pragabschied 20150116 1840286205 Titel:
Interpret:
Label:
VÖ:

Titel:
"Kein Abschied"
PRAG
TYNSKA Records
16. Januar 2015

1. Nur die Seele
2. Dieser Himmel
3. Film noir
4. All die Narben
5. Der dunkle Weg
6. Aus Versehen
7. Kein Abschied
8. Halt die Luft an
9. Sieh da nicht hin
10. Spaziergängerin
11. Was fällt dir eigentlich ein
12. Das letzte Haus




Eigentlich müsste die Platte "Kein Abklatsch" heißen, denn real existierende Vorlagen zur Gruppe PRAG und ihrer Musik gibt es nicht. Das ist schon was Einzigartiges, was uns Nora Tschirner, Tom Krimi und Erik Lautenschläger da anbieten. "Selbsthilfegruppe Filmmusik der 60er Jahre" nennt sich das Trio im Untertitel, aber das allein beschreibt längst nicht, was die PRAG-Musik ausmacht. Und die drei Musiker haben mit ihren Liedern offenbar in ein Wespennest gepiekt. Mit dem Live-Programm zum Debüt-Album "Premiere" sind sie quer durch die Republik getourt und sind dabei auf zahlreiche Verehrer ihrer Kunst gestoßen. Offenbar dürstet die Welt nach Liedern wie "Sophie Marceau", "Leisestreichler" oder "Vögel". Nun steht mit "Kein Abschied" das zweite Werk des Trios in den Regalen gut sortierter Fachgeschäfte und es gilt, den für das Debüt-Album von Kritikern und Musikfreunden erhaltenen Applaus zu bestätigen.

Schon das erste Lied der Platte, "Nur die Seele", bindet den Hörer ganz fest an sich und weckt die Neugier. Gleich die ersten Textzeilen unterstreichen ganz fett, dass hier mit berührender großer Lyrik und weniger nach dem Prinzip, "Ich reime mal schnell was zusammen bis es zur Musik passt", gearbeitet wird. Den Unterschied zu den vielen zu Musik gewordenen Groschenromanen der Pop-Welt machen Worte wie "Jemand singt im Park | als wär er mit sich selbst allein | Da draußen ist schon Tag | mit Licht und Lärm und all dem Treiben" aus. Es ist das erste Bild, das uns PRAG vor das innere Auge zaubern und dazu die Filmmusik gleich mitliefern. Und davon kann man auf der CD eine ganze Menge finden. Musik und Texte bilden stets eine Einheit. So, als wäre es das Einfachste von der Welt, beide Elemente so perfekt miteinander zu verknüpfen, wandelt das Trio selbstbewusst durch ihre eigene Geschichten-Welt, in der sie nicht nur die Autoren, sondern ganz offenbar auch die Hauptdarsteller sind. Wie sonst können die Geschichten so lebendig, und die mit Worten gemalten Bilder so wunderschön sein? Selbst abseits des Weges gibt es vieles zu entdecken und Platz, für die eigene Phantasie. Die Lieder auf "Kein Abschied" sind nicht weniger abwechslungsreich arrangiert - mal liegt der Fokus auf dem Halbdunkel, das nächste Lied verbreitet eine melancholische Stimmung, und ein anderes Mal weckt die Musik eine Art Frühlingsgefühl in einem, ist freundlich und hell. PRAG hat dafür ein ganzes Orchester im Rücken, das bestimmte Momente eindrucksvoll unterstreicht und manchmal sogar fette Ausrufezeichen hinterlässt. Was die Band hier macht ist wie ein modernes Geschichtenerzählen - eine zeitlos schöne Kunst in Liederform. Violinen, Bass, Cello, Gitarre, Klavier ... all das und noch vieles mehr sind Zutaten zum Erzeugen dieser ganz besonderen Stimmungen. Das ist Musik abseits des sogenannten Mainstream, der uns immer wieder erzählen will, was wir hören wollen. Bei PRAG ist das anders: Hier entdeckt der Hörer, was er hören kann - was es abseits der eingetretenen Pfade noch alles gibt.

Somit habe ich das Fazit schon vorweg genommen, ohne eines der 12 Lieder näher zu beleuchten. Das scheint in diesem Falle eigentlich auch unmöglich zu sein, denn wie sollte man sowas Komplexes und Facettenreiches beschreiben wie das, was man auf "Kein Abschied" finden kann? Eine einfache Rezension reicht dafür einfach nicht, denn man möchte letztlich auch nichts unter den Tisch fallen lassen. Viele Kleinigkeiten und große Momente bilden hier ein Ganzes, und das muss man einfach selbst entdecken! Soll man über Textzeilen wie z.B. der aus dem Song "Dieser Himmel" schreiben, wo es heißt, "Und der Himmel hoch da oben über Deinem Elternhaus | Sieht noch immer so viel besser als die andern Himmel aus", und darüber, was man da alles hinein deuten kann und wie das Lied einen berührt? Oder soll man darüber schreiben, wie gut man "Film noir" in "Film noir" beschrieben hat? Oder was für eine fantastische Stimmung eine sacht gezupfte Gitarre und ein wie das Wehen eines Windes klingender Synthie-Teppich (zu Hören am Anfang des Songs "Aus Versehen") erzeugen können? All das überlasse ich dem interessierten Leser, der sich die CD demnächst zulegen und sich selbst auf diese wunderbaren Lieder einlassen wird. Im Pressetext wird die Platte als das "letzte Zirkuszelt auf dem Jahrmarkt der Realität" beschrieben, und das trifft es - wie ich finde - exakt auf den Punkt. Es ist wie ein Abtauchen ... ein Urlaub aus dem Alltag für die Zeit von 12 Liedern. "Kein Abschied" ist auch ein Heilpflaster für die geschundenen Seelen der Radiohörer und Casting-Show-Zuschauer. Eine Wiedergutmachung für die Vielzahl von Schauspielern, die mal kurz das Fach wechseln und eine eigene CD mit Liedern rausbringen, obwohl sie das doch ganz offensichtlich gar nicht können. PRAG können das - und wie!!!
(Christian Reder)




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Videoclips:


"Film noir" (Off. Video)


"All die Narben" (Off. Video)

 

 


   
   
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