Gar nicht so einfach, einen Klassiker zu besprechen, der als solcher im eigenen Leben und Erleben bislang kaum eine Rolle spielte. Oder anders ausgedrückt: Wir haben lange Zeit weder verstehen noch nachvollziehen können, wieso von so vielen Metal-Heads um "Infernal Overkill" so ein Kult gesponnen wurde. Der Platte wurde damals ja regelrecht gehuldigt! Uns hat sich nicht erschlossen, woran das hätte liegen können, wir empfanden die Musik von Destruction nicht als solche, sondern als sinnloses Gebolze, garniert mit wildem und unzivilisiertem Geschrei einer unterirdisch unharmonischen Stimme, die diese Bezeichnung eigentlich gar nicht verdiente. Nicht im Traum hätten wir uns jemals vorstellen können, daß sich hier ein Subgenre des Heavy Metal anschickte, die Welt zu erobern. Wer uns kennt weiß, daß unsere Ignoranz, wenn sie einmal erwachsen ist, schier unerschütterlich feststeht. Und so boykottierten wir jahrelang alles, was unter dem Banner "Thrash Metal" lief und blieben stattdessen engstirnig an unseren alten Helden Iron Maiden, Accept oder Judas Priest kleben. Das sollte sich erst nach der Wende ändern, als wir bei unserem ersten Live-Konzert (Saxon!) diese Drei-Mann-Combo im Vorprogramm erlebten. Ihr Name: Headhunter.
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Die Gruppe spielte Thrash Metal der gemäßigteren Art, für uns aber immer noch heftig genug. Das Programm kam jedoch so mitreißend rüber, daß unsere selbst aufgebaute Mauer der Ignoranz ins Wanken geriet. Nur kurze Zeit später wurden wir zu Headhunter-Fans. Ohne zu wissen, daß hier der einst so geschmähte Destruction-Sänger Schmier am Werke war... und ohne zu wissen, daß einer der gespielten Songs (Bestial Invasion) von ebenjenem Destruction-Album stammte, um das es hier eigentlich geht. Dennoch dauerte es noch viele Jahre, bis wir Destruction eine neue Chance gaben, genaugenommen bis heute... Wir konnten es nämlich bislang nicht verwinden, daß Schmier nach seiner Auszeit, die der Auflösung von Headhunter folgte, nicht diese Band sondern Destruction reformierte. Und unsere Ignoranz... ihr wißt schon. Seit dem Frühjahr dieses Jahres existieren nun beide Bands nebeneinander, was die Situation auch für uns grundlegend änderte. Es war gewissermaßen logische Konsequenz, uns doch nochmal mit Destruction zu befassen und - Oh Wunder! - es funktioniert tatsächlich. Und nicht nur das aktuelle Album "D.E.V.O.L.U.T.I.O.N." weiß zu überzeugen, auch die alten Aufnahmen entwickeln plötzlich einen Charme, den wir noch vor kurzem nicht für möglich gehalten hätten. Sicher, das Zeug rumpelt immer noch ziemlich ungehobelt durch die Botanik, weiß aber mit vielen Details zu gefallen, die man einfach nur wahrnehmen muß, um sie schätzen zu können. Da türmen sich monströse Gitarrenriffs auf ("The Ritual"!), reihen sich durchdachte Songbausteine harmonisch aneinander und werden von höllischen Grooves zusammengehalten über die Schmiers Unterweltorgan Geschichten von Tod und Teufel in die Gegend rotzt. Diese Musik verfügt über Urgewalt, Aggression und rebelliert gegen jegliches Establishment. Und genau das hat sie damals zum Kult gemacht, wir haben's bloß nicht kapiert... Daher eine späte Verbeugung! Wie sagt man so schön? Besser spät als nie. (kf)