mm-ng 20130524 2094330379 Titel:
Interpret:
Label:
VÖ:

Titel:
"No Go"
Manfred Maurenbrecher
Reptiphon
1. März 2013

1. Welt ist am Durchdrehn
2. Was ist Kunst
3. No Go
4. Vorher
5. Naumburg
6. Einer von den fünfzig Helden
7. Die Kraft zu verzeihn
8. Freut euch des Lebens
9. Paradies Rüdi
10. Ist nicht der Schluss
11. Mond aus Papier
12. Ich war in einem hellen Land
13. Staubiger Staub





Keine Endhaltestelle
Mittlerweile Platz 1 in der Liederbestenliste: "No Go" von MANFRED MAURENBRECHER. Ein fast neues Werk, das ich etwas später in meine Finger bekam. Rotzig ist das Album, frisch, livehaftig wirkend, kraftvoll, die Sprache treffend gesetzt, die Musik launisch. Alles ist stimmig. Das Album macht Spaß, es geht in den Kopf. Geht auch ins Herz. Greift nach Aufmerksamkeit und bekommt sie auch.

"Die Wet ist am Durchdrehn" hämmert das Piano. Mit Chorgesang. Klar, wenn die Welt so weit ist, dürfen die Englein nicht fehlen. Wir hatten das alles ja schon immer geahnt. Aber wenn MAURENBRECHER uns das knarzend singend erzählt, dann wissen wir es ganz und gar.

Sparsame Percussion, rhythmische Gitarre und die Erklärung, dass es auch Kunst ist ("Was ist Kunst"). Das, was das Lied-Alter-Ego des Barden nebenher so schafft. Und auch, was sonst so alles Kunst ist (nicht sein könnte, ist!). Ironisch die Möglichkeiten der sozialen Netzwerke und überhaupt des World Wide Web persiflierend sowie die Frage nach den damit zusammenhängenden Urheberrechten. Aber nicht nur das. Das ist eben Kunst. Und wir sind alle Künstler. Sobald das, was wir machen, gut und gerne weiter geteilt wird. Man muss nur noch wissen, wie man dafür abkassieren kann. Weil: Kunst soll ja nicht umsonst geschaffen sein. Egal, was man darunter versteht.

Dann erklärt Maurenbrecher uns, was so alles "No Go" ist. Blödes Wort mit blödem Hintergrund, süffisant aufgegriffen, ist ja auch irgendwie ein Modewort. Also zwei Modewörter, die aber nur im Zusammenhang funktionieren, also als "Nogo". Und wir werden alle überrascht sein, was alles so nicht geht. Also "Hab Spaß in den Kolonien, Baby". Guter Tipp, da gibt es mehr, was uns zu Herzen geht als daheim. Vielleicht. Süß begleitet von einem netten Background-Gesäusel. Mit "Kolonie" ist in diesem Fall Mykonos gemeint. Was sonst. Das macht Spaß. Tanzen bis zum Umfallen. Natürlich Sirtaki. Denn Streiken ist ja auch Nogo.

"Bleib vorher" rät uns der Sänger melancholisch. Eine Sehnsucht nach Halten, weil ja nichts bleibt wie es ist. Jedenfalls ist es nachher nie wie vorher. Leider. Aber dafür für jeden. Oder heißt es in solch einem Fall: für niemanden?

Dann wird es wieder rockig. Weil der Zug stehen bleibt. Irgendwo in "Naumburg". Und alle vertreiben sich auf verschiedene Weise die Zeit. Die Landschaft ist schön, das Wetter sogar noch schöner. Man hat ausreichend Zeit, sich mit sich - was meist mit den Handys bedeutet heutzutage - zu beschäftigen, weil sich einer in die Gleise warf. "Wir schauen uns an und lachen und tauchen durch das Licht". Plötzlich Stille und das nächste Werk.

Abschied und Wiederkehr, das postiert sich bei uns ein. Hymnisch Heimat ortend. Verlorene Heimat. Weit weg von allen Erinnerungen. Zwischen Resignation, Aufbruch, Aggression und Zärtlichkeit tänzelnd.

Ein Gospel, ein Gebet. Oh Herr, gib uns die Kraft. Wir haben viel zu fühlen. Zu hoffen. Zu wünschen. Vor allem die "Kraft zu verzeihn". Ein wahrhaft frommer Wunsch, der uns da ins Herz georgelt wird.

Dann wird es volksliedhaft-punkig. "Freut Euch des Lebens". Lustig und schön, so daran erinnert zu werden. In aller geschwinden Eindringlichkeit. Den Text kannte ich gar nicht mehr.

Und es wird wieder beschaulich. Idyllisch. Wenn auch - selbstverständlich - nicht frei von Satire. Wir schaffen uns unsere kleinen Paradiese selber. Egal, wer von uns. Oder wer von den "anderen". Unterschiedlich sieht es aus, das, was wir Paradies nennen. So ganz sich selbst und alles verprivatisierend. Sehr überzogen, der Inhalt dieses Liedes, aber leider doch in allem so bitterböse wahr.

Melancholisch bleibt es mit fröhlich gebrochener Sentenz: "Der Tod ist nicht der Schluss", ein kleiner Gruß von und an Bob Dylan. Man singt den Refrain sofort und automatisch mit voller Gewissheit mit. Bevor es doch wieder etwas bitter wird. Mit hawaiianischer Gitarrenklang-Untermalung.

Wie zufällig dahin gegossen ein Liebeslied, ein Mondlied (aus Papier), ein schönes, ein sachtes Lied. Eine Serenade.

Romantisches Geplätscher des Findens und Wiederfindens. Die Trompeten stoßen sanft die Helle durch alle Schatten, den gewesenen und den kommenden. Alles, was Sehnsucht und Zuhausesein zugleich vereint. Es endet mit Gelächter, ist aber ebenso wenig der Schluss wie der Tod.

Da kommt noch das "Macht's gut". Wir walzen dahin unter irish-folkigen Geigen, bis das kleine Lied geendet ist. "Staubiger Staub". Und dann hörte ich die Scheibe noch einmal. Und noch einmal. Und noch einmal. Während MAURENBRECHER, vom Staube weiter getrieben, sicher schon wieder an neuen tollen Liedern arbeitet. Auf einem Pferd galoppierend, im Geiste.

Vielen Dank für dieses herrliche Werk!
(Andreas Hähle)



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