natschinski2014 20140902 1581022293 Titel:
Interpret:
Label:
VÖ:

Titel:
"5 0 1"
Thomas Natschinski
TEAM 2 Records
01. September 2014

1. LilaFee
2. Dieses scheue Gefühl
3. Juliwarm
4. OstenWesten
5. Du bist mein Mantel
6. Der Klaus
7. Die Stille kam
8. Lena
9. Bruno
10. Sommer blau
11. Und ich sah dich
12. 501





Rezension 1:
Thomas Natschinski, Baujahr 1947, war früh dran, als er 16-jährig seine Band TEAM 4 gründete. Das ist jetzt 50 Jahre her, und ebenso lang steht er nun schon auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Nach TEAM 4 kam THOMAS NATSCHINSKI & SEINE GRUPPE und im Anschluss BROT & SALZ. In den 80ern gab es ein Intermezzo bei der Gruppe KARAT als Vertretung für Ed Swillms. Aber egal wo er spielte, Thomas hinterließ deutliche Spuren. Und dazwischen und danach gab es immer wieder Phasen, wo er in die zweite Reihe zurück trat und hinter den Kulissen aktiv war. So schrieb er zahlreiche Filmmusiken und Lieder für andere Künstler. Aber all das gehört zusammen und bildet ein Gesamtbild, das es heuer zu feiern gilt. In diesen 50 Jahren hat er Trends und Bands kommen und gehen sehen. Er selbst ist geblieben. Natschinski hat in dieser Zeit nichts für den Moment geschrieben oder produziert. All seine Lieder sind zeitlose musikalische Perlen, die immer noch ihre Fans haben. Und damit den Fans der Stoff nicht ausgeht, legt Thomas zum 50. Bühnenjubiläum auch gleich ein neues Album vor. "5 0 1" heißt es ...

Wieviel Wert Thomas auf Qualität und eine perfekte Produktion legt, liest man bereits der Studiobesetzung ab: Uwe Hassbecker (Gitarre) und Jäcki Reznicek (Bass) von SILLY, Ralf Templin (diverse Gitarren), sowie Anett Kölpin und Gotte Gottschalk als Gastsänger. Alles Hochkaräter und auch bei den Texten machte er keine halben Sachen. Christine Dähn, Autorin von Natschinskis Biographie und denen von Ute Freudenberg und KARAT, hat Ideen und Erlebnisse zu Texten verwandelt, die Thomas letztlich mit seinen Kompositionen verbunden hat.
Das Album startet mit dem Song "LilaFee". Die von Thomas gespielte Mundharmonika leitet ein Lied ein, das richtig gute Laune verbreitet. "Ich bin so, so gut drauf" singt er da, und in diesen Zustand versetzt uns der Musiker dann auch gleich mit seinem ersten Lied. Treibend der Beat und sich schnell ins Gedächtnis einprägend die Melodie. Die "LilaFee" ist niemand anderer, als der Mensch, in den man sich so richtig verliebt hat und der einem neuen Antrieb verleiht. Wer kann davon besser berichten - oder in diesem Falle singen - als Thomas selbst, der durch den Tod seiner Frau plötzlich völlig allein da stand und auf dem "säckeweis Allmännerschutt und Frust" lag? Er traf Christine Dähn und mit ihr fand er auch im gesetzten Alter noch einmal die große Liebe. Ein bisschen Folk, ein bisschen maritimes Flair, ein bisschen Pop und ein bluesiger Einschlag bilden zusammen vermischt die Verpackung für diese Geschichte. Da legt der gebürtige Sachse die Latte aber gleich zu Anfang schon sehr hoch. Ob er dieses Level über 12 Songs halten kann?
Er kann ... schon der zweite Titel ist ein Fingerzeig auf die Vielfalt, die Natschinski in seiner Musik stets pflegte. Eine Mischung aus Blues, Country und Rock schleicht sich ins Ohr und sorgt dafür, dass die Füße ihren eigenen Kopf durchsetzen und im Takt mitwippen. "Dieses scheue Gefühl" heißt das Lied, und tatsächlich ... "es tut was es will".
Nicht weniger verlockend ist das Stück "Juliwarm". Eine gehörige Portion Blues hämmert aus den Boxen - schnell mal lauter drehen, denn die Nummer geht richtig gut ab. Wieder kommt Natschinskis kerniges Harp-Spiel zum Einsatz, während Schlagzeug, Gitarre und Bass für den nötigen Hintergrund sorgen.
Ein Hauch Mark Knopfler weht durch den Raum, als "OstenWesten" beginnt. Klassische Rock-Elemente paaren sich mit Blues und Folk und bilden den musikalischen Rahmen für die Geschichte um ein noch immer aktuelles Thema: "Tief im Westen | Wenn die Sonne untergeht | Denkst Du immer wieder neu | Wann endlich Osten, Westen | Norden, Süden sind | Himmelsrichtungen und nicht mehr | Denn dann ist: jeder Tag, | jede Nacht, wie im Paradies". Die Frage darf sich dann jeder mal stellen, der auch heute - 25 Jahre nach dem Fall der Mauer - im Kopf noch immer nicht so weit ist, wie man eigentlich sein sollte, nämlich dass Himmelsrichtungen nur Himmelsrichtungen sind - und nicht mehr!
Nach einer etwas ruhigeren Nummer ("Du bist mein Mantel") geht es mit "Der Klaus" gleich wieder rockig zur Sache. Herr Hassbecker lässt seine Gitarre singen, Herr Natschinski und seine Mundi duellieren sich mit ihm. Die Abteilung "Musike" lässt die Puppen tanzen und die Geschichte um Klaus, für den in der Welt scheinbar alles falsch läuft, und der es viel besser als andere könnte ("Ich bin der Klaus, und ich werde Kanzler Klaus"), wenn man ihn denn mal ran ließe, passt wie angegossen in den treibenden Lauf der Musik.
Die Ballade "Die Stille kam", bei der Thomas nur vom Klavier begleitet wird, bildet auf dieser CD eine Insel der Ruhe und des Nachdenkens. Möge jeder Hörer für sich in dieses Lied eintauchen und sich von ihm wegtragen lassen.
Dem Stück "Lena" schließt sich ein Song an, der ohne Weiteres auf einem KARAT-Album seinen Platz einnehmen könnte. Weltmusik trifft auf Folk und Pop und ich stellte mir beim Hören vor, wie das Lied wohl klingen würde, hätte es Herbert Dreilich gesungen. Aber Thomas Natschinski macht das auch ganz gut! Eine entfernte Verwandtschaft zum "Blauen Planeten" lässt sich nicht übersehen, und so macht das Zuhören auch eine Menge Spaß. Sehr gut gefällt hier der Background-Chor, der den indischen Sitar-Klängen zusätzliche Schwingungen verleiht, und der der Geschichte um "Bruno", der in einem armen Land, weit weg von Europa, wohnt und dessen Heimat gerade von einer Naturkatastrophe heimgesucht wurde, einen weiteren Gänsehautmoment beschert. Ja, es darf durchaus auch mal an die gedacht werden, die zwar den gleichen Mond sehen wie wir, die aber längst nicht so gut situiert sind. Und davon gibt es viele auf der Welt.
Das sich anschließende "Sommer blau" ist ein typischer Deutschrocksong, bei dem Thomas' Gesangsstil stark an den von Herwig Mitteregger oder Rio Reiser erinnert. Ein kräftiger Stones-Einschlag und ein bretthartes Gitarrensolo von Uwe Hassbecker sind markante und hervorstechende Merkmale dieser Nummer, die absolut das Zeug zu einem Radiohit hat.
Auch im nächsten Lied zaubert Hassbecker nochmals einen Gänsehautmoment aus seinen sechs Saiten. Kurz vor Schluss stellt Natschinski uns nämlich mit "Und ich sah dich" noch eine weitere ruhige Nummer in den Raum. Die Ballade wird durch Jäcki Rezniceks Spiel auf dem Fretless-Bass und - ich erwähnte es bereits - Uwe Hassbeckers Gitarrensolo im Mittelteil verfeinert. Je länger die CD läuft, desto mehr möchte man von Natschinskis neuen Liedern hören, aber leider endet das Album mit dem Titelsong "5 0 1", einem knapp zweiminütigen "Blues Train". Hier hat Thomas nochmals die Gelegenheit genutzt, sein Können auf der Mundharmonika zu zeigen. Wie ein Zug nimmt der Song Fahrt auf und endet, als er seine Höchstgeschwindigkeit erreicht hat. Was für ein Schlusspunkt!

Die sehr bilderreichen und gelungenen Texte von Christine Dähn lassen zu jedem Song einen Film vor dem inneren Auge ablaufen. Sehr feinfühlig weiß die Texterin Punkte zu setzen und besondere Momente sehr schön in Worte zu fassen. Die Stücke auf dem Album wirken allesamt authentisch. Kompositionen und Texte gehören zusammen und funktionieren zusammen. Keins der Lieder auf der CD ist ein schnell zusammengeschraubter Song der Marke "Füllmaterial", sondern jeder Song wirkt so, als wurde er bis ins Detail durchdacht und exakt so umgesetzt, wie die ursprüngliche Idee dazu auch war. Es sind 12 Schöpfungen geworden, die eine unglaubliche Leichtigkeit versprühen und die ein vielfältiges Programm bieten, das in jede Lebenslage passt. Es ist Musik für eine längere Autofahrt, Entspannung für die Zeit nach der Arbeit, ein idealer Wachmacher am Morgen und überhaupt ein guter Begleiter durch den Tag. Thomas Natschinski hat mit seiner Erfahrung aus 50 Jahren Musikzirkus immer noch ein goldenes Händchen und ein Näschen dafür, wie man auch in einem Alter, wo andere in Rente gehen, noch immer zeitgemäße und frisch klingende Rockmusik mit Inhalten machen kann. "5 0 1" hat qualitativ durchaus das Zeug, sich mit aktuellen Produktionen zu messen. Prädikat: besonders empfehlenswert!
(Christian Reder)



Rezension 2:
Ja, wir sind in die Jahre gekommen, Musiker und Publikum. Wir brauchen zum Lesen und zur Arbeit am PC nun doch schon manchmal eine Brille – und wir brauchen Lieder wie diese von der neuen CD . Lass uns mit dem nächsten Album nicht wieder 20 Jahre warten, okay?“

So endete meine Rezension zur CD „weit, weit und wild...“ von Thomas Natschinski aus dem Jahr 2007. Ja, natürlich weiß ich, dass 2014 nicht nur die Stern-Combo Meißen feiert, sondern dass sich in diesem Jahr die Gründung von TEAM 4 zum 50. Male jährt, und es war mir auch nicht neu, dass Thomas uns und sich mit einem neuen Silberling beschenken wird. Doch als ich den Umschlag mit der CD öffnete, die mir Thomas vorab schickte, war ich schon gespannt. Und nun ist etwas Unvorhergesehenes passiert - zwei liebenswerte Menschen, die ich seit vielen Jahren kenne, haben mich überrascht und völlig verblüfft. Wieso? Dazu gleich mehr.

„5 0 1“ heißt die Scheibe. Hm, damit konnte ich zunächst nichts anfangen, ich assoziierte die 50 mit dem Bühnenjubiläum und mutmaßte die 1 eventuell als Version 50.1 - aber als ich das Logo sah (die weißen Ziffern untereinander auf rotem Grund) war alles klar. So, wie man im deutschsprachigen Raum sofort etwas mit 4711 oder 0815 anfangen kann, steht auch die Zahl 5 0 1 für ein legendäres Produkt. Okay, auf meine erste 5 0 1 musste ich lange warten, auf meinen Jeans stand da eher Wisent oder Bison, aber in den Zeiten der Organisationskunst war vor allem kurz nach der Leipziger Messe doch mal was drin ... Und wie heißt es in „Die neuen Leiden des jungen W.“ doch so treffend: „Jeans sind keine Hosen, Jeans sind eine Einstellung“. Jeder verbindet damit (s)ein Stückchen Zeitgefühl, Erinnerung, aber auch dieses Nicht-älter-werden-wollen, oder?

Christian hat sich ja bereits sehr ausführlich hier bei deutsche-mugge.de über das Album geäußert (Schulterklopfen und Zustimmung, großer Meister!), ich möchte gern noch ein paar persönliche Eindrücke hinzufügen. War das Cover von „weit, weit und wild...“ in noblem Schwarz-Weiß gehalten, so winkt uns diesmal in Farbe ein junggebliebener Mann auf einer Harley entgegen. Farbenfroh - das umschreibt auch den Charakter der Songauswahl vielleicht am besten. Nach dem ersten Hören schüttelte ich ungläubig den Kopf. Nein, es war wirklich nicht das längst überfällige neue Album von Wolf Maahn, hier rockt und bluest einer vom Jahrgang 1947 - und zwar so, dass man sich wünscht, die CD wäre von längerer Spieldauer. Mit derart viel Power und ansteckender Lebensfreude hatte ich echt nicht gerechnet! Das bewährte Team von 2007 wurde nur geringfügig verändert, da waren Leute zugange, die sich gut verstehen. Die musikalischen Handschriften von Uwe Hassbecker und Jäcki Reznicek von Silly würde ich wahrscheinlich immer wieder erkennen, den Gitarristen Ralf Templin habe ich ja schon bei den live-Auftritten mit Thomas bewundern dürfen, Gotte singt die männlichen Backingvocals und Anett Kölpin diesmal anstelle von Geli Weiz die weiblichen Parts. Das hat mich besonders gefreut, denn ich höre immer noch gern die Oleak-Songs von Datzu (... was waren die damals ihrer Zeit voraus!).

Thomas hat einerseits das Gespür für Ohrwürmer, für musikalische Motive, die sich im Kopf festsetzen, ohne zu nerven. Andererseits wandert er innerhalb eines Songs souverän durch verschiedene Tonarten oder Themen, verknüpft das ganze durch wirkungsvolle Kunstgriffe. Da schaut zum Beispiel schon mal Claptons „Layla“ um die Ecke („OstenWesten“), oder die Drums schweigen und Jäcki hat Platz für einen kleinen Basslauf. Die Programmierung der Drumcomputerspuren erzeugt ein sehr lebendiges Klangbild. Die Arrangements sind sehr luftig und transparent, nie überfrachtet oder zugekleistert - und doch gibt es viele Details zu entdecken. Und ich frage mich: wie viele Spuren bilden den Chor von „Mein Mantel“ oder „Und ich sah dich“, wie hat Thomas das Intro von „Bruno“ verschachtelt, um dieses Besondere hinzubekommen? Und ich frage mich weiter: wie oft war Thomas (so wie ich) bei Monokel Kraftblues im Konzert? Die musikalischen Dialoge zwischen Uwes Gitarren und der Mundi von Thomas treiben den Boogie vorwärts - das alles macht einen riesigen Spaß! „Die Stille kam“ - ein dramaturgischer Big Point: Thomas singt nur zum (traditionsreichen Bösendorfer-)Flügel, das trifft mich voll ins Herz. Und es fällt insgesamt schon schwer, hier etwaige Lieblingslieder herauszuheben. Farbenfroh eben, wie eingangs gesagt. „Lena“ könnte ich mir auch gut im Programm von Jürgen Walter vorstellen, aber hey - auch das ist ein Kompliment!

Die Texte stammen diesmal alle von Christine Dähn. So, wie sie jede der drei bereits genannten Biografien über Thomas, KARAT und Ute Freudenberg mit einer anderen Herangehensweise geschrieben hat, wechselt sie auch hier öfter den Betrachtungswinkel -  und immer mit gaaanz viel Herz.. Sie hat ihren eigenen Stil der Lyrics entwickelt. Auf eine Zeile wie „Du nahmst dich einfach fort von mir“ muss man erst einmal kommen! „OstenWesten“ ist klasse, kein Schwarzweiß, sondern ganz viel Hoffnung. Leider geht für mich nicht alles auf (wie auch?), die unerwartete Wendung in „Juniwarm“ ist akustisch nicht leicht zu verstehen, und auf „weiß“ gibt es garantiert auch bessere Reimpaare ... Egal, das ist Meckern im Promillebereich, wenn man das Gesamtwerk betrachtet.

Ich bin unglaublich froh über diese aktuelle CD und kann sie jedem wirklich nur empfehlen. Geht auf Entdeckungsreise, lasst Euch von der inzwischen etwas knarzigen Stimme von Thomas einfach gefangen nehmen, lustwandelt zwischen Nachdenklichem und Komischen. Danke Christine, danke Thomas & grüße Deine Musikantenfreunde und -kollegen! Möge dieser Silberling das Airplay erhalten, das sie verdient!

Allen Lesern der deutschen-mugge empfehle ich zudem die Internetseite www.thomas-natschinski.de, da gibt es unter anderem Termine zu den musikalischen Lesungen mit Christine und Thomas - Weiterempfehlung sicherlich erlaubt!

„Ich bin sooo gut drauf“ - wir hören uns am 24. September 2014 zum Mugge-Radio, und wir sehen uns, spätestens am 8. November in Forst, wenn es heißt: „Die Mokka Milch Eisbar lebt“. Aber jetzt wird es Zeit, jetzt muss erst sich mal wieder die Mundi mit Uwes Gitarre duellieren... mach ma laudaaaa!
(Jens Kurze)

 


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