit" und "Gun in My Pocket" gleich drei Stücke nochmals einen gehörigen Einschlag arabischer Musik mit. Besonders beim Album beschließenden Song "Gun In My Pocket" bilden diese Töne zusammen mit der krachenden Heftigkeit der Metal-Musik eine dermaßen homogene Einheit, dass man meinen könnte, beide Richtungen gehören schon ewig zusammen. Ein harmonisch-perfektes Arrangement, das Welten verbindet.
Nicht unterschlagen werden soll der Titel "Black Sun", bei dem die Kapelle um Potsch wieder alle Register der musikalisch härteren Gangart zieht und in dem das echte und unverfälschte Heavy-Metal-Feeling bester Tage heraufbeschwört wird.
"In Rock" ist ein qualitativ hochwertiges und ausgesprochen gut geratenes Album, zu dem man Potsch Potschka ebenso gratulieren kann, wie zur perfekten Auswahl dieser exzellenten Studiomusiker. Potsch ist hier etwas für ihn völlig Neues gelungen. Die 12 Lieder der Platte haben - mal abgesehen von den eingebauten arabischen Momenten - nichts mit dem zu tun, was er bis dahin gemacht hat. Weder mit der Nina Hagen Band, auch nicht mit SPLIFF und schon gar nicht mit FROON. Das Album ist ein spannender Ritt durch die verschiedenen Spielarten der Rockmusik, die nicht selten miteinander verbunden oder gar weitergesponnen werden. Die Lieder unterwerfen sich keiner zeitweise auftretenden Modeerscheinung und pfeifen entspannt auf den Mainstream. Eben dadurch, dass hier wohl überhaupt nicht darauf geachtet wurde, ob man mit den Songs ins Radio oder gar Fernsehen kommt, ist das Endprodukt ehrlich und glaubhaft geworden. Potsch macht, wozu Potsch Bock hat. Das Album wird auch noch Jahre später Spaß bereiten und schreit förmlich nach einer Fortsetzung. Hoffentlich müssen wir darauf nicht wieder 22 Jahre warten.
(Christian Reder)